Sorben


Die Sorben (früher auch Wenden) sind ein kleines westslawisches Volk. Heimat der Sorben sind die Ober- und Niederlausitz.
Es existieren zwei sorbische Sprachen beziehungsweise Dialekte, Obersorbisch und Niedersorbisch, letzteres ist akut vom Aussterben bedroht. Während das Obersorbische dem Tschechischen näher steht, ist das Niedersorbische dem Polnischen ähnlicher. Die Niedersorben verwenden als Selbstbezeichnung auch den ursprünglich aus dem Deutschen stammenden Namen Wenden, während dieser von den Obersorben nur ungern gehört geschweige denn benutzt wird.
Da es für deutsche Staatsbürger keine rechtliche Kategorie "Nationalitätenzugehörigkeit" gibt, existieren lediglich Hochrechnungen auf Basis der aktiven Sprecher. Nach Schätzungen sorbischer Institutionen (Domowina, Sorbisches Institut) gibt es heute 20.000 - 30.000 aktive Sprecher der sorbischen Sprache. Gemäß der Selbstzuschreibung gibt es 60.000 Sorben. Davon leben etwa zwei Drittel in der sächsischen Oberlausitz (besonders im Gebiet zwischen Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda), die übrigen in der brandenburgischen Niederlausitz (zwischen Senftenberg im Süden und Lübben im Norden).
Die Sorben sind als nationale Minderheit in Deutschland anerkannt. Insbesondere die Bundesländer Sachsen und Brandenburg haben sich zur Unterstützung des sorbischen kulturellen Lebens verpflichtet. Im Einigungsvertrag war eine Garantie für den Fortbestand der sorbischen Institutionen gegeben worden. 1991 wurde die Stiftung für das Sorbische Volk gegründet, die die Förderung der Sorben von staatlicher Seite zusammenfasst.
Als kulturelle Zentren der Sorben sind Bautzen (Budyšin) und Cottbus (Chośebuz) zu bezeichnen. Es gibt sorbische Kindergärten und ein gutes Dutzend sorbische Schulen, die um ihre Existenz kämpfen, darunter je ein ober- und ein niedersorbisches Gymnasium. Als zentrale Interessenvertretung dient der 1912 gegründete Dachverband Domowina, in dem die meisten sorbischen Vereine Mitglieder sind.
Eine eigenständiges kultur- und sprachwissenschaftliches Forschungsstelle haben die Sorben in Bautzen in Gestalt des Sorbischen Instituts (Serbski Institut), das aus dem 1951 eingerichteten "Institut für sorbische Volksforschung" (Institut za serbski ludospyt) hervorgegangen ist, welches eine Abteilung der Akademie der Wissenschaften der DDR gewesen ist. Der ebenfalls in Bautzen ansässige Domowina-Verlag ist eine staatlich subventionierte Verlagsanstalt, die sorbische Bücher aller Art herausbringt. Ebenfalls zu DDR-Zeiten entstand das Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig mit einem angeschlossenem Wohnheim.
Medien
Es erscheinen eine obersorbische Tageszeitung "Serbske nowiny" (Sorbische Zeitung), eine niedersorbische Wochenzeitung "Nowy casnik" (Neue Zeitung), die sorbische Kulturmonatsschrift "Rozhlad" (Umschau), die Kinderzeitschrift "Płomjo" (Flamme), sowie eine katholische und eine evangelische Kirchenzeitung.
Der Mitteldeutsche Rundfunk und der Rundfunk Berlin-Brandenburg senden einige Stunden täglich je ein sorbischsprachiges Fensterprogramm, das von den Sendern Calau und Hoyerswerda ausgestrahlt wird, wobei alle niedersorbischen Sendungen des RBB auch im Internet nachgehört werden können. Für junge Leute sendet der RBB das einstündige Monatsmagazin "Bubak" und der MDR das zweistündige Wochenmagazin "Radio Satkula". Der Rundfunk Berlin-Brandenburg produziert seit April 1992 das halbstündige niedersorbische Fernsehmagazin "Łužyca" (Lausitz), der MDR nach einigen Anlaufschwierigkeiten seit dem 8.9.2001 die halbstündige Sendung "Wuhladko" (Aussicht), die abwechselnd aller zwei Wochen sonnabends deutschlandweit über Satellit zu empfangen sind. Außerdem sendet der MDR jeden Sonntag das "Sandmännchen" in Zweikanalton.

