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Postgeheimnis

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Das Postgeheimnis ist ein grundrechtlich durch Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes geschütztes Geheimnis; strafrechtlich ist seine Verletzung durch § 206 des Strafgesetzbuchs (StGB) sanktioniert.

Nach der Legaldefinition der § 39 Absatz 1 Postgesetz und § 206 Absatz 5 Satz 1 StGB unterliegen dem Postgeheimnis die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter (natürlicher oder juristischer) Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Damit ist der Schutzbereich sachlich weiter sowie zeitlich bzw. prozessual enger gefasst als der des Briefgeheimnisses, von dem es abzugrenzen ist: Während das Briefgeheimnis alle schriftlichen Mitteilungen zwischen Absender und individuellem Empfänger schützt, umfasst das Postgeheimnis alle von der Post übermittelten Sendungen, jedoch nur in dem Zeitraum von der Aufgabe der Sendung bei der Post bis zu ihrer Auslieferung an den Empfänger.

Ebenfalls abzugrenzen ist das Postgeheimnis vom Fernmeldegeheimnis, welches die Individualkommunikation mittels unkörperlicher Signale schützt.

Einschränkung des Postgeheimnisses

Einschränkungen des Postgeheimnisses unterliegen dem Gesetzesvorbehalt.

Das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses etwa normiert Ausnahmen für die Nachrichtendienste der Bundesrepublik, also Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst.

Über die Anwendung dieser Maßnahmen wacht die G 10-Kommission.

Ebenfalls möglich ist gemäß § 99 der Strafprozessordnung (StPO) in bestimmten Fällen die Beschlagnahme von Postsendungen und Telegramme, die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken.

Gemäß § 101 StPO ist der Betroffene von dieser Maßnahme zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann. Diese Benachrichtigung findet jedoch in der Praxis nicht immer statt; es liegt insoweit ein faktisches Vollzugsdefizit vor.

Geschichte

Für ihre regelmäßigen Boteneinrichtungen erließen viele Fürsten und Städte Botenordnungen, in den die Boten auf Wahrung des Briefgeheimnisses eidlich verpflichtet waren und hohe Strafen drohten. In der preußischen Postordnung vom 10. August 1712 wird in Kapitel VIII § 4, “das unterschlagen, erbrechen oder die Aushändigung in fremde Hand” unter Strafe gestellt. Der Delinquent hatte erstens den entstandenen Schaden zu ersetzten und erhielt zudem eine Strafe von 100 Talern, im Wiederholungsfalle wurde er zudem entlassen.

Im 17. und 18. Jahrhundert war es um die Wahrung des Postgeheimnisses schlecht bestellt. Es entstanden so genannte “Schwarze Kabinette”.

Beim Übergang von der absolutistischen zur konstitutionellen Staatsform drängte die öffentliche Meinung darauf, dass die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses als Grundrecht der Staatsbürger in der Verfassung anerkannt würde. In der preußischen Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850 steht: “Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen notwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen”. Das Volk war beruhigt, allerdings wurden diese Passagen weder ins preußische Postgesetz vom 5. Juni 1852 noch in das Reglement dazu aufgenommen. Sowohl die Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26. Juli 1867 als auch die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 enthielten keine Bestimmungen zum Grundrecht des Briefgeheimnisses. Dafür wird im Postgesetz im § 5 vom Briefgeheimnis gesprochen, darunter ist jedoch das Postgeheimnis zu verstehen. Unter Briefgeheimnis versteht man das durch das Strafgesetzbuch § 299 geschützte Recht der Unverletzlichkeit irgendeiner verschlossenen Nachricht. So wird das Öffnen einer verschlossenen Nachricht, die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt ist, unter Strafe gestellt. Eine Postvollmacht ermächtigt einen Dritten seine Post in Empfang zu nehmen und zu öffnen, der Inhalt ist damit zu seiner Kenntnis bestimmt.

In der Reichsverfassung von 1919 wird zum ersten Mal das Postgeheimnis zum Grundrecht erklärt. Artikel 117 der Weimarer Verfassung bestimmt, dass das Postgeheimnis unverletzlich sei.

