Ernst Thälmann
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Ernst Thälmann (auch Teddy genannt) (* 16. April 1886 in Hamburg; † 18. August 1944 ermordet im Konzentrationslager Buchenwald) war ein Hamburger Arbeiter und Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD.
Leben
Eltern
Der Vater Johannes Thälmann, genannt Jan, stammte aus Weddern in Holstein und arbeitete dort als Knecht. Die Mutter Maria-Magdalene (geb. Kohpiess) wurde als Tochter eines Zimmermanns aus Kirchwerder in den Vierlanden geboren. Sie heirateten in Hamburg, und Ernsts Vater verdingte sich zunächst als Speditionskutscher.
Die Eltern waren parteipolitisch nicht organisiert; im Unterschied zum Vater war die Mutter tief religiös. Nach Ernsts Geburt übernahmen die Eltern eine Kellerwirtschaft in der Nähe des Hamburger Hafens. Später wurden sie wegen Verkaufs beziehungsweise Inzahlungnahme von Diebesgut vom Hamburger Landgericht zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Diese Verurteilung gewann 36 Jahre später Bedeutung, als im Wahlkampf versucht wurde, Ernst Thälmann in Misskredit zu bringen. Eine Unterschlagungsaffäre in Kreisen der KPD, in die Thälmann verwickelt war, wurde als Argument gegen seine Person verwendet (siehe Wittorf-Affäre [1]). Im Zuge dieses Wahlkampfes kam es den politischen Gegnern gelegen, dass schon der Vater ein „Zuchthäusler“ gewesen sei.
Jugend
Im Alter von 4 Jahren musste er 4 Uhr früh aufstehen und mit seinen Vater auf den Markt gehen. Das ging bis in die Schulzeit, wo er vor dem Schulunterricht bei seinem Vater arbeitetet und nach der Schule ihm wieder zur Hand ging. (Ernst und seine jüngere Schwester Frieda wurden 1892 für 14 Monate getrennt bei anderen Familien untergebracht, seine Eltern wurden 1893 vorzeitig aus der Haft entlassen.) In der Folge verkaufte die Mutter Gemüse auf dem Markt, Mitte der neunziger Jahre bauten sie sich mühsam ein kleines Gemüse-, Steinkohlen- und Fuhrwerksgeschäft auf. Von 1893 bis 1900 besuchte Ernst die Volksschule. Rückblickend beschrieb er später Geschichte, Naturgeschichte, Volkskunde, Rechnen, Turnen und Sport als seine Lieblingsfächer. Religion hingegen mochte er nicht. Er war ein sehr guter Schüler, dem das Lernen Freude bereitete. Sein Berufswunsch Lehrer zu werden, konnten ihm seine Eltern nicht erfüllen, da das Geld für ein Studium fehlte. Er musste also weiter im Geschäft seines Vaters arbeiten, was für ihn sehr schlimm war. Durch das frühzeitige „Schuften“ im elterlichen Betrieb, kam es zu vielen Auseinandersetzungen mit seinen Eltern. Ernst wollte für seine Arbeit den richtigen Lohn und nicht nur ein Taschengeld. Er suchte sich, da er sehr konsequent war, als „Ungelernter“ eine Arbeit im Hafen.
Familie
Einen Tag vor seiner Einberufung zum Kriegsdienst heiratete er am 13. Januar 1915 Rosa Koch. Aus dieser Ehe ging die Tochter Irma Thälmann (später Irma Gabel-Thälmann) (* 6. November 1919; † 10. Dezember 2000) hervor.
Politische Karriere
Thälmann wurde am 15. Mai 1903 Mitglied der SPD. Am 1. Februar 1904 trat er dem Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands bei. Ende 1917 wurde Thälmann Mitglied der USPD. Am Tag der Novemberrevolution, dem 9. November 1918, notierte er an der Westfront in seinem Tagebuch: ...mittags 2 Uhr abgehauen von der Front mit 4 Kameraden.
In Hamburg beteiligte er sich am Aufbau des Hamburger Arbeiter- und Soldatenrates. Seit März 1919 war er Vorsitzender der USPD in Hamburg und Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Gleichzeitig arbeitete er als Notstandsarbeiter im Hamburger Stadtpark. Im November 1920 vereinigte sich auf sein Betreiben die Hamburger USPD mit der KPD. Mit sein Verdienst war es, dass 98% der Mitglieder der USPD in die KPD eintraten. Im Dezember wurde er in den Zentralausschuss der KPD gewählt. Im März 1921 wurde er wegen seiner politischen Tätigkeit vom Dienst im Arbeitsamt entlassen. Im Sommer des Jahres fuhr Thälmann als KPD-Vertreter zum III. Kongress der Komintern nach Moskau und lernte dort Lenin kennen. Am 18. Juni 1922 wurde ein Attentat auf seine Wohnung verübt. Angehörige der faschistischen Organisation Consul warfen eine Handgranate in seine Parterrewohnung. Seine Frau und seine Tochter blieben unverletzt. Thälmann selber kam erst später heim.