Folklore
Viele Bräuche haben sich erhalten, vor allem das Osterreiten und das traditionelle Bemalen von Ostereiern. Zahlreiche mythologische Vorstellungen sind noch lebendig - wie die Mittagsfrau (Připołdnica/Přezpołdnica), der Wassermann (Wódny muž), die Gottesklage (Bože sadleško), der geld- und glückbringende Drachen (obersorb. zmij, niedersorb. plon).
Im obersorbischen Kerngebiet, in etwa durch ein Dreieck zwischen den Städten Bautzen, Kamenz und Wittichenau beschrieben, sind Kruzifixe am Wegrand und in Vorgärten sowie gepflegte Kirchen und Kapellen Ausdruck einer bis in die Gegenwart gelebten Volksfrömmigkeit, die viel zur Bewahrung der sorbischen Substanz beigetragen hat. Sehr eindrucksvoll ist auch die sorbische Tracht, die von älteren Frauen täglich, von jüngeren zu den großen Feiertagen getragen wird, zu Fronleichnam beispielsweise die Tracht der Brautjungfer (družka).
Künste
Die "Klassiker" der sorbischen Dichtung waren Jakub Bart-Ćišinski, Handrij Zejler und Mina Witkojc, Gegenwartsautoren sind beispielsweise Jurij Brězan, Kito Lorenc, Jurij Koch, Angela Stachowa, Róža Domašcyna und Marja Krawcec. Der Jugendroman "Krabat" von Otfried Preußler greift den gleichnamigen sorbischen Sagenstoff auf und spielt in Zeit als der Hauptheld (Krabat) sich als Müllersbursche verdingte.
Eines der wichtigen Werke der sorbischen Musik ist das Oratorium "Nalěćo" (Frühling) des Komponisten Korla Awgust Kocor (Karl August Katzer) (1826-1904) auf einen Gedichtzyklus von Handrij Zejler.
Sonstiges
Im März 2005 gründet eine Gruppe von Niedersorben in Cottbus (Chośebuz) die Wendische Volkspartei neu, die nach dem Vorbild des SSW in Schleswig-Holstein die Interessen der Minderheit vertreten soll, die Parteigründung wird aber von anderen Sorben abgelehnt.
Historische Entwicklung
Eine eigenständige sorbische Geschichte lässt sich nur schwer schreiben, nicht nur weil dieses kleine westslawische Volk nie ein eigenes Staatswesen gegründet hat, sondern auch weil die Sorben die längste Zeit (die vergangenen 1000 Jahre) in engem Kontakt und in Gemeinschaft mit ihren deutschen Nachbarn gelebt haben. Im 19. Jahrhundert kam eine Weile das hartnäckige Gerücht auf, die Sorben hätten einen geheimen König (Kral). Dessen ganz ungeachtet gibt es auch viel Eigenständiges in der Entwicklung des sorbischen Volkes.
Bis zur deutschen Eroberung im 10. Jahrhundert
Als Sorben (lat. surbi, sorabi) wurden im Früh- und Hochmittelalter westslawische Verbände zwischen Saale und Mulde bezeichnet, die im 8. und 9. Jahrhundert zunehmend in die Abhängigkeit des (ost)fränkischen Reiches gerieten. Im Zuge der hochmittelalterlichen Ostsiedlung wurde ihr Siedlungsgebiet fest in das Deutsche Reich eingegliedert. Zum Beginn der Neuzeit wurde der Name der Sorben allmählich auf die in der Lausitz siedelnden Lusitzi und Milzener übertragen, die in den früh- und hochmittelalterlichen Quellen noch deutlich von den Sorben geschieden wurden. Auch bei den archäologischen Funden, zeigen sich Unterschiede. In der Sprachwissenschaft jedoch werden die Sprachen der südlichen Elbslawen bzw. deren überlieferte Reste insgesamt als sorbisch bezeichnet.
In der sogenannten Fredegar-Chronik werden für 631/32 erstmals Wenden erwähnt, die "zu wiederholten Malen in Thüringen und anderen pagi des Frankenreiches einfielen, um sie auszuplündern; ja sogar Dervanus, der dux des Volkes der Sorben (Dervanus dux gente Surbiorum), die von slawischer Herkunft waren und schon seit jeher zum Reiche der Franken gehört hatten, unterstellte sich mit seinem Volk dem mährischen Reich Samos. Nach weiteren Überfällen wurde der Dux Radulf, der Sohn Chamars, durch Dagobert als Dux in Thüringen eingesetzt, um die Wenden zu bekämpfen, doch verbündete sich Radulf bald darauf mit den Slawen.
Erneute Auseinandersetzungen zwischen Franken und Slawen sind erst wieder für die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts bekannt, so beispielsweise 766 bei Weidahaburg, wohl Wethau bei Naumburg (Saale). Im Diedenhofener Kapitular von 805 wurde Erfurt als Zollort für den Handel zwischen Franken und Slawen bestimmt. 806 ließ Karl der Große nach einem Feldzug, bei dem der Herzog (dux) der Slaven Miliduoch getötet wurde, zwei Burgen am östlichen Ufer von Elbe und Saale bei Magdeburg und Halle errichten.
Die zunehmende Abhängigkeit der Sorben vom Fränkischen Reich zeigt beispielsweise die Vorladung Tunglos, eines Häuptlings der Soraben (unus de Soraborum primoribus), zum Reichstag 826 und die Stellung von Geiseln. Mehrfach versuchten Sorben den fränkischen Quellen zufolge abzufallen, doch wurde die Dienstbarkeit (servitium) meist schnell wiederhergestellt. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts wurde der Limes Sorabicus als eine breite Grenzzone gegenüber den Sorben am östlichen Rand des Frankenreiches eingerichtet, deren genaue Lage und Umfang jedoch in der Forschung umstritten sind. Der Auflistung des Bayerischen Geographen zufolge verfügten die Sorben über 50 civitates, das heißt Burgbezirke oder zentrale Burgen mit zugehörigen Siedlungen. Bereits seit längerer Zeit lose zum Fränkischen Reich gehörig, wurden die Sorben im Elb-Saale-Gebiet spätestens mit dem Heereszug König Heinrichs 928/29 und unter dem Otto dem Großen fest in das entstehende Römische Reich deutscher Nation eingegliedert.
Im Hoch- und Spätmittelalter (1000-1500)
Frühe Neuzeit (1500-1815)
Die Sorbische Nationalbewegung bis zum Ersten Weltkrieg
Die Sorben in der Weimarer Republik
Diskriminierung und Unterdrückung unter den Nationalsozialisten
Die Sorben in der DDR
Siehe auch: Wenden
Weblinks
Allgemein
- http://www.sorben-wenden.de Umfassendes sorbisches Portal, offizielle Website von Domowina, Sorbischer Kulturinformation und Stiftung für das sorbische Volk
- http://www.internecy.de Ein sorbisches Cyberdörfchen
Schule und Forschung
- Sorbisches Institut Bautzen
- Institut für Sorabistik der Universität Leipzig
- Sorbisches Gymnasium Bautzen
- Niedersorbisches Gymnasium Cottbus
Medien und Vereine
- Obersorbische Tageszeitung "Serbske Nowiny"
- Obersorbisches Programm im MDR
- Niedersorbisches Radio im RBB
- Niedersorbisches Fernsehen im RBB
- Unabhängiges sorbisches Online-Magazin "Runjewonline"
- Sorbischer Künstlerbund e.V.
- Sorbischer Jugendverband Pawk e.V.
Siehe auch
- Sorbische Sprache
- Lausitz
- Wendenabteilung (Sorbenpolitik der staatlichen Behörden in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit)
- Wendisches Seminar
- Katolski Posoł
- Domowina
- Wendische Volkspartei
- Milzener, Besunzane, Daleminzier, Lusitzi, Abodriten (Volk)