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Etymologie

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Etymologie (v. altgr.: ετυμος etymos = wahrhaftig, wirklich + λογος logos = Vernunft, Wort) ist die Lehre von der Herkunft und Bedeutungsentwicklung der Wörter. Außerdem wird die Entwicklung der Aussprache der Wörter untersucht. Die Etymologie ist eine beschreibende, keine vorschreibende Wissenschaft. Sie ist ein wichtiger Baustein der Historischen Onomasiologie, der Disziplin vom Bezeichnungswandel.

Entgegen der Bedeutung von altgr. ετυμος darf man unter einer "wahrhaftigen" nicht normativ die (einzig) "richtige" Bedeutung verstehen.

Geschichte der Etymologie

Die Etymologie bezeichnet heutzutage die Lehre von der Wortgeschichte. Somit ist sie ein Teil der historischen Sprachgeschichte. Jedes Wort verändert sich im Verlaufe der Geschichte. Dabei verändert sich nicht nur das äussere Erscheinungsbild eines Wortes sondern oftmals auch dessen Bedeutung. Die Etymologie ist somit die Disziplin innerhalb der historischen Sprachwissenschaft, welche die geschichtlichen Veränderungen eines Wortes aufspürt und in etymologischen Wörterbüchern festhält.

In der Antike und im Mittelalter versuchte man ebenfalls den Ursprung der Wörter zu finden bzw. zu erraten, kannte jedoch noch nicht die modernen Erkenntnisse der Etymologie.

Bereits in der Antike gab es verschiedene philosophische Strömungen, die der Richtigkeit der Namen nachgingen. Allerdings bezeichneten sie diese Tätigkeit nicht mit dem Begriff Etymologie. So fragte sich bereits Heraklit von Ephesos (um 500 v.Chr.) inwiefern der Name eines Dinges die Wahrheit einer Sache widergebe. Also, inwiefern der Name in Wirklichkeit einem Gegenstand entspricht. Später beschäftigte sich Platon in seinem Dialog Kratylos eingehend mit der Richtigkeit der Namen. Die vorherrschende Idee damals war, dass die Wörter nicht zufällig sind, sondern dass stets ein tieferer Sinn im Wort selbst ist, den es durch Analysieren freizulegen gilt. Somit suchten die ersten Etymologen nach der Wahrheit eines Wortes und nicht nach dessen Geschichte.

Der Begriff Etymologie wird erstmals im 1. Jh. v. Chr verwendet: bei Dionysios von Halikarnassos und Philon von Alexandrien. Auch diese beiden verstanden unter Etymologie jenen Teilbereich der Grammatik, welcher dem ursprünglichen und wahren Sinn einer Sache nachgeht.

Den Höhepunkt dieser „wahrheitssuchenden Etymologie“ finden wir bei Isidor von Sevilla anfangs des 7. Jh. n.Chr., also im Frühmittelalter. In seinem Hauptwerk Etymologiae libri viginti gibt er zahlreiche Beispiele von Etymologien, die jedoch keinesfalls historisch begründbar sind. Isidor von Sevilla gab viele (historisch gesehn unzutreffende) Etymologien, um Dinge verständlich zu erklären. Zum Beispiel: „persona est qui per se una est“ Eine Person sei eine Person, weil sie durch sich selbst eins ist. Isidor zergliederte hier das Wort Persona in die Einzelteile Per-S(e)-Una, also sei die Bedeutung: In-sich-selbst-eins-Sein.

Im Mittelalter wurde der etymologische Sinn eines Begriffes als seine ihm tatsächlich innewohnende wahre Bedeutung verstanden. Dem absoluten untersuchten Wort - ohne die Berücksichtigung seines Zusammenhanges in Kontext und Geschichte schrieb man eine entscheidende Bedeutung zu. (siehe: mittelalterliche Exegese, Physiologus, (der Tiernamen aus der Wortgestalt zu erklären sucht), oder die Legenda aurea, die vor der Vita eines Heiligen zunächst seinem Namen breite Aufmerksamkeit widmet.)

