Geschäftsprozess
„Geschäftsprozesse sind funktionsübergreifende Verkettungen wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und deren Ergebnisse strategische Bedeutung für das Unternehmen haben. Sie können sich über das Unternehmen hinaus erstrecken und Aktivitäten von Kunden, Lieferanten und Partnern einbinden.“ (Schmelzer/Sesselmann 2004, S. 46).
Ein Geschäftsprozess ist eine Folge zusammengehöriger Aktivitäten, die gemeinsam einen Wert (Leistung/Produkt) für Kunden erzeugen. Eine Aktivität ist in diesem Kontext eine Arbeitseinheit, die von einer Person durchgeführt wird, jedoch als Einzelleistung keinen Wert für den Kunden erstellt. (nach Hammer)
Ein Geschäftsprozess ist eine spezielle Reihenfolge von Aktivitäten, an deren Ende eine Leistung/ein Produkt für bestimmte Kunden oder Märkte entstanden ist. Er hat einen Beginn und ein Ende, klar definierte In- und Outputwerte und läuft -je nach betrtieblicher Arbeitsteilung- durch mehrere Bereiche. (nach Davenport)
Der Zweck von Geschäftsprozessen ist es, jedem Kunden das richtige Produkt oder Service anzubieten (richtige Leistung), mit hohem Maße an Effizienz messbar an Kosten, Service und Qualität. (nach Jacobson)
Die Gesamtheit der Geschäftsprozesse eines Unternehmens lässt sich mit den Abhängigkeiten zwischen den Geschäftsprozessen in einer sogenannten Prozesslandkarte darstellen. Geschäftsprozesse weisen entsprechend den allgemeinen Eigenschaften von Systemen hierarchische Strukturen auf: Ein Geschäftsprozess kann in Teilprozesse unterteilt werden und die Teilprozesse lassen sich wiederum stufenweise beliebig weiter detaillieren. (nach Specker)
Einleitung
Ein Geschäftsprozess umfasst eine Abfolge von miteinander verknüpften Aktivitäten, die zu einem Ergebnis führen, das für den Kunden von Wert ist. Alle für eine Leistung notwendigen Aktivitäten werden in einem Geschäftsprozess zusammengefasst. Charakteristisch für den Geschäftsprozess ist, dass er beim Kunden beginnt (Wünsche, Anforderungen, Erwartungen) und auch beim Kunden endet (Produkt, Dienstleistung).
Der Begriff Geschäftsprozess setzt eine bestimmte Betrachtungsweise des Unternehmens voraus: im Blickpunkt liegen nicht die einzelnen vertikalen Funktionen sondern der gesamte horizontale Ablauf der Prozesse = Prozessorientierte Organisation:
Nach der klassischen Sichtweise wird zuerst die Aufbauorganisation festgelegt: das Ziel der Unternehmung wird in Teilaufgaben zerlegt und einzelnen Stellen zugeordnet. Danach wird die Ablauforganisation (=detaillierte Strukturierung der Arbeitsabläufe) an die Aufbauorganisation angepasst. Das Problem ist, dass bei dieser Betrachtungsweise das primäre Ziel, nämlich Kundenzufriedenheit, aus dem Blickfeld der Betrachtung rückt. Geschäftsprozesse aber erstrecken sich über viele Abteilungen hinweg.
Die prozessorientierte Organisationsgestaltung verfolgt genau die umgekehrte Sichtweise, und zwar mittels horizontaler Betrachtung des Unternehmens: Die Prozessstruktur wird festgelegt. Sie umfasst zum Beispiel die Art der Verrichtung, den Ressourceneinsatz, die zeitliche Reihenfolge der Teilprozesse, die Methoden der Arbeitsverrichtung, etc. Abgestimmt auf die Prozesstruktur werden nun die Organisationseinheiten gebildet. Hauptaugenmerk liegt auf der Minimierung aufbauorganisatorischer Schnittstellen. Schnittstellen sollen möglichst vermieden werden, um die mit ihnen verbundenen Nachteile/Gefahren (Verlängerung der Durchlaufzeiten, Störung der Material- und Informationsflüsse, unterschiedliche Zielvorstellungen der verschiedenen Abteilungen, erhöhter Koordinationsaufwand, Fehlerquellen, Kontrollaufwand,...) möglichst mehr zumachen ist nicht die Meinung der echten Verantwortlichkeit, etc.
