Geoid
Die Erdmassenverteilung im Inneren der Erde ist nicht gleichmässig. Aus diesem Grunde werden Lote von ihrer erwarteten Lotrichtung aus in Richtung einer schweren Masse im Erdinneren abgelenkt (Lotabweichung). Auf dem Meer bildet sich die Oberflächenform derart aus, dass sie versucht, sich den Massenverteilungen bestmöglich anzupassen, sie befindet sich dann in einem Gleichgewichtszustand. Diese Fläche stellt sowohl eine Niveaufläche als auch eine Äquipotentialfläche dar. Denkt man sich diese Äquipotentialfläche unter der Erdoberfläche als fortgesetzt, dann führt dies auf das Geoid.
Das geophysikalische Geoid stellt keine Rechenfläche für die Landesvermessung dar, die eine geometrische, ebene Rechenfläche benötigt - das Ellipsoid (siehe z.B.: GRS80 oder WGS84). Die Höhendifferenz auf der Normalen zwischen dem Ellpsoid und dem Geoid bezeichnet man in der Geodäsie als Geoidundulation oder auch mit dem identischen Begriff Geoidhöhe.
Da das Geoid selbst nur schwer messtechnisch zu erfassen ist, verwendet man in der Praxis ein sogenanntes Quasigeoid. In Deutschland wurde dieses Quasigeoid aus ETRS89-Daten, Höhen des DHHN92, gravimetrischen Messungen und einem globalen Geopotentialmodell (EGM96) abgeleitet.

Das Geoid ist die natürliche Bezugsfläche der Höhenmessung und durch wichtige Pegel an Küstenstationen realisiert - z.B. Normalnull (NN) von Amsterdam oder Meter über Adria von Triest.
Erste Erwähnung fand das Geoid bereits bei Listing 1871 der es als Fläche gleichen Schwerepotentials bezeichnete. Das Geoid ist ein physikalisches Modell der Erdfigur, das von Gauß (1828) und Listing (Namensgebung 1872) entwickelt wurde – im Gegensatz zum geometrischen Modell des Erdellipsoids. Es steht überall senkrecht auf der Lotrichtung – was ja beim mittleren Meeresspiegel selbstverständlich ist.
Geoidbestimmung
Die Geoidbestimmung kann mit Methoden der Astrogeodäsie erfolgen, gravimetrisch oder mit Satelliten. Die Methode des Astro-Geoids (Messung der Lotabweichung) wurde schon vor 100 Jahren erprobt und ist die genaueste, erfordert aber festen Boden. Derzeit wird sie an der Universität Hannover und der Technischen Universität Wien mittels CCD automatisiert.
Bei der Gravimetrie wird das Geoid über die Messung der Schwerkraft bestimmt, was in flachen Ländern und auch für die Rohstoff-Forschung wirtschaftlich ist.
Die Geoidbestimmung mit Satelliten analysiert jene Bahnstörungen, die durch die Unregelmäßigkeit der Erdfigur auf Umlaufbahnen wirken. Man kann aber auch vom Satellit mittels Altimetrie die Höhe über dem Meer direkt messen. Vereinzelt besteht die irrige Meinung, dass überall auf dem Geoid die Schwerkraft g denselben Betrag hat. Das ist auf Niveauflächen schon wegen der Fliehkraft der Erdrotation unmöglich. Vom Pol zum Äquator sinkt g von 9,83 auf 9,78 m/s2.
Siehe auch:
Kugel, Rotationsellipsoid, Geodäsie, Kartografie, Satellitengeodäsie
Literatur
[1] Reigber, Christoph; Schwintzer, Peter: Das Schwerefeld der Erde. Physik in unserer Zeit 34(5), S. 206 - 212 (2003), ISSN 0031-9252.
[2] Groten, Erwin: Geodesy and the Earth's Gravity Field - Vol.I Principles and Conventional methods; Bonn, 1979.
[3] Intergovermental Committee On Surveying & Mapping: Geocentric Datum of Australia - Technical Manual, Version 2.2; PDF, Stand: 2005.
[4] Torge, Wolfgang: Geodäsie; Berlin, New York, 1975.
[5] Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG): Geoid / Schwerefeldmodellierung; BKG, Stand: 2005.