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Charakteristische Funktion (Stochastik)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die charakteristische Funktion einer Zufallsvariablen X auf einem Wahrscheinlichkeitsraum für folgendermaßen definiert:

Dabei bezeichnet den Erwartungswert. Man beachte, dass das Integral wegen immer existiert.

Besitzt endliche Momente beliebiger Ordnung, so kann man die Exponentialfunktion als Potenzreihe darstellen und erhält die Reihendarstellung der charakteristischen Funktion mit den Momenten :

Beschreibung

Die charakteristische Funktion ist im Wesentlichen die inverse Fourier-Transformierte der Verteilung von . Weiterhin ist die momenterzeugende Funktion von .

Ist eine reelle Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion , dann gilt

Daraus ergeben sich die beiden folgenden wichtigen Spezialfälle:

  • Ist die Verteilungsfunktion absolut stetig mit der Dichtefunktion , dann ist
  • Ist diskret mit Sprungpunkten in , dann gilt

Eigenschaften

Für eine charakteristische Funktion gilt für jede relle Zahl :

Beschränktheit

Lineare Transformation

  für alle reellen

Umkehrfunktion

Momenterzeugung

  für alle natürlichen , falls .

Insbesondere ergeben sich die Spezialfälle

Wenn ein existiert mit , dann ist -mal stetig differenzierbar und in eine Taylor-Reihe um entwickelbar:

Ein wichtiger Spezialfall ist die Entwicklung einer Zufallsvariablen mit und :

  mit  

Definitheit

Jede charakteristische Funktion ist positiv semidefinit, das heißt es ist für beliebige reelle Zahlen und beliebige komplexe Zahlen

Umgekehrt ist jede positiv semidefinite Funktion mit eine charakteristische Funktion (Satz von Bochner).

Faltungsformel für Dichten

Bei unabhängigen Zufallsvariablen und gilt für die charakteristische Funktion deren Addition :

Dies folgt daraus, dass bei der Fouriertransformation aus der Faltung der Wahrscheinlichkeitsdichten

ein Produkt der charakteristischen Funktionen wird.

Eindeutigkeitssatz

Es gilt der folgende Eindeutigkeitssatz: Wenn , Zufallsvariablen sind und für alle gilt, dann ist , d. h. und haben die gleiche Verteilungsfunktion. Folglich kann man damit die Faltung einiger Verteilungen leicht bestimmen.

Aus dem Eindeutigkeitssatz lässt sich der Stetigkeitssatz von Lévy-Cramér folgern: Wenn eine Folge von Zufallsvariablen ist, dann gilt (Konvergenz in Verteilung) genau dann, wenn für alle gilt. Diese Eigenschaft kann bei zentralen Grenzwertsätzen ausgenutzt werden.

Beispiele

diskrete Verteilungen:

  • Ist binomialverteilt, dann ist .
  • Ist poissonverteilt, dann ist .
  • Ist negativ binomialverteilt, dann ist .

absolutstetige Verteilungen:

  • Ist standardnormalverteilt, dann ist .
  • Ist normalverteilt, dann ist .
  • Ist gleichverteilt, dann ist .
  • Ist gammaverteilt, dann ist .
  • Ist Standard-Cauchy-verteilt, dann ist .

Als Folgerung ergibt sich mit obigem Eindeutigkeitssatz die Reproduktivität dieser Verteilungen.

Literatur

  • Eugen Lukacs: Characteristic functions. Griffin, London 1960 (2., erweiterte Auflage 1970), ISBN 0-85264-170-2