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Zweitaktmotor

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Schematische Darstellung eines Otto-Zweitaktmotors mit Vorverdichtungsventil am Kurbelgehäuse

Ein Zweitaktmotor ist ein Kolben-Verbrennungsmotor, der für den Otto-Kreisprozess im Gegensatz zum Viertaktmotor nur eine Aufwärts- und Abwärtsbewegung des Kolbens (Takt) benötigt.

Umgangssprachlich bezeichnet der Begriff „Zweitakter“ einen ventillosen Ottomotor mit Gemischschmierung und Zündkerze, der einfach, kostengünstig und leicht ist (in diesem Artikel zur Unterscheidung als „einkolbengesteuerter Zweitakter“ bezeichnet). Es gibt aber auch große Zweitakt-Dieselmotoren für LKW, Schiffe und Flugzeuge.

Arbeitsweise

Bei allen Zweitaktern sind unabhängig von ihrer Bauart die drei Vorgänge

  • Kompression,
  • Arbeitsleistung,
  • Gasaustausch

auf zwei Takte (Hubbewegungen des Kolbens) folgendermaßen aufgeteilt[1]:

  • Nach ca. dem ersten Drittel des ersten Taktes beginnt die Kompression der Luft oder des Brennstoff-Luft-Gemisches.
  • Kurz vor Erreichen des oberen Totpunktes erfolgt ggf. die Einspritzung des Kraftstoffs und die Zündung.
  • Bis kurz nach dem oberen Totpunkt findet die Verbrennung statt.
  • Bis ca. ein Drittel vor dem unteren Totpunkt verrichtet das heiße Gas Arbeit, indem es den Kolben nach unten drückt und expandiert. Dabei wird gleichzeitig für die erneute Kompression benötigte kinetische Energie im Schwungrad gespeichert.
  • Um den unteren Totpunkt herum sind Aus- und Einlassöffnungen geöffnet und der Austausch von Verbrennungsgas durch Luft oder Luft-Kraftstoff-Gemisch findet statt. Dies geschieht wieder bis ca. ein Drittel nach dem unteren Totpunkt.

Dies ist ein thermodynamischer Kreisprozess. Je nach Prinzip können die thermodynamischen Vorgänge durch den Otto-Kreisprozess oder den Diesel-Kreisprozess besser angenähert werden.

Für die Spülung muss das Frischgas (entweder Gemisch oder Luft) einen Überdruck besitzen. Um diesen zu erzeugen, wird entweder das Kurbelgehäuse wie eine Pumpe benutzt oder ein besonderer Ladelüfter verwendet.

Technische Grundsätze und Realisierungen

Gasdynamik

  • Nutzung des Kurbelgehäuses als Pumpe

Das Kurbelgehäuse wird zusammen mit dem Kolben als Pumpenkammer benutzt, um den für die Spülung nötigen Überdruck zu erzeugen. Das heißt, dass der Kolben in der Aufwärtsbewegung das Gas im Brennraum komprimiert und gleichzeitig im Kurbelgehäuse Gas ansaugt. In der Abwärtsbewegung wird dieses dann komprimiert (vorverdichtet). Der Zylindereinlass ist über einen Überströmkanal mit dem Kurbelgehäuse verbunden. In der Nähe des unteren Totpunktes gibt der Kolben die Einlassöffnung frei, und das nun unter Druck stehende Frischgas strömt in den Zylinder.

  • Resonanz im Ein- und Auslasstrakt
Datei:Arbeitsweise Zweitakt.gif
Arbeitsweise eines Zweitaktmotors mit Membran-Einlasssteuerung und Resonanzauspuff

Der Zweitaktmotor ist ein Resonanzsystem, dessen Leistungsentfaltung von den Schwingungseigenschaften der verwendeten Gase abhängig ist (Trägheit). Bereits beim Ansaugvorgang wird die Trägheit des Frischgases ausgenutzt. Das Frischgas strömt während der Aufwärtsbewegung des Kolbens in das Kurbelgehäuse, wobei alleine die Massenträgheit des Gases dafür sorgt, dass es bei der Abwärtsbewegung des Kolbens nicht wieder herausgedrückt wird. Es gibt allerdings auch Varianten mit einem Rückschlag- oder Schieberventil am Kurbelgehäuse-Lufteinlass (siehe Grafik ganz oben).