1918

Durch Befehl vom 16. Dezember 1918 konnte der Postbetrieb wieder aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde die Briefzensur eingeführt. Während der Verkehr innerhalb der besetzten Gebiete nur wenigen Beschränkungen unterlag, war der Post-, Telefon- und Telegrafendienst zwischen den besetzten und nichtbesetzten Gebieten nur in den wichtigsten Verwaltungsangelegenheiten, in Sachen Eisenbahn und Versorgung, zulässig. Sofort wurden in den belgischen, britischen, amerikanischen und französischen Besatzungszonen Zensurbüros eingerichtet. Erst gegen Ende des Jahres 1924 wurde die Postüberwachung an Rhein und Ruhr durch die alliierten Besatzungsmächte eingestellt.

1933

Am 28. Februar 1933 kommt es zur Aufhebung des Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnisses. Neben der Beschränkung der persönlichen Freiheit, des Rechts auf freie Meinungsäußerung einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts waren Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahme sowie Beschränkung des Eigentums auch außerhalb des sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig.

1945

Durch Gesetz Nr. 76 des Oberbefehlshabers der Alliierten Streitkräfte betreffend “Post-, Fernsprech-, Funk-, und Rundfunkwesen” mit den dazugehörigen “Zensurbestimmungen” wurden im Jahre 1945 alle Nachrichten in Deutschland der alliierten Kontrolle unterworfen. Nachdem das “Gesetz Nr. 5 der Alliierten Hohen Kommission über die Presse, den Rundfunk, die Berichterstattung und die Unterhaltungsstätten” vom 21. September 1949 diese Bestimmungen zum Teil aufgehoben hatte, hob das Gesetz Nr A 14 der Alliierten Hohen Kommission vom 15. Februar 1951 sie ganz auf. Zum Schutze der Sicherheit und des Ansehens der alliierten Streitkräfte gab es seit 1949 eine Sonderbefugnis. Durch den Deutschlandvertrag ist auch diese letzte Postüberwachungsmöglichkeit aufgehoben worden.

DDR

Die Verletzung des Postgeheimnisses war in der DDR formal in §135 und 202 StGB (DDR) unter Strafe gestellt[1]. Dennoch erfolgte eine systematische Kontrolle aller Postsendungen aus oder in die Bundesrepublik oder West-Berlin durch die Abteilung M des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Diese arbeiteten mit der Deutschen Post zusammen. Innerhalb der Post firmierte die Postkontrolle unter der Tarnbezeichnung »Abteilung 12« bzw. »Dienststelle 12«.

Die Postkontrolle des MfS begann 1950 mit drei Referaten und einigen Dutzend Mitarbeitern und wurde kontinuierlich ausgebaut. Am Ende verfügte der Bereich 1989 über zehn Abteilungen mit knapp 2.200 Mitarbeitern. Die Bedeutung, die die SED der Postkontrolle beimaß, zeigte sich daran, dass der Leiter des Bereichs, Rudi Strobel, im Range eines Generalmajors stand und seit 1982 einem Verantwortungsbereich unterstand, der von Erich Mielke selbst geleitet wurde[2].

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Petra Pau gab die Bundesregierung im Dezember 2009 bekannt (bzw. nach Verjährungsablauf zu), dass auch auf Seiten der Bundesrepublik die Post aus der DDR systematisch kontrolliert wurde. Ohne gesetzliche Grundlage war dies mit der Interzonenüberwachungsverordnung angeordnet worden, die von 1951 bis 1991 in Kraft war.[3]

Einzelnachweise

  1. StGB (DDR)
  2. Hanna Labrenz-Weiß: MfS-Handbuch: Abteilung M: Postkontrolle; Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik; Berlin 2003
  3. Kleine Anfrage von Petra Pau: Bundesregierung gibt Kontrolle von Post aus der DDR zu. stern.de, 21. Dezember 2009, abgerufen am 21. Dezember 2009.

Literatur

  • zu § 206 StGB: Wolfgang Joecks: Strafgesetzbuch Studienkommentar. 6. Auflage, München 2005, ISBN 3-406-53845-2.
  • Werner Steven, Konrad Meyer: “Postzensur während der Besatzungszeit des Rheinlandes und des Ruhrgebiets nach dem Ersten Weltkrieg”, Selbstverlag, Braunschweig, 1991.
  • Josef Foschepoth: Postzensur und Telefonüberwachung in der Bundesrepublik Deutschland (1949-1968), in: ZfG 57 (2009), S. 413 bis 426.
  • Deinert/Lütgens: Betreuung und Postverkehr; BtPrax 2009, S. 212