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Zuckerrübe

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Zuckerrübe

Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima)

Systematik
Familie: Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae)
Unterfamilie: Gänsefußgewächse (Chenopodioideae)
Gattung: Rüben (Beta)
Art: Rübe (Beta vulgaris)
Unterart: Beta vulgaris subsp. vulgaris
Varietät: Zuckerrübe
Wissenschaftlicher Name
Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima
Döll
Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima), Illustration
Zuckerrüben

Die Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima) ist eine landwirtschaftliche Kulturpflanze und gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Sie stammt wie andere Rüben von der Gemeinen Rübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris) bzw ursprünglich von der Wild-Bete (Beta vulgaris subsp. maritima) ab und wurde züchterisch auf einen stark erhöhten Gehalt an Zucker (Saccharose (Haushaltszucker)) hin verändert. Die Zuckerrübe ist die bedeutendste Zuckerpflanze der gemäßigten Breiten. Bei der Zuckerherstellung fallen Nebenprodukte an, die als Futtermittel oder Substrat für Fermentationen verwendet werden.

Zunehmend ist die Bedeutung von Zuckerrüben als Nachwachsender Rohstoff, z. B. zur Herstellung von Bioethanol[1] und Biogas.[2]

Biologie

Die Zuckerrübe ist eine zu den Fremdbefruchtern zählende zweijährige Pflanze. Sie bildet also erst im zweiten Jahr einen Blütenstand und Samen aus.

Im ersten Jahr entwickelt sie im vegetativen Entwicklungsstadium oberirdisch eine Blattrosette mit etwa 20 breitflächigen, bis zu 30 cm langen Laubblättern und die Wurzel verdickt sich zu einem weißen Rübenkörper. Die Zuckerrübe ist ein Pfahlwurzler, ihre Wurzeln können bis zu anderthalb Meter tief in den Boden reichen.

Die Ernte erfolgt im ersten Vegetationsjahr, da in diesem Zeitraum die Speicherung von Reservestoffen erfolgt und damit der Zuckergehalt, der den wirtschaftlichen Nutzen bestimmt, am höchsten ist. Zum Erntezeitpunkt hat die Rübe ein Gewicht von ca. 700 bis 1200 g. Der höchste Zuckergehalt konzentriert sich im Mittelstück der Rübe.

Im zweiten Jahr, der generativen Phase, entsteht ein etwa 1,5 m hoher verzweigter Blütenstand mit unscheinbaren fünfzähligen Blüten. Durch Spätfröste oder durch längere Perioden mit Temperaturen zwischen 0 und 8 Grad Celsius nach der Aussaat kann bereits im ersten Jahr eine Vernalisation erfolgen, die zu den unerwünschten Schossern führt. Diese wirken sich störend auf die maschinelle Ernte aus und verursachen Mindererträge, da die Rübenkörper klein bleiben und somit einen geringen Zuckerertrag liefern. Da sie außerdem mehrere hundert keimfähige Samen im Boden hinterlassen, die lange im Boden überdauern können ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren, gefährden sie auch den zukünftigen Rübenanbau auf der gleichen Fläche. Sie müssen deshalb schon vor der Blüte entfernt werden.

Die Zuckerrübe wird vorwiegend im gemäßigtem Klimabereich kultiviert. Hauptverbreitungsgebiet ist Europa, aber auch in den USA, in Kanada und in Asien wird sie angebaut. Für einen hohen Ertrag benötigt die Zuckerrübe gemäßigte Temperaturen, viel Licht, viel Wasser, tiefgründige nährstoffreiche Böden mit guter Wasserführung. Der Wasserbedarf der Zuckerrübe ist besonders im Juli und August hoch. Im Jugendstadium ist die Pflanze frostempfindlich.

Geschichte

Der Chemiker Andreas Sigismund Marggraf wies 1747 erstmals den Zuckergehalt der Runkelrübe nach. 1801, nach der erfolgreichen Selektion der weißen schlesischen Rübe, schuf der Physiko-Chemiker Franz Carl Achard auch die Grundlagen der industriellen Zuckerproduktion. Die erste Rübenzuckerfabrik der Welt entstand in Cunern (Schlesien).