Beim Auslassvorgang kann die Schwingung der Abgase durch geeignete Gestaltung der Auspuffanlage besonders effektiv genutzt werden (siehe Bild oben). Sobald der Kolben den Auslass-Schlitz freigibt, strömen die Abgase in den Auspuff. Die Strömungsgeschwindigkeit vermindert sich erst im Diffusor. Solange strömt das Gas unverändert weiter, und durch dessen Trägheit entsteht ein Druckgefälle in Richtung Auspuff (bildlich: Die Gassäule saugt am Auslass). Dieser Effekt wird auch bei Viertaktmotoren eingesetzt, um bei Ventilüberschneidung bessere Gaswechsel zu erreichen. Der Diffusor hat dabei nur die Aufgabe, anders als ein oft zitierter Irrglaube, das Abgas auf niedrigere Strömungsgeschwindigkeit zu bringen, ohne dass die Strömung dabei abreißt.

Am zweiten Kegelstumpf wird etwas später eine positive Druckwelle reflektiert. Hier staut sich das Gas aufgrund der Trägheit, und die so entstandene Welle setzt sich in Richtung Auslass fort. Dadurch wird Frischgas, das in den Auspuff gedrückt wurde, in den Zylinder zurückgeschoben. Durch diese Art der Aufladung werden die Frischgasverluste gemindert (Resonanzauspuff). Die Länge und Form des Auspuffs in Verbindung mit der Höhe des Auslass-Schlitzes entscheiden über das Drehzahlband, welches der Auspuff unterstützt. Bei kurzen Auspuffen und hohen Auslass-Schlitzen ist die Zeit, in der das verbrannte Abgas wieder reflektiert bzw. herausgesaugt wird, kürzer und somit eher für höhere Drehzahlen konzipiert. Das Gegenteil gilt für lange Auspuffe und flache Auslass-Schlitze. Die Gase strömen mit Schallgeschwindigkeit, die wegen der sehr hohen Abgastemperatur sehr viel höher als bei 20 °C ist. Deswegen ist es bei Hochleistungsmotoren üblich, die Schallgeschwindigkeit durch zusätzliches Quenchen zu regeln.

Da in erster Näherung am Ende des Ansaugvorganges immer atmosphärischer Druck im Zylinder ist, kann beim Otto-Zweitaktmotor von Qualitätsregelung gesprochen werden. Variiert über die Drosselklappe des Einlasssystems wird nur das Verhältnis von Gemisch zu Restabgas im Zylinder. Der im Teillastbereich hohe Anteil von Abgasen im Zylinder führt zu schlechten Verbrennungsgüten und hohen CO- und CH-Gehalten. Auf einen Lastpunkt z.B. in stationären Betrieb sind die Strömungsverhältnisse optimal abstimmbar mit entsprechend hohen Wirkungsgraden und gutem Abgasverhalten.

Spülung

Das Ziel der Spülung ist, in der kurzen Zeit, in der Ein- und Auslassöffnungen frei sind, das verbrannte Gemisch durch Luft bzw. Kraftstoff-Luft-Gemisch zu ersetzen. Hierbei soll einerseits möglichst wenig Restgas im Zylinder bleiben, andererseits aber auch möglichst wenig Luft bzw. Gemisch durch den Auslass herausgeblasen werden.

Es gibt mehrere Varianten der Lage der Ein- und Auslasskanälen und der Formgebung der Kolben [2].

