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Captain Beefheart

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Captain Beefheart

Captain Beefheart (* 15. Januar 1941 in Glendale, USA) ist das Pseudonym von Don Glen Van Vliet (geboren als Donald Vliet), einem experimentellen Rock- und Bluesmusiker sowie Maler.

Biographie

Geboren am 15. Januar 1941 in Glendale bei Los Angeles, zog er mit seiner Familie 1954 nach Lancaster in die Mojavewüste, wo er den jungen Frank Zappa kennenlernte. Bereits 1959 nahm er erste Stücke auf, später als "The Lost Episodes" veröffentlicht. 1964 gründete er die Magic Band und debütierte mit ihr 1965 bei der Hollywood Teenage Fair.

Werk

Frühwerk

Bereits im folgenden Jahr veröffentlichte die Gruppe ihre erste Single, "Diddy Wah Diddy", kurz darauf gefolgt von "Moonchild", einfache direkte Rhythm'n'Blues-Stücke. Sie stießen anfangs jedoch oft auf Widerwillen in der Musikindustrie, der Chef der Plattenfirma A&M Records lehnte ihren Song "Electricity" mit der Begründung ab, er sei "negativ und nicht gut für seine Tochter". Die Band versuchte zu dieser Zeit ständig, einen Fuß in die Tür des Musikbusiness zu bekommen. Donald van Vliet unterschrieb jeden Vertrag, der ihm angeboten wurde, was ihm noch Jahre später große rechtliche Probleme und anstrengende Gerichtsprozesse bescherte. Trotzdem konnten sie 1966 ihr erstes vollständiges Album "Safe as Milk" für Buddah Records aufnehmen und veröffentlichen, bei dem auch Ry Cooder auf mehreren Stücken Gitarre spielte. Doch nicht ohne Auflagen: auch dieses Album, auf dem "Electricity" veröffentlicht wurde, musste überarbeitet werden.

Auch das Nachfolgewerk Strictly Personal von 1968 blieb nicht unbeschädigt, der Produzent Bob Krasnow mischte das gesamte Album ohne Absprache in "psychedelischer" Manier neu ab und veränderte es so sehr, dass Van Vliet sich später davon lossagte. Nur das Angebot Frank Zappas, mit vollständiger kreativer Kontrolle zu seinem neugegründeten Label Straight Records zu wechseln, hielt Van Vliet davon ab, sich zurückzuziehen. Er war zu dieser Zeit sehr enttäuscht, hatte Krasnow ihm doch immer wieder versprochen, die Band würde bald zu den Rockgrößen Amerikas gehören. Auch wurde er immer wieder bedrängt, die Magic Band zu verlassen, um mit Sessionmusikern als Blues-Sänger bekannt zu werden.

Sowohl Safe As Milk wie auch Strictly Personal zeichnen sich trotz dieser Beschränkungen bereits als ungewöhnliche und komplexe Kombinationen aus Delta Blues und Avantgarde-Rock mit gelegentlichen Free Jazz-Einflüssen aus.

Höhepunkte

1969 erschien bei Straight Records das Doppelalbum Trout Mask Replica, das aus 28 Stücken bestand, die über ein Jahr geprobt wurden. Gemeinsam mit dem Nachfolger Lick My Decals Off, Baby gilt dieses Album nicht nur mit als das Beste, was Cpt. Beefheart & The Magic Band je veröffentlichten, einige Kritiker attestieren den Werken sogar, dass sie die besten Rock-Platten seien, die je erschienen sind. In der Tat ist auf diesen radikalen Alben der Einfluss von Free Jazz und Moderner Klassik erheblich stärker als auf den Vorgängern, auch wenn Beefheart immer behauptete, überhaupt keine Einflüsse zu haben, Polyrhythmien, atonale Harmonik, das extravagante Instrumentarium (2 Leadgitarren, Bassklarinette, Hörner) sowie Beefhearts taktsprengender Gesang bestimmen den Klang und die unterschiedlichen Stile werden hier in kunstvoller Weise ineinander integriert. Diese Stücke wurden in endlosen, schmerzhaften Sessions vervollkommnet. Die Magic Band lebte zu dieser Zeit zusammen in einem Haus, in dem auch das Album, produziert von Frank Zappa, aufgenommen wurde. Beefheart bestand darauf, seine Vocalparts ohne Kopfhörer einzuspielen, er hörte also die Musik nicht, während er sang. Mehrere Bandmitglieder wurden unzufrieden, schließlich behauptete Beefheart in Interviews, er habe das gesamte Album in einer Nacht am Klavier komponiert, während viele der Stücke auch in seiner Abwesenheit von der Band selbst ausgefeilt wurden. Er hatte jedoch immer schon sehr seltsame Dinge in Interviews behauptet, z.B. habe er laut eigenen Angaben einmal ein ganzes Jahr lang nicht geschlafen.

