Säule

Eine Säule ist ursprünglich eine lotrechte Stütze aus Holz, Stein oder Metall mit rundem oder polygonalem Querschnitt. Säulen können ein Gewölbe, Arkaden oder das Dach eines Gebäudes stützen und dabei teilweise oder ganz die Wände ersetzen. Im Unterschied zu einem tragenden Pfeiler können sie jedoch auch der reinen Dekoration dienen oder sogar als Monument allein stehen. Säulen gibt es in praktisch allen Architekturstilen und allen historischen Epochen.
Bestandteile einer klassischen Säule

Traditionell gliedert sich eine Säule in drei Teile: Der Schaft ruht auf dem Säulenfuß, der sogenannten Basis, und wird von einem Kapitell bekrönt. Der Säulenschaft ist der einzige statisch notwendige Bestandteil einer Säule. Die übrigen Bestandteile haben überwiegend dekorative Aufgaben. In vielen Architekturstilen bildet die Kombination von Schaft, Basis und Kapitell festgelegte Säulenordnungen, die nur wenig Variation zulassen.
Basis
Siehe den Hauptartikel Basis
Die Aufteilung der Basis beginnt in den klassischen Säulenordnungen unten mit der quadratischen oder rechteckigen Plinthe. Sie verteilt die Last der Säule auf eine größere Grundfläche. Die Plinthe ist in seltenen Fällen mit Ornamenten oder Blattmotiven verziert. Auf ihr können weitere horizontale Platten ruhen, die der optischen Gliederung der Basis dienen. Ihr Querschnitt ist rund; das Profil variiert zwischen konkaven Hohlkehlen und konvexen Wulsten.
Bei der im Bild dargestellten griechischen Tempelform steht die Basis auf einem treppenförmigen Unterbau, dem Stereobat oder Krepis. Die oberste Stufe wird Stylobat genannt. Ein keilförmiges Ausgleichselement (Scamillus) auf der geneigten Oberfläche des Stylobats sorgt dafür, dass die Plinthe auf einer waagrechten Fläche aufliegt.
Säulen können auch auf einem meist rechteckigen Sockel stehen. Eine erhöhter Sockel kommt oft bei Pilastern oder Kolossalordnungen zum Einsatz, wenn die Säule in der vollen Größe zu wuchtig wirken würde.
Schaft
Siehe den Hauptartikel Schaft
Der Schaft einer Säule kann monolithisch aus einem Teil gearbeitet sein, ist bei größeren Säulen aber meist aus mehreren so genannten Säulentrommeln zusammengesetzt. Fast überall werden Schaftformen eingesetzt, die sich nach oben verjüngen. Bei den klassischen Säulenordnungen ist eine leichte Wölbung des Schaftes üblich, so dass er auf etwa einem Drittel seiner Höhe den größten Umfang (Entasis) erreicht.
Der einzige Schmuck des Schaftes ist in der dorischen, ionischen und korinthischen Ordnung die Kannelierung. Toskanische Säulenschäfte sind vollkommen schmucklos. Andere Stilrichtungen betreiben gerade am Schaft üppigste Dekoration. Säulen der byzantinischen, romanischen und gotischen Architektur, aber auch der deutschen Renaissance sind oft mit geometrischen oder organischen Ornamenten überzogen.
Bei Pilastern gibt es oft keine Verjüngung nach oben. Häufig werden sie dadurch gegliedert, dass die Kannelierung erst auf einem Drittel der Schafthöhe beginnt.
Kapitell
Siehe den Hauptartikel Kapitell
Zwischen Schaft und Gebälk liegt der Säulenkopf, das sogenannte Kapitell. Die antike Architektur kennt drei Grundformen des Kapitells: das dorische, ionische und korinthische Kapitell.
Zwischen Kapitell und Schaft liegt der Säulenhals, meist durch eine Platte oder ein Plättchen gebildet, das zwischen den Bauteilen optisch vermittelt und mit Eierstab-Ornamenten verziert sein kann.
Oberhalb des eigentliche Kapitells trennt eine quadratische, ornamental verzierte Platte, der Abakus, den Säulenkopf vom Gebälk. Wenn die Säule kein Gebälk trägt, sondern einen Bogen oder ein Gewölbe, kann auf dem Abakus ein weiteres, trapezförmig auskragendes Bauteil liegen, der Kämpfer. Er hat auch statische Funktion, weil er den Druck des Gewölbes auf die Mitte der Säule überleitet und so die Ecken des Kapitells schont.
Geschichte der Säulenformen
Ägyptische Säulen