  • Querstromspülung: Aus- und Einlasskanal liegen einander gegenüber und werden beide vom Kolben freigegeben und geschlossen. Dabei öffnet sich der Auslass zuerst und schließt sich zuletzt. Der Kolben muss so geformt sein, dass der Einlassstrom in Richtung Zylinderkopf umgelenkt wird, um diesen Bereich auch zu spülen. Das kann z.B. mit einer Nase geschehen.
  • Umkehrspülung: Ein- und Auslasskanal liegen auf einer Zylinderseite. Auch hier werden beide Öffnungen vom Kolben freigegeben und geschlossen. Der Frischgasverlust ist gegenüber der Querstromspülung geringer und der Kolbenboden kann flach sein. Bei dieser von Schnürle entwickelten Variante, die sich durchgesetzt hat, erfolgt der Einlass beiderseits tangential, während der Auslass zentral geschieht. Das Aufeinandertreffen der beiden tangential eingeschossenen Frischgasströme bewirkt seine notwendige Umlenkung in Richtung Zylinderkopf.
  • Gleichstrom- oder Längsspülung: Aus- und Einlasskanal liegen an entgegengesetzten Enden des Zylinders. Das Frischgas strömt nicht vom Kolben zum Zylinderkopf und wieder zurück, sondern nur in eine Richtung. Das Freigeben der Öffnung kann über ein angesteuertes Ventil am Zylinderkopf erfolgen oder, beim Gegenkolbenmotor, über den anderen Kolben. Diese Spülungsvariante erlaubt als einzige die Aufladung des Motors, da hier der Auslass früher als der Einlass geschlossen werden kann. Auch bei großem Hubraum ist eine gute Spüleffizienz erreichbar.

Steuerzeiten

  • Querstromspülung: Überströmen von 70° vor UT bis 60° nach UT, Auspuff von 70° vor UT bis 70° nach UT
  • Umkehrspülung: Überströmen von 50° vor bis 50° nach UT, Auspuff von 65° vor UT bis 65° nach UT
  • Gleichstromspülung: Überströmen von 35° vor bis 85° nach UT, Auspuff von 54° vor bis 56° nach UT

Schmierung

Welche Schmierungsart verwendet wird, hängt von der Art der Erzeugung des Spüldrucks ab.

Wird das Kurbelgehäuse als Pumpkammer zur Erzeugung des Spüldrucks genutzt, kann keine Ölsumpfschmierung angewandt werden, bei der das Öl ständig an die Schmierstellen gepumpt wird und wieder zurückläuft. In diesem Fall wird das Öl dem Kraftstoff zugesetzt und schmiert so Pleuelgelenke, Kurbelwelle und Zylinderwand (Gemischschmierung). Dies führt zu hohem Ölverbrauch und hoher Belastung des Abgases mit Kohlenwasserstoffen und Ruß.

Bei der sog. Getrenntschmierung wird das Öl aus einem Extratank lastabhängig mit dem Kraftstoff vermischt, also ein variables Mischungsverhältnis erzielt, so dass in unkritischen Lastbereichen weniger Öl verwendet werden kann.

Wird ein besonderer Verdichter zu Erzeugung des Spüldrucks verwendet, kann die konventionelle Ölsumpfschmierung verwendet werden.[3]

Kolbenkantengesteuerter Zweitakter

Dies ist die weitaus verbreitetste Form, kostengünstig und mechanisch einfach, die vor allem bei kleinen Motoren verwendet wird. Die Kolbenoberkante gibt in der Nähe des unteren Totpunktes die Überström -und Auslassöffnung in der Zylinderwand frei. Die Kolbenunterkante gibt in der Nähe des oberen Totpunktes den Einlass in das Kurbelgehäuse frei. Vorteil ist hierbei die Öffnung und Schließung des Einlasses, der Überströmkanäle und des Auslasses ohne zusätzliche mechanische Bauteile.

Drehschiebergesteuerter Zweitakter

Hierbei wird der Einlass in das Kurbelgehäuse durch eine auf der Kurbelwelle angebrachte Scheibe geöffnet und verschlossen. Der Vorteil gegenüber kolbenunterkantengesteuerten Motoren ist die Möglichkeit, den Öffnungszeitpunkt unabhängig vom Schliesszeitpunkt (asynchron) zu steuern.

Membrangesteuerter Zweitakter

Hier ist im Einlass ein Membranventil angebracht, das bei Unterdruck im Kurbelgehäuse öffnet und bei Überdruck schließt. Vorteil hierbei ist die automatische Anpassung an die Strömungsverhältnisse bei allen Drehzahlen.

