Zum Inhalt springen

Evangelisch-reformierte Kirche (Marienheim)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Juli 2010 um 01:00 Uhr durch Oderfing (Diskussion | Beiträge) (Auslagerung der Kirche aus dem Ortsartikel von Marienheim, mit Genehmigung des Autors). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Die evangelisch-reformierte Kirche Marienheim im gleichnamigen Neuburger Stadtteil Marienheim im oberbayerischen Landkreis Neuburg-Schrobenhausen war die einzige reformierte Pfarrei in Bayern, die ein königliches Privileg hatte.

Geschichte

Der Anfang des Ortes wurde mit dem ersten Siedler 1809 gesetzt. Es war ein Calviner, wie einst die Bezeichnung lautete, heute versteht man darunter „evangelisch-reformiert". Damals mitten in einem rein katholischen Gebiet. Und der Ort ist gewachsen. Aber was fehlte, war eine Kirche.

Für eine religiöse Betreuung musste die Kirche in Untermaxfeld angesteuert werden, dies waren mehr als acht Kilometer. Damals war es ein Fußmarsch von knapp zwei Stunden und damit eine erhebliche Belastung. Außerdem handelte es sich hier um „evangelisch-lutherisch" Gläubige. Es kam wegen der Glaubensunterschiede auch zu Spannungen.

Knapp vierzig Jahre waren verstrichen, da wurde der Wunsch nach einer eigenen Kirche immer lauter. Das Geld war knapp und sollte durch eine Kollektenkasse gedeckt werden. Für eventuelle Fehlbeträge verbürgten sich die Marienheimer und versprachen, Hand- und Spanndienste zu leisten. Außerdem waren sie bereit, 80 Gulden für die Besoldung des Pfarrers jährlich zu übernehmen. Mit dieser Zusage stimmte das Oberkonsistorium zu, in der Nähe von Neuburg eine „reformierte" Pfarrei zu gründen.

Eine königliche Pfarrei

Der 23. September 1848 ist das historische Datum für die neue Pfarrei. Maximilian II. König von Bayern, unterschreibt auf der Insel Ischia die Gründungsurkunde der „Reformierten Kirchengemeinde Marienheim". Das Kirchensigel hatte die Inschrift: „Kgl. Bayer. evang. reform. Pfarramt Marienheim". Marienheim wurde damit die einzige reformierte Pfarrei in Bayern, die ein „königliches" Privileg hatte.

Am 24. Mai 1849 der feierliche Einzug des ersten Pfarrers Samuel Christoph Clöter. Ihm wurde der große Auftrag mit auf den Weg gegeben, eine Kirche zu bauen. Er selbst musste sich vorerst mit einem kleinen Zimmer begnügen, da es noch kein Pfarrhaus gab. Schnell gingen die Marienheimer ans Werk und erbauten das Pfarrhaus.

Der Kirchenbau und seine Probleme

Die Kirche der ev. ref. Gemeinde Marienheim
Die Kirche Marienheim mit Orgelempore

Seit 1831 diente das Schulhaus auch für kirchliche Zwecke und war zugleich der kirchliche Raum. Aber der Ruf nach einem eigenen Gotteshaus wurde immer lauter. Am 12. Februar 1850 verpflichteten sich die Kirchenmitglieder zu Hand- und Spanndiensten. Es sind dies Reformierte aus der gesamten Umgebung, nicht nur von Marienheim, sondern auch von den umliegenden Orten wie Heinrichsheim, Rödenhof, Altmannstetten, Isenhofen, Kreuth, Gietlhausen, Maxweiler, Kochheim, Jägersbühl, Schornreuth, Untermaxfeld, Obermaxfeld, Stengelheim, Grasheim, Ludwigsmoos und Königsmoos.

Zugleich wurde der Staat an sein Versprechen und seine Verpflichtung erinnert, dass jeder bayerische Staatsbürger, der einer anerkannten Konfession angehört, das Recht auf eine Kirche hat. „Zu unserem Gottesdienst beanspruchen wir keine kostspieligen Bauten und Einrichtungen, sondern nur ein Obdach, in dem wir unsere Gottesdienste halten können. Und allenfalls wollen wir ein Glockengeläute, um zum Gottesdienst das Zeichen zu geben", ist in dem Schreiben vom 17. Juli 1850 festgehalten.

Am 3. Oktober 1850 schreibt Pfarrer Clöter an die Baubehörde, dass nach seinen Erfahrungen eine Kirche für 180 Mitglieder genügt. Viele müssten zu weite Entfernungen auf sich nehmen und kämen deshalb nicht immer zum Gottesdienst.

Und die weiteren Wünsche: Die Kirche soll aus einem nicht zu großen Viereck bestehen, dazu ein Kirchturm mit drei Glocken. In der Kirche sind eine Kanzel, eine Orgel und ein steinerner Altartisch erforderlich.

Die große Sorge aber war für den Pfarrer und Kirchenbauer Clöter die klingende Münze. Er wurde aktiv und verschickte unzählige Bettelbriefe an staatliche und kirchliche Stellen in ganz Deutschland. Aber nicht genug. Clöter unternahm zur Mittelbeschaffung auch Kollektenreisen in süddeutsche Städte, in die Schweiz, nach Wuppertal, Dresden, Berlin und Leipzig. Friedrich Wilhelm IV. gewährte dem Kirchenbettler sogar eine Audienz und eine Kollekte in ganz Preußen. Eine weitere Audienz folgte bei König Maximilian II.. Der Erfolg stellte sich ein. Es gab daraufhin Zuschüsse vom Regierungspräsidenten aus Augsburg. Schließlich förderte auch die Gustav-Adolf-Stiftung den Kirchenbau in Marienheim.