Thälmann war Teilnehmer und Organisator des Hamburger Aufstandes vom 23. bis 25. Oktober 1923 (siehe [2]). Der Aufstand scheiterte, und Thälmann musste für eine Weile untertauchen. Nach dem Tode Lenins am 21. Januar 1924 reiste Thälmann nach Moskau und hielt an Lenins Bahre zeitweise Ehrenwache. Ab Februar 1924 war er Stellvertretender Vorsitzender und ab Mai Reichstagsabgeordneter der KPD. Im Sommer wurde er auf dem V. Kongress der Komintern in ihr Exekutivkomitee und kurze Zeit später ins Präsidium gewählt. Am 1. Februar 1925 wurde er Vorsitzender des Roter Frontkämpferbund und am 30. Oktober des Jahres Vorsitzender der KPD. Er kandidierte im selben Jahr für das Amt des Reichspräsidenten. Im Oktober 1926 unterstützte er in Hamburg den dortigen Hafenarbeiterstreik. Er sah dies als Ausdruck der Solidarität mit einem englischen Bergarbeiterstreik, der seit dem 1. Mai anhielt und sich (positiv) auf die Konjunkur der Unternehmen im Hamburger Hafen auswirkte. Thälmanns Absicht war, dieses „Streikbrechergeschäft“ von Hamburg aus zu unterbinden. Am 22. März 1927 beteiligte sich Ernst Thälmann an einer Demonstration in Berlin, wo er durch einen Säbelhieb verletzt wurde. 1928 fuhr Thälmann nach dem VI. Kongress der Komintern in Moskau nach Leningrad, wo er zum Ehrenmitglied der Besatzung des Panzerkreuzers Aurora ernannt wurde. Auf dem 12. Parteitag der KPD vom 9. bis 15. Juni 1929 in Berlin-Wedding ging Thälmann angesichts der Ereignisse des Blutmais, der sich dort zuvor zugetragen hatte, auf deutlichen Konfrontationskurs zur SPD. Am 13. März 1932 kandidierte er erneut für das Amt des Reichspräsidenten gegen Hindenburg. Slogan der KPD war: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg.“ Kurze Zeit später schlug er der SPD die Antifaschistische Aktion als Einheitsfront gegen die Nazis vor.
Als der NSDAP am 30. Januar 1933 die Macht übertragen wurde, schlug Thälmann der SPD einen Generalstreik vor, um Hitler zu stürzen, doch dazu kam es nicht mehr. Am 7. Februar des Jahres fand im Sporthaus Ziegenhals bei Königs Wusterhausen eine vom ZK einberufene Tagung der Politischen Sekretäre, ZK-Instrukteure und Abteilungsleiter der KPD statt. Auf dem von Herbert Wehner vorbereiteten Treffen sprach Thälmann zum letzten Mal vor leitenden KPD-Funktionären zu den bevorstehenden Reichstagswahlen und bekräftigte die Notwendigkeit des gewaltsamen Sturzes Hitlers.
Gefangenschaft unter Hitler
Ernst Thälmann wurde am 3. März 1933 in der Wohnung Lützower Straße 9 in Berlin verhaftet. Zunächst wurde er nach Moabit in Untersuchungshaft gebracht. Sein Prozess – den er sich nach eigenen Angaben herbeisehnte – wurde nie eröffnet. Thälmann deutete es so, dass seine beiden Verteidiger, beides NSDAP-Mitglieder (zu denen er dennoch gewisses Vertrauen hatte), irgendwann durchschaut hatten, dass er die Anklage vor der Weltöffentlichkeit umdrehen würde und sie dies dem Gericht vorab mitteilten. Weiter ging Thälmann davon aus, dass sich das Nazi-Regime nach der Schlappe des Reichstagsbrandprozesses gegen Georgi Dimitroff keine weitere Blöße geben wollte. Zu seinem 50. Geburtstag am 16. April 1936 bekam er Glückwünsche aus der ganzen Welt, darunter von Maxim Gorki, Heinrich Mann, Martin Andersen-Nexø und Romain Rolland. Im gleichen Jahr brach der Spanische Bürgerkrieg aus. Zwei Bataillone der Internationalen Brigaden benannten sich nach Ernst Thälmann. 1937 wurde Thälmann von Berlin in das Gerichtsgefängnis Hannover als "Schutzhafthäftling" überführt. Thälmann bekam später eine größere Zelle, in der er jetzt Besuch empfangen konnte. Dies war ein Vorwand, um Thälmann in der Zelle abzuhören. Allerdings wurde ihm die Information über das heimliche Abhören zugespielt.