Doppelkolbenmotoren

Beim Doppelkolbenmotor arbeiten zwei Kolben auf demselben Brennraum, was den Vorteil hat, dass ein Kolben die Einlass- und der andere die Auslassöffnung steuern kann. Man erreicht dadurch:

  • Gleichstromspülung, d.h. besserer Gasaustausch;
  • Aufladbarkeit, weil man den Auslass früher schließen kann als den Einlass;
  • größere, strömungsgünstigere Ein- und Auslassöffnungen, da man jeweils den kompletten Zylinderumfang nutzen kann.

Es gibt zwei Hauptvarianten (siehe Doppelkolbenmotor):

U-Zylinder-Motor

Zwei nebeneinanderliegende Zylinder sind am Kopf verbunden, so dass sich ein U-förmiger Brennraum ergibt.

Gegenkolbenmotor

Beim Gegenkolbenmotor arbeiten zwei Kolben gegeneinander in einem Zylinder. Es gibt entweder zwei per Getriebe gekoppelte Kurbelwellen oder eine Kurbelwelle und lange Zugstangen oder Kipphebel. Diese Lösung hat bei gleicher Kolbenanzahl geringere thermische Verluste, da die Zylinderköpfe fehlen.

Ventil-Zweitakter

Die Verwendung von Ventilen verschafft jedoch die gleichen Vorteile wie das Doppelkolbenprinzip, nämlich Gleichstromspülung und Aufladbarkeit. Großdieselmotoren sind meist Ventilmotoren.

Vor- und Nachteile des Zweitaktprinzips

Vorteile des Zweitakters gegenüber dem Viertakter gleicher Leistung und Drehzahl

Der Zweitakter hat doppelt so viele Arbeitstakte pro Zeiteinheit wie der Viertakter, wenn auch, wegen der Nutzung eines Teils der Takte für die Spülphase, nur 70 bis 80 % der Energieabgabe pro Arbeitstakt [4]. Hierdurch allein entstehen eine Reihe von Vorteilen:

  • geringerer Hubraum, dadurch geringere thermische und Reibungsverluste und Potential zu geringerem Verbrauch;
  • geringere Masse,
  • gleichförmigeres Drehmoment,
  • geringere bewegte Masse, dies ist eine Folge der geringeren Gesamtmasse und hat den positiven Effekt eines geringeren Drehimpulses; dies macht den Motor elastischer;
  • hohe Drehzahlen sind bei den ventillosen Varianten einfacher möglich.

Für den kolbenkantengesteuerten Zweitakter ist noch anzuführen:

  • Einfachheit und damit geringerer Fertigungsaufwand, da Ventile und ihr Antrieb wegfallen;
  • Lageunabhängigkeit (bei Gemischschmierung), wichtig für handgeführte Geräte wie Motorkettensägen oder Rasenmäher auf Böschungen.

Nachteile des Zweitaktmotors

  • Je nach Bauart eine gewisse Vermischung von Frisch- und Abgas. Dadurch Abwägung zwischen hohen Spülverlusten und hohem Abgasanteil in der Zylinderfüllung notwendig (siehe auch Fanggrad).
  • Hohe thermische Belastung von Kolben und Auslassöffnung
  • Unruhiger Lauf im Schubbetrieb
  • Geringere Motorbremswirkung als bei Viertaktmotoren
  • Je nach Bauart mehr oder weniger hoher Ölverbrauch
  • Emissionsprobleme (siehe nächster Abschnitt)
  • Schmierung bei geringen Drehzahlen problematisch, da die Temperatur nicht hoch genug wird.
  • Hoher mechanischer Verschleiß des Kolbens und der Kolbenringe bei Zylinderwänden mit Öffnungen.