Um 1850 begann mit der Einführung des Wanzleber Pflugs und der Drillmaschine die Mechanisierung des Zuckerrübenanbaus.

Entstehung

Die Zuckerrübe entstand gegen Mitte des 18. Jahrhunderts durch Züchtung aus der Runkelrübe, wobei gezielt auf einen hohen Zuckergehalt selektiert wurde. Dadurch konnte der Zuckergehalt von anfänglich 8 % auf 16 % (um 1800) gesteigert werden. Heutige Zuckerrüben haben einen Zuckergehalt von 18 bis 20 %. Zucker ist ein energiereiches Produkt der Photosynthese und dient der Pflanze als Speichersubstanz.

Anbau

Lage der großen Zuckerrüben-Anbaugebiete sowie der Zuckerfabriken in Deutschland

Der Anbau der Zuckerrübe ist dort, wo die Verhältnisse ihn gestatten, sehr lohnend, stellt aber besonders hohe Ansprüche an die Beschaffenheit, Düngung und Bearbeitung des Bodens. Je trockener das Klima, desto mehr verlangt die Rübe einen tiefgrundigen, frischen Boden mit reichlichem Nährstoffvorrat. Am besten eignen sich humose Lehm- und Lössböden, ungeeignet sind arme, trockene Sandböden, zähe Tonböden und alle flachgrundigen, nassen Bodenarten.

Um den Anbau der Zuckerrübe möglichst wirtschaftlich zu gestalten, steht den Anbauern heute eine intensive Beratung (z.B. Landwirtschaftlicher Informationsdienst Zuckerrübe) zur Verfügung. Die Beratung umfasst die Bereiche Bodenbearbeitung, Sorten, Düngung, Pflanzenschutz, Ernte, Lagerung usw.

Saat

Einzelkornsägerät für Zuckerrüben

Man baut die Zuckerrübe gern nach gedüngtem Wintergetreide, stürzt die Stoppel sobald wie möglich, pflügt nach einigen Wochen tief und eggt und walzt im Frühjahr. Will man frisch düngen, so muss der Dünger sehr zeitig im Herbst in den Boden gebracht werden. Von den mineralischen Düngemitteln stehen Phosphate in erster Reihe. Da die Vegetationszeit 26-30 Wochen dauert, sät man so früh wie möglich, Ende März oder Anfang April und zwar aufs flache Land oder in Kämme, in Reihen oder in Tüpfeln als Dippelsaat. Je reicher der Boden, desto enger muss gebaut werden, um nicht zu große Rüben zu erhalten. Bei der Reihensaat gibt man einen Abstand von 30–50 cm, die Tüpfelsaat wird in der Regel mit der Dibbelmaschine ausgeführt. Man braucht hierbei 9-10, bei der Drillsaat 15–20 kg Kerne pro Hektar. Eventuelle Verkrustung des Bodens vor Aufgehen der Saat wird durch Überfahren mit einer Stachelwalze beseitigt, später hackt man zwei- oder dreimal und lässt schließlich ein leichtes Behäufeln folgen. Nach dem ersten Hacken werden die Rüben auf 18–20 cm vereinzelt, und man erleichtert diese Arbeit bei der Reihensaat, indem man querüber mit der Pferdehacke durchzieht. Von den übrigbleibenden Pflanzen zieht man alle bis auf die stärksten aus und legt sie zwischen die Reihen, um das Aufkommen des Unkrauts zu verhindern.

Die Aussaat erfolgt Mitte März bis Anfang Mai. Technisch aufwendig aufbereitetes Saatgut wird als Einzelkornsaat mit Einzelkornsämaschinen in Reihen im Abstand von 45 cm bzw. 50 cm und einer Tiefe von 2 bis 3 cm ausgebracht, dabei wird ein Bestand von 7 – 11 Pflanzen pro m² erreicht.