In der modernen Sprachwissenschaft, und hier insbesondere in der historisch vergleichenden Sprachwissenschaft, erforschen wir die Gesetzmässigkeiten des Sprachwandels und gewinnen daraus die Lautgesetze. Anhand dieser Lautgesetze können wir die Veränderungen eines Wortes im Verlaufe der Geschichte beobachten.

Gegenwärtig versteht man unter Etymologie den Bereich der Semantik, der die Herkunft eines Wortes bzw. die Wortgeschichte untersucht. Etymologische Wörterbücher enthalten Wörter und ihre jeweilige Entstehungsgeschichte.

Über den Missbrauch der Etymologie

Es mag erstaunlich sein, dass auch heute noch die Etymologie oftmals wie im Mittelalter als ein Teil der Rhetorik verstanden wird, um andere Menschen von einer "ursprünglich" im Wort schwebenden Wahrheit zu überzeugen. So dürften Sätze wie der folgende den meisten bekannt sein: Aber weißt Du denn, was Freiheit eigentlich bedeutet? Und darauf folgt dann, oftmals mehr schlecht als recht, eine Geschichte des Wortes Freiheit. Der Sprecher wollte aber keineswegs die historischen Veränderungen dieses Wortes erklären, sondern die ursprüngliche und somit wahre Bedeutung des Wortes Freiheit kundtun. Die Bezeichnung kann aber immer nur einen Teilaspekt des Bezeichneten geben.

Beispiele

Ein erstaunliches Beispiel aus der etymologischen Forschung ist die Herkunft des Wortes Ampel: Die Ampel ist indirekt aus dem griechischen Wort amphorèus entstanden: Dieses fand als ampulla Eingang ins Lateinische und wurde von dort ins Althochdeutsche entlehnt (siehe Lehnwort). Aus ampulla wurde durch Lautänderungen im Laufe der Zeit Ampel. Die Ampel war also ein Gefäß wie die Amphore. Sie war im Mittelalter mit Öl gefüllt und diente als ewiges Licht in Kirchen. Später wurden hängende Deckenbeleuchtungen in Wohnungen als Ampel bezeichnet. Heute ist die Ampel als Leuchtsignal im Straßenverkehr bekannt. Noch in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts war eine Verkehrsampel ein über einer Kreuzung hängendes Gebilde mit vier uhrähnlichen Seiten, auf denen ein weißer Zeiger in konstant langsamer Bewegung rote (Halt!) und grüne (Fahren!) Felder überstrich; diese waren von innen beleuchtet. Hier wird der Bedeutungskern "hängende Beleuchtung" noch deutlich! Das Wort hat eine Bedeutungsverschiebung und Bedeutungsverengung erfahren. Der Begriff der Ampel wird aber auch synonym für andere hängende Gefäße verwendet, etwa zum Aufhängen von Pflanzen (Blumenampel).

Ein aktuelleres Beispiel ist die Interpretation des Zweiten Zusatzes zur amerikanischen Verfassung, das Second Amendment. Der Bedeutungswandel der Begriffe arm (für Waffe) und infringement (für Einschränkung/Verbot) wird intensiv diskutiert.

Volksetymologie

Bei einer Volksetymologie liegt die Uminterpretation eines Wortes vor mit dem Ergebnis, dass die neue Form motiviert/durchsichtig ist, d.h. es werden Bestandteile deutlich.

Ein markantes Beispiel für Volksetymologie ist das Wort "Hängematte", das keineswegs von "hängender Matte" abgeleitet ist, sondern von dem Indianerwort "hamaka" (vgl. daher engl. hammock).

Verwandte Gebiete

Die Semasiologie ist innerhalb der Semiotik die Lehre von den Wortbedeutungen. Die Namenforschung geht speziell auf die Geschichte, Bedeutung und Verbreitung von Namen ein.

Siehe auch

Vorlage:Wiktionary1

Literatur