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Burgus Szentendre-Hunka

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Szentendre-Hunka
Limes Pannonischer Limes
Abschnitt 3
Datierung (Belegung) 1. Hd. 3. Jahrhundert
bis Ende 4./Anfang 5. Jahrhundert
Typ Kleinkastell
Größe 30 × 40 m
Bauweise Stein
Erhaltungszustand Unausgegraben, Ziegel- und Steinschutt sowie Mauerreste sichtbar
Ort Szentendre
Geographische Lage Koordinaten fehlen! Hilf mit. Vorlage:Infobox Limeskastell/Wartung/Breitengrad fehlthf
Vorhergehend Kleinkastell Leányfalu (nördlich)
Anschließend Kastell Szentendre (Ulcisia Castra/Constantia) (südlich)

Das Kleinkastell Szentendre-Hunka ist ein ehemaliges römisches Militärlager, das für die Kontrolle eines Donauabschnitts des pannonischen Limes zuständig war. Die ergrabenen und zu besichtigenden Reste der Anlage befinden sich auf dem Hunka-Hügel in der Stadt Szentendre (deutsch St. Andrä) im ungarischen Komitat Pest, nahe der Hauptstraße nach Budapest, am Westufer des Donau-Westarms.

Lage und Forschungsgeschichte

Der Limes Pannonicus am Pilisgebirge

Der Wachposten von Szentendre-Hunka wurde stategisch günstig auf dem 25–30 Meter hohen Hunka-Hügel im Gebiet der im 4. Jahrhundert n. Chr. eingerichteten pannonischen Provinz Valeria erbaut. Das zum Pilisgebirge ansteigende Westufer des Donauwestarms ist 150 Meter entfernt. Der Hügel liegt 50 Meter vom Nordufer des Stelin-Baches entfernt.[1] Mit Blick nach Norden konnten vom Kastell aus die römischen Grenzanlagen im Auge behalten werden. Im Süden lag das Hilfstruppenkastell Constantia, das unter dem Namen Ulcisia Castra (Wolfslager) gegründet worden war. Auch mit den Stationen auf der Donauinsel Szentendrei (Sankt-Andreas-Insel), war eine Verbindung möglich. Am Fuß des Hunka-Hügels lag östlich eine bedeutende Grenz- und Heerstraße, die der Donau folgend nach Aquincum (Budapest) mit seinem Legionslager führte.

Bei den ersten Untersuchungen war sich Flóris Rómer (1815–1889), der Begründer der wissenschaftlichen Archäologie in Ungarn, über den Befund unsicher. Er hielt es für möglich, dass die Mauerreste zur Ruine einer mittelalterlichen Sankt-Georgs-Kapelle gehören könnten. Erst Sándor Soproni (1926–1995) konnte diese Vermutung zweifelsfrei ausschließen.[2] Ausgrabungen fanden an dem Ort bisher keine statt, jedoch wurden wichtige Oberflächenfunde entdeckt.[3]

Baugeschichte

Nach Ausweis der Ziegelstempel wurde die Anlage in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts errichtet, unter Kasiser Valentinian I. (364–375) im Zuge des damals aufgelegten umfangreichen Grenzsicherungsprogramms renoviert oder umgebaut und bis mindestens zum Ende des 4. Jahrhunderts weiterverwendet.[3] Soproni rechnete mit einer Gründung zur Zeit Kaiser Caracallas (211–217) und wies darauf hin, dass die Fortifikation am Hunka-Hügel in ihren Abmessungen stark von den spätrömischen Anlagen abweicht.[4] Festgestellt werden konnte eine rechteckige, rund 30 × 40 Meter große Umfassungsmauer, die heute an der Oberfläche noch auf rund 30 Metern erhalten ist. Die Mauer wurde im Abstand von 3,5 Metern mit 1,5 Meter breiten Wandvorlagen stabilisiert. Im Inneren des Areals wird ein Turm vermutet,[5] da sich in einer Entfernung von 10 Metern zu dieser Umfassungsmauer ein weiterer, parallel laufender Mauerstreifen nachweisen lässt.[6] Ohne Ausgrabungen wird sich die nähere Konstruktion des Kleinkastells jedoch nicht eindeutig zeigen.

Im Mittelalter könnte an diesem Ort auch die mutmaßliche Sankt-Georgs-Kapelle errichtet worden sein.[1] Die spätmittelalterliche Nutzung des Hügels legen eine Vielzahl von Scherben nahe, die vermischt mit römischem Material vor Ort gefunden werden können.[7]

Funde

Neben den aus spätrömischen Gräbern stammenden Grabsteinen[1] wurden einige wichtige Lesefunde am Platz gemacht.

Ziegelstempel

Es wurde eine beachtliche Zahl an valentinianischen Ziegelstempeln aufgefunden,[3] die Aufschluss über die bauhistorische Entwicklung geben. Neben dem Stempel der Cohors I milliaria Ulpia Pannoniorum (1. Doppelkohorte Ulpia Pannoniorum), wurden Stempel der Legio II Adiutrix (2. Legion Adiutrix), die ihren Garnisonsort in Castra Aquincum (Budapest) hatte, gefunden. Die 1000 Mann starke Cohors I milliaria Ulpia Pannoniorum war nach 118/119 n. Chr. im nordwestlich gelegenen Donaukastell Solva (Esztergom) stationiert.[8] Weitere Stempel stammten von Frigeridus dux und dem Tribunen Valentinus, der zeitgleich mit Frigeridus, offenbar ab dem Jahr 371, in Valeria tätig wurde.[9][5] Das Jahr der Amtsübernahme durch Frigeridus in der Provinz legen unter anderem Funde von Wachtürmen zwischen Pilismarót und Kastell Visegrád–Sibrik nahe.[10] Als letzter Stempel ist der des Ap Luppiano ord bekannt.[6] Luppiano war ein Zenturio, der ebenfalls zur gleichen Zeit wie der Dux Frigeridus in Valeria arbeitete.[11]

Keramik

Als Lesefunde wurden bisher auch einige Keramikscherben vom Kastellgelände bekannt. Das Material umfasst eingeglättete, einglättverzierte und handgeformte Fragmente. Die Funde zeigen, dass die Anlage auch in nachvalentinianischer Zeit noch Verwendung fanden.[3]

Denkmalschutz

Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Das Kleinkastell Szentendre-Hunka sowie alle anderen Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888.
  • Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072
  • Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C.H. Beck Verlag, München 1985, ISBN 3406304532

Einzelnachweise

  1. a b c Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 66.
  2. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888. S. 77.
  3. a b c d Sándor Soproni: Die letzten Jahrzehnte des pannonischen Limes. C.H. Beck Verlag, München 1985, ISBN 3406304532. S. 67.
  4. Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 90.
  5. a b Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888. S. 78.
  6. a b Jenö Fitz: Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976. S. 70.
  7. Sándor Soproni: Der spätrömische Limes zwischen Esztergom und Szentendre. Akademiai Kiado. Budapest 1978. ISBN 9630513072. S. 67.
  8. In: Acta antiqua. Academiae Scientiarum Hungaricae Band 35. Akadémiai Kiadó, Budapest 1994. S. 142.
  9. János György Szilágyi: Inscriptiones tegularum Pannonicarum. DissPann II. Budapest, 1933. Taf. XXVIII, S. 53-58.
  10. Limesverlauf zwischen den Kastellen von Pilismarót bis zum Kastell Visegrád–Sibrik
  11. János György Szilágyi: Inscriptiones tegularum Pannonicarum. DissPann II. Budapest, 1933. Taf. XXVIII, S. 53-58.
  12. Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal