Hauingen
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Hauingen (Alemannisch: Hauinge oder Hauge) ist der nördlichste Ortsteil von Lörrach, zählt rund 3.000 Einwohner und liegt nördlich des Flusses Wiese. Geografisch erstreckt sich Hauingen vom Flussbett der Wiese bis zu den Höhen des Röttler Waldes. Siedlungsgeschichtlich entwickelte sich der Ort aus einem Straßendorf heraus.
Hauingen ist seit 1975 zu Lörrach eingemeindet und verfügt damit über eine eigene Ortsverwaltung mit eigenem Einwohnermeldeamt, Sozialamt, Standesamt sowie einem Passamt. Hauingen wurde erstmals 1102 in der Urkunde des Bischofs Burchard von Basel erwähnt. Eine Besiedlung vor diesem Zeitpunkt gilt als wahrscheinlich.
Geographie
Lage und Gliederung

Hauingen liegt im Nordwesten des vorderen Wiesentals sowie am Ausgang des Soormatttals und ist Lörrachs nördlichster Ortsteil. Der südliche Teil der Hauinger Gemarkung liegt etwas oberhalb der Talsohle auf etwa 300 Meter Höhe. Der nördliche Teil ist stark bewaldet und hügelreich und gehört zu den südwestlichen Ausläufern des Naturparks Südschwarzwald. Die höchste Stelle befindet sich auf 500 Meter im Röttler Wald. Durch den Ortskern fließt der Soormattbach, der in die Wiese mündet.
Südöstlich von Hauingen, zum Teil auf der Gemarkung von Brombach gelegen, erstreckt sich das 11,65 Hektar große Gewerbegebiet Entenbad an der Bundesstraße 317. Auf dem seit 1986 eröffneten Gelände haben sich bisher 27 Unternehmen angesiedelt. Auf der östlichen Gemarkungsfläche fließt der Heilisaubach südwärts in den Steinenbach, der seinerseits westlich vom Entenbad in die Wiese mündet.
Nachbargemeinden
Hauingen grenzt im Süden an Brombach und im Südwesten an Haagen, welche ebenfalls Ortsteile von Lörrach sind. Östlich der Gemarkungsfläche schließen sich Steinen und der zugehörige Ortsteil Hägelberg an. Im Norden grenzt der Ort an Kandern und im Nordwesten an Wittlingen, mit dem Hauingen über die Kreisstraße 6344 verbunden ist.
Wald
Die 740 Hektar große Gemarkung Hauingens ist mit 445 Hektar und damit zu rund 60 % mit Wald bedeckt. Sein Anteil an der Gesamtfläche liegt damit über dem Durchschnitt von Baden-Württemberg (34 %) und dem Landkreis Lörrach (48 %). Der hohe Waldanteil blieb trotz früher und starker Besiedlung erhalten. Der überwiegende Teil des Waldes (70 %) gehört der Gemeinde, zu 10 % ist das Land Eigentümer, 19 % entfallen auf private Eigentümer und 1 % entfallen auf andere Gemeinden wie beispielsweise Weil am Rhein.[1]
Geologie

Die in der Gemarkung Hauingens auftretenden Gesteinsbildungen reichen vom Perm bis zum Quartär und sind damit bis zu 230 Millionen Jahre alt. Gekennzeichnet ist der geologische Aufbau durch eine Flexur des Rheintals, die nord-südlich ausgerichtet ist. Sie hat sich durch das aufsteigende Grundgebirge des Schwarzwalds und den absinkenden Grabenbruch des Rheintals geformt. Die Flexur bildet die westliche Begrenzung der Weitenauer Vorbergzone, zu der auch die Ortschaft Hauingen zählt. Der vorwiegend vorhandene Buntsandstein begünstigte die Bildung der engen Täler Soormatt, Heilisau und Steinenbach. In diesen Bereichen ist der Wald vorherrschend und wird zu den Randgebieten des Wiesentals hin von Feldern abgelöst. Die ständige Absenkung des Rheintals und die Hebung des Grundgebirges sind entlang der Verwerfungszone mit wenigen Millimetern im Jahr messbar. Das Wiesental änderte dort seinen Verlauf mehrfach. Erst als in den Jahren 1877 bis 1882 die Wiese kanalisiert wurde, blieb er relativ konstant.[2]
Geschichte
Erste Zeugnisse
Eine ur- und frühgeschichtliche Besiedlung Hauingens lässt sich nicht direkt belegen. Bodenfunde aus der Steinzeit bis zu den Alamannen fehlen gänzlich. Allerdings fand ein Junge im April 1965 einen Stoßzahn eines Mammuts in einem privaten Garten. Folgt man der Theorie, dass sich vor 10.000 Jahren menschliche Siedlungen in der Nähe von Mammutpopulationen aufgehalten haben, kann man das als indirekten Beweis für eine frühe Besiedlung auffassen. Der Fund befindet sich im Museum am Burghof.[3] Der etymologischen Zuordnung des Ortsnamens mit der Endung -ingen nach (→ Ortsname) könnte der Ort von Alemannen im 5. oder 6. Jahrhundert gegründet worden sein.
