Edmund Stoiber

Edmund Rüdiger Stoiber (* 28. September 1941 in Oberaudorf, Landkreis Rosenheim) ist ein deutscher Politiker (CSU). Er ist seit 1993 Ministerpräsident des Freistaates Bayern.
Ausbildung, Beruf, Familie
Edmund Stoiber ist der Sohn von Edmund Georg Stoiber, der aus Schwarzenfeld in der Oberpfalz stammt, und der gebürtigen Rheinländerin Elisabeth Stoiber, geborene Zimmermann (deren Eltern auch aus der Oberpfalz stammen, nämlich aus Nabburg, acht Kilometer nördlich von Schwarzenfeld; ihr Vater Josef Zimmermann war Braumeister). Stoibers Vater, ein gelernter Bürokaufmann, wurde Anfang der dreißiger Jahre aus beruflichen Gründen nach Oberbayern versetzt und arbeitete öfter bei der Bayer AG in Dormagen auf Montage, wo er seine spätere Frau kennenlernte.
Aufgewachsen ist Stoiber zusammen mit zwei älteren Schwestern, Silke und Hannelore, im oberbayerischen Oberaudorf. Er besuchte seit 1951 das Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim, wo er die 7. Klasse wiederholen musste und 1961 sein Abitur machte. Danach absolvierte Stoiber seinen Grundwehrdienst bei der Gebirgsdivision in Mittenwald und Bad Reichenhall, den er wegen einer Knieverletzung bei einem Offizierslehrgang 1962 vorzeitig beendeten musste. Im Anschluss daran begann Stoiber im Herbst 1962 ein Studium der politischen Wissenschaften und der Rechtswissenschaft in München, welches er 1967 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht und Ostrecht an der Universität Regensburg. 1971 wurde er mit dem Thema Der Hausfriedensbruch im Licht aktueller Probleme zum Dr. jur. promoviert. Im gleichen Jahr bestand er das zweite juristische Staatsexamen mit Prädikat.
Noch im selben Jahr trat er in das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen ein. Hier war er von 1972 bis 1974 persönlicher Referent des Staatsministers und zuletzt auch Leiter des Ministerbüros. Seit 1978 ist Stoiber als Rechtsanwalt zugelassen. Von 1978 bis 1982 war er außerdem als Syndikus für die Lotto-Toto-Vetriebsgemeinschaft Bayern tätig.
An dem einfach Leben seines Vaters auf Montage hatte Edi, wie er liebevoll von seinen zwei älteren Schwestern genannt wurde, kein Interesse. Lernte er doch schnell, dass nach einigen erlegten Häschen als Gebirgsjäger eine Knieverletzung sogar den Grundwehrdienst verkürzen kann. Und hierin den tieferen Sinn von Hausfriedensbruch im strategischen Sinn. Den Zweck eines Syndikus bei Lotto|Lotto-Toto-Vetriebsgemeinschaft Bayern erlernend, widmete er sich ungeniert familiär zur Sparsamkeit gezwungen und vom Großen Geld gelockt der einzig möglichen Chance auf Profilierung - der Politik.
Er ist seit dem 23. Februar 1968 mit Karin Stoiber geb. Rudolf, damals Bankkauffrau in Geretsried, verheiratet und hat drei Kinder.
Partei
Seit 1971 ist er Mitglied der CSU. Hier engagierte er sich zunächst bei der Jungen Union, deren Kreisvorsitzender in Bad Tölz-Wolfratshausen er bis 1976 war. Seit 1975 ist er Mitglied im CSU-Bezirksvorstand von Oberbayern.
Von 1978 bis 1983 war Stoiber unter dem Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß Generalsekretär der CSU. In diesem Amt erwarb er sich beim politischen Gegner den Ruf als „das blonde Fallbeil“. In dieser Funktion war er außerdem verantwortlich für den Wahlkampf für die Bundestagswahl 1980, bei der der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Franz Josef Strauß, jedoch dem amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) unterlag.
1989 wurde er zunächst zum Stellvertretenden Vorsitzenden und nach der verlorenen Bundestagswahl 1998, als Nachfolger des ehemaligen Bundesfinanzministers Theodor Waigel am 16. Januar 1999 zum Landesvorsitzenden der CSU gewählt.
Kanzlerkandidatur für CDU/CSU
Im Januar 2002 konnte sich Stoiber gegenüber Angela Merkel als gemeinsamer Kanzlerkandidat von CDU und CSU für die Bundestagswahl 2002 durchsetzen. Schwerpunktthemen seines Wahlkampfs waren die Wirtschafts- und Sozialpolitik, dabei besonders die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Innere Sicherheit und die wirtschaftliche Entwicklung des strukturschwachen Nordostens Deutschlands. Wahlkampfleiter im damals parallel zum gemeinsamen Team der CDU/CSU agierenden Stoiber-Team war Michael Spreng, der ehemalige Chefredakteur der "Bild am Sonntag".
