Rechtschreibreform
Eine Rechtschreibreform ist eine mehr oder weniger eingreifende Änderung der Rechtschreibung (Orthographie) einer Sprache. Für die aktuell im deutschen Sprachraum diskutierte Reform von 1996 siehe hier.
Rechtschreibreformen in verschiedenen Sprachen
Im deutschen Sprachraum fanden zwei Orthographische Konferenzen mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der deutschen Orthographie statt:
- 4. bis 15. Januar 1876: „Konferenz zur Herstellung größerer Einigung auf dem Gebiet der deutschen Orthographie“ (I. Orthographische Konferenz in Berlin)
- 17. bis 19. Juni 1901: „Konferenz zur Erzielung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung“ (II. Orthographische Konferenz in Berlin)
Danach wurden zwei Reformen mit dem Ziel der Vereinfachung der Rechtschreibung geplant:
- die Rechtschreibreform von 1944, die schon gedruckt vorlag, aber nicht umgesetzt wurde.
- die Rechtschreibreform von 1996, die im strengen Sinne nur für die Schulen und Behörden gilt und dort ab dem 31. Juli 2005 verbindlich wird.
Zwischenzeitlich gab es bereits einige Änderungen der deutschen Rechtschreibung, für die aber keine formale Reform erforderlich war.
Reformen der Rechtschreibung gab es unter anderem auch in folgenden anderen Sprachen:
In einigen anderen Sprachen ist es dagegen sehr unwahrscheinlich, dass es jemals zu einer Rechtschreibreform kommen wird, da es an einer Instanz fehlt, die eine solche Reform beschließen und durchsetzen könnte oder da kein Wille dazu zu erkennen ist, dazu zählt insbesondere die
Einige Versuche zur Reform der englischen Rechtschreibung innerhalb des letzten Jahrhunderts scheiterten.
Allerdings änderte sich auch die Rechtschreibung der englischen Sprache im Laufe der Zeit, ohne dass es einer formalen Reform bedurfte.
Wenig oder gar kein Reformpotential besteht in Sprachen, die traditionell phonologisch geschrieben werden:
In wenigen Sprachen wurde einmal eine radikale Rechtschreibreform mit Umstellung von einem ethymologischen auf ein phonologisches Regelsystem durchgeführt:
Nicht eigentlich als Rechtschreibreform kann man die Vereinfachung eines Ideogrammsystems bezeichnen:
Inhalt einer Rechtschreibreform
Eine Rechtschreibreform kann in Form einer Wortliste beschlossen werden, wie in Frankreich üblich (1990, als sich der öffentliche Protest auf eine einzige Änderung konzentrierte: ognon statt oignon; 1878 als, ebenfalls unter öffentlichem Protest, poëte sein Trema verlor, bis zurück ins Jahr 1740, als die Académie française mit ihrem Wörterbuch die Schreibweise mehrerer Tausend Wörter änderte). Eine Rechtschreibreform kann aber auch die Änderung von Rechtschreibregeln umfassen, wie zuletzt 1996 in Deutschland, als unter anderem neue Regeln zur Verwendung von Doppel-s und ß, zu Dreifachkonsonanten, zur Schreibung von Fremdwörtern, zur Auseinanderschreibung zusammengesetzter Wörter und zur Zeichensetzung (Interpunktion) erlassen wurden.
Verfügungsgewalt über die Rechtschreibung
Der Deutsche Bundestag beschloss am 26. März 1998: „Die Sprache gehört dem Volk!“ Eine Rechtschreibreform setzt demnach voraus, dass eine Mehrheit der Schreibenden eine Reform wünscht und die Beschlüsse eines demokratisch eingesetzten Wissenschaftlichen Sprachrates dem Sprach- bzw. Schreibgebrauch entsprechen. Sie sollten demzufolge so überzeugend sein, dass sie von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert werden. Die längste Tradition als eine solche Instanz hat die Académie française, die zwar als nationale französische Institution konstituiert ist, aber im gesamten französischen Sprachraum anerkannt wird. Dagegen gibt es keine übergeordnete Instanz, die über die Schreibung des Englischen verfügen könnte; eine solche Instanz hat es historisch nie gegeben. Das Deutsche nimmt zwischen diesen beiden Extrema eine Mittelstellung ein: siehe dazu Geschichte der deutschen Rechtschreibung.
Literatur
- Kopke, Wolfgang: Rechtschreibreform und Verfassungsrecht. Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie. Tübingen: Mohr, 1995
- Ickler, Theodor: Kritischer Kommentar zur „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“, 2. Auflage, Erlangen: Verlag Palm & Enke, 1999, ISBN 3-7896-0992-7
- Ickler, Theodor: REGELUNGSGEWALT. Hintergründe der Rechtschreibreform. St. Goar: Leibniz Verlag, 2001, 306 Seiten, ISBN 3-931155-18-8
Weblinks
- http://www.bverfg.de/entscheidungen/1998/7/14 - Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998
- http://www.ids-mannheim.de/reform/inhalt.html – Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung (Regeln und Wörterverzeichnis, Amtliche Regelung seit Juli 1996 für Schulen, seit 1.8.1998 für Behörden). Diese Regeln sind nicht allgemeingültig, vgl. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998.