Hauingen wurde 1102 erstmals in einer Urkunde des Bischofs Burkhard von Basel erwähnt (Houvingin). Dieser setzte Dietrich von Rötteln als Schirmvogt über das rechtsrheinische Gebiet des Klosters St. Alban ein, zu dem auch Hauingen gehörte. 1368 wurde die Siedlung Rechberg, nördlich des Dorfkerns von Hauingen, erstmals urkundlich erwähnt. In einem ersten Bericht zur Klostergründung im Jahr 1083 wurde Hauingen ebenfalls mit dem Satz „Die Kilchen zu Hauingen mit seinen Reben, so in Äckhern, Matten und Wäldern“ erwähnt.[4]
Ortsname
Der erste Herausgeber der St. Galler Urkunden, Trudpert Neugart, deutete Hauingens Ortsnamen Anninchova als Auggen oder Hauigen. Diese Deutung ist möglich, da im Alemannischen die Suffixe -ingen und -inghofen (Schweizerdeutsch: -ikon) als -ige ausgesprochen werden. Andere Wissenschaftler lehnen diese Deutung jedoch ab. Der Historiker Franz Josef Mone korrigierte Neugarts Interpretation und das Anninchova der Urkunden aus dem 8. Jahrhundert auf den Ort Innenkofen in der Nähe von Biengen im Breisgau. Damit bleibt die Basler Urkunde von 1102 der älteste gesicherte Beleg für den Namen.[5] Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich die Schreibweise mehrfach. Die heutige setzte sich im 18. Jahrhundert durch und wurde von Hebel in seinem Gedicht Die Wiese in einer der beiden üblichen Dialektformen verwendet:[6]
„Jez wandle mer füren ins Rebland, neben Hauigen aben und neben an Hagen und Röttle.“
In sämtlichen Namensbelegen trägt der Ort niemals die Endung -ing, -hofen oder -ikon. Das wird im Allgemeinen als Beweis dafür angesehen, dass Anninchova nichts mit Hauingen gemein hat. Der Ortsname besteht aus dem Grundwort -ingen und dem Stamm how- bzw. hou- als Bestimmungswort. Da die meisten Ortsnamen mit der Endung -ingen mit einem Personennamen gebildet werden, liegt die Vermutung nahe, dass der Ortsname die Bedeutung bei den Leuten des Howo hat. Damit könnte ein gewisser Howo als Führer einer Alemannenschar den Ort gegründet haben.[7]
Frühe Neuzeit
Der Kirchturm in Hauingen wurde 1469 errichtet; das eingemeißelte Jahr an der Ostseite des Turms weist darauf hin. Die Entstehung des Untergeschosses sowie die Rippen des Kreuzgewölbes werden auf das 14. Jahrhundert geschätzt.[8]
Im Jahr 1492 wurde in Hauingen ein Bad urkundlich erwähnt. Die Badquelle, die aus der Ebene unterhalb des Lingert hervortritt, dürfte vermutlich noch älter sein, da bereits 1458 der Flurname Badstub belegt ist. Die Badeanstalt und das Gasthaus gehörten damals der Kirche und standen zu ihrer Nutznießung zur Verfügung. Besucher konnten die Mineralquelle zur Heilung ihrer Leiden nutzen und im dazugehörigen Gasthauses logieren. Das Hauinger Bad muss vergleichsweise einfach gewesen sein. Landvogt Leutrum berichtete 1736: „Wäre die Beherbergung und Bedienung etwas anständiger, so könnte das Bad bestimmt ein Anziehungspunkt vor allem für Basler Gäste und Besucher werden“.[9]
Die 1517 vom Markgrafen Ernst verfasste Landesordnung regelte die örtlichen Pflichten der Vögte. Hauingen, das zum Einflussbereich der Herren von Rötteln gehörte, hatte im Wechsel mit den Dörfern Haagen und Brombach ihre Wiesen zu bewirtschaften und die Erträge abzuführen. Hauingen lieferte Holz für die Schutzbretter und leistete weitere forstliche Frondienste.[10] Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde der Frondienst immer mehr durch Geldabgaben der Gemeinden abgelöst. Markgraf Karl II. führte 1556 die Reformation ein; damit wurde das bis dahin katholische Hauingen protestantisch und auch an den Pfründen beteiligt, die in der Regel aus Weinlieferungen bestanden. Darüber hinaus wurden im Oberamt Rötteln in 55 Orten jährlich über 1200 Pfund an Geldleistungen eingezogen. Allein Hauingen entrichtete 28 Pfund, 3 Schilling und 3 Pfenning an Kirchengefälle.[11]
Vier Jahre nach der Reformation, im Jahr 1560, wurde das Pfarrhaus fertiggestellt.
