Terroranschläge am 7. Juli 2005 in London
Am Morgen des 7. Juli 2005 kam es in London während des Berufsverkehrs innerhalb kürzester Zeit zu insgesamt vier Explosionen durch Selbstmordattentate in U-Bahn-Zügen und einem Doppeldeckerbus. Dabei wurden mindestens 55 Menschen getötet und etwa 700 teilweise schwer verletzt. Viele Menschen waren bis zum Nachmittag in den betroffenen Zügen eingeschlossen.
Die Anschläge werden in den britischen Medien auch unter der Abkürzung 7/7 (seven-seven) genannt, in Anlehnung an die Terroranschläge vom 11.09.2001 in New York, die unter 9/11 bekannt wurden. 7/7 wie auch 9/11 sind die Abkürzung der amerikanischen Schreibweise des Datums.
Reaktionen
Aufgrund der Vorfälle wurden zunächst viele U-Bahn-Stationen evakuiert und das gesamte Bus- und U-Bahn-Netz stillgelegt. Am Abend wurde der öffentliche Verkehr teilweise wieder aufgenommen. Das Bankenviertel und weit über 40 Straßen blieben zeitweise gesperrt. Der Handel an der Londoner Börse wurde ausgesetzt.
Premierminister Tony Blair verließ wegen der Anschläge vorübergehend das zeitgleich stattfindende G8-Treffen in Schottland, um sich in London ein Bild von der Situation machen zu können.
Explosionen und Opferzahlen
Drei der Explosionen fanden zeitgleich um etwa 8:50 Uhr Londoner Zeit in fahrenden U-Bahn-Zügen (teilweise bei der Ein- oder Ausfahrt aus dem Bahnhof) statt. Eine davon ereignete sich an der Liverpool Street und forderte sieben Todesopfer. Ebenfalls sieben Personen starben bei einer Detonation an der Edgware Road.
Der schwerste der Anschläge ereignete sich auf der Piccadilly Line zwischen King’s Cross und Russell Square. Er fand mitten im Tunnel statt, was die Rettungsarbeiten erschwerte, und forderte 22 Tote. Angehörige von Vermissten beklagten die langsame Bergung; die Behörden baten um Verständnis, da wegen der technischen Probleme im Tunnel auch die Spurensicherung erschwert sei.
Die vierte Detonation forderte knapp eine Stunde später (um 9:47 Uhr) in einem Doppeldeckerbus am Tavistock Square (nahe Russell Square) weitere 13 Todesopfer.
Insgesamt sind mindestens 55 Menschen durch die Anschläge gestorben, vier davon waren die Selbstmordattentäter selbst. Die Zahl der Verletzten liegt zwischen 600 und 700. Viele Schwerverletzte (ca. 20) schweben noch immer in Lebensgefahr. Außerdem werden bislang weitere 30 Personen vermisst.
Terroristen
Es gilt als bestätigt, dass es sich bei den Anschlägen um Selbstmordattentate gehandelt hat. Die vier mutmaßlichen Terroristen wurden auf Videoaufnahmen gefunden. Drei der vier Täter waren Briten pakistanischen Ursprungs, die aus dem Raum Leeds stammten. Bei der Durchsuchung ihrer Häuser wurde Sprengstoff gefunden.
Artikel bei Spiegel online (16. Juli): Die Attentäter von London am Bahnhof (mit Bild einer Überwachungskamera)
Die mutmaßlichen Täter:
- Hasib Hussain (18 Jahre, aus Leeds): Bus
- Shehzad Tanweer (22 Jahre, aus Leeds): U-Bahn in Aldgate
- Mohammad Sidique Khan (30 Jahre, aus Dewsbury bei Leeds): U-Bahn in Edgware Road
- Lindsay Germaine (aus Jamaica, wohnte in Aylesbury): U-Bahn der Piccadilly Line
Hintergründe und Ermittlungen
In ersten Aussagen unmittelbar nach den Geschehnissen schlossen die Behörden Terroranschläge aus und gaben Kurzschlüsse oder Zusammenstöße von U-Bahnen als mögliche Ursachen an. Dies war laut späteren Pressemeldungen eine bewusste Fehlinformation, um eine Panik zu vermeiden und Zeit zur Einschätzung der Lage zu gewinnen.