Die "Tragic Band"

Die Ansprüche, die Beefheart in diesen komplexen Werken, mit seiner rauen Stimme (deren Umfang über viereinhalb Oktaven reichte) und seiner surrealen Lyrik an den Hörer stellte, überforderten die breite Hörerschaft und ein kommerzieller Erfolg blieb aus. Auf den beiden 1972 veröffentlichten Alben The Spotlight Kid und Clear Spot milderte er die konzeptionelle Strenge der Vorgänger zugunsten eines verspielteren, gelegentlich fast konventionellen Stils. Nachdem auch diese Platten nicht den erhofften Erfolg hatten, zerbrach die Magic Band und er verlor seinen Plattenvertrag. Beefheart ging für 2 Jahre nach Großbritannien und veröffentlichte dort mit einer neuen (unter Fans häufig als "Tragic Band" verspotteten) Magic Band "Unconditionally Guaranteed" (1973) und "Bluejeans And Moonbeams" (1974), nach einhelliger Meinung der Kritik seine schlechtesten Arbeiten, auf denen er seinen unverkennbaren Stil zu reinem Popblues verwässerte. Nachdem auch dieser Weg scheiterte, kehrte er zurück in die USA. Vollkommen mittellos und ausgebrannt, heuerte er noch einmal bei seinem alten Freund Frank Zappa an und bat ihn, mit Zappa auf Tour gehen zu können. Auf dieser Tournee 1975 entstand das Live-Album "Bongo Fury", im selben Jahr veröffentlicht, das Beefheart in sehr schlechter Verfassung zeigt. Denn neben seinen finanziellen Problemen hatte er zu dieser Zeit auch noch ein starkes Alkoholproblem.

Spätwerk

1976 produzierte er Bat Chain Puller, aber das Album blieb unveröffentlicht. Nachdem er 1978 einen neuen Vertrag bei Virgin Records bekam, erschienen einige der Stücke auf Shiny Beast (Bat Chain Puller), stilistisch war das Werk wieder eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, einer exzentrischen Melange aus Bluesrock und Avantgarde. 1982 erschien das ähnliche Ice Cream For Crows. 1984 gab es weitere Aufnahmen, diese sind jedoch nie erschienen, vermutlich fand sich keine Plattenfirma zur Veröffentlichung.

Karriereende und Neubeginn

Don Van Vliet zog aus dieser letzten Enttäuschung die endgültige Konsequenz und beendete 1985 sein Dasein als Musiker. Er zog sich gemeinsam mit seiner Frau in die Mojavewüste zurück und machte die Malerei zu seinem Beruf (er galt ursprünglich aufgrund seiner zeichnerischen Fähigkeiten als Wunderkind und hatte schon Anfang der 50er Jahre ein Stipendium in Europa angeboten bekommen, das seine Eltern jedoch ausschlugen). Für Van Vliet hat sich diese Entscheidung bewährt, da er als Maler von seinen Arbeiten (im Stil Francis Bacon nicht unähnlich) besser leben kann denn je als Musiker, einzelne seiner Bilder erzielten bereits $25.000.

Bandmitglieder

Bedeutung

"Captain Beefheart is the most important musician to rise in the Sixties, far more significant and far-reaching than the Beatles; as important for all music as Ornette Coleman was for jazz, as Leadbelly was for the blues." - Lester Bangs

Es hat etwas Ironisches, dass zur selben Zeit, als Don Van Vliet die Musik fallen ließ, allmählich seine Entdeckung begann. Insbesondere junge Punk- und New Wave-Bands wie Devo, Pere Ubu, The Fall, Public Image Ltd. und viele andere ließen sich von ihm inspirieren. Mit den Jahren ist diese Anerkennung weiter gewachsen und im Rückblick wird er als einer der wichtigsten Musiker der Rockgeschichte gesehen, einer der ersten, der den Rock an seine äußerste musikalische Grenze brachte.

Seit den 90er Jahren hat sich Don Van Vliet vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, es wird trotz aller Dementi vermutet, dass dieses auf eine Erkrankung mit Multipler Sklerose zurückzuführen ist.

