Soldaten sind Mörder
Die Aussage Soldaten sind Mörder stammt aus der Glosse Der bewachte Kriegsschauplatz, die der Autor Kurt Tucholsky 1931 in der Weltbühne publizierte.
Bekannt ist die Aussage Kurt Tucholskys, der unter vier Pseudonymen, Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignatz Wrobel, in der Zeitschrift Die Weltbühne schrieb, in Nr. 191, vom 4. August 1931:
„Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.“
Der verantwortliche Redakteur Carl von Ossietzky wurde 1932 der Beleidigung der Reichswehr angeklagt, jedoch freigesprochen, da keine konkreten Personen gemeint seien und eine unbestimmte Gesamtheit nicht beleidigt werden könne.
Rechtsprechung in der Bundesrepublik
Seit diesem Prozess gab es aber viele weitere, manche kamen sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht. Sogar mit schlechten Übersetzungen (z. B. A soldier is a murder statt A soldier is a murderer) musste sich das BVerfG beschäftigen. Eine Tendenz zu Freisprüchen mit Verweis auf die Meinungsfreiheit ist klar zu erkennen. Freisprüche, die die Behauptung Soldaten sind Mörder als wahr anerkennen, sind dagegen seit den Kriegsbeteiligungen Deutschlands selten geworden.
Diese Rechtssprechung wurde durch das Bundesverfassungsgericht 1995 im wesentlichen fortgeschrieben. Laut des Urteils könne eine derartige Aussage durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein und stelle nicht automatisch eine Beleidigung aller Soldaten dar. Es sei vielmehr auf den konkreten Einzelfall abzustellen.
Die Aussage Alle Soldaten sind Mörder oder Die Soldaten in der Kaserne XYZ sind Mörder kann daher durchaus zu einer gerichtlichen Verurteilung führen.
Die Aussage Soldaten sind Mörder wird per Gesetz als falsch gewertet, da Soldaten in Kriegseinsatz als einzige aus der Definition von Mord herausgenommen werden. In einem (meist völkerrechtskonformen) Verteidigungskrieg ist der Soldat in einer Notlage und die Tötung gegnerischer Kombattanten (nicht aber von Zivilisten!) durchaus als Notwehr zu rechtfertigen. Im Falle eines Angriffskrieges könnten die Kampfhandlungen selbst völkerrechtlich als Morde gewertet werden, dies ist bislang aber ohne Präzedenzfall. Einigkeit besteht nur in Bezug auf Kriegsverbrechen.
Die Gleichsetzung einer gesamten Armee mit ihren rechtswidrig handelnden Teilen (also z.B. die politische oder militärische Führung) ist insofern problematisch, als im Einzelfall zu entscheiden ist, ob die Verantwortung dafür beim einzelnen Soldaten oder der militärisch-politischen Führung liegt. Ein Soldat der Bundeswehr ist jedenfalls verplichtet, die Ausführung eines offensichtlich rechtswidrigen Befehls zu verweigern, könnte sich somit nicht auf Befehlsnotstand berufen und wäre persönlich verantwortlich.
Notwehr
Die oben angeführte Notwehr bezieht in diesem Fall nicht notwendigerweise auf die Verteidigung des eigenen Lebens, oder auch nur auf die unmittelbare Gefahrenabwehr bei Dritten, sondern auf die allgemeine Gefahrenabwehr für eine (staatliche) Gemeinschaft. Dieses Konzept der "kollektive Notwehr" wird jedoch von Gegnern des Militärs nicht als solche anerkannt.
Mörder sind keine Soldaten
Ganz anders herum ging das Kabarettistenduo Volkmar Staub und Reiner Kröhnert die Sache 1995 in ihrem Programm an:
- "Ich bin ein anständiger Mörder. Ich weiß, der Mord hat keinen gutem Ruf. Aber deshalb muß man sich als Mörder noch lange nicht mit Soldaten vergleichen lassen. Der Mörder hat doch immer einen Grund und ein konkretes Opfer. Mag der Grund auch subjektiv, bösartig und voller Habgier sein, mag das Opfer auch nicht immer so schuldig sein, daß es die Hinrichtung verdiente. Immerhin geht der Mörder zielgerichtet vor. Dagegen ein Soldatenschwein drückt auf den Knopf und aus dem Himmel fallen Bomben - wahllos.
- Wer mit seinen Granatwefern, Maschinenpistolen und Raketen einfach in die Menge hält, trifft Unschuldige ohne Zahl, Zivilisten, die er vorher nie gesehen, die ihm nie etwas zuleide getan. Hingegen ein Mörder, der sein Weib umbringt, ertrug Demütigung und Wunde lang zuvor. Man darf doch nicht gleichsetzen solch sensiblen Menschen mit megabrutalen Massenkillern ohne Scham und Reue. Unehrlich und verlogen sind sie auch noch, die Soldatenschweine. Ein geständiger Mörder sagt in der Regel: Ja, ich habe getötet. Der Soldat sagt: Ich habe ein Weichziel fixiert. Oder er versucht, sich mit schamlosen Ausreden herauszumogeln: Ich habe mein Vaterland verteidigt, selbst wenn es ölig irgendwo auf einem Scheichtum liegt.
- Jahrelang zum Töten abgerichtet, speziell ausgebildet und trainiert ist die Soldatenbrut. Der Mörder ist in der Regel Laie. Ein Laie, dem aus Wut und Zorn ein Mord mal unterläuft. Hinterher tut es ihm vielleicht noch leid."
Ähnliche Aussagen
Außer Tucholsky gab es noch andere bekannte Persönlichkeiten die sich zum Thema äußerten.
Der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann in einer Bundestagsrede 1958:
- "Im Krieg waren die Kennzeichen des idealen Soldaten Stärke und Mut, Großmütigkeit gegenüber dem Unterlegenen Feind und Mitleid gegenüber dem Wehrlosen. Nichts davon ist übriggeblieben. Moderne Waffen der Massenvernichtung lassen keinen Raum für irgendwelche sittlich begründeten Einschränkungen und degradieren den Soldaten zu einem technischen Mörder."
Pastor Martin Niemöller in seiner Kasseler Rede vom 25. Januar 1959 (wogegen Verteidigungsminister Strauss klagte, und verlor):
- "Denn sie wissen, was sie tun!
- Krieg ist gegen den Willen Gottes. Nun ja, das ist viel gesagt und gar nichts getan. Mord ist auch gegen den Willen Gottes. Aber damit, daß ich das feststelle und Morde nicht verhindere, habe ich eben noch gar nichts getan.
- Und damit ist heute die Ausbildung zum Soldaten die Hohe Schule für Berufsverbrecher. Mütter und Väter sollen wissen, was sie tun, wenn sie ihren Sohn Soldat werden lassen. Sie lassen ihn zum Verbrecher ausbilden."
Einige Urteile zu anderen Aussagen
"Geh' zur Bundeswehr, lerne schlachten." -- unter der Abbildung eines auf ein Bajonett gespießten Babys (LG Karlsruhe, 6.10.1970: Freispruch)
"Offiziersgesindel und Offizierspack" -- AG München, 14.4.1978: Verurteilung
"Jeder Soldat ist ein berufsmäßig trainierter Mörder, jeder Ausbilder ein Anstifter zu Mordtaten, jeder Luftwaffenpilot ein professioneller Bombenwerfer, jede Armee ist eine Terrorbande" -- LG Limburg, 1981: Freispruch