Hockenheimring Baden-Württemberg
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Der Hockenheimring Baden-Württemberg (früher Hockenheimring, Kurpfalzring) ist eine Motorsport-Rennstrecke in der kurpfälzischen Stadt Hockenheim südlich von Mannheim.
Geschichte
Anfangsjahre
Die ursprüngliche Strecke wurde 1932 innerhalb von nur drei Monaten als etwa 12 km langer Dreieckskurs auf unbefestigten Waldwegen angelegt; unter anderem als Teststrecke für Mercedes-Benz, aber auch als Rennstrecke, weil die seit den 1920er Jahren genutzte Karlsruher Wildpark-Rennstrecke nach behördlichem Verbot nicht mehr genutzt werden durfte (siehe auch Karlsruher Dreiecksrennen). Die Planung für den Bau geht auf eine Idee des Hilfszeitnehmers Ernst Christ und das Engagement des 1931 gegründeten Motorradfahrer Clubs Hockenheim zurück.[1] Beim Eröffnungsrennen für Motorräder, am 29. Mai 1932, wurden bereits 45.000 Zuschauer gezählt. 1938 wurde die ursprüngliche Strecke auf 7,69 km verkürzt; der Kurs wurde bis 1947 in Kurpfalzring umbenannt. Die Strecke bestand im wesentlichen aus einer Spitzkehre in der Ortschaft im Westen und einer Hochgeschwindigkeitsstrecke im Wald mit nur einem großen Bogen, der Ostkurve. Start und Ziel waren auf der südlichen Waldgeraden; etwa in Höhe der heutigen Mercedes-Tribüne. Im Unterschied zu heute wurde der Kurs damals gegen den Uhrzeigersinn befahren.
Nach dem Krieg hat sich der Ex-Werksrennfahrer und Weltrekordler Wilhelm Herz um den Hockenheimring verdient gemacht. Es wurden in erster Linie Motorradrennen ausgetragen, WM-Läufe meist im Wechsel mit der Solitude in Stuttgart, aber natürlich war auch der Nürburgring ein Konkurrent. Später gelang es Herz, den Umbau zu sichern und große Autorennen zu veranstalten.
Entwicklung seit den 1960ern
Durch den Bau der Bundesautobahn 6 in den 1960er-Jahren wurde die Rennstrecke zerschnitten, die Spitzkehre in Hockenheim fiel dadurch weg. Als neuer Westteil wurde 1964 bis 1965 das sogenannte Motodrom gebaut, ein stadionartiger Abschnitt mit engen Kurven und einer neuen Boxenanlage, das einen starken Kontrast zur schnellen Strecke im Wald bildete. Die Gesamtlänge des am 22. Mai 1966 eröffneten und nun im Uhrzeigersinn zu befahrenden Kurses betrug 6,789 km.
Durch die „Kurzanbindung“ oder „Querspange“ unmittelbar hinter der Innentribüne entstand eine Streckenvariante von 2,638 km Länge. Dieser „kleine Kurs“ wird nicht für Läufe der Formel 1, Motorrad- oder Superbike-WM genutzt, aber von vielen anderen Serien. Neben Publikumsfahrten finden auf dem kleinen Kurs zudem viele Automobiltests statt. In Papenburg wurde dazu sogar eine Kopie[2] gebaut.
Am 7. April 1968 verunglückte der zweifache Formel-1-Weltmeister Jim Clark bei einem Formel-2-Rennen mit seinem Lotus tödlich, als er vermutlich nach einem Reifenschaden gegen einen Baum prallte. Daraufhin wurde die Strecke mit Leitplanken eingefasst. Später kamen Bremsschikanen hinzu, die nördliche in der Nähe von Clarks Unfallort wurde nach ihm benannt. Das dort errichtete Denkmal wurde nach dem Umbau verlegt.
Der Formel-1-Zirkus machte 1970 erstmals Station in Hockenheim (Sieger Jochen Rindt), weil die Fahrer den Nürburgring bzw. dessen Nordschleife kurzfristig boykottiert hatten. Da diese auch später nicht ausreichend sicher umgebaut werden konnte, findet der vom AvD ausgerichtete Große Preis von Deutschland seit 1977 (Sieger Niki Lauda) in der Kurpfalz statt, mit Ausnahme von 1985, als einmalig auf dem neueröffneten Nürburgring-GP-Kurs gefahren wurde. Nach dem tödlichen Unfall von Patrick Depailler 1980 wurde die schnelle Ostkurve durch eine Schikane entschärft.
Im Jahre 1992 wurden die Schikanen des Kurses umgebaut, die Clark- sowie die Senna-Schikane wurden etwas langsamer gestaltet. Die Ostkurven-Schikane wurde grundlegend umgebaut, sie war jetzt rechts-links zu fahren und sowohl langsamer als auch weitläufiger.