Neuzeit
Mit dem Spanischen Erbfolgekrieg im Markgräflerland geriet das Dorf Hauingen zwischen die Fronten der Kriegsparteien. Zur Verteidigung der Burg Rötteln wurden neben Schweizern auch Einheimische der Umgebung rekrutiert. Bis 1694 wurde die Bewohner zu täglichen Arbeiten zu Schanzarbeiten verpflichtet. Die Kriegsschäden beliefen sich 1689 auf 6810 Pfund.[12] Im Jahr 1740 zählte das Dorf insgesamt 54 Häuser und 1760 wurde es von vier Brunnen versorgt.[13]

In der evangelischen Nikolauskirche wurden 1759 die Eltern von Johann Peter Hebel, Johann Jakob und Ursula Hebelgetraut. Einer mündlichen Überlieferung zufolge soll Johann Peter Hebel sogar im Hauinger Bad zu Welt gekommen sein. Schriftliche Belege existieren dafür nicht und da es zu jener Zeit noch keine Geburtsurkunden gab, wird der Kirchenbucheintrag von St. Peter in Basel vom 13. Mai 1760 dafür zugrunde gelegt, dass Basel als Hebels Geburtsort gilt.[14]
1848 wurde das heute als Schule genutzte Rathaus eingeweiht. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Reihe von Vereinen gegründet, darunter die Hauinger Feuerwehr und ein Musik- und Turnverein.
Die Badische Revolution im Raum Lörrach fand auch in Hauingen Sympathisanten. Der frühere Pfarrer von Hauingen, Eduard Engler, wurde wegen seines Verhaltens als Freischärler und Republikaner 1852 nach Tegernau versetzt.[15] Der evangelische Lehrer Gräßlin verbreitete unter Gemeindemitgliedern seine revolutionäre Gesinnung. Er soll fast 90 % seiner Kollegen dazu bewogen haben, für die Revolution Partei zu ergreifen. Die Revolutionstage wurden auch zum „Reinemachen“ in den Rathäusern genutzt. In Hauingen wurde 1849 Bürgermeister Johann Jacob Brenneisen entlassen; an seine Stelle trat Jacob Friedrich Tscheulin.[16]
Seit dem 20. Jahrhundert
Der Erste Weltkrieg forderte in Hauingen 63 Tote, neun Soldaten wurden vermisst. Im Zweiten Weltkrieg wurden 134 Personen als vermisst oder gefallen registriert. Am 24. April 1945 eroberten französische Truppen den Ort. Zu Beschädigungen oder Verwüstungen kam es nicht.
Anfang der 1960er Jahre musste für die wachsende Bevölkerung die Infrastruktur des Dorfes den gestiegenen Anforderungen angepasst werden. Die Turn- und Festhalle wurde neu gebaut und im September 1962 eingeweiht. Dazu kamen die Erweiterung des Schulhauses, eine Verbreiterung der Straßen und der Neubau der bis dahin fehlenden Kanalisation.[17] Das alte Zentrum und die Kirche wurden ebenfalls in den 1960er Jahren renoviert. Die Straßenbauvorhaben stießen 1963 auf Ablehnung im Gemeinderat. Erst 1967 wurden neue Pläne vorgelegt, die kontrovers diskutiert wurden. Zu den umstrittensten Forderungen gehörte die Planung, das Rathaus aus Verkehrsgründen abzureißen. Dies wurde am 14. April 1971 vom Gemeinderat abgelehnt, da keine finanziellen Mittel für einen Neubau zur Verfügung standen.[18]
Am 1. Januar 1975 wurde Hauingen zusammen mit Brombach nach dem Besonderen Gemeindereformgesetz vom 9. Juli 1974 in die Kreisstadt Lörrach eingegliedert. Das Ziel der Landesregierung war, durch Einheiten mit mindestens 5000 Einwohnern die Verwaltungskraft zu stärken. Im Jahr davor hatte sich der Ortsteil Haagen der Stadt Lörrach freiwillig angeschlossen. Haagen erhielt die Zusage der Stadt Lörrach für eine eigene Ortsverwaltung und finanzielle und verwaltungstechnische Vorteile. Hauingen hingegen lehnte bei einer Bürgeranhörung vom 27. Februar 1972 bei einer Beteiligung von 71 % mit 78 % der Stimmen ab. Bei einem Bürgerentscheid 1973 bestätigte die Bevölkerung mit 61 % diese Ablehnung. Wäre die gesetzliche Zwangseingemeindung vollzogen worden, hätten die Orte Brombach und Hauingen keine Sonderstellung erhalten. Da das Gesetz aber ausdrücklich räumlich getrennten Ortsteilen eine eigene Ortsverfassung zubilligte, einigten sich die Stadt Lörrach und beide Gemeinden darauf, die gleichen Rechte wie Haagen vertraglich zu vereinbaren.[19]
Im Jahr 1986 wurde das Gewerbegebiet Entenbad erschlossen. Das zu einem geringen Teil auch auf Brombacher Gemarkung befindliche Gebiet ist in etwa zur Hälfte in städtischem Besitz. Es bietet rund 30 Betrieben außerhalb des Ortskerns Platz und ist verkehrsgünstig über die B 317 an die Autobahn A 98 angeschlossen. Am 20. September 1991 wurde mit dem sogenannten Hauinger Trog ein durch Hauingen führendes Teilstück der B 317 als Straßenunterführung eröffnet.
2002 feierte der Ort sein 900-jähriges Bestehen.

Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung
Die erste bekannte Einwohnerzahl geht auf das Jahr 1643 zurück. Es wurden 24 Bürger, davon drei Witwen, erwähnt; die Anzahl der Ehefrauen und Kinder wurde nicht genannt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg zogen zahlreiche Schweizer zu. Im Jahr 1700 erreichte der Ort 200 Einwohner.

Einwohnerentwicklung[20] | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | Jahr | Einwohner | |
1749 | 330 | 1900 | 1155 | |
1757 | 358 | 1908 | 1559 | |
1800 | 420 | 1928 | 1820 | |
1825 | 502 | 1933 | 1942 | |
1837 | 496 | 1946 | 1601 | |
1845 | 732 | 1953 | 2050 | |
1852 | 664 | 1965 | 2587 | |
1861 | 874 | 1969 | 3126 | |
1868 | 622 | 1977 | 2656 | |
1895 | 831 | 1990 | 2691 | |
1899 | 954 | 2000 | 3018 |
Persönlichkeiten
Der Theologe und spätere Antistes des Basler Münsters, Johann Jakob Grynaeus, wurde von Simon Sulzer 1559 nach Hauingen als Diakon berufen. Dessen Vater Thomas Grynaeus war damals Pfarrer in Rötteln. Er assistierte seinem Vater in Rötteln und betreute bis 1563 die Pfarrgemeinde in Hauingen. Während seiner Zeit entstand auch das Pfarrhaus (1560), welches das älteste bis heute erhaltene Gebäude im Ort ist.
Der Theologe Richard Nutzinger war von 1936 bis 1963 Pfarrer in Hauingen, residierte in dieser Zeit im Pfarrhaus und war eng mit dem Ort verbunden. 1960 veröffentlichte er das Geschichtsbuch 400 Jahre Pfarrhaus Hauingen und textete ein Jahr später das Hauger Lied. Ihm zu Ehren ist die Straße nördlich der Nikolauskirche benannt.
Söhne und Töchter
Folgende Personen wurden in Hauingen geboren:
- Ferdinand Hitzig (1807–1875), Theologe
- Hans Matt-Willmatt (1898–1978), Schriftsteller und Heimatforscher
- Rudolf Scheurer (* 1931), Bildhauer
Religion
In Hauingen ist die Kirche seit dem Jahr 1103 urkundlich nachgewiesen, die Pfarrei seit 1258. Bis zur Reformation gehörte sie dem Dekanat Wiesental. Bis zur Reformation übte der das Kloster St. Alban den Pfarrsatz aus. Die Annaten des 15. Jahrhunderts betrugen im Allgemeinen 32 Gulden. Der Reichtum ermöglichte es, den Pfarrer mit Naturalien und Geldeinkünften zu bezahlen. Dazu kam ein Kleinzehnt, der sich bis 1759 deutlich erhöhte. Dafür musste sich dieser Verpflichten, für den baulichen Unterhalt des Pfarrhauses aufzukommen. Bis ins 18. Jahrhundert bezog der Hauinger Pfarrer auch Abgaben des Großzehnten und erhielt von der Gemeinde Holz.[21]
Politik
Wappen

Das Wappen von Hauingen ist gespalten; es zeigt rechts in Gold einen roten Schrägbalken (badische Landesfarben), links in Blau eine silberne Haue. Dieser Teil des Wappens soll es „redend“ machen. Die genaue Herkunft des Ortsnamens ist ungewiss. Nach einer Erklärung könnte die erste Silbe Hau das Hauen oder Fällen von Holz bedeuten. Das Wappen wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von der Gemeinde eingeführt; das von ihr geführte Gemeindesiegel zeigte die beiden Figuren (Schrägbalken und Haue) in einem mit der großherzoglichen Krone bedeckten Schild. Die Wappenfarben und das Weglassen der Krone wurden 1905 auf Vorschlag des Generallandesarchivs festgelegt.[22][23]
Gemeindevorstände

Zusammen mit den Ortschaften Haagen und Tumringen gehörte Hauingen verwaltungstechnisch zunächst zur Vogtei Rötteln. Die gleichberechtigten Orte stellten abwechselnd den gemeinsamen Vogt, der auch den Vorsitz bei Gericht innehatte. Der erste urkundlich genannte Vogt war Gerwig von Rötteln im Jahr 1327.[24]
1769 beantragte Hauingen, sich von der Vogtei Rötteln zu trennen. Mit einem Bescheid vom 19. Dezember 1787 wurde dies vom Land Baden in Karlsruhe genehmigt.[25] Ab 1788 stellte Hauingen als selbstständige Gemeinde eigene Vögte. Erst ab 1832 wurde der Gemeindevorstand als Bürgermeister bezeichnet. Die Bürgermeister von Hauingen waren:[26]
- 1832: Jacob Friedrich Tscheulin
- 1833: Matthias Bürgin
- 1836: Johann Jacob Brenneisen
- 1849: Jacob Friedrich Tscheulin
- 1868: Johannes Ziegler
- 1877: Johannes Schöpflin
- 1894: Gustav Schwarzwälder
- 1903: August Lenz
- 1919: Jacob Friedrich Rübin
- 1933: Ernst Sturm
- 1936: Max Müller
- 1943/44: ohne Bürgermeister
- 1945: Georg Herter
- 1946: Karl Ott
- 1957: Alfred Rupp
Seit der Eingemeindung nach Lörrach werden die Gemeindevorstände als Ortsvorsteher bezeichnet.
Ortschaftsrat
Der Ortsteil Hauingen hat einen eigenen Ortschaftsrat, der aus acht ehrenamtlichen Ortschaftsräten und einem Ortsvorsteher als Vorsitzenden besteht. Die letzte Wahl[27] zum Ortschaftsrat fand am 7. Juni 2009 statt, bei der die CDU mit 31,50 % der Stimmen drei Sitze, die SPD mit 48,92 % vier Sitze und die Freien Wähler mit 19,58 % einen Sitz errang. Die Wahlperiode dauert fünf Jahre. [28]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Ortsbild und Bauwerke


Hauingen war ursprünglich ein Straßendorf (Unterdorf-/Steinenstraße) mit wenigen Stichstraßen, die von der Hauptstraße abzweigten. Die Zuwanderung aus dem hinteren Wiesental sowie dem Hotzenwald vor allem von Industriearbeitern erforderte 1893 den Bau einer Arbeiterkolonie (Neuhauingen) zwischen der Wiese und der Bahnlinie. Die in drei Bauabschnitten bis 1922 errichtete Siedlung umfasste 38 mehrstöckige Reihenhäuser.[29] In den Folgejahren weitete sich die Besiedlung auf die Hänge in Richtung des ebenfalls zu Hauingen gehörenden Weilers Rechbergs aus. Dieser wurde erstmals am 24. Juni 1368 erwähnt.[30] In den 1960er Jahren entstand das größte zusammenhängende Neubaugebiet im Hinterdorf.
Hauingens Dorfkern wird von der evangelischen St.-Nikolaus-Kirche bestimmt. Der 27 Meter hohe Kirchturm aus der Spätgotik stammt aus dem Jahr 1469; das Langhaus mit Walmdach wurde 1768 vollendet. Über der Tür an der Straßenseite befindet sich eine Gründungstafel mit dem badischen Wappen. Am 30. Juli 1759 wurden dort die Eltern von Johann Peter Hebel getraut.
Das benachbarte Pfarrhaus aus dem Jahr 1560 ist das älteste vollständig erhaltene Gebäude im Ort. Rund um die Kirche stehen einige Fachwerk- und Bauernhäuser mit einer teilweise mehrere hundert Jahre alten Bausubstanz. Gegenüber dem Hauinger Friedhof erinnert ein Denkmal an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Die Erinnerungsstätte wurde 1957 vom Bildhauer Rudolf Scheurer neu gestaltet.
Etwas nördlich davon, im Wohngebiet, steht die Neuapostolische Kirche Hauingen als einfaches Haus mit Satteldach. Sie wurde am 21. Dezember 1956 eingeweiht. In Hauingen gehören rund 150 aktive Mitglieder zur Gemeinde der neuapostolischen Kirche, die dort seit dem 8. Dezember 1935 besteht.[31]
Durch Hauingen führt der 2010 eröffnete Hebel-Wanderweg mit einer Station an der Nikolauskirche.
Vereine
Der älteste Verein Hauingens ist der Männergesangsverein, der 1834 gegründet wurde. Dieser begann mit zehn Mitgliedern und zählt gegenwärtig 32 aktive und rund 150 passive Mitglieder.[32] Nach einem Vereinsverbot nach der Revolution von 1848/49 gab es 1860 einen Neuanfang. Den bisher nicht mehr erreichten Rekord von 93 Sängern hatte der Verein 1959.[33]
Der 1874 gegründete Evangelische Frauenverein ist Träger des Kindergartens. 1912 errichtete der Verein eine Krankenstation. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde der Frauenverein 1938 aufgelöst und sein Besitz dem Deutschen Roten Kreuz übertragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete sich der Verein 1950 neu und erhielt 1953 sein Kindergartengebäude zurück.[34]
Seit 1880 besteht ein Musikverein, seit 1883 ein Turnverein und seit 1909 eine Schützengesellschaft in Hauingen.