Im Englischen wird die Gestaltung von Geschäftsprozessen BPM Business Process Management bezeichnet und in der Regel durch Workflow-Werkzeuge elektronisch unterstützt (siehe auch E-Business und BPM als Komponente von Enterprise Content Management).
Vorgangsweise zur Gestaltung von Geschäftsprozessen
1. Analyse der Geschäftstätigkeit
- Erfüllen eigene Marktaufgaben
- Agieren weitgehend autonom; unabhängig von anderen Geschäftsfeldern; eigenständig
- Liefern Beitrag zum Erfolgspotential des Unternehmens
2. Definition der Geschäftsprozesse
Kernprozesse stiften sichtbaren, unmittelbaren Kundennutzen. Supportprozesse sorgen für die Bereitstellung von betrieblichen Ressourcen und verwalten diese. Sie stehen hinter den primären Geschäftsprozessen und unterstützen diese, indem sie den reibungslosen Ablauf des Geschäftslebens sichern.
Der Umfang eines Geschäftsprozesses sollte so gewählt werden, dass er eine überschaubare Zahl an Teilprozessen beinhaltet, gleichzeitig soll aber auch die Gesamtzahl der Geschäftsprozesse im Rahmen bleiben. 5 – 8 Geschäftsprozesse pro betriebliche Einheit decken meist die Leistungsspanne eines Unternehmens ab.
Jeder Geschäftsprozess sollte für sich selbstständig sein - allerdings sind die Prozesse natürlich untereinander vernetzt. Spezifizierung des Geschäftsprozesses: Welches Output soll erzeugt werden? Welche Aktivitäten sind dazu notwendig? Wie viele Objekte sollen bearbeitet werden (Aufträge, Rohstoffe, Einkäufe, Produkte,…)? Anfangs- und Endpunkt festlegen. Festlegung operationaler Ziele.
3. Strukturierung der Geschäftsprozesse
Ein Geschäftsprozess kann in Teilprozesse zerlegt werden, bis eine weitere Aufspaltung nicht mehr sinnvoll/möglich ist. (kleinstes Teilchen = Elementarprozess)
Die Reihenfolge der Aktivitäten innerhalb des Geschäftsprozesses wird festgelegt, sofern sie nicht schon durch Input-Output Beziehungen vorgegeben ist.
4. Integration von Geschäftsprozessen
Überprüft wird, ob Redundanzen vorliegen. Falls ja, werden eventuell einzelne Teilprozesse zusammengefasst.
5. Design der Prozessketten
- Die benötigte Zeit für die einzelnen Teilprozesse wird ermittelt.
- Leistungsanforderungen werden festgelegt: jeder Geschäftsprozess hat mindestens zwei Schnittstellen: Erhalt von Anforderungen / Abgabe der Prozessleistung --> Outputnormen werden vereinbart (sowohl mit Kunden, als auch mit Lieferanten)
- Leistungsmerkmale und Kontrollpunkte werden festgelegt (Durchlaufzeit, Qualität, Kosten,…).
- Zeitliche (Durchlaufzeit minimieren, Auslastung maximieren) und räumliche (Anordnung der Arbeitsplätze entspricht der Prozessfolge --> Transportwege werden minimiert) Gestaltung werden festgelegt.
- Prozessdokumentation: Eine detaillierte und exakte Beschreibung der Geschäftsprozesse soll Transparenz schaffen - nicht nur für Arbeitnehmer sondern auch für Lieferanten, Kunden,…(alle Beteiligte). Sie dient einem klaren und vor allem einheitlichen Verständnis bezüglich Ziele, etc.
6. Zuweisung der Prozessverantwortung
Komplette, in sich abgeschlossene Abläufe werden zusammengefasst und einem Verantwortlichen (bzw. einem Team) übergeben. Man spricht von einem „Case Worker“ (Case Team), der sowohl mit der Ausführung, als auch mit allen, den Geschäftsprozess betreffenden Entscheidungen betraut wird.
Der so genannte Process Owner ist für den Erfolg verantwortlich, schafft die Rahmenbedingungen und koordiniert seine Vorgehensweise mit der der anderen Process Owner. Des Weiteren kümmert er sich um den Informationsaustausch zwischen den Geschäftsprozessen. Diese Abstimmung ist notwendig, um die gesamte Zielorientierung zu erreichen.
Im Zusammenhang mit der Prozessverantwortung spricht man dann von Geschäftsprozess-Management.