Für die neue Pfarrei Marienheim gab es eine Kollekte im gesamten bayerischen Protestantismus mit einem Stammkapital von 2830 Gulden. Namhafte Spender unterstützten das Werk auch finanziell. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen stiftete 991 Gulden, seine Königliche Hoheit, der Prinz von Preußen legte 55 Gulden drauf, aber auch aus einem protestantischen Unterstüzungsverein aus Zürich kamen 700 Gulden. Aus dem hohen Norden war auch Hamburg vertreten, die beiden Presbyterien spendeten 105 Gulden. Aus Berlin kam durch einen Hofprediger 210 und aus Ebersfeld 794 Gulden. Doch die Mittel reichten immer noch nicht aus. Jetzt ging ein Antrag an das Landratsamt Neuburg. Die Behörde bewilligte für die Jahre 1851/52 und 1852/53 jeweils 2000 Gulden.

Die finanziellen Mittel kamen zwar von allen Seiten, aber nicht immer in der erhofften Höhe. Jetzt kam ein weiteres Problem dazu und spaltete die Marienheimer in zwei Lager. Die einen optierten für einen Betsaal, um so die Kosten zu dezimieren. Die anderen pochten auf eine Kirche mit Turm, mit dem Argument, die Mittel seien zum Bau einer Kirche und nicht für ein Bethaus gegeben worden. Am Ende blieb es mit dem Beschluss vom 29. September 1853 bei einem Kirchenbau.

Am Pfingstdienstag, 6. Juni 1854 endlich der Baubeginn. 15 Maurer und elf Handlanger arbeiteten jetzt an dem Werk. Am 18. Juli 1854 war bereits „Hebauf". Es ging schnell vorwärts. Nach knapp vier Monaten Bauzeit wurde dem Königlichen Landgericht mitgeteilt, dass der Kirchenbau vollendet ist.

Mit der Inneneinrichtung ging es nicht mehr so schnell, die Mittel reichten nicht aus. Zudem kamen Zwistigkeiten und Streitereien innerhalb der Kirchengemeinde. Dies ging so weit, dass die im März 1856 erstmals tagende "Reformierte Synode" in Bayern sich mit dem Problem Marienheim auseinandersetzen musste.

Am 26. März 1856, noch bevor der Kirchenbau vollendet war, musste Pfarrer Clöter die Pfarrei Marienheim wieder verlassen. Der 24-jährige Pfarrverweser Carl Gottfried Gerhardt hatte nun die schwere Aufgabe, das Bauprojekt abzuschließen und die Weihe vorzubereiten. Eine mehrtägige Visitation 1857 brachte den Bauabschluss. Auch Frieden in der Gemeinde zog wieder ein.

Feierliche Kirchenweihe

Der 3. Mai 1857 ist das historische Datum der Kirchenweihe und der Freudentag über das einmalige Ereignis. Drei Triumpfbögen, einer davon im Rödenhof, die beiden anderen in Mrienheim, kündeten das Ereignis. Ein letzter kirchlicher Treff in der Schule und ein Festzug unter Glockengeläute zum neuen Gotteshaus. Eine feierliche Schlüssenübergabe und der Ortspfarrer Gerhardt öffnete die Kirchentüre. Unter Orgelklang und Chorgesang erfolgte der Einzug mit anschließendem Festgottesdienst.

Der Kirchenbauer und sein Abgang

Der Ort Marienheim ist neu entstanden und gewachsen. Nach vierzig Jahren kam am 24. Mai 1849 das große Ereignis. Pfarrer Samuel Christoph Clöter ist der erste Pfarrer der reformierten Gemeinde und bekommt einen feierlichen Empfang. Seine große Aufgabe ist der Bau einer Kirche. Als Bettler Gottes reist er umher und bittet um finanzielle Unterstützung. Zahlreiche Bettelbriefe verlassen Marienheim.

Doch seit 1853 liefen über den Seelsorger beim königlichen Oberkonsistorium immer wieder Beschwerden ein. Da wurde angeprangert, dass der Geistliche ein falsches Glaubensbekenntnis verwende, deshalb dürfen die Kinder am Religionsunterricht nicht mehr teilnehmen. Doch die Anschuldigungen waren haltlos und wurden für nichtig erklärt. 1855 musste Clöter eine neuntägige Untersuchung über sich ergehen lassen. Auch diesmal wurde festgestellt, dass sich der Geistliche an den reformierten Kultus halte.

Die Zwistigkeiten gingen soweit, dass sich sogar die erste Synode der Evangelisch-Reformierten Kirche in Bayern mit dem Fall Marienheim befassen musste. Am 26. März 1856 verlässt Clöter mit Übereinstimmung des Oberkonsistoriums die Pfarrei, ohne eine neue Pfarrstelle zu haben. Der Seelenhirte bekommt aber trotzdem keine Ruhe. Er wird immer wieder verdächtigt und beschuldigt, unrechtmäßig gehandelt zu haben, aber alle Anschuldigungen erwiesen sich als Verleumdung.

Der Kirchenbauer konnte selbst die Kirchenweihe nicht miterleben. Heute schätzt man die Arbeit des ersten Pfarrers, ihm wurde deshalb auch eine „Christoph-Clöter-Straße" gewidmet und damit ein Denkmal gesetzt.