Fasnacht

Im Gegensatz zur Lörracher Fasnacht wurden die Hauinger Fasnachtscliquen und -vereine Jahrzehnte später in den 1960er Jahren gegründet. Im Jahr 2002 gab es in Hauingen zwölf dieser Cliquen, die älteste ist die Storchen-Clique Hauingen e. V., die sich am 17. März 1960 gründete. Die Hauinger Buurefasnacht (Bauernfasnacht) findet jährlich am Sonntag nach Aschermittwoch statt. Der älteste schriftliche Beleg für die Buurefasnacht in Hauingen geht auf das Jahr 1850 zurück. Am Umzug nehmen weit über 100 Hästrägergruppen und Musikkapellen aus dem Ort, der Region und teilweise von weiter her teil. Die Fasnacht in Hauingen endet mit einem Fasnachtsfeuer auf dem Rüttebuck und Scheibenschlagen.[35]
Infrastruktur und Wirtschaft
Bildung

Die erste Schule in Hauingen ist ab dem Jahr 1725 urkundlich belegt. Das erste Schulgebäude stand in der Steinenstraße 4. Durch die Industrialisierung des Wiesentals stiegen mit der Einwohnerzahl auch die Schülerzahlen, so dass die Gemeinde in den Jahren 1846/1847 ein kombiniertes Rat- und Schulhaus errichtete. Wegen des weiteren Bevölkerungsanstiegs von 830 im Jahr 1895 auf rund 1400 Einwohner 1903 wurde im August 1904 ein neues Schulhaus in der Brückenstraße gebaut. Seit 1975 ist die Hauinger Schule nur noch Grundschule und zählte 2002 insgesamt 186 Schüler.[36] Nach einem lokalpolitischem Streit über den Namen der Schule wurde sie 2003 nach der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren benannt.[37]
Verkehr

Hauingen befindet sich verkehrstechnisch in einer Randlage. Die alte Wiesentäler Landstraße und heutige Bundesstraße 317 führt von Lörrach über Brombach weiter in Richtung Schopfheim. Damit war die durch den Dorfkern führende Ortsstraße (L 138) untergeordnet und wenig ausgebaut. Zu den wichtigsten Straßen zählt die von Brombach kommende Brückenanbindung (Wiesenbrücke) über die Wiese. Die erste Brücke stammt vom November 1866 und war eine einfache Holzkonstruktion mit zwei Jochen. Sie wurde 1909 durch eine Eisenbrücke und 1969/70 durch eine Spannbetonbrücke ersetzt. Der steigende Individualverkehr in den 1960er und 1970er Jahren belastete die bis dahin schwach frequentierte Ortsdurchfahrt. Dies erforderte eine Neugestaltung der B 317. 1991 wurde die durch die Gemarkung Hauingens führende Bundesstraße durch ein Trogbauwerk neu trassiert.[38]
Hauingen ist über die S-Bahnlinien 5 und 6 der Regio S-Bahn Basel mit Basel, Weil am Rhein und Schopfheim verbunden. Den Haltepunkt der Wiesentalbahn teilt sich der Ort mit der Nachbargemeinde Brombach; er wurde im Dezember 2009 von Brombach (b. Lörrach) in Lörrach-Brombach/ Hauingen umbenannt. Über den Regio Verkehrsverbund Lörrach ist der Ort mit der Buslinie 16 an das städtische Busnetz angeschlossen.
Feuerwehr

Hauingens Feuerwehr wurde 1875 auf Initiative des Gemeinderats im großherzoglichen Bezirksamt gegründet. Im Gründungsjahr meldeten sich 60 dienstbereite Männer. 1974 wurde sie im Zuge der Eingemeindung in die Feuerwehr Lörrach integriert. Das Gerätehaus wurde zur Hundertjahrfeier 1975 neu gebaut. Gegenwärtig zählt die Hauinger Feuerwehr 31 aktive Feuerwehrleute, 8 Jugendfeuerwehrleute und 18 Angehörige der Altersmannschaft.[39]
Wirtschaft
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts blieb Hauingen der einzige Ort in der Talsohle des vorderen und mittleren Wiesentals, in dem sich keine Industriebetriebe ansiedelten. Der Grund dafür lag zum einen verkehrstechnischen Randlage. Von der starken Ausbreitung der Textilunternehmen im 18. und 19. Jahrhundert profitierte der Ort damit nur indirekt. Die Wiese als Energiequelle wurde durch die im benachbarten Brombach angesiedelte Textilmanufaktur Grossmann genutzt. Mit der Errichtung des Wasserkraftwerks in Rheinfelden zur Jahrhundertwende spielte dieser Aspekt zwar nur noch eine untergeordnete Rolle, aber auch ein erheblicher Widerstand von Hauinger Bauern verhinderte in den ersten Jahrzehnten die Ansiedlung von Industrien.[40]
Neben den ortsüblichen Kleingewerbebetrieben erlangten nur wenige Betriebe Hauingens über die Ortsgrenzen hinaus größere Bekanntheit. Die bekannteste Firma ist die im Oktober 1932 von Karl Scheurer gegründete Oberbadische Angorafarm Hauingen. Innerhalb von zwei Jahren wuchs der Tierbestand auf 150 Tiere an. Die Firma verarbeitete die selbstgeschorene Wolle zu Textilien und expandierte noch vor dem Zweiten Weltkrieg mit einem zweiten Werk in Kandern und 1952 einem dritten in Tegernau. Der Hauptsitz in der Lingertstraße wurde zwar in den 1950er Jahren erweitert, war aber bereits in den nächsten Jahren wieder zu klein, so dass der Hauptsitz der Firma 1962 nach Maulburg verlegt werden musste. Gleichzeitig firmierte das Unternehmen seit dem Umzug mit dem Namen Medima (Medizin in Maschen). Das Unternehmen wurde noch in zweiter Generation bis 2001 geführt, musste dann aber mit rund 330 Mitarbeitern liquidiert werden.[41] Die Firma und der Name wurden von einer schwäbischen Firma übernommen; der Betrieb ist heute in Albstadt ansässig.