Emissionen von Zweitaktmotoren

Ursachen

Große Zweitaktmotoren beweisen, dass sich auch mit dem Zweitaktprinzip gute Emissionswerte erzielen lassen. Dass einfache Zweitaktmotoren meist mehr Emissionen haben als viel größere Viertaktmotoren, liegt an folgendem:

  • Überströmverluste (Spülverluste) bringen unverbranntes Kraftstoff-Öl-Gemisch ins Abgas.
  • Inhomogene, d.h. unvollständige Verbrennung des Gemischs führt zu Emission von Verbrennungszwischenprodukten wie Feinstaub[5].
  • Die Kolbenringe überlaufen die Spülöffnungen. Dadurch wird Öl von der Zylinderwand in den Gasstrom gerissen, was zu Emissionen auch bei Motoren mit Ölsumpfschmierung führt.

Durch Verwendung von Ölsumpfschmierung, separater Auslasssteuerung mit Ventilen (oder dem zweiten Kolben beim Gegenkolbenmotor) und Einspritzung kann man diese Emissionen minimieren.

In Entwicklung befindliche ölfreie Kolben aus Kohlenstoff-Werkstoffen könnten, wenn erfolgreich, die Emissionen weiter erheblich vermindern.

Gesetzliche Grenzwerte

Für Zweiräder gelten je nach Hubraum die Abgasnormen Euro2 oder Euro3, unabhängig, ob ein Zweitaktmotor oder Viertaktmotor verwendet wird. Dies führte oberhalb 50 cm³ zu einer weitreichenden Verdrängung von Zweitaktmotoren. Motoren von Kleinkrafträdern unterhalb 50 cm³ dürfen wesentlich größere Kohlenwasserstoffmengen ausstoßen als PKW-Motoren, der Partikelausstoß ist unbegrenzt.

Bei Arbeitsgeräten (z. B. Laubbläsern) definiert die europäische Richtlinie 2002/88/EC die gesetzlichen Grenzwerte. Die Richtlinie unterscheidet 3 Klassen von Handgeräten und 4 Klassen von Nicht-Handgeräten. Grenzwerte für Freizeitgeräte (z. B. Wassersport) sind durch die Richtlinie 2003/44/EC gegeben.

Anwendungsbeispiele

Beispiele für Fahrzeuge mit Zweitaktmotor sind Motorräder, die Mehrzahl der Karts, der Pkw Trabant, Lkw von Krupp sowie Automobile und Kleintransporter der Marke DKW, die meisten Mopeds und immer noch viele Motorroller.

Häufig findet man die Zweitaktmotoren in der Dieselausführung bei Lokomotiven, Schiffen oder Stromgeneratoren – in der Benzinausführung (Ottoprozess) auch bei Kleinfahrzeugen mit 50 cm³ und bei Rasenmähern, Kettensägen, Stromgeneratoren, Kartsport, Rollern (Scootern), Schiffs-, Flugzeugmodellen und Modellautos. Die Zweitakter-Großdieselmotoren von Schiffen zählt man zu den wirtschaftlichsten Wärmekraftmaschinen schlechthin, dies wegen ihres hohen Wirkungsgrades.

Klassischer Diesel-Zweitaktmotor

Einer der größten Lastkraftwagen mit Diesel-Zweitaktmotor war der Südwerke (Krupp) „Titan“
Diesel-Zweitaktmotor eines Krupp „Elch“

Die weltweit bekanntesten Zweitakt-Dieselmotoren sind die Baureihen 53, 71, 92, 149 der Detroit Diesel Corporation (DDC). Die Zahlen geben den Hubraum eines Zylinders in Kubikzoll an. Diese Zweitaktmotoren haben immer Auslassventile im Zylinderkopf – idealerweise bis zu vier – und nutzen zur Erzeugung des Spüldrucks immer ein Rootsgebläse – teilweise mit vorgeschalteten Turboladern und nachgeschalteten Intercoolern (wassergekühlt).

Der Zweitakt-Dieselmotor hat – ebenso wie sein Otto-Äquivalent – einen schlechten Ruf –, jedoch vollkommen zu Unrecht. In mehrfacher Hinsicht ist er eindeutig dem Viertakter überlegen:

  • deutlich geringeres Leistungsgewicht – bevorzugte Verwendung beim Traktorpulling, als Bootsmotor und Schiffsdiesel;
  • deutlich höhere Laufleistung – in den USA sind Industriemotoren mit 150.000 Betriebsstunden bekannt;
  • höherer Wirkungsgrad durch höhere Brennraumtemperaturen – kein unnützes Abkühlen durch den zusätzlichen Gaswechsel beim Viertakter;
  • läuft mit allen erdenklichen Betriebsstoffen – einschließlich Alkohol/Ethanol.