Die ältesten gebauten Säulen, die bis heute erhalten sind, gehen auf das Alte Ägypten zurück. Obwohl sie aus behauenem Stein gefertigt sind, imitieren sie Formen, wie sie beim Bauen mit Schilfrohr entstehen. Säulenhallen (Hypostyle), etwa im Luxor-Tempel oder beim Tempel von Dendera, wurden von monumentalen Säulen getragen. Die sehr massiv wirkenden Säulen waren reich mit Hieroglyphen und Bildwerken bemalt.
Es werden drei Arten von Säulen unterschieden: Lotossäulen, deren Kapitell einer stilisierten Lotosblüte ähnelt; Papyrussäulen, die mit Streifen von Papyrus umwickelt zu sein scheinen; sowie Palmensäulen, deren Kapitelle Palmblättern gleichen. Hals und Kapitell imitieren umgürtete Bündel von Zweigen oder Schilfrohren. Das Kapitell ist entweder knospenartig geschlossen und verjüngt sich nach oben (geschlossenes Kapitell) oder verbreitert sich kelchförmig (offenes Kapitell). Auch mit den Gesichtern von Göttern verzierte Würfelkapitelle wurden eingesetzt.
Babylonische, assyrische und persische Säulen

Die Säulen, die in Assyrien, Babylonien und Persien in den Jahrhunderten um 500 v. Chr. zum Einsatz kamen, können als Vorformen der griechischen Säulenformen angesehen werden; teilweise wurden sie jedoch auch direkt aus Griechenland importiert. Hier sind bereits schlanke, hohe Säulen mit Kannelierung beliebt, die von einheitlich gestalteten Kapitellen bekrönt werden. Die persischen Voluten (Schnörkel) wurden wohl von ionischen Baumeistern nach Persepolis gebracht. Andere noch erhaltene Kapitelle sind mit Pferde- oder Stierköpfen geformt.
Griechische-römische Säulenordnungen
(Poseidontempel in Paestum, Erechtheion in Athen und Monument des Lysikrates in Athen)
Die Proportionierung, Bauform und Ornamentierung von klassischen Säulen einschließlich des Gebälks wird Säulenordnung genannt. Nach diesen Ordnungen richteten sich vor allem in der Baukunst des Antiken Griechenlands und des Römischen Reiches Tempel und Repräsentationsbauten. Zunächst wurden zwei Säulenordnungen unterschieden, seit Vitruv drei Hauptordnungen und einige Nebenordnungen, die aus ihnen hervorgingen. Für die Geschichte der europäischen Architektur sind die klassischen Säulenordnungen prägend. In der Architekturgeschichte sind die Renaissance und der Klassizismus des 19. Jahrhunderts die wichtigsten Phasen, in denen die Architektur durch eine Rückkehr zum antiken Kanon erneuerte.
Die dorische Ordnung ist die älteste der griechischen Säulenordnungen, entstanden im 7. Jahrhundert v. Chr. auf dem Peloponnes. Sie hat vergleichsweise gedrungene, sich nach oben deutlich verjüngende Säulen mit deutlicher Schwellung (Entasis) und meist 20 flachen, scharf aneinanderstoßenden Längsfurchen (Kanneluren) am Säulenschaft. Die Säule steht ohne Basis direkt auf dem Unterbau (Stylobat). Der Schaft trägt am oberen Ende mindestens eine waagerecht umlaufende Einkerbung und trägt ein dreigeteiltes Kapitell, bestehend aus dem unauffälligen, ebenfalls kannelierten Hals (Hypotrachelion), dem Echinus, einem wulstförmigen Kissen und dem Abakus, der abschließenden quadratischen Deckplatte, auf der das Gebälk ruht. Das Gebälk ist seinerseits im wesentlichen zweifach geteilt in Architrav oder Epistyl aus glatten Steinbalken und einen Fries, der mit Triglyphen (stilisierten Enden hölzerner Deckenbalken) und Metopen (medaillonförmigen Reliefs) verziert ist. Darüber liegt der Giebel mit dem Tympanon, dem Giebeldreieck.

Die ionische Ordnung hat schlankere Säulen, die sich nur leicht verjüngen. Die 20 bis 24 von Stegen getrennten Kanneluren sind tiefer und enden kurz vor Säulenfuß und -kopf in einer Rundung. Sie stehen auf einer Basis, bestehend aus der Plinthe, einer quadratischen Bodenplatte, und einer Folge von waagerechten Wulsten und Holkehlen (Tori und Trochili). Das Kapitell ist komplexer als das dorische: Der Echinus ist zierlicher und als Eierstab gebildet, darunter liegt noch ein schmaler Perlstab. Oberhalb des Echinus liegt das typische Pulvinium mit seitlichen Voluten, ein Polster, das seitlich zu Schnecken eingerollt ist. Der Abakus ist flach und kleiner als das Pulvinium. Das Gebälk ist zweigeteilt in den Epistyl mit drei leicht vorkragenden Stufen (Fasciae) und ein Gesims mit Zahnschnitt oder einen Fries mit Reliefs.
Die korinthische Ordnung ist eine hellenistische Ableitung aus der ionischen Ordnung. Die Säulen sind noch schlanker und höher, unter den floralen Voluten des Kapitells befindet sich zusätzlich ein Kranz von Akanthus-Blättern. (Das römische Kompositkapitell ist noch reicher verziert und hat größere Voluten.) Das Gebälk ist dreigeteilt in Epistyl, Relieffries und Zahnschnitt.
Die toskanische Ordnung ist eine etruskische Variante der dorischen Ordnung mit meist unkanneliertem Säulenschaft und einer Basis. Das Gebälk war anfangs aus Holz und nicht aus Stein.
Als Kompositordnung bezeichnet man sowohl die korinthische Ordnung bei Verwendung des Kompositkapitells (eine Kombination aus korinthischem und ionischem Kapitell) als auch auch eine Fassadengestaltung dreistöckiger Gebäude mit vorgeblendeten Säulen, Halbsäulen oder Pilastern, die im Erdgeschoss der dorischen, im ersten Stock der ionischen und im zweiten Stock der korithischen Ordnung folgt. Dieses Fassadenprogramm wurde in der römischen Architektur entwickelt und in der italienischen Renaissance wieder aufgegriffen.
Siehe auch: Griechische Architektur, Römische Architektur
Romanische Säulen