Elektrizitätsgenossenschaft Hauingen

Eine Besonderheit Hauingens ist der genossenschaftlich organisierte Stromversorger. Im Herbst 1909 wandte sich die Gemeinde an das Kraftwerk in Rheinfelden, um Strom zu beziehen. Das Kraftwerk war zur Lieferung zwar grundsätzlich bereit, konnte aber wegen der erwarteten geringen Strommenge keine Leitungen legen. Da die Gemeinde die erforderlichen 20.000 Goldmark für die Leitungen nicht aufbringen konnte, gründeten Hauinger Bürger die Elektrizitätsgenossenschaft Hauingen (EGH). Die notwendige Infrastruktur wie Transformatoren und Leitungen wurde von Mitbürgern und Vorarbeitern mit Hilfe eines Darlehens hergestellt. Mitte März 1913 konnte der erste Strom in Hauingen 300 Glühbirnen, einige Steckdosen und 20 Straßenlaternen versorgen; der verwendete Transformator leistete 27 Kilowatt (KW).[42]
Im Jahr 2009 verfügte die EGH über 18 Photovoltaikanlagen – darunter je eine am Feuerwehrhaus, an der Astrid-Lindgren-Schule und am Rathaus – mit einer Nennleistung von 173 KW.[43] Ziel der EGH ist es, umweltverträglichen Strom für die Mitglieder zu beziehen bzw. selbst zu erzeugen. Beliefert werden nur Haushalte, die sich im Netzgebiet der EGH befinden.[44]
Literatur
- Gerhard Moehring, Michael Fautz, Werner Heuer: Hauingen, Ein Dorfbuch zur 900-Jahrfeier (2002).
- Karl F. Ziegler: Ortsfamilienbuch Hauingen, edition gesowip, 2009, ISBN 978-3906129518.
- Michael Fautz: Hauingen. Das Dorf und seine Menschen in alten Bildern. Geiger-Verlag 1995, ISBN 3-89570-027-4.
Weblinks
- Commons: Hauingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Chronologische Auflistung der wichtigsten Daten der Ortsgeschichte Hauingens
Einzelnachweise
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 67
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 13
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 93
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 125, 129, 130
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 20
- ↑ Wikisource: Die Wiese – Quellen und Volltexte
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 21
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 223
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 348
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 142
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 143
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 176
- ↑ Landkreis Lörrach (Hrsg.): Der Landkreis Lörrach, Band II, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-1354-X, S. 140
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 276–283
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 195
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 196/197
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 376
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 380
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 383/384
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 99
- ↑ Landkreis Lörrach (Hrsg.): Der Landkreis Lörrach, Band II, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-1354-X, S. 141
- ↑ Wappen und Dorfgeschichte Hauingens
- ↑ Harald Huber: Wappenbuch Landkreis Lörrach, ISBN 3-87799-046-0, Seite 74.
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 156
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 157
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 158
- ↑ Wochenblatt (10. Juni 2009), S.8: Wahlergebnisse der Lörracher Kommunal- und Ortschaftswahl
- ↑ Der Ortsschaftsrat Hauingen
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 328
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 310
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 286
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 401
- ↑ Badische Zeitung: So alt ist kaum ein anderer Chor, Paul Schleer (13. Februar 2009)
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 403
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 425
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 299
- ↑ Der Spiegel: Lörrachs Angst vor Pippis Anarcho-Image, 1. Dezember 2003
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 330
- ↑ feuerwehr-loerrach.de: Standort Hauingen
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 367
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 370
- ↑ Moehring, Fautz, Heuer: Hauingen, S. 419
- ↑ Geschichtliche Eckdaten der Elektrizitätsgenossenschaft Hauingen
- ↑ Unternehmensphilosophie der Elektrizitätsgenossenschaft Hauingen