Diskographie

  • The Legendary A&M Sessions (1965 / 1984)
  • Safe As Milk (1967)
  • Mirror Man (1967 / 1971)
  • Strictly Personal (1968)
  • Trout Mask Replica (1969)
  • Lick My Decals Off, Baby (1970)
  • The Spotlight Kid (1972)
  • Clear Spot (1972)
  • Unconditionally Guaranteed (1974)
  • Bluejeans & Moonbeams (1974)
  • Shiny Beast (Bat Chain Puller) (1976 / 1978)
  • Doc At the Radar Station (1980)
  • Ice Cream For Crow (1982)
  • I May Be Hungry But I Sure Ain't Weird, rec. 1967-68 (1992)
  • Grow Fins: Rarities 1965-1982 (1999)
  • Dichotomy (2003)
  • Best of-the EMI & Liberty Ye (2004)
  • Prime Quality Beef (2005)

Ausstellungen

  • 2002 Barbican Centre, London
  • 2001 "Don Van Vliet. Paintings from the Eighties", Michael Werner Gallery, New York
  • 2001 "Don Van Vliet. Works on Paper", Fleisher/Ollman Gallery, Philadelphia (PA)
  • 2000 "Don Van Vliet", Lowe Gallery, Atlanta (GA)
  • 1998 "Don Van Vliet. Recent Paintings", Knoedler & Company, New York
  • 1996 "Don Van Vliet. Arbeiten der 70er und 80er", Galerie Michael Werner, Köln
  • 1995 "God's Empty Socks and Other Paintings by Don Van Vliet", Michael Werner Gallery, New York
  • 1995 "Don Van Vliet", Galleri Stefan Andersson, Umedalen/Umeå, Schweden
  • 1995 "Don Van Vliet", Cleveland Center for Contemporary Art, Cleveland (OH)
  • 1993 - 1994 "Don Van Vliet. Stand up to be discontinued", Bielefelder Kunstverein, Bielefeld (weiter nach Odense, Brighton, Göteborg)
  • 1991 Kunsthallen Brandts Klaedefabrik, Odense, Dänemark
  • 1990 "Don Van Vliet. Neue Bilder 1989-1990", Galerie Michael Werner, Köln
  • 1990 "Don Van Vliet. New Paintings and Drawings", Fred Hoffman Gallery, Santa Monica (CA)
  • 1988 Galerie Lelong, Zürich
  • 1988 "Don Van Vliet. New Work", San Francisco Museum of Modern Art, San Francisco
  • 1987 Galerie Brinkmann, Amsterdam
  • 1985 "Don Van Vliet. Bilder und Zeichnungen", Galerie Michael Werner, Köln
  • 1985 "Don Van Vliet", Mary Boone/Michael Werner Gallery, New York

Bibliographie

Literatur

  • Riding Some Kind of Unusual Skull Sleigh / Don Van Vliet (2003)
  • Mike Barnes: Captain Beefheart: The Biography, ISBN 0-815-41190-1, 28. Februar 2002
  • Ken Brooks: Captain Beefheart: A Tin Teardrop, Agenda Ltd, ISBN 1-899-88211-1, 1. Februar 2000
  • Don Van Vliet. New Work, in association with Michael Werner Gallery, (Katalog anläßlich der Ausstellung bei Knoedler & Company, New York, 11.11. - 5.12.1998), New York: Knoedler & Company, (1998)
  • Don Van Vliet, [mit einem Gedicht von Don Van Vliet], (Katalog zur Ausstellung "Don Van Viet. Arbeiten der 70er und 80er" in der Galerie Michael Werner, Köln, 22.6. - 27.7.1996), Köln: Michael Werner, (1996)
  • Ferrari, Luca: Pearls before swine, perle ai porci. Ice cream for crows, gelato ai corvi. A tribute to the art of Captain Beefheart, ed. by Gigi Marinoni, mit einer CD Single Poetry reading by Don Van Vliet, (Sonic Book; 1), Rom: Sonic Book, (1996)
  • Don Van Vliet. Stand Up to Be Discontinued, Bielefelder Kunstverein, Museum Waldhof, Texte von Andreas Beaugrand, Karsten Ohrt, Jessica Rutherford, Paolo Bianchi, Luca Ferrari, Diedrich Diederichsen, Roberto Ohrt, A.R. Penck, Hardcover mit CD, Ostfildern: Cantz, (1993)
  • Webb, Colin David, Garantiert ungewöhnlich...Das Leben des Captain Beefheart, Augsburg, Sonnentanz-Verlag, ISBN 3-926-79406-2 (1990)
  • New Work: Don Van Vliet (Text: Bohn R. Lane), San Francisco Museum of Modern Art, (1988)
  • Don Van Vliet. Neun Bilder, (Text: Wilfried Dickhoff), Galerie Michael Werner, Köln (1988)
  • Don Van Vliet Skeleton Breath, Scorpion Blush, Gedichte von Don Van Vliet mit Abbildungen (Vorwort: A.R. Penck, Übersetzung aus dem Englischen: Catherine Schelbert), Verlag Gachnang & Springer (Hg.), Bern (1987)
  • Don Van Vliet. Zehn Bilder, (Text: A. R. Penck), Galerie Michael Werner, Köln (1987)
  • Don Van Vliet. Sechs Bilder, (Text: A. R. Penck) Galerie Michael Werner, Köln, (1985)