Jedoch sind die Herstellungskosten eines Zweitakt-Dieselmotors nahezu doppelt so hoch wie die eines gleichwertigen Viertakt-Dieselmotors.

So ist auch die Firma Krupp an den hohen Herstellungskosten ihrer Zweitaktmotoren im Wettbewerb gescheitert. Nach heutigem Stand ist die Zukunft des totgeglaubten Zweitakt-Dieselmotors besser denn je – gerade der technische Vorteil des besseren Wirkungsgrades und günstigeren Leistungsgewichtes kann bei weitersteigenden Kraftstoffpreisen und mit innovativem Motormanagement zu einer Renaissance dieses Motortyps führen.

Moderne, ventilgesteuerte Zweitaktmotoren

Viele der heutigen Zweitakter haben gesteuerte Auslassventile und Einlassschlitze. Befüllt werden sie von getrennten Ladepumpen. Hierdurch wird ein sauberer Gaswechsel erreicht, und es ist keine Gemisch-Schmierung mehr notwendig, sondern die Kurbelwelle lagert wie beim Viertakter in Öl. Allerdings ist ein solcher Zweitakter ähnlich kompliziert wie ein Viertakter.

Diese Bauweise eignet sich besonders für langsamlaufende Motoren mit großem Hubraum (Schiffsdiesel, mit Bohrungen von einem Meter und Hüben von ca. drei Metern), da die langsame Drehzahl immer eine ausreichende Befüllung ermöglicht und das Gewicht der externen Lader kaum eine Rolle spielt. Wegen des verwendeten Treibstoffs (Bunkeröl) gibt es solche ventilgesteuerten Zweitakter nur als Diesel.

Typ-90-Panzer

Der große Zweitakt-Schiffsdieselantrieb wird in Bezug auf den thermischen Wirkungsgrad unter den Wärmekraftmaschinen nur von modernen Gasturbinen übertroffen: Es gelingt mit ihm, bis zu 55 % der chemisch gebundenen Energie des Kraftstoffes in nutzbare mechanische Arbeit zu verwandeln. Im Vergleich hierzu werden bei PKW-Ottomotoren selten mehr als 30 % herausgeholt, und bei PKW haben nur moderne Turbodiesel mehr als 40 % Wirkungsgrad.

Eine besonderer Anwendungsfall ist der japanische Typ-90-Panzer, welcher von einem Mitsubishi-10ZG-Zweitaktmotor mit Dieseldirekteinspritzung und Rootsgebläse zur Aufladung angetrieben wird. Es ist der einzige Panzer mit Zweitaktmotor und der zur Zeit am stärksten motorisierte Kampfpanzer.

Für Ottomotoren ist diese Bauweise nach heutigem Stand der Technik ungeeignet, da der Otto-Prozess nur für hochdrehende Motoren sinnvoll ist. Direkteinspritzung gibt es auch. Bei einer Direkteinspritzung sind Abgasemission und Kraftstoffverbrauch geringer.

Geschichte des Zweitaktmotors

Verdichtungsloser, direkt wirkender Zweitakt-Gasmotor von Lenoir, 1861

Die ersten, heute als verdichtungslose bezeichneten Zweitaktmotoren arbeiteten nach einem völlig anderen Prinzip und werden nur deshalb so genannt, weil sie bei jeder Kurbelwellenumdrehung zündeten – wie auch der moderne verdichtende Zweitakter. Im ersten Takt wurde angesaugt und unverdichtet gezündet, im zweiten Takt ausgepufft. Die Gaswechselsteuerung erfolgte mittels Schieber. Versuche von Jean Joseph Étienne Lenoir, Siegfried Marcus, und anderen, sie für mobile Zwecke zu verwenden (zwischen 1860 und 1870), scheiterten nicht zuletzt am ungünstigen Leistungsgewicht. Auch der berühmte „Sylvestermotor“ des Carl Benz von 1879 arbeitete nach diesem Prinzip. Als stationäre Gasmotoren waren solche Maschinen jedoch zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Tausenden in Verwendung. Die „klassische“ Bauweise wurde von dem britischen Ingenieur Joseph Day 1888 entwickelt und 1889 patentiert.

