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Benutzer:Hagman/Formelsammlung Unendlich

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Zwei verschiedene Methoden, die reellen Zahlen durch Unendlichkeiten zu erweitern

Verschiedene mathematische Fragestellungen lassen sich nicht adäquat behandeln, wenn man sich auf endliche Zahlen beschränkt, etwa die Behandlung des Grenzwerts bestimmt divergenter Folgen. Der Körper der reellen Zahlen wird hierzu mittels des Symbols um unendliche Elemente (auch: uneigentliche Punkte) zu einer erweiterten Zahlenmenge ergänzt. Für diese Erweiterung stehen zwei Methoden zur Wahl:

  • Man ergänzt um zwei Elemente und als vorzeichenbehaftete Unendlichkeiten zu . Topologisch ist dann homöomorph zu einem abgeschlossenen Intervall. Bezeichnung: Affin erweiterte reelle Zahlen.
  • Alternativ kann auch die Einpunktkompaktifizierung betrachtet werden, bei der sowohl als auch gilt und die homöomorph zur Kreislinie ist. Bezeichnung: Projektiv erweiterte reelle Zahlen.

Beide Methoden haben ihre Berechtigung. Sie verwenden dasselbe Symbol für verschiedene mathematische Konzepte. Dasselbe Symbol hat beispielsweise in der Kombination wiederum eine andere Bedeutung. Zudem sind von den hier behandelten Erweiterungen von die unendlichen Kardinalzahlen ( usw.) und die unendlichen Ordinalzahlen ( usw.) zu unterscheiden. Für diese gelten ganz eigene Rechenregeln (siehe Kardinalzahl (Mathematik) bzw. Transfinite Arithmetik).

Permanenz

Es stellt sich die Frage, wie die mathematischen Grundrechenarten an die neuen unendlichen Stellen angepasst werden sollen. Im Sinne des Permanenzprinzips sollen hierbei alte Rechenregeln fortbestehen, aber durchgängig ist dies nicht machbar, da kein vollständiger geeordneter Körper sein kann – ein solcher müsste wieder isomorph (und homöomorph) zu sein. Mindestens für einige Argumente bleiben die Operationen also undefiniert.

Für bzw. möchte man für möglichst viele einen Wert für die Ausdrücke

in so definieren, dass die üblichen Rechengesetze (insb. Assoziativgesetz und Kommutativgesetz von Addition und Multiplikation sowie das Distributivgesetz) auch für diese Erweiterung gültig bleiben. Genauer: Stimmen zwei Ausdrücke in endlich vielen Variablen im Endlichen stets überein, sofern beide Seiten (also auch alle benutzten Teilausdrücke) definiert sind, und ist auch nicht aus trivialen Gründen stets eine Seite undefiniert, so soll diese Eigenschaft auch in der Erweiterung gelten, also wenn auch unendliche Werte für die Variablen zugelassen sind und alle Teilausdrücke definiert sind. Eine solche Gleichung ist beispielsweise . Im Endlichen gilt dies für , d.h. sobald und definiert sind (das Produkt ist hier immer definiert). Wenn für den Fall in der Erweiterung definiert wird, muss entweder gelten oder das Produkt undefiniert sein.

Zusätzlich zu den Grundrechenarten interessiert noch die Potenzrechnung, d.h. man möchte dem Ausdruck für möglichst viele einen Wert so zuweisen, dass die Potenzgesetze , , immer dann gelten, wenn alle auftretenden Teilausdrücke definiert sind.

Rechenregeln aus Stetigkeit

Die im Abschnitt Permanenz benannten (algebraischen) Bedingungen sind auf jeden Fall dann erfüllt, wenn die Operationen stetig fortgesetzt werden. Es gibt jedoch beispielsweise keine stetige Abbildung bzw. , die auf mit der Addition übereinstimmt. Daher ist die stetige Fortsetzung grundsätzlich nur partiell möglich. Durch möglichst weitreichende stetige Fortsetzung ergeben sich folgende Rechenregeln, bei denen für auf diesem Wege nicht zu definierende Ausdrücke der Wert „?“ notiert wird:

Grundrechenarten

in in
Vergleiche
für endliches
ist mit endlichen nicht vergleichbar
Negation
Addition und Subtraktion
für endliches
für endliches
Multiplikation
für
für
für (inklusive )
Kehrwerte
Division
für endliches
für
für
für endliches
für endliches
für beliebig

Potenzen

Definitionsbereich (rot) von im Reellen und Kandidaten (blau) für stetige Fortsetzungen. Die unendlich langen Achsen sind auf ein endliches Intervall gestaucht.

Im Folgenden wird nur im Fall die stetige Fortsetzung des Potenzierens angegeben. Hierbei ist zu beachten, dass bereits im Endlichen nur (reell) definiert ist, wenn (und beliebig) oder und oder und .

Ausdruck Wert Bedingung
? oder
oder
?
?
?
ganzzahlig
und ganzzahlig

Der Wert von mit negativem und endlichem nicht-ganzen bleibt undefinert, da diese Stellen nicht zum Abschluss des Definitionsbereiches der endlichen Potenzfunktion gehören. Zu den stetigen Fortsetzungen mit nichtpositiver Basis ist zu beachten, dass diese Stellen zwar zum Abschluss des Definitionsbereiches gehören, aber keine inneren Punkte des Abschlusses sind. Es gibt daher gänzlich außerhalb des Definitionsbereiches liegende Folgen, die gegen diese Stellen konvergieren.

Funktionswerte

Einige Standardfunktionen lassen sich stetig ins Unendliche fortsetzen zu Abbildungen , so etwa

  • und (in ist jedoch nicht definiert).

