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Spaziergang

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Carl Spitzweg: Der Sonntagsspaziergang

Ein Spaziergang (im 15. Jahrhundert von italienisch spaziare, ‚sich räumlich ausbreiten‘, ‚sich ergehen‘ entlehnt) ist das Gehen ("Ambulieren", "Flanieren") zum Zeitvertreib und zur Erbauung.

Man kann z.B. im Wald, in Parks oder den Deich entlang, aber auch in Geschäftsvierteln der Stadt als Flaneur oder zum Schaufensterbummel spazieren. Spaziergänge können der Entspannung, der Erholung oder der beobachtenden / gedankenvollen Muße dienen. Menschen gehen auch wegen der Sonne, der frischen Luft, Bewegung und zum "Tapetenwechsel" spazieren. Ein Spazierstock erleichtert und beschwingt das Gehen.

Der Ursprung des Spaziergangs ist das aristokratische "Lustwandeln" in Gärten und Barockparks, später kam eine soziale Komponente hinzu (Kontakte knüpfen, ungestörte Gespräche führen). Die Entwicklung von Parks oder Promenaden hängt unmittelbar mit dem Spaziergang zusammen. Unter Bürgerlichen ist er wohl im 19. Jahrhundert in Mode gekommen. Als Brauch war es zu bestimmten Zeiten in Deutschland sehr verbreitet - so der Osterspaziergang (vgl. dazu Goethes Faust I) oder Pfingstspaziergang. Beim sonntäglichen "Familienspaziergang" konnte dessen Gemächlichkeit für Kinder recht quälend sein. Nicht-Europäer mit anderen Traditionen der Muße halten den Spaziergang häufig für eine unnütze Beschäftigung.

Manche Orte mit touristischer Bedeutung, Kurorte und Seebäder, haben meist Promenaden, auf denen man spaziert ("promeniert" oder auch "flaniert").

In Diktaturen wird die Form des Spaziergangs seiner Unabhörbarkeit wegen geschätzt.

Nimmt man einen Hund zum Spaziergang "um den Block" mit, so spricht man auch von "Gassi gehen"; hier verwischt sich freilich die Grenze zwischen Spazier- und Pflichtgang.

Spaziergang und Literatur

Ein berühmter Spaziergänger war Goethe (Ich ging im Walde so für mich hin, nach nichts zu suchen, das war mein Sinn.). An seiner bevorzugten Ruhebank im Frankfurter Stadtwald wurde später der Goetheturm errichtet.

Ein viel gelesener Reisebericht des leidenschaftlichen und beobachtungsstarken Weltdurchwanderers Johann Gottfried Seume war sein Spaziergang nach Syrakus im Jahr 1802.

Literarisch bedeutsam wurde "Der Spaziergang" durch Friedrich Schillers "Elegie" (so der ursprüngliche Titel), worin Schiller an Hand des Beobachtens und Nachsinnens des bergauf Ziehenden seine eigene Natur- und Geschichtsphilosophie entfaltet. Das Gedicht schließt mit der befreienden Zeile "Und die Sonne Homers, siehe! sie lächelt auch uns."

Auch haben dem Spaziergang z.B. Joseph von Eichendorff (O Täler weit und Höhen, | o frischer grüner Wald, | du meiner Lust und Wehen | andächt'ger Aufenthalt) und Adalbert Stifter ("Der Waldgang") in ihren Werken viel Raum gegeben.

Spaziergang und Kunst

Der deutsche Maler Carl Spitzweg malte Mitte des 19. Jahrhunderts mehrmals Familien auf Sonntagsspaziergang.

Redewendung

Die Redewendung nach einer erfolgreichen Schlacht, Aufgabe oder Prüfung Das war ein Spaziergang soll ausdrücken, dass es eine leicht zu bewältigende Angelegenheit darstellte.

Verwandte Themen

Literatur

  • Gudrun M. König; Eine Kulturgeschichte des Spaziergangs. Spuren einer bürgerlichen Praktik 1780 - 1850. Wien, Köln Weimar 1996 ISBN 320598532X