Umbau 2002
Ab dem Februar 2002 wurde die Länge der ehemaligen Hochgeschwindigkeitsstrecke drastisch gekürzt, eine vergrößerte Südtribüne und die neue Mercedes-Tribüne mit Blick zur Nordkehre gebaut. Durch eine enge Kurvenkombination im nördlichen Bereich und eine Spitzkehre nach der langen Parabolika sollten neue Überholmöglichkeiten für die Formel-1-Wagen geschaffen werden. Außerdem sollte die Rentabilität gesteigert werden, da nun durch die von 83.000 auf 120.000 vergrößerte Zuschauerkapazität mehr Eintrittskarten verkauft werden konnten. Durch die kürzeren Rundenzeiten sind die Werbeflächen der Sponsoren bei TV-Übertragungen nun in kürzeren Abständen zu sehen. Da das Land Baden-Württemberg sich beim Umbau finanziell beteiligte, lautet der offizielle Name seit 2002 Hockenheimring Baden-Württemberg.
Die 70 Jahre alte ehemalige Waldstrecke wurde nach Protesten teilweise wieder aufgeforstet.
Im Zuge dieses Umbaus wurde auch der kleine Kurs modifiziert; ausgangs der Querspange entstand eine neue Schikane, die das Tempo vor dem Einbiegen auf den großen Kurs stark reduziert und insgesamt die Rundenzeiten je nach Fahrzeugklasse um bis zu 4 Sekunden verlängert. Diese Streckenvariante ist mit 2,604 km etwas kürzer als die immer noch vorhandene schikanenfreie Version.
Durch diese nach Betreiberangaben rund 62 Millionen Euro teuren Umbauten verschuldete sich die Hockenheimring GmbH so sehr, dass der Kurs seither um das finanzielle Überleben kämpft und auch aktuell (August 2007) noch einen Investor sucht. Das Erwirtschaften von Gewinnen erweist sich nach wie vor als schwierig.
Im Frühjahr 2004 wurde auf rund 11 Hektar Fläche zwischen der Querspange des kleinen Kurses und der Mercedes-Tribüne ein ADAC-Fahrsicherheitszentrum (FSZ) eröffnet. Hier werden seither auf sechs Übungsmodulen 42 Trainingsprogramme für fast alle Arten von Kraftfahrzeugen angeboten.
2004 war die Veranstaltung LG Super Racing Weekend (SRW) auf dem Hockenheimring zu Gast. Einmal jährlich finden die sogenannten Nitrolympics auf dem Hockenheimring statt. Dafür existiert eine spezielle Gerade für Beschleunigungsrennen mit einer Länge von einer Viertelmeile (etwa 402 m), die im Bereich der Südtribüne beginnt und hinter der Mercedes-Tribüne endet.
Zukunft
Im Juli 2006 wurde bekannt, dass Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ab 2007 nur noch einen Grand-Prix-Lauf pro Jahr in Deutschland zulassen will. Dafür sollen sich der Hockenheimring und der Nürburgring jährlich abwechseln. Bei den betroffenen Streckenbetreibern löste diese Nachricht keinen Widerspruch aus, da die Formel-1-Veranstaltungen in den vergangenen Jahren ohnehin nur Verluste für sie gebracht hatten. Nach Agenturmeldungen vom 24. Juli erklärten die Verantwortlichen, dass der deutsche Grand Prix 2007 auf dem Nürburgring als „Großer Preis von Europa“ und 2008 auf dem Hockenheimring als „Großer Preis von Deutschland“ gefahren werden soll.

Wegen eines unerwartet hohen Verlustes von 5,3 Millionen Euro durch die Ausrichtung des Grand-Prix-Rennens 2008 galt es als wahrscheinlich, dass der Hockenheimring seinen Vertrag mit der Formel 1 nach dem Rennen 2010 nicht verlängern würde. Am 30. September 2009 wurde jedoch bekannt, dass der Hockenheimring weiter im jährlichen Wechsel mit dem Nürburgring den Großen Preis von Deutschland bis zur Saison 2018 ausrichten wird.[3]
Konzerte
Neben den Motorsportveranstaltungen finden auf dem Hockenheimring große Open-Air-Konzerte statt.