Trotz erheblicher Zugewinne schaffte Stoiber es nicht, einer Koalition aus CDU/CSU und FDP die absolute Mehrheit zu sichern. CDU und CSU legten um 3,4 % zu und kehrten damit einen 22 Jahre andauernden kontinuierlichen Abwärtstrend der Unionsparteien bei Bundestagswahlen erstmals um. Allerdings waren die erreichten 38,5 % immer noch das drittschlechteste Ergebnis für die Unionsparteien seit 1949. Zwar erreichte die SPD nach hohen Verlusten auch nur noch genau 38,5 %, lag jedoch mit insgesamt 6.027 Stimmen = 0,01% vor der Union, so dass sie aufgrund von Überhangmandaten die stärkste Bundestagsfraktion stellen konnte.
Abgeordneter
Seit 1974 ist Edmund Stoiber Mitglied des Bayerischen Landtages.
Seit Anfang der 1990er Jahre ist eines seiner langfristigen Ziele die Förderung des politischen Nachwuchses. Die bekannteren der von ihm in die Politik geholten Fachleute - vor allem Abgeordnete und Vertreter der Wirtschafts- und Sozialpolitik - werden nach dem Jahr von Stoibers Regierungsantritt als "94er-Gruppe" bezeichnet.
Öffentliche Ämter
1982 wurde Stoiber als Staatssekretär und Leiter der bayerischen Staatskanzlei in die von Ministerpräsident Franz Josef Strauß geführte Bayerische Staatsregierung berufen. 1986 wurde er in gleicher Funktion zum Staatsminister ernannt. Nach dem Tod von Franz Josef Strauß wurde Stoiber dann 1988 im Kabinett von Max Streibl zum Bayerischen Staatsminister des Innern ernannt.
Nachdem im Mai 1993 Max Streibl wegen der so genannten Amigo-Affäre zurücktreten musste, wird Stoiber am 28. Mai 1993 zu seinem Nachfolger gewählt.
In dieser Funktion war er vom 1. November 1995 bis zum 31. Oktober 1996 auch Präsident des Bundesrates.
Bei den Landtagswahlen 1994 und 1998 konnte er als Spitzenkandidat der CSU deren absolute Mehrheit mit 52,8% bzw. 52,9% der abgegebenen Stimmen verteidigen und bei der jüngsten Landtagswahl 2003 bei allerdings geringer Wahlbeteiligung (57,3 %) auf 60,7% ausbauen. Mit diesem Ergebnis, dem zweitbesten in der Geschichte Bayerns und der CSU, erlangte Spitzenkandidat Stoiber die Zwei-Drittel-Mehrheit der Sitze im Bayerischen Landtag.
Stoiber ist außerdem gemeinsam mit Franz Müntefering Vorsitzender der Bundesstaatskommission, einer gemeinsamen Kommission von Bundesrat und Bundestag zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung.
Im Juni 2004 wurde Stoiber von Jacques Chirac mit Zustimmung von Gerhard Schröder das Amt des Präsidenten der europäischen Kommission angetragen, was dieser jedoch ablehnte.
Positionen
Stoibers christlich-konservative Weltsicht, insbesondere zu den Themen Ehe, Frauen, Homosexualität und Ausländer sowie seine scharfe Rhetorik machen ihn zu einem Politiker, der oft polarisierend wirkt. Einige eher linke Journalisten sehen in ihm auch immer wieder den typischen Vertreter der Technokratie (z.B. in der Zeitung "Die Zeit", [1], der Wirtschaftswoche, [2], oder beim Westdeutschen Rundfunk, [3]).
Wirtschaft
In der Wirtschaftspolitik ist Stoiber gegen eine schuldenfinanzierte Politik - im Interesse der zukünftigen Generationen und auch wegen der Stabilitätskriterien zur Euro-Einführung (siehe Regierungserklärung 1998.
Die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Bayern (das seit 1995 seine führende Position trotz stagnierenden Wachstums in Deutschland halten konnte) habe zwar für ihn Priorität, doch gebe es "im Zeitalter der Globalisierung keinen Weg zurück zu einem antiquierten Wirtschaftsnationalismus". Die hohen Finanztransfers zum Ausgleich wirtschaftlicher Divergenzen - z.B. von Norditalien nach Süden oder von West- nach Ostdeutschland - sollten auslaufen. Der Übertrag nationaler Souveränität in der Geldpolitik auf die Europäische Zentralbank müsse durch eine föderalistische Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik ergänzt werden.