Romanische Säulen haben eine Basis, die eine quadratische Grundfläche besitzt und nach oben in eine kreisförmige Oberseite überführt wird. Die dreieckigen Zwickel, die dabei entstehen , werden durch Blattformen (Eckblätter) oder Figuren geschmückt. Der Schaft ist oft spiralförmig oder mit Rautenmustern verziert.
In romanischen Säulenreihen wird oft Wert darauf gelegt, dass jede Säule und jedes Kapitell individuell gestaltet ist. Das Kapitell romanischer Säulen ist wie die Basis würfelförmig, wobei die unteren Kanten abgerundet sind, um an den kreisförmigen Querschnitt der Säule anzuschließen. Romanische Kapitelle sind oft mit Figuren oder Blattwerk geschmückt.
Romanische Kreuzgänge oder Kolonnaden haben oft Doppelreihen von Säulen.
Bauformen
Der Abstand zwischen den Säulenachsen in einer Säulenreihe wird als Interkolumnium bezeichnet.
Die klassischen Säulenordnungen sieht sowohl eingeschossige wie mehrgeschossige Säulen vor. Letztere werden als Kolossalordnung bezeichnet. Sie dient vor allem der optischen Strukturierung von Fassaden oder Innenhöfen.
Neben der frei stehenden Säule gibt es die nur teilweise hervortretende Blendsäule (Halbsäule, Dreiviertelsäule). Sie können zu Bündeln zusammengefasst werden, die insbesondere in der gotischen Architektur zu finden sind. Hier spricht man auch von Diensten, Bündeln von Halb- oder Dreiviertelsäulen, die einem Pfeiler vorgelagert sind und die die Last des Gewölbes zumindest teilweise tragen.
Säulen, die als flaches Wandrelief gestaltet sind, werden als Pilaster bezeichnet. Pilaster können auch gestaffelt werden, um eine plastische Wandgestaltung zu erreichen, was in der Architektur des Barock häufig anzutreffen ist. Erstrecken sie sich über mehrere Stockwerke, spricht man von Kolossalpilastern.
Bauformen, bei denen Säulen bevorzugt eingesetzt werden, sind:
Sonderformen
An vielen Bauwerken der Antike, aber auch des Barock und des Jugendstils finden sich Skulpturen, die Säulen ersetzen. Weibliche Figuren werden Karyatiden, Kanephoren oder Koren genannt; männliche je nach Körperhaltung Atlanten (mit nach oben gereckten Armen, die das Gebälk stützen) oder Kouroi (in aufrechter Haltung mit angelegeten Armen).
Freistehende Säulen

In bestimmten Formen treten Säulen auch als allein stehende Monumente auf. Eine bereits seit der römischen Antike existierende Form ist die Triumphsäule. Sie wird oft als repräsentatives Denkmal wichtiger Staatsmänner oder gewonnener Schlachten auf öffentlichen Plätzen eingesetzt. Triumphsäulen werden häufig als eigenständiges Bauwerk konzipiert, das von innen begehbar ist. Die berühmtesten Beispiele in Rom sind die Trajanssäule und die Mark-Aurel-Säule, die beide von einem spiralförmigen Bilderfries umwunden sind.
Der Klassizismus bediente sich bei dieser römischen Form des Triumphmonuments und gliederte sie in großangelegte Stadtentwürfe ein. Zum Vorbild wurde hier Napoleon, der sich eine Triumphsäule nach Art der Trajanssäule auf die Place Vendôme in Paris bauen ließ (fertiggestellt 1810). Weitere bekannte klassizistische Triumphsäulen sind die Admiral-Nelson-Säule am Trafalgar Square in London (1843), die Ludwigssäule in Darmstadt (1844) und die Berliner Siegessäule (1873).
Weitere Monumente, die aus freistehenden Säulen bestehen:
Weitere Sonderfälle
Teilweise werden auch alleinstehende Bauelemente aufgrund ihrer vertikalen Form als Säule bezeichnet, auch wenn ihnen Basis und Kapitell fehlen:
- Pestsäule und ähnliche Monumente
- Betsäule (Bildstock)
- Postmeilensäule, die der Entfernungsabschätzung diente
- Litfaßsäule, als Werbefläche 1855 erfunden
- Zapfsäule
- Chromatografische Säule
- Erdsäulen als geologisches Phänomen