Statistik
Technische Daten (seit 2002)
- Streckenlänge GP-Kurs: 4,574 km
- Streckenlänge Kleiner Kurs: 2,605 km
- Streckenlänge Kleiner Kurs mit Schikane Einfahrt GP Kurs: 2,589 km
- Asphaltbreite min. 8,5 m; max. 18,5 m
- Zuschauerkapazität: ca. 120.000
- Feste Tribünen: LBBW-Haupttribüne, Nordtribüne, Südtribüne, Innentribüne, Mercedes-Tribüne
- Temporäre Tribünen: Spitzkehre 1 und 2, Einfahrt Parabolika, Stehplatz Parabolika
- Rundenzahl bei F1-GP: 67 – Renndistanz insgesamt: 306,458 km
- Rundenzahl bei DTM: 37 – Renndistanz: 169,238 km
- Rundenrekord Formel 1: 1:13,780 Min. = 223,182 km/h, GP 2004 Kimi Räikkönen (McLaren)
- Rundenrekord DTM: 1:34,104 Min., 2008, Paul di Resta (Mercedes-Benz)
- Dragster-Rekord: 4,873 Sek. = 450 km/h, 2005, Brady Kalivoda (USA)
Technische Daten (vor dem Umbau)
- Streckenlänge Grand-Prix-Kurs (Autos): 6823 Meter
- Streckenlange Grand-Prix-Kurs (Motorräder): 6793 Meter
- Kleiner Kurs: 2639 Meter
- Rundenrekorde Formel 1: 1:41,591 Min. (Riccardo Patrese, Williams-Renault 1992)
Alle Sieger von Formel-1-Rennen auf dem Hockenheimring
Jahr | Sieger | Auto | Zeit | Streckenlänge | Runden | Ø-Tempo | Datum | GP von |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1970 | ![]() |
Lotus-Ford | 1:42:00,300 h | 6,789 km | 50 | 199,667 km/h | 2. August | ![]() |
1977 | ![]() |
Ferrari | 1:31:48,620 h | 6,789 km | 47 | 208,528 km/h | 31. Juli | |
1978 | ![]() |
Lotus-Ford | 1:28:00,900 h | 6,789 km | 45 | 208,263 km/h | 30. Juli | |
1979 | ![]() |
Williams-Ford | 1:24:48,830 h | 6,789 km | 45 | 216,124 km/h | 29. Juli | |
1980 | ![]() |
Ligier-Ford | 1:22:59,730 h | 6,789 km | 45 | 220,859 km/h | 10. August | |
1981 | ![]() |
Brabham-Ford | 1:25:55,600 h | 6,789 km | 45 | 213,325 km/h | 2. August | |
1982 | ![]() |
Ferrari | 1:27:25,178 h | 6,797 km | 45 | 209,929 km/h | 8. August | |
1983 | ![]() |
Ferrari | 1:27:10,319 h | 6,797 km | 45 | 210,525 km/h | 7. August | |
1984 | ![]() |
McLaren-TAG-Porsche | 1:24:43,210 h | 6,797 km | 44 | 211,804 km/h | 5. August | |
1986 | ![]() |
Williams-Honda | 1:22:08,263 h | 6,797 km | 44 | 218,463 km/h | 22. Juli | |
1987 | ![]() |
Williams-Honda | 1:21:25,091 h | 6,797 km | 44 | 220,394 km/h | 26. Juli | |
1988 | ![]() |
McLaren-Honda | 1:32:54,188 h | 6,797 km | 44 | 193,148 km/h | 24. Juli | |
1989 | ![]() |
McLaren-Honda | 1:21:43,302 h | 6,797 km | 45 | 224,566 km/h | 30. Juli | |
1990 | ![]() |
McLaren-Honda | 1:20:47,164 h | 6,802 km | 45 | 227,334 km/h | 29. Juli | |
1991 | ![]() |
Williams-Renault | 1:19:29,661 h | 6,802 km | 45 | 231,028 km/h | 28. Juli | |
1992 | ![]() |
Williams-Renault | 1:18:22,032 h | 6,815 km | 45 | 234,798 km/h | 26. Juli | |
1993 | ![]() |
Williams-Renault | 1:18:40,885 h | 6,815 km | 45 | 233,861 km/h | 25. Juli | |
1994 | ![]() |
Ferrari | 1:22:37,272 h | 6,823 km | 45 | 222,971 km/h | 31. Juli | |
1995 | ![]() |
Benetton-Renault | 1:22:56,043 h | 6,823 km | 45 | 222,130 km/h | 30. Juli | |
1996 | ![]() |
Williams-Renault | 1:21:43,417 h | 6,823 km | 45 | 225,420 km/h | 28. Juli | |
1997 | ![]() |
Benetton-Renault | 1:20:59,046 h | 6,823 km | 45 | 227,478 km/h | 27. Juli | |
1998 | ![]() |
McLaren-Mercedes | 1:20:47,984 h | 6,823 km | 45 | 227,997 km/h | 2. August | |
1999 | ![]() |
Ferrari | 1:21:58,594 h | 6,823 km | 45 | 224,724 km/h | 1. August | |
2000 | ![]() |
Ferrari | 1:25:34,418 h | 6,825 km | 45 | 215,341 km/h | 30. Juli | |
2001 | ![]() |
Williams-BMW | 1:18:17,873 h | 6,825 km | 45 | 235,351 km/h | 29. Juli | |
Gekürzte Strecke | ||||||||
2002 | ![]() |
Ferrari | 1:27:52,078 h | 4,574 km | 67 | 209,263 km/h | 28. Juli | ![]() |
2003 | ![]() |
Williams-BMW | 1:28:48,769 h | 4,574 km | 67 | 207,036 km/h | 3. August | |
2004 | ![]() |
Ferrari | 1:23:54,848 h | 4,574 km | 66 | 215,852 km/h | 25. Juli | |
2005 | ![]() |
Renault | 1:26:28,599 h | 4,574 km | 67 | 212,629 km/h | 24. Juli | |
2006 | ![]() |
Ferrari | 1:27:51,693 h | 4,574 km | 67 | 209,278 km/h | 30. Juli | |
2008 | ![]() |
McLaren-Mercedes | 1:31:20,874 h | 4,574 km | 67 | 202,870 km/h | 20. Juli