Als Deutschland und die Sowjetunion 1939 ihre Beziehungen verbessert hatten (>Nichtangriffsvertrag), unternahm Stalin offenbar nichts um Thälmann freizubekommen.
Anfang 1944 schrieb Ernst Thälmann in Bautzen seine Antwort an die Briefe eines Kerkergenossen. Sie sind erhalten geblieben und bilden eine wichtige Quelle über Thälmanns Jahre in der Gefangenschaft. Am 17. August 1944 wurde Ernst Thälmann von Bautzen ins KZ Buchenwald gebracht, wo er am frühen Morgen des 18. August auf Befehl Adolf Hitlers erschossen und sofort verbrannt wurde. Kurze Zeit später wurde von den Nazis die Meldung verbreitet, er sei zusammen mit Rudolf Breitscheid bei einem Fliegerangriff am 23. August ums Leben gekommen.
Würdigungen
Neben der Benennung von Einheiten der Internationalen Brigaden nach Ernst Thälmann noch zu seinen Lebzeiten wurde 1948 in der SBZ die „Pionierorganisation Ernst Thälmann“ gegründet. Pioniere der älteren Jahrgänge (etwa 10 bis 14 Jahre) nannten sich Thälmann-Pioniere.
Viele Arbeitskollektive, Schulen, Straßen, Plätze, Orte bzw. Siedlungen und Betriebe, wie als eines der bekanntesten Beispiele der VEB SKET (Schwermaschinenkombinat Ernst Thälmann) in der DDR oder die Offiziershochschule der Landstreitkräfte der NVA trugen ebenfalls seinen Namen. Auch wurde eine Insel in der Schweinebucht südlich von Kuba nach ihm benannt, die Ernst-Thälmann-Insel. In den 1980er Jahren wurde in Berlin im Prenzlauer Berg der Ernst-Thälmann-Park angelegt, dazu wurde ein großes Denkmal des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel errichtet.
Kritik
In seiner Zeit als Chef der KPD bemühte sich Thälmann, die deutschen Kommunisten der Hegemonie der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zu unterwerfen. Anhänger eines autonomen Kurses wurden aus der Partei gedrängt. Gerade unter der deutschen Linken wird Thälmann oft kritisch betrachtet. Clara Zetkin charakterisierte ihn als „kenntnislos und theoretisch ungeschult“; er sei „in kritikloser Selbsttäuschung und Selbstverblendung“ befangen, „die an Größenwahn grenzt“. Die Strategie der KPD während der Weimarer Republik, in der SPD einen Hauptfeind zu sehen (These vom Sozialfaschismus), wird oft als Schwächung der antifaschistischen Kräfte interpretiert. Auch ein maßgeblicher Kommunismus-Forscher wie Hermann Weber urteilt kritisch: "Thälmann muß bei allem Respekt für seine Standhaftigkeit in Hitlers Kerker nachgesagt werden, daß er nur ein Provinzpolitiker mit demagogischem Talent war."
Schriften
Zahlreiche Schriften sind im Web einsehbar:
Literatur
- Hermann Weber; Bernhard H. Bayerlein (Hrsg.): Der Thälmann-Skandal. Geheime Korrespondenzen mit Stalin, Berlin 2003. (Archive des Kommunismus - Pfade des XX. Jahrhunderts. 2).
- Irma Thälmann: Erinnerungen an meinen Vater. Der Kinderbuchverlag, Berlin 1973.
- Thilo Gabelmann: Thälmann ist niemals gefallen?. Das Neue Berlin. Berlin 1996.
Filme
- Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse Defa Spielfilm 1953/54 (auf DVD erhältlich), Drehbuch: Willi Bredel
- Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse Defa Spielfilm 1954/55 (auf DVD erhältlich), Drehbuch: Willi Bredel
Weblinks
- Vorlage:PND
- Reden und Schriften von Ernst Thälmann
- Gedenkstätte Ernst Thälmann in Hamburg
- Biographie im LeMO
- Die Thälmann-Affäre 1928: Eine Schlüsselepisode in der Geschichte des Kommunismus
- Die Wittorf-Affaire
Personendaten | |
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NAME | Thälmann, Ernst |
ALTERNATIVNAMEN | Teddy |
KURZBESCHREIBUNG | Hamburger Arbeiter und Politiker der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD |
GEBURTSDATUM | 16. April 1886 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 18. August 1944 |
STERBEORT | KZ Buchenwald bei Weimar |