Oxytocin
Das Hormon Oxytocin (aus dem griechischen für Schnelle Geburt), im deutschen manchmal auch Oxitozin genannt, ist ein Neuropeptid, das im Nucleus paraventricularis, einem Kerngebiet im Hypothalamus, gebildet wird. Von hier wird es über Axone zum Hinterlappen der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) transportiert, zwischengespeichert, und bei Bedarf abgegeben.
Oxytocin hat eine wichtige Bedeutung beim Geburtsprozess. Gleichzeitig beeinflusst es auch das Verhalten zwischen Mutter und Kind sowie zwischen Geschlechtspartnern.
Physiologische Wirkungen
Oxytocin bewirkt eine Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur (Myometrium) und löst damit die Wehen während der Geburt aus.
Darüber hinaus verursacht es die Milchejektion (Entleerung der Drüsenbläschen) durch das Stimulieren der sogenannten myoepithelialen Zellen der Milchdrüse.
Verhaltenssteuerung
Neben diesen physiologischen Wirkungen nimmt Oxytocin auch Einfluss auf das Verhalten. Oxytocin und der Rückgang des Stress-Hormons Cortisol verursachen die beruhigende Wirkung des Stillens bei der Mutter. Dadurch kann eine intensive emotionale Bindung zum Kind aufgebaut werden.
Untersuchungen bei monogamen Präriewühlmäusen lassen vermuten, dass Oxytocin auch bei der Paarbindung eine Rolle spielt.
Auch in der Sexualität spielt Oxytocin eine wichtige Rolle. Es wird bei Frau und Mann bei Zärtlichkeiten und beim Geschlechtsverkehr im Gehirn freigesetzt, und hat opiumartige Wirkungen (Euphorie, Beruhigung). Diese Beobachtungen gelten gleichermaßen für hetero- und homosexuelle Paare. Es wird angenommen, dass die Freisetzung von Oxytocin stabilisierend auf eine Beziehung wirkt. Aufgrund dieser Wirkung auf zwischenmenschliche Beziehungen wird Oxytocin auch als Kuschelhormon bezeichnet.
Bei einer Reihe von Säugetierarten zeigen dem Oxytocin ähnliche Substanzen analoge Wirkungen auf Paarungs- und Aufzuchtverhalten von Jungtieren.
Gesellschaftliche Berührungspunkte
Die Erkenntnisse über Eigenschaften von Oxytocin können Einfluss darauf haben, wie die Gesellschaft Ursachen von Verhalten versteht. Eine (vereinfachte) Reduktion des Sozialverhaltens auf einen (vermeintlichen) Mangel an chemischen Substanzen birgt die Gefahr, Verhalten durch Medikamente steuern zu wollen. Die extreme Position, alle Menschen zu ihrem Glück zu verhelfen, wird dabei bei [1] vorgestellt. Kritiker bezeichnen eine Darstellung, dass Teile des Sozialwesen letztlich auf Hormone begründet werden, oder sie zumindest einen wesentlichen Anteil haben wissenschaftstheoretisch (Epistemologie) als falsch: was sich stabilisierend auswirkt - und was immer eine Beziehung ist, liegt immer noch in der Definitionsmacht der Menschen. Oxytocin wirkt auf Hirnrezeptoren, die auch von Opiaten benutzt werden. Daher ist es von Interesse, einen (möglichen) Zusammenhang zwischen Abhängigkeit, Entzugserscheinungen und Oxytocin zu erkennen.
Siehe auch
Literatur
Ernst Fehr, Oxytocin increases Trust in Humans, NATURE 435, 2 June 2005, 673-676, PDF
http://www.weltwoche.ch/artikel/default.asp?AssetID=11103&CategoryID=60