In jüngster Zeit werden Rüben vereinzelt auch in Schlitzsaat gesät. Dabei handelt es sich um ein spezielles Verfahren der Einzelkornsaat, bei dem der Boden ausschließlich in der bis zu einer Tiefe von 25 cm Saatreihe gelockert wird. Dies geschieht durch Zinkenschare, die vor der Drillmaschine angeordnet sind. Die Vorteile gegenüber der herkömmlichen Mulchsaat mit Saatbettbereitung im Frühjahr sind nach ersten Erkenntnissen ein gleichmäßigeres Auflaufen der Saat, hohe Energieeffizienz und geringer Arbeitsaufwand pro Hektar so wie ein guter Schutz vor Bodenerosion. Möglicherweise verbessert dieses Verfahren auch die Wassereffizienz in der Vegetationsphase.[3]

Ernte

Zuckerrübenernte in der Magdeburger Börde 1948
Rübengabel
Rübenheber
Zuckerrübenvollernter
Rübensammler

Die Ernte erfolgt ab Mitte September bis Mitte November, wobei eine spätere Ernte bei guter Witterung Vorteile hat, da der Zuckergehalt bei längerer Vegetationszeit steigt. Die Rübenerntezeit nennt man auch Kampagne.

Früher wurden Zuckerrüben durch Handarbeit geerntet. Man schnitt Kopf und Blätter ab und stach die Rüben dann heraus oder man stach sie erst heraus und entfernte dann mit einem Messer Kopf und Blätter. Zum Herausstechen verwendete man einen Spaten, eine Gabel oder den Rübenheber. Die Rübenblätter wurden als Viehfutter verwendet. Die herausgestochenen Rüben wurden von der an ihnen haftenden Erde befreit. Die gesäuberten Rüben wurden dann entweder per Hand oder mit einer Rübengabel auf einen Anhänger geladen und zur weiteren Verarbeitung in die Zuckerfabrik transportiert.

Auch heute noch erfolgt der Erntevorgang in drei Arbeitsschritten, dem Entfernen des Blattwerks und des Rübenkopfs, dem Herausholen der Rübe aus dem Boden und dem Aufnehmen der Rübe vom Boden. Es gibt die Möglichkeit, die ersten beiden Arbeitsschritte von einer Maschine und das Aufsammeln von einer zweiten Maschine erledigen zu lassen, oder alle Arbeitsschritte mit einer Maschine, dem Rübenvollernter, auszuführen. Diese Maschinen gibt es entweder in einer selbstfahrenden Variante oder zum Betrieb an einem Traktor. Die Blätter der Rüben werden beim Entfernen gleich gehäckselt und dann entweder auf dem Feld belassen, zur Düngung oder direkt auf einen Anhänger verladen und als Futter verwendet.

Die Erträge liegen bei 400–700 dt/ha (dt = Dezitonne = 100 kg), was die Produktion von rund 10 t Zucker ermöglicht.

Verwendung

(siehe Artikel Zucker, Zuckerfabrik, Zuckerfabrikation, Zuckerherstellung, Zucker als nachwachsender Rohstoff)

Die Zuckerrübe wird als Rohstoff für die industrielle Zuckerfabrikation (Saccharose) angebaut. Die Zuckerausbeute beträgt etwa 16–17 % der eingesetzten Rübenmasse.

Als Nebenprodukt fällt bei der Ernte Rübenblatt an, das zum größten Teil als Gründüngung wieder in den Boden eingearbeitet wird. In geringem Umfang wird das Rübenblatt auch als Futter für Rinder verwendet.

Ein weiteres industrielles Nebenprodukt ist ein per Kristallisation entzuckerter, aber noch immer stark zuckerhaltiger und nährstoffreicher Sirup, die Melasse. Sie dient unter anderem der industriellen Alkoholgewinnung durch Vergärung, aber auch als Nährmedium für die biotechnolgische Herstellung anderer Produkte, wie z. B. Backhefe oder Zitronensäure in der Weißen Biotechnologie. Außerdem wird sie in der Futtermittelindustrie verwendet. Das aus der Weiterverarbeitung der Melasse entstehende, weitestgehend zuckerfreie Nebenprodukt ist die Vinasse, die ebenfalls als Futterzusatz und Düngemittel genutzt wird.