7. Externe Prozessverkettung
Die relevante Umwelt ist in die Prozessgestaltung mit einzubeziehen. (heute z.B. mittels EDI)
8. Prozessverbesserung/Prozessmanagement
Prozessabläufe werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls neu angepasst. Man unterscheidet zwischen kontinuierlicher Prozessverbesserung und Prozessreorganisation (Process-Reengineering): Erneuerung einzelner Teilprozesse oder des gesamten Geschäftsprozesses.
Bewertung von Geschäftsprozessen
- Aus Sicht des Kunden: Nur wenn das gesamte Leistungsbündel des Geschäftsprozesses den Erwartungen des Kunden entspricht wird er es in Anspruch nehmen.
- Aus Sicht des Unternehmens: Wie viele Kundentransaktionen finden statt? Wie verhält sich der Ressouceneinsatz zum erzielbaren Preis? ... Nur wenn diese Fragen befriedigend beantwortet werden können, wird der Geschäftsprozess auf Dauer betrieben.
Typisierung von Geschäftsprozessen
Geschäftsprozesse können in verschiedene Typen eingeteilt werden. Osterloh/Frost (1996) unterscheiden Kern- und Supportprozesse. Ein Kernprozess erzeugt den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens und ist gekennzeichnet durch wahrnehmbaren Kundennutzen, Nicht-Imitierbarkeit, Nicht-Substituierbarkeit und Spezifität. Ein Supportprozess stellt keinen unmittelbaren, sichtbaren Kundenvorteil dar. Er unterstützt die Kernprozesse durch Bereitstellung einer „Infrastruktur“. Sie stehen hinter den Kernprozessen und sichern den reibungslosen Ablauf der Geschäftstätigkeit.
Geschäftsprozesse, die es in fast jedem Unternehmen gibt:
- Strategieplanungsprozess
- Vertriebsprozess
- Materialbereitstellungsprozess
- Produktentwicklungsprozess
- Qualitätssicherungsprozess
- Liquiditätssicherungsprozess
- Beschwerdebearbeitungsprozess
Gestaltungsprinzipien
- Beginn und Ende beim Kunden
Beispiele
Geschäftsprozesse werden durch den Auftrag eines externen oder internen Kunden ausgelöst und enden mit der Übernahme eines vereinbarten Ergebnisses durch den Kunden.
Ein einfaches Beispiel: Buchbestellung - Bestellung eines Buches durch einen Kunden per Fax (Annahme der Vorkasse).
- Das Fax wird empfangen und an die Bestellannahme weitergeleitet.
- Die Bestellungsdaten werden in das EDV-System eingegeben.
- Die Lagerhaltung des Buches wird geprüft.
- Der Zahlungseingang wird geprüft.
- Sind 3 & 4 ok wird eine Lieferanweisung an den Versand weitergeleitet.
- Der Versand holt das Buch aus dem Lager, verpackt und verschickt es.
- Versand markiert die Bestellung im EDV-System als abgeschlossen.
- Sind die Punkte 3 oder 4 nicht ok, werden entsprechend andere Bearbeitungsschritte angestoßen.
Literatur
- Schmelzer, Sesselmann: Geschäftsprozessmanagement in der Praxis. 4. Auflage, Hanser Verlag, München Wien 2004. ISBN 3-446-22876-4
- Michael E. Porter: Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten = (Competitive advantage). 6. Auflage, Frankfurt/Main [u.a.]: Campus 2000.
- Michael Gaitanides: Prozeßmanagement: Konzepte, Umsetzungen und Erfahrungen des Reengineering. Hanser Verlag, München Wien 1994.
- Michael Gaitanides: Prozeßorganisation: Entwicklung, Ansätze und Programme prozeßorientierter Organisationsgestaltung. Vahlen Verlag, München 1983.
Weblinks
- http://www.cosa.de/cosa_bpm.html - Business Process Management (BPM) and Workflow Software Solutions - COSA
- http://www.bpm-expo.com - Contentportal und Onlinemesse für Business Process Management (BPM)/ Geschäftsprozessmanagement
- http://www.bpm-guide.de - Tutorials und Fachbeiträge zum Geschäftsprozessmanagement
- http://www.qm-infocenter.de/qm/overview_forum.asp - Prozesse und Geschäftsprozessmanagement
- Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK
- http://www.netserveweb.biz/05/seiten/start.asp Prozessgestaltung in der gebauten Umwelt