Ulmer Münster
Das Ulmer Münster ist die im gotischen Stil errichtete Hauptkirche der ehemals freien Reichsstadt Ulm. Es ist ein evangelisches Gotteshaus und gehört (wie auch etwa der Kölner Dom) zu jenen gotischen Kirchen in Deutschland, die erst Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt deutschen Nationalbewusstseins vollendet wurden.
Bedeutung
Das Münster hat mit 161,53 m Höhe (768 Stufen) bis heute den höchsten Kirchturm der Welt. Bei Fertigstellung am 31. Mai 1890 war dieser sogar für einige Jahre, bis zur Fertigstellung des Eiffelturms, das höchste je von Menschenhand geschaffene Bauwerk der Erde.
Das Kirchengebäude ist 123,56 Meter lang und 48,8 Meter breit und bedeckt somit eine Fläche von rund 8 260 Quadratmetern. Keine andere evangelische Kirche der Welt übertrifft diese Ausmaße. Das Mittelschiff hat eine Höhe von 41,6 Metern, die Seitenschiffe 20,55 Meter. An den Schnittstellen der Seitenschiffe mit dem Mittelschiff stehen (am östlichen Ende des Münsters) zwei Chortürme mit jeweils ca. 86 m Höhe. Das Münster bietet 2000 Sitzplätze in der normalen Bestuhlung. Beim Posaunentag finden, durch zusätzliche Sitzgelegenheiten 4500 Bläser mit Instrumenten Platz. Im Mittelalter bot das Münster Platz für 20000 Menschen, da es damals üblich war während des Gottesdienstes zu stehen. Es ist eines der größten gotischen Bauten in Süddeutschland und ein Kulturdenkmal.
Baugeschichte
Da im 14. Jahrhundert die Ulmer Pfarrkirche rund einen Kilometer vor den Toren der Stadt steht, streben die Bürger an, innerhalb der Stadtmauern eine Kirche zu errichten, finanziert durch die Einwohner selbst. Am 30. Juni 1377 ist die Grundsteinlegung unter Meister Heinrich II. Parler. Dieser hatte zuvor Erfahrungen in Schwäbisch Gmünd gesammelt. 1381 wird die Baustelle von Meister Michael Parler übernommen, der zuvor in Prag wirkte. Unter ihm beginnt der Bau an der Basilika, an die drei gleichbreite und -hohe Schiffe anschließen. Von 1387 bis 1391 obliegt der Bau Meister Heinrich III. Parler.
1392 wird Ulrich Ensinger, auch Ulrich von Ensingen genannt, die Bauleitung übertragen, der zuvor in Prag und am Straßburger Münster gewirkt hat. Er träumt von einem über 150 m hohen Hauptturm. Am 25. Juli 1405 wird das Münster geweiht, lediglich bedeckt durch ein provisorisches Notdach. Mit Matthäus Ensinger übernimmt 1446 der Sohn von Ulrich die Bauleitung (bis 1463). Er vollendet 1449 das Chorgewölbe und 1452 das Gewölbe des Nordschiffes.
Der neue Baumeister Matthäus Böblinger ändert 1477 die Pläne, vor allem die des Hauptturms. In seine Zeit (bis 1494) fallen die ersten massiven Schäden: 1492 müssen die Seitenschiffe abgerissen und niedriger geplant werden, da sie die Wände des Mittelschiffs belasten (die Nordwand des Mittelschiffs weist noch heute eine Abweichung aus dem Lot von bis zu 27 cm auf).
Das Chorgestühl von Jörg Syrlin dem Älteren von 1469-74 mit hunderten aus Eichenholz geschnitzten Figuren zählt zu den herausragenden Kunstwerken seiner Zeit.
1530/1531 kommt es bei einer namentlichen Abstimmung in Ulm zum Übertritt zum evangelischen Glauben. Bei der „Säuberung“ fallen über 60 Altäre, darunter der Hauptaltar, dem Bildersturm zum Opfer. 1543 kommt es, den Zeitumständen entsprechend, zum Baustillstand. Der Hauptturm hat zu diesem Zeitpunkt eine Höhe von rund 100 m, die Chortürme jeweils etwa 32 m.

1817 werden bei Malerarbeiten die Fresken im Innern des Münsters grau übermalt. Mit dem Einzug eines neuen Wohlstandes wird ab 1844 am Münster wieder weitergebaut: Es beginnt mit den Sicherungsmaßnahmen für den Weiterbau allgemein sowie mit dem Ausbau der beiden Chortürme.
Ab 1880 müssen die ersten Erhaltungsmaßnahmen eingeleitet werden, bevor von 1885 an der Haupt- bzw. Westturm zur Vollendung kommt. Mit dem Aufsetzen einer Kreuzblume wird dieser 1890 vollendet und das Münster hat sein heutiges Aussehen erhalten. Die Leitung für diesen Bauabschnitt hatte August von Beyer.
Am 22. April 1934 geben Vertreter der evangelischen Kirche aus ganz Deutschland im Münster die Ulmer Erklärung ab, in der sie sich offen gegen Hitler wenden.
Beim vernichtenden Fliegerangriff auf Ulm am 17.12.1944 wurde das Münster kaum beschädigt, obwohl fast sämtliche anderen Gebäude des Münsterplatzes schwer getroffen wurden. Kurz vor Kriegsende explodierte eine Sprengbombe im Chorgewölbe.
Heute wird große Mühe darauf verwendet, den Bauzustand des Münsters zu erhalten, wofür jährlich Hunderttausende Euro aufzubringen sind.
Siehe auch
Literatur
- Elmar Schmitt, Adolf Silberberger: Das Ulmer Münster in Vergangenheit und Gegenwart. Konrad, 1989 ISBN 387437288X