Als Rückstände der Zuckerherstellung fallen die ausgelaugten Rübenschnitzel, die noch einen hohen Zuckeranteil besitzen und daher als Futtermittel Verwendung finden.

Zuckerrübensirup (Rübenkraut), teilweise auch Melasse, wird als Brotaufstrich gegessen, vor allem in den Anbaugebieten. Rübenkraut ist aber auch deutschlandweit im Handel erhältlich.

Neben der Verwendung als Tierfutter werden Zuckerrüben vermehrt als Nawaro, z. B. für die Gewinnung von Ethanol (Bioethanol) verwendet.[1] Ebenso zeichnen sich Zuckerrüben als energiereiches und schnellvergärbares Substrat für die Erzeugung von Biogas aus.[2]

Wirtschaftliche Bedeutung

Zuckerrübenberg (Miete) nach der Ernte

Der Anteil der Zuckerrübe als Rohstoffquelle zur Gewinnung von Zucker ist in den vergangenen Jahrzehnten zurück gegangen. Im Wirtschaftsjahr 2005/06 wurden 109,4 Mio. t (74 %) aus Zuckerrohr und 38,3 Mio. t (26 %) aus Zuckerrüben produziert. In den 1960er Jahren lag das Verhältnis noch bei 57 % Rohr- und 43 % Rübenzucker. Die absolut produzierte Menge Rübenzucker blieb aber relativ stabil durch eine insgesamt stark wachsende Zuckerproduktion.[4] In der EU werden ca. 112 Millionen Tonnen Rüben pro Jahr produziert, aus welchen die europäische Zuckerindustrie 13–15 Millionen Tonnen Kristallzucker gewinnt. In nahezu allen europäischen Ländern wird Zucker aus Zuckerrüben hergestellt. Dabei sind Deutschland, mit etwa 400.000 Hektar, sowie Frankreich und Polen die Hauptproduzenten.[5] Fast 90 Prozent des in Europa konsumierten Zuckers stammen heute aus heimischem Anbau. Dies hat seinen Grund zu einem großen Teil in den Schutzzöllen der EU, die den einheimischen Rübenzucker gegenüber dem preiswerteren Rohrzucker bevorteilen (siehe Protektionismus). Dies verteuert den Zuckerpreis für die europäischen Konsumenten, gleichzeitig werden EU-weit zirka 50.000 industrielle Arbeitsplätze direkt bei den Zuckerherstellern, viele weitere bei Zulieferern und zirka 250.000 Bauernhöfe geschützt und künstlich erhalten. Dafür konterkarieren sie die Bemühungen zur Entwicklungshilfe vieler Dritte-Weltländer und erschweren einen wirtschaftlichen Aufschwung da sie den Zutritt zu einem wichtigen Markt verwehren und viele Arbeitsplätze verhindern.

Siehe auch: Zuckermarktordnung

Gentechnik

Drei Jahre nach Einführung einer herbizidtoleranten Sorte in den USA wurden dort 2009 zu 95 Prozent (auf 450.000 ha) gentechnisch veränderte Zuckerrüben angebaut.[6]

Einzelnachweise

  1. a b www.nachwachsenderohstoffe.de: Nachwachsende Rohstoffe 2009 erneut auf rund 2 Millionen Hektar, vom 21. Oktober 2009, abgerufen am 15. Februar 2010
  2. a b Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR): Tagungsband "Biogas in der Landwirtschaft - Stand und Perspektiven", Gülzower Fachgespräche, Band 32, 2009, 458-seitig, als pdf, abgerufen am 15. Februar 2010
  3. top agrar. Magazin für moderne Landwirtschaft, 2/2008.
  4. [1] www.Proplanta.de, abgerufen am 3. August 2009
  5. [2] [3] www.Proplanta.de, abgerufen am 3. August 2009
  6. [4] www.transgen.de, abgerufen am 3. August 2009
Commons: Zuckerrübe – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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