Benutzer:Hans Chr. R./Baustelle
Entmischen heißt, zuvor unter naturgegebenen Bedingungen oder durch menschliches Handeln Vermischtes mit dem Ziel zu sortieren, zu zerlegen, oder zu zerteilen, dass die ursprünglichen Fraktionen wieder getrennt vorliegen.
Begriffsklärung
Entmischen, auch Entmischung, setzt das Vorhandensein von Gemischen voraus. Sie können naturgegeben oder durch menschliche Einwirkung entstanden sein. Auch das Entmischen kann daher durch die Natur selbst bewirkt werden, oder aber es wird als wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit erkannt, die sich dann zumeist physikalischer oder chemischer Methoden bedient, die gewerblich betrieben auch als Trennverfahren[1] bezeichnet werden können, dann aber auch genaue Kenntnis dessen voraussetzen, was entmischt werden soll oder muss. Augenschein, Probenahme und Analyse helfen bei der Wahl des Entmischungsverfahren, oder der Entwicklung neuer Techniken.
Gemische und Gemenge
Gemenge oder heterogene Gemische, setzen wenigstens zwei Phasen voraus, deren jede für sich fest, flüssig oder gasförmig sein kann. Beispiele: Butter (Fett und Wasser), Flussgold (Goldkörner und Geschiebe), Salatdressing (Essig und Öl). Flüssige Gemenge, auch Emulsionen genannt, neigen zur Selbstentmischung, wenn Dichteunterschide der Bestandteile vorliegen.[2]
Bei der Glasherstellung ist beides bekannt. Das nach Rezeptur zusammengestellte, noch heterogene Gemisch von Quarz und verschiedenen Zuschlagstoffen unterliegt in einer ersten Stufe dem „Gemengeschmelzen“, gefolgt vom „Lauterschmelzen“ (Läuterung durch Entfernung unerwünscher Gasgehalte), das dann zu einem homogenen Gemisch führt.[3]
Die Unterscheidung zwischen Gemischen und (chemischen) Verbindungen beruht auf Arbeiten des britischen Chemikers und Physikers Robert Boyle im 17. Jahrhundert.
Arten von Gemischen
Gemische und Gemenge lassen sich nach dem Phasenzustand, in dem sie vorliegen unterscheiden. Wenn dabei fest, flüssig und gasförmig zu Grunde gelegt wird, zeigt sich, dass in allen für das menschliche Dasein relevanten Bereichen Gemische und Gemenge weit häufiger von Bedeutung sind als Reinstoffe.
Feststoffgemische
Feststoffgemische können natürlichen Ursprungs sein, oder artifizieller Art, von Menschen geschaffen. Leicht zu definieren scheinen die natürlich vorkommenden Gemische, denen man als örtliche, regionale, oder globale Bestandteile der Erdoberfläche begegnet. Ein Lehrbuch der Chemie, auch der Mineralogie[4] gibt Aufschluss über die Vielfältigkeit, die Zusammensetzung und die Entstehung solcher Gemische, wie Lava, Dolomit oder Granit. Wichtig ist das zur Entstehung gesagte, denn es zeigt sich, dass alle uns bekannten Feststoffe erst zu solchen geworden sind und sich aus einer im Urzustand heißen und gasförmigen Phase im Zuge derer Abkühlung über flüssig zu zähflüssig und breiig erst in sehr langen erdgeschichtlichen Zeiträumen zu Feststoffen gewandelt haben. Beispiel: Granit ein Gemisch oder Gemenge aus Quarz, Feldspat, Glimmer und Hornblende.
Flüssige Gemische
Natürliche flüssige Gemische sind Laven oder kohlensäurehaltigen Mineralquellen, Bei flüssigen Gemischen ist menschlicher Einfluß bereits seit historischer Zeit nachweisbar. Beispiel: „Griechisches Feuer“, vermutlich ein Gemisch auf Erölbasis mit Erdpech, Schwefel und Salpeter[5], das bereits von Kaiser Konstantin I. im vierten Jahrhundert als Seekampfmittel genutzt wurde. In modernerer Form begegnet man eine vergleichbaren Mischung in Form des im 2. Weltkrieg erfundenen oder wieder entdeckten Molotow-Cocktails, einer Brandflasche, gefüllt mit einem Gemisch aus Benzin und weißem Phosphor.
Gasförmige Gemische
Das bekannteste gasförmiges Gemisch ist unsere Atemluft mit Anteilen an Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxyd und Helium.
Entmischen, Entmischung, Separation
Soweit gemäß gegebener Gliederung die Art des Gemischs bestimmt ist, dessen Entmischung erfolgen soll, oder -gelegentlich unerwünscht- ohne weiteres Zutun erfolgt, kann ein zweckdienliches Trennverfahren herangezogen werden.
