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Silbernitrat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Strukturformel
Struktur von Silbernitrat
Allgemeines
Name Silbernitrat
Andere Namen
  • Salpetersaures Silber
  • Silbersalpeter
  • Höllenstein
  • Lapis Infernalis
Summenformel AgNO3
Kurzbeschreibung

farblose, durchsichtige, nicht hygroskopische, rhomboedrische Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7761-88-8
PubChem 24470
Wikidata Q207442
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D08AL01

Eigenschaften
Molare Masse 169,87 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

4,35 g·cm−3 (19 °C)[2]

Schmelzpunkt

212 °C[2]

Siedepunkt

440 °C (thermische Zersetzung)[2]

Löslichkeit
  • leicht löslich in Wasser (2160 g·l−1 bei 20 °C)[2]
  • schlecht löslich in Ethanol[1]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
MAK

0,01 mg·m−3[2]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Hand mit AgNO3 beschmutzt

Silbernitrat (trivial: Höllenstein, lateinisch: Lapis infernalis) ist ein Salz der Salpetersäure. Es ist zusammengesetzt aus dem Kation Ag+ und dem Nitratanion NO3.

Gewinnung und Darstellung

Die Herstellung erfolgt durch Reaktion von Silber mit Salpetersäure unter Bildung nitroser Gase:[1]

oder durch die Reaktion von Salpetersäure mit Silberoxid ohne Bildung nitroser Gase:

Eigenschaften

Silbernitrat, AgNO3, bildet farblose, tafelförmige Kristalle. Es ist sehr leicht in Wasser und schwer in Ethanol löslich. Silbernitrat hat einen Schmelzpunkt von 209 °C, bei Erhitzen auf etwa 440 °C erfolgt Zersetzung unter Abscheidung von metallischem Silber und Abgabe nitroser Gase. Es muss gut verschlossen und vor Licht geschützt (beispielsweise in braunen Glasflaschen) gelagert werden, da bereits geringe Staubmengen ausreichen, um Silbernitrat unter Lichteinwirkung zu feinverteiltem Silber zu reduzieren. Sehr reines Silbernitrat ist dagegen nicht lichtempfindlich. Silbernitrat bildet mit Chlorid-, Bromid-, Iodid- und Sulfidionen schwerlösliche Niederschläge.

Gibt man Silbernitratlösung zu einer wässrigen Halogenidlösung, fällt festes weißes Silberhalogenid aus, Nitrat bleibt in Lösung.

Mit Basen (z.B. Natriumhydroxid) bildet sich Silber(I)-oxid:[3]

Silbernitrat denaturiert Eiweiß durch Bildung von Silbersalzen der Eiweiße (z. B. Silberalbuminat), in Lösungen flocken diese aus. Bei Hautkontakt bilden sich rasch schwarze Flecken, da die Silberionen zum Metall reduziert werden.

Verwendung

Silbernitrat-Lösung ist ein Nachweisreagenz für Halogenide (Cl-, Br-, I-Ionen) und Pseudohalogenide und wird zu deren quantitativen Bestimmung in der Titration nach Mohr verwendet. Fluoridionen (F) lassen sich durch Niederschlag nicht nachweisen, da Silber(I)-fluorid als einziges Silberhalogenid gut wasserlöslich ist.

Silbernitrat dient auch zum Nachweis von Aldehydgruppen und Proteinen. In der Proteinbiochemie wird Silbernitrat zum Anfärben von Proteinen verwendet, die in einem Polyacrylamid-Gel aufgetrennt wurden. In der Histologie kommt Silbernitrat zur Färbung von Gewebeschnitten, beispielsweise bei der Golgi-Cox-Methode, zum Einsatz. In der Kriminaltechnik (Daktyloskopie) wird eine Silbernitrat-Methanol-Lösung zur Sichtbarmachung von Fingerabdrücken benutzt.

Es ist Ausgangsstoff zur Darstellung anderer Silbersalze, besonders der Silberhalogenide, die in der Fotografie verwendet werden. Es dient zur galvanischen Versilberung, zur Herstellung von Silberspiegeln und als Haarfärbemittel.

In der Medizin kommt Silbernitrat als Antiseptikum und Adstringens (als 0,5-%ige Lösungen zur lokalen Behandlung) und als Ätzmittel („Höllenstein-Ätzstift“, Österreich: „Lapisstift“) gegen Hautwucherungen, Geschwüre und Warzen zur Anwendung. Bis vor einigen Jahren noch wurde Neugeborenen eine einprozentige Silbernitratlösung in die Augen getropft um eine gonorrhoeische Augeninfektion zu verhindern (Credé-Prophylaxe). Heute wird stattdessen ein Antibiotikum gegeben, welches nicht in den Augen schmerzt und gegen mehrere unterschiedliche Keime gleichzeitig wirkt. Auf Grund der zunehmenden Antibiotika-Resistenz besteht heute die Tendenz, das Silbernitrat erneut einzusetzen.

In der Biotechnologie kann Silbernitrat als Additiv in Kulturmedien verwendet werden, beispielsweise für Kalluskulturen. Ziel ist hierbei, die als Ethylen-Antagonist wirkenden Silberionen[4] im Medium bereitzustellen. Vorteil ist hierbei die gute Wasserlöslichkeit des Silbernitrats, möglich wäre ansonsten auch die Verwendung von Silberchlorid oder einem ähnlichen Salz.

Silbernitrat wird darüber hinaus für die Präparation von Geldscheinen verwendet, um Diebe (beispielsweise Bankräuber) zu identifizieren. In den oberen Hautschichten wird in Verbindung mit Chlorid aus dem Schweiß Silberchlorid gebildet, welches eine nicht abwaschbare Schwarzfärbung der Haut bewirkt.[5]

Einzelnachweise

  1. a b c RÖMPP Silbernitrat. In: Römpp Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009.
  2. a b c d e Eintrag zu Silbernitrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  3. E. Campaigne, W. M. LeSuer: 3-Thiophenecarboxylic (Thenoic) Acid. In: Org. Synth. 1963, Coll. Vol. 4, S. 919. (preparation of Ag2O, used in oxidation of an aldehyde)
  4. E. M. Beyer: Potent inhibitor of ethylene action in plants. In: Plant Physiology. 1976, 58, 3, S. 268-271.
  5. Carola Gessner: Schwarze Finger durch markiertes Geld. Süddeutsche Zeitung (vom 26. August 2007)