Dennoch blieben einige wirtschaftspolitische Aktionen Stoibers letztlich glücklos, etwa der von ihm 1997 unterstützte Zusammenschluss von Bayerischer Hypotheken- und Wechselbank und Bayerischer Vereinsbank zur HypoVereinsbank. Die 1998 "schlagkräftige Super-Regionalbank" wird Mitte 2005 nach einigen Verlustgeschäften an die italienische Unicredito übergehen.
Verhältnis zu den Heimatvertriebenen und deren Verbänden
Stoiber hat wiederholt Wiedergutmachung (zum Beispiel von Seiten der Tschechischen Regierung, Benesˇ-Dekrete) für die Verluste und Leiden der im Zweiten Weltkrieg Vertriebenen gefordert. Bei einigen stieß auf Widerspruch, dass er dabei die Frage von Entschädigungszahlungen und Aufhebung der Dekrete mit dem EU-Beitritt von Tschechien im Rahmen der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 verknüpfte. Bayern ist von der Thematik stark betroffen, weil sich hier ein Großteil der 1945 aus dem damaligen Sudetenland Vertriebenen niedergelassen hatte; auch Stoibers Ehefrau wurde damals vertrieben.
Zuwanderungspolitik
In den umstrittenen Fragen um Einwanderung und Zuwanderung hat Stoiber eine klare Gegenposition zur derzeitigen rot-grünen Bundesregierung eingenommen und fordert im Verhältnis zum vorgelegten Regierungsentwurf eines Einwanderungsgesetzes eine in Umfang, Ausmaß und Anforderungen enger umrissene Form der Zu- und Einwanderung.
Laut Süddeutscher Zeitung vom 4. November 1988 soll Stoiber während eines Gesprächs mit Journalisten vor einer durchrassten Gesellschaft gewarnt haben. Obwohl Stoiber bereits damals von einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat sprach, kam es zu heftigen Vorwürfen. 1991 nahm dieses Zitat den 2. Platz auf der Liste der Unwörter des Jahres ein. Am 8. Februar 2002, im Jahr der Kanzlerkandidatur Stoibers, widerrief die SZ ihre damalige Aussage und veröffentlichte den Originalwortlaut Stoibers, aus dem hervorging, dass er sich diesen Begriff nicht zu eigen gemacht, sondern im Satzzusammenhang lediglich einen Terminus der Republikaner zitiert hatte.
Wehrpflicht
In der Diskussion um die Wehrpflicht hat sich Stoiber mit seinem Eintreten für eine Sicherheitspolitische Dienstpflicht positioniert.
Weitere Ämter, Posten und Mitgliedschaften
- Mitglied des ZDF-Verwaltungsrates, Vorsitzender des Stiftungsrates der Bayer. Landesstiftung, Vorsitzender des Stiftungsrates der Bayer. Forschungsstiftung, Vorsitzender des Verwaltungsbeirates des FC Bayern München e. V., Vorsitzender des Stiftungsrates der Sudetendeutschen Stiftung, Vorsitzender des Stiftungsrates der Buchheim-Stiftung
- Mitglied bei Spielvereinigung Unterhaching e. V., TSV 1860 München e. V., Eis Club "Die Löwen" Bad Tölz e. V., Gebirgsschützenkompanie Wolfratshausen, Parsberger Schützen Alling, Trachtenverein "D'Loisachtaler", Bezirksfischereiverein Wolfratshausen.
- Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Trifels München im CV.
Literatur (Auswahl)
- Edmund Stoiber, Friedrich Kabermann: Das Maß der Dinge. Über die Kunst, das politisch Notwendige zu tun. München, 2001, ISBN 3-4262-7251-2
- Peter Köpf: Stoiber: die Biografie. Hamburg, 2001, ISBN 3-203-79144-7
- Ursula Sabathil: Edmund Stoiber privat. München, 2001, ISBN 3-7844-2831-2
- Michael Stiller: Edmund Stoiber: der Kandidat. München, 2002, ISBN 3-430-18786-9
- Jürgen Roth, Peter Köhler: Edmund G. Stoiber: Weltstaatsmann und Freund des Volkes. Eichborn Verlag, Frankfurt, 2002, ISBN 3-8218-3584-2 (satirische "Biografie")
Weblinks
- Vorlage:PND
- Homepage von Edmund Stoiber
- Informationen über Edmund Stoiber
- Homepage der CSU Bayern über Edmund Stoiber mit kurzen Lebensdaten
- Archiv der Reden von Edmund Stoiber
- Edmund Stoiber aus Sicht der SPD Bayern
Personendaten | |
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NAME | Stoiber, Edmund |
ALTERNATIVNAMEN | Stoiber, Edmund Rüdiger |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker und seit 1993 Ministerpräsident des Freistaates Bayern |
GEBURTSDATUM | 28. September 1941 |
GEBURTSORT | Oberaudorf, Deutschland |