Aktuelle Entwicklungen

Aktuell erlebt der Zweitaktmotor eine gewisse Renaissance. Besonders im Bereich Bootsmotoren, etwa bei Jet-Ski oder auch im Ultraleichtflug, werden wieder verstärkt Zweitaktmotoren eingesetzt, welche nicht mehr die klassischen Nachteile der herkömmlichen Bauart besitzen. Beispiele hierfür sind u.a. ROTAX-Motoren, welche unter Verwendung eines Direkteinspritzungsystemes (Ficht FFI) eine neue Generation von Motoren darstellen, so ROTAX 600 H.O. E-Tec, die in den Schneemobilen der Ski-Doo-Serie eingesetzt werden und den Viertaktmotoren deutlich überlegen sind.

Nissan setzt mit dem TLDI-System (Two stroke Low pressure Direct Injection) bei Bootsmotoren ebenfalls auf Zweitaktmotoren. Yamaha hat das sogenannte HDPI-System (High Pressure Direct Injection). Darüber hinaus existiert das Envirofit-International-Projekt, bei dem herkömmliche Zweitaktmotoren zu Direkteinspritzern unter Verwendung der Orbital-Einspritzung mit umweltfreundlicheren Abgaswerten umgerüstet werden. Dies wird durch Austausch des Zylinderkopfes und Nachrüstung einer Einspritzung (Bausatz) erreicht. Das Ziel dieses Projektes ist es, die millionenfach in Asien anzutreffenden Leichtkrafträder mit herkömmlichen Zweitaktmotoren und damit entsprechendem Umweltproblemen durch eine Umrüstung zu umweltfreundlicheren Fahrzeugen zu machen.

Eine Reihe von kleinen Firmen haben funktionsfähige Gegenkolbenmotoren entwickelt oder sind dabei, sie zu entwickeln, um dessen Potential für geringen Verbrauch auszunutzen.

Ungewöhnlich ist die Bauweise des Pivotalmotors, der es mit wassergekühltem Pivotal-Kolben und Direkteinspritzung (aktuell Entwicklung mit Orbital-System) ermöglicht, die Spülverluste auf ein Minimum zu reduzieren und mit Gemischen von bis zu 1:300 gegenüber herkömmlichen Kolbenanordnungen (i.d.R. 1:50 - 1:100) zu arbeiten.

Literatur

  • Christian Rieck: Zweitakt-Motoren-Tuning. Eschborn 2004, ISBN 3-924043-25-6 (erklärt die Funktionsweise des Zweitaktmotors und Möglichkeiten zur Leistungssteigerung)
  • W. A. Doernhoeffer: Zweitakt-Praxis. Christian-Rieck-Verlag, Eschborn 2004, 3. Auflage, ISBN 3-924043-19-1 (dieses Buch erschien unter dem Originaltitel Zweitakt-Praktikum – Betriebs-Taschenbuch für kleine Zweitakt-Ottomotoren bereits 1942 im Franckh-Kosmos-Verlag. Bis auf neuere Entwicklungen in den Bereichen Werkstoffe, Motormanagement und Schadstoffreduzierung durch CWI und dergleichen ist dieses Buch auch heute noch aktuell.)

Quellen

  1. Hans-Hermann Braess,Ulrich Seiffert (Hrg.): Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, Vieweg+Teubner, p.151
  2. Richard von Basshuysen: "Handbuch Verbrennungsmotor: Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven", Vieweg+Teubner Verlag 2007, p.440ff
  3. http://www.motorlexikon.de/?I=8982
  4. Cornel Stan: Alternative Antriebe für Automobile, Springer-Verlag 2008, p.126
  5. G. Merker, Chr. Schwarz, G. Stiesch, F. Otto: Verbrennungsmotoren, Teubner, 2. Auflage, 2004