Gaußsches Doppelobjektiv

Das Gaußsche Doppelobjektiv ist ein ursprünglich vierlinsiges, symmetrisches Objektiv, dessen Grundbauart noch heute in vielen Kameras eingesetzt wird. Auf grundlage von Überlegungen von Carl Friedrich Gauß entwickelte Alvan Clark Ende des 19. Jahrhunderts dieses Objektiv.
Geschichte
1817 arbeitete Carl Friedrich Gauß an der Verbesserung der Objektive für Linsenfernrohre. Insbesondere experimentierte er mit Meniskus-Linsen, um die von Fraunhofer erfundene Bauart des achromatischen Doublets ("Dialyt") zu verbessern. Gauss kombinierte eine vordere positive mit einer hinteren negativen Linse und erhielt so wie Fraunhofer ein Doublet mit Luftspalt. Auch bei der Gauß'schen Version war die sphärische Aberration nicht mehr von der Wellenlänge des Lichts abhängig. Diese Objektive wurden jedoch nie kommerziell hergestellt.[1]
Alvan Clark fügte 1877 zwei dieser Linsengruppen "Rücken an Rücken" aneinander - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Sein Sohn Alvan G. Clark meldete dennoch ein US-Patent (Nr. 399,499) auf so eine Doppel-Gauss-Konstruktion an. Von 1890-1898 tauchten entsprechenden Objektive mit einer Brennweite von 1:35-1:8 als "Weitwinkelobjektive" kurzfristig im Katalog von Bausch & Lomb auf. Sie hielten sich hier nicht lang. Einige europäische Hersteller hatten mit den Design jedoch mehr Glück. Zu ihnen gehörte Hugo Meyer, Görlitz, mit dem Aristostigmat. [2]
Das Zeiss Topogon ist eine extreme Variante eines Gauß-Objektivs mit sehr stark gebogenen Menisken, die bei f/6,3 ein Feld von 90 Grad abbilden konnte. Zusammen mit dem ähnlichen Metrogon von Bausch & Lomb war es während des Zweiten Weltkriegs das meist verwendete Objektiv für Luftbildaufnahmen.
Konstruktion
Frühe Konstruktionen dieser Art wurden als symmetrische Vierlinser ("Gauß-Typ 1./2. Art") ausgeführt (s.o.). Die Gaußschen Doppelobjektive gehören damit grundsätzlich zur Gruppe der symmetrischen Achromate, da sie aus zwei nahezu spiegelbildlichen achromatischen Linsengruppen aufgebaut ist, zwischen denen die Blende angeordnet ist. Da der Astigmatismus in der Regel gut korrigiert ist, ist es weiterhin ein anastigmatisches Linsensystem.
Weiterentwicklungen

Planar
Eine wichtige moderne Variante des Gaußsches Doppelobjektivs ist das „Planar“. Diese Konstruktion eines Objektivs zeichnet sich durch je eine stark gekrümmte Zerstreuungslinse vor und hinter der Blende bei insgesamt weitgehend symmetrischem Linsensystem aus. Planar in der Grundform sechs Linsen in vier Gruppen, dies verschafft dem Optikrechner durch die zusätzlichen Linsenflächen zusätzliche Freiheitsgrade bei der Optimierung der Abbildungsleistung. Diese Bauart wurde erstmals 1896 von Paul Rudolph vorgestellt. Meist hat man vorn zwei Sammellinsen, dann die beiden Streulinsen mit der Blende dazwischen, und dahinter nochmal zwei Sammellinsen. Oft sind die inneren Sammellinsen mit den Streulinsen verkittet. Das Planar besitzt eine geringe Bildfeldwölbung, woraus sich der Name Planar ableitet.

Im Zuge der Einführung vergüteter Linsenoberflächen konnte der einzige relevante Nachteil der mit sechs Linsen seinerzeit viellinsigen Konstruktion behoben werden, nämlich die Neigung zu Reflexen und damit zu flachen Kontrasten durch die vielen Glas-Luft-Übergänge.
Das heute noch bekannte siebenlinsige Kleinbild-Planar 1:1,4/50mm nach Dr. Glatzel aus den 70er Jahren setzt immer noch Maßstäbe was die Abbildungsqualität angeht. Als weiteres Objektiv der Referenzklasse kann das Mittelformat F-Planar 1:2/110mm für die Schlitzverschluss-Kameras von Hasselblad bezeichnet werden. Viele namhafte Kamerahersteller wie Hasselblad, Contax, Rollei und Linhof führen bzw. führten Planarobjektive in ihrem Objektivangebot.
Später entwickelte sich das Planar, von dem durch Zusammenfassung einzelner Linsen auch fünflinsige Varianten existieren, zum Ausgangspunkt einer größeren Zahl weiterer Objektivtypen, beispielhaft seien angeführt das Biotar, sowie weitergehend siebenlinsige Planar-Varianten z.B. das Pancolar. Diese Weiterentwicklungen weichen mehr und mehr vom ideal symmetrischen Aufbau ab.