Scotland Yard bestätigte später jedoch, dass mindestens eine Bombe in einer U-Bahn gefunden worden sei. Des Weiteren wurden Reste eines Sprengsatzes in dem Doppeldeckerbus entdeckt, sodass inzwischen als sicher gilt, dass die Explosionen durch Anschläge verursacht wurden. Unklar ist jedoch, ob die Anschläge in Zusammenhang mit dem zeitgleich stattgefundenden G8-Gipfel in Gleneagles (Schottland) oder der am Vorabend getroffenen Entscheidung über London als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2012 stehen.
Eine angebliche Gruppe namens „Geheime Gruppe von Al-Qaidas Dschihad in Europa”, die bisher noch nie in Erscheinung getreten war, hatte sich im Laufe des Vormittags im Internet zu den Anschlägen bekannt. In der Erklärung hieß es, die Anschläge seien eine Vergeltung für britische Militäreinsätze in Afghanistan und Irak. Die Gruppe drohte mit weiteren Anschlägen in Dänemark und Italien. Das Bekenntnis war jedoch nicht auf einer der üblichen Al-Qaida-Webseiten erschienen, wodurch der Verdacht eines Trittbrettfahrers aufkam. Die Echtheit konnte bisher nicht überprüft werden.
In der darauffolgenden Woche fanden zahlreiche Verhaftungen in Pakistan und Ägypten statt. Ein Biochemiker der Universität Leeds wurde in Kairo festgenommen und verhört. Er wird verdächtigt, die Sprengsätze gebaut zu haben, bestreitet dies jedoch ebenso wie die Tatsache, von den Attentaten im Voraus gewusst zu haben. Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Pakistan mittlerweile Afghanistan als Ort diverser radikaler, islamistischer Schulungen teilweise abgelöst hat.
Zeitablauf
Angaben in WESZ (MESZ-1):
- 08:50 Uhr: Drei Explosionen in den U-Bahn-Stationen Liverpool Street, Edgware Road und King’s Cross.
- 09:28 Uhr: Metronet, der Betreiber der Londoner U-Bahn, berichtet, dass ein Problem mit der Elektrizitätsversorgung Ursache der Explosionen sei.
- 09:47 Uhr: Vierte Explosion in einem Bus der Linie 30 am Tavistock Square.
- 09:49 Uhr: Metronet bestätigt die Einstellung des U-Bahn Betriebes in London.
- 10:00 Uhr: Die National Grid bestätigt, dass es kein Problem mit der Elektrizitätsversorgung gab.
- 11:08 Uhr: Auch der Busverkehr wird eingestellt.
- 11:10 Uhr: Die Polizei bestätigt, dass es sich um einen koordinierten Terroranschlag handelt. Es wird dazu aufgerufen, ruhig zu bleiben, vorerst nicht mehr nach London zu fahren und keine unnötigen Notrufe machen.
- 12:05 Uhr: Premierminister Tony Blair hält eine Ansprache, er nennt die Vorfälle „barbarische” Terroranschläge. Danach reist er nach London.
- 13:11 Uhr: Spiegel online berichtet von einem Bekennerschreiben [1] der „Geheimorganisation - al-Qaida in Europa“ im Internet.
- 18:13 Uhr: Die Polizei bestätigt offiziell 37 Tote.
- 21:40 Uhr: Die Polizei bestätigt ein weiteres Opfer, das seinen schweren Verletzungen erlegen ist.
Siehe auch
- Nahverkehr in London
- Madrider Zuganschläge
- Liste der Terroranschläge auf Züge und Einrichtungen der Eisenbahn