Undefinierte Ausdrücke

Mit der Methode der stetigen Fortsetzung lässt sich in für die Grundrechnungsarten-Ausdrücke

bzw. in für

kein Wert angeben. Prinzipiell wäre es denkbar, eine geeignete – notwendig unstetige – Festsetzung zu finden. Das ist für die genannten Ausdrücke jedoch nicht möglich, ohne das Permanenzprinzip zu verletzen, d.h. ohne Widerspruch zu den üblichen Rechenregeln. Dies zeigt im einzelnen die folgende Aufstellung:

  • :
    Wegen für alle , folgt durch das Permanenzprinzip, dass gelten sollte, wenn der Ausdruck definiert ist. Dies führt jedoch auf den Widerspruch .
  • in :
    Analog, da .
  • :
    Wegen für alle soll gelten. Andererseits gilt , soweit die linke Seite definiert ist. Demnach ergibt sich der Widerspruch
  • :
    Wegen und ergibt sich
  • :
    Auch hier folgt .
  • in :
    Aus folgt, dass gelten soll, folglich . Wegen folgt .

Den aufgelisteten Ausdrücken einen Wert zuzuweisen, ist also auf „vernünftige“ Weise nicht möglich. Abgesehen von mit werden die so in nicht definierten Ausdrücke auch als unbestimmte Ausdrücke bezeichnet.

Abweichend von obiger Liste wird in einigen Gebieten der Mathematik, namentlich der Maßtheorie, gewöhnlich vereinbart, da auf diese Weise zahlreiche Aussagen konziser zu fassen sind. In dem Fall ist darauf zu achten, dass niemals der Kehrwert von unendlich benutzt wird, bzw. es ist auf die Festsetzung zu verzichten. Andernfalls müssten die Ausnahmen der gewöhnlichen Rechenregeln (nämlich, dass nicht immer gilt) regelmäßig durch Fallunterscheidungen bedacht werden, und dies machte den Vorteil der Abkürzung wieder wett.

Algebraische Fortsetzung des Potenzierens

Anders als bei den vier Grundrechenarten ist es auch unabhängig von Stetigkeitsbetrachtungen möglich, konsistent (aber unstetig)

zu definieren.[1] Dass zumindest kein anderer Wert für diese Ausdrücke definiert werden kann, ergibt sich direkt aus dem Permanenzprinzip, da im Endlichen gilt. Diese Festsetzungen sind konsistent im dem Sinne, dass das die Potenzgesetze , und gelten, wann immer alle Teilausdrücke definiert sind.

Das Lösen von Gleichungen

Beim Lösen von Gleichungen ist Vorsicht geboten, wenn man mit Unendlichkeiten arbeitet, da zusätzliche Lösungen existieren können. Einige Beispiele, die sich aus den obigen Rechenregeln ergeben, zeigt die folgende Tabelle:

Gleichung Lösungen in Zusätzlich in Zusätzlich in

Beim Umformen von Gleichungen kann nicht mehr allgemein auf die Kürzungseigenschaft der Addition (aus folgt ) zurückgegriffen werden, sondern nur unter der Voraussetzung, dass endlich ist. Die Kürzungseigenschaft der Multiplikation (aus folgt ), die auch im Endlichen nur unter der Voraussetzung gilt, ist ebenfalls für unendliches ungültig. Die letzte Gleichung aus obiger Tabelle, , lässt sich nicht äquivalent umformen zu , denn diese hat im Gegensatz zu ersterer keine unendliche Lösung (für ist die rechte Seite nicht definiert).

Beziehung zum Rechnen mit Grenzwerten

Die Rechenregeln aus dem Abschnitt Rechenregeln aus Stetigkeit spielen auch als Rechenregeln für Grenzwerte eine Rolle. Umgekehrt weist das Auftreten undefinierter Ausdrücke darauf hin, dass das Grenzverhalten nicht gänzlich aus dem Grenzverhalten der Ausgangsfolgen erschlossen werden kann. Sind beispielsweise und Folgen reeller Zahlen, so folgt aus und nichts über die Folge ; tatsächlich ist jede beliebige Folge als Produktfolge möglich. Dagegen kann über die Quotientenfolge immerhin ausgesagt werden, dass sie divergiert, allerdings nicht notwendigerweise gegen einen der Werte .

Bei Potenzausdrücken ist zu beachten, dass im Fall mit möglicherweise kein einziges Folgenglied reell ist, in welchem Fall erst recht kein Grenzwert in existiert. Die angegebenen Grenzwerte ergeben sich bei negativer Basis also nur dann, wenn (fast) alle Potenzen definiert sind. Ferner sind die nicht mittels Stetigkeitsbetrachtungen definierten Ausdrücke , und ebenso wie die bereits im Endlichen unstetige Stelle in diesem Zusammenhang als unbestimmte Ausdrücke zu behandeln.

Komplexe Zahlen

Wenn man statt von den reellen von den komplexen Zahlen ausgeht, betrachtet man hauptsächlich die zu einer Sphäre homöomorphe Einpunktkompaktifizierung (Riemannsche Zahlenkugel). Die Rechenregeln für die Grundrechenarten stimmen hierbei im wesentlichen mit denen für die Einpunktkompaktifizierung von überein. Es gibt auch hier alternative Ansätze, bei denen zu einer abgeschlossenen Kreisscheibe oder zur projektiven Ebene kompaktifiziert wird.

Einzelnachweise

  1. Wolframalpha liefert zwar Indeterminate als Ergebnis von (Eingabe: 1^Infinity), andererseits 1 für (Eingabe: prod_{n=1}^Infinity 1).

Literatur

[[Kategorie:Formelsammlung]] [[Kategorie:Liste (Mathematik)]]