Entmischen von Feststoffen
Mit den Stichworten Abfall und Stoffverwertung ist eine hergebrachte Form des Entmischens von Feststoffen, bereits angedeutet. Der klassische „Lumpensammler“ mit seiner Karre, nahm alles an sogenannten Abfällen mit, was für seinen Auftraggeber, eine private Verwertungsfirma, interessant sein konnte. „Knochen, Lumpen, Papier“ war der Ausruf, mit dem er sein Kommen anzeigte. Heute hat er sich modernisiert und nimmt in seinem LKW nicht mehr alles mit, sondern vorwiegend Metallisches, das den höchsten Sammelerlös verspricht, die Buntmetalle insbesondere. Man kann dies früher[6], wie heute als erste Stufe der Entmischung bezeichnen. Das von den Sammlern noch ziemlich gemischt Angelieferte wurde auf dem Hof des Verwerters sortiert und in getrennten Boxen gelagert[7] Besondere Aufmerksamkeit galt früher wie heute dem metallischen Sammelgut. Geschulte Kräfte trugen hierbei weiter zum Entmischen bei, indem sie Eisen und Nichteisenmetalle, Stahl, Gusseisen, Kupfer und Kupferhaltiges, Zink, Leichtmetall, Blei und Zinn (Flaschenkapseln) voneinander trennten. Auf dieser Stufe war es auch möglich – gemäß dem einleitend Gesagten – eine gesammelte Charge analytisch auf Durchschnittsgehalte an enthaltenen Stoffen zu untersuchen und auf dieser Grundlage einer Verhüttung zuzuführen, an deren Prozessende – nur als Beispiel – wertvolles Reinkupfer stehen konnte.
Eine im Prinzip verwandte, aber aufwändigere Art Gemische oder Gemenge auf enthaltene Stoffe zurückzuführen, ist die Metallurgie mit ihren verschiedenen Verfahren der Gewinnung von Primärmetall aus erzführenden Gesteinen, beginnend mit der der Trennung (Entmischung) von Gangart und Erz, oder dem Recycling vorsortierter metallischer Altstoffe. Immer steht am Prozessanfang die Untersuchung auf Zusammensetzung, bevor nach erprobten oder noch zu erarbeitenden Verfahren Einzelstoffe aus dem Gemisch isoliert werden können. Ohne Wissen um das Entstehen von Gemischen, die für die Technik wichtige Elemente enthalten, ist ein so wichtiges Verfahren, wie die Entmischung, oder Stofftrennung durch die Elektrolyse nicht möglich[8]. Eines der wichtigsten Verfahren der anorganischen Chemie ist die Chlor-Alkali-Elektrolyse die sowohl den Chemiegrundstoff Chlor, als auch metallisches Natrium liefert.
Zu den einfacher zu handhabenden Verfahren der Entmischung von Feststoffen zählt die Ausnutzung eines bestehenden Dichteunterschiedes, oder unterschiedlicher Korngrössen. Rütteln, Sieben, Windsichten, Seigerung, Schwimmflotation lassen sich hierunter einordnen.
Entmischen flüssiger Gemische
Da viele Arten flüssiger Gemische denkbar sind, ist eine Beschränkung auf Beispiele von den technischen Voraussetzungen und der wirtschaftlichen Effizienz her Gebotenes erforderlich.
Bei kohlensäurehaltigen Mineralwässern ist deren „Ausperlen“ bei geöffneter Flasche ebenfalls eine Entmischung. Gleiches gilt für mit Wasserzusatz „auf Trinkstärke reduzierte“ im Originalzustand hochprozentige Alkoholika. Bei nicht luftdichtem Verschluss verlässt der seinerseits der Entmischung eines Gärproduktes mittels Destillation entstammende, rektifizierte Alkohol aufgrund seines niedrigeren Dampfdrucks mit der Zeit das Wasser-Alkohol-Gemisch. Selbstentmischung dieser Art findet ihre Parallele in der fraktionierten Destillation, als Beschleunigung eines oft natürlichen Vorgangs „(Ausdampfen)“ durch Temperaturerhöhung. Nicht entmischbar sind die Cuveés, hochwertige Weine, die aus verschiedenen Traubensorten hergestellt werden. Gleiches gilt bei Anstrichfarben, bei denen die Basiskomponente mit verschiedenen Zusätzen eingefärbt wird.
Technisch interessant ist das Entmischen von Abwässern (Buchstabe A) bis hin zum Entmischen durch Zentrifugieren (Buchstabe Z). Abwässer selbst hohen Verunreinigungsgrades werden heute durch Wasseraufbereitungsanlagen soweit entmischt, dass am Ende der Prozessstufen, Trinkwasser entsteht, wogegen die den untrinkbaren Teil des Gemischs bildenden, in einem mehrstufigen Verfahren abgetrennten Beimengungen als Feststoffe, wie es organische Fette, stickstoffreiche Filtrate (Fäkalien) oder basische Waschmittelrückstände sind, einer Wiederverwertung zugeführt werden können.
An der Pumpe zu Tage tretendes Erdöl ist ein Gemisch von Bestandteilen mit unterschiedliche Siedepunkten, die auch zu unterschiedlicher Nutzung führen. Die Raffinerie, vom Prinzip her eine Destillationsanlage entmischt die verschiedenen Fraktionen auf Grund unterschiedlicher Siedepunkte. Diese Prinzip der fraktionierten Destillation ermöglicht es, die Mehrzahl aller vorkommenden flüssigen Gemische zu entmischen. Alternativ ist auch die Separation mittels Zentrifugierung möglich. Bekannte Beispiele sind hier die Buttererzeugung und in Umkehrung die Milchentfettung, oder die Honiggewinnung durch Ausschleudern der Waben. Ferner können flüssige Gemische auch durch Ausnutzung von Dichteunterschieden (Abstehen lassen), oder solche Unterschiede fördernde und daher absichtsvoll eingeleitete chemische Reaktionen herbeigeführt werden. Der künstlich zu höherer Dichte gebrachte Bestandteil des Gemisch fällt aus und kann abfiltriert werden. Vom Prinzip her beruht ein großer Anteil der nassanalytischen Methoden der anorganischen Chemie hierauf.
Die Entmischung einer geschmolzenen, also verflüssigten, metallischen Legierung aus Bestandteilen unterschiedlicher Dichte kann von selbst, oder durch Anwendung eines die Entmischung fördernden Verfahrens erfolgen. Die einfachste Art der Entmischung ist die Schwerkraftseigerung. Legierungbestandteile mit hoher Dichte, wie Blei in einer Bronzelegierung, sinken nach unten, leichtere, wie Siliziumprimärkristalle in einer AlSi-Legierung reichern sich dagegen im oberen Bereich der Schmelze an.
Die Möglichkeiten des Entmischens einer Schmelze durch bewusst herbeigeführte chemische Reaktionen sind vielfältig. So können- als Beispiel – aus dem „Gemisch“ zu entfernende Bestandteile erst in ihre Oxyde umgewandelt werden, anschließend von der flüssigen Basis abgetrennt und mit oder ohne Bearbeitung einer weiteren Nutzung zugeführt werden[9].
Entmischen (Separation in Einzelbestandteile) gasförmiger Gemische
Ein Gasgemisch ist die Luft, die - in Volumenprozenten ausgedrückt - zu 78,07 % aus Stickstoff, mit 20,95 % Sauerstoff, ferner 0,94 % Edelgasen (mehrheitlich Helium) und „nur“ 0,03 % Kohlenstoffdioxyd zusammengemischt ist. Eine Separation dieser Komponenten, eine Entmischung, war solange unmöglich, bis Carl von Linde die Luft mit kryotechnischen Maßnahmen verflüssigen konnte, um sie danach durch fraktionierte Destillation in Ihre Bestandteile zu zerlegen. Von Lindes Erfindung gehen heute nahezu alle Verfahren aus, Gasgemische in ihre Bestandteile zu zerlegen, nutzbare und schädliche zu erkennen, zu verwerten,oder zu entsorgen. Dies betrifft besonders den Bereich als Mittel chemischer Kriegführung (C-Waffen, Kampfstoffe) gedachter giftiger Gase oder Flüssigkeiten organischer Abkunft (Grünkreuz, Gelbkreuz, Sarin), deren kontrollierte Trennung (bei binären Kampfstoffen), Zersetzung oder Verbrennung zu Kohlenstoffdioxyd und Wasser risikobehafteten Trennungsversuchen vorzuziehen ist.[10]
Einzelnachweise
- ↑ Nicht jedes Entmischen verlangt nach einem Trennverfahren und Trennverfahren setzen das Vorhandensein eines Gemischs nicht voraus.
- ↑ Gilt für viele Erzeugnisse des täglichen Gebrauchs, daher der häufige Packungshinweis „vor Gebrauch gut schütteln!“
- ↑ Hollemann-Wiberg, Lehrbuch der anorganischen Chemie, Walter de Gruyter&C0, Berlin, s. „Darstellung und Verarbeitung von Gläsern“
- ↑ unter anderem „Herder-Lexikon Geologie und Mineralogie“, Verlag Herder KG, Freiburg im Breisgau 1972, ISBN 3-451-16452-3
- ↑ Meyers Konversationslexikon, erschienen in Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien, 5. Auflage von 1897, Bd 7
- ↑ eine Zeit, in der alles gesammelt und verwertet wurde, war die der NS-Vierjahrespläne, die von Knappheit an Vielem und dem Streben nach Versorgungsautarkie bestimmt waren
- ↑ Verfasser hat vor 1939 einen solchen Verwerter besichtigt
- ↑ vom Sprachgebrauch unabhängig ist die Elektrolyse eine unverzichtbare Technik natürlich vorkommende Gemische zu Entmischen, auf ihre vorzeitlichen miteinander vermischten Einzelbestandteile zurückzuführen
- ↑ Metallurgie, Schmelzebehandlung
- ↑ Römpp, Chemie-Lexikon,a.a.O., Artikel „Kampfstoffe“
Herangezogene Literatur
- RÖMPP Chemielexikon, herausgegeben von Jürgen Falbe und Manfred Regitz, 9. erweiterete und neubearbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart und New York, 1995 f., ISBN 3-313-102759-2
- Herder-Lexikon Geologie und Mineralogie, Herder Freiburg Basel Wien 1972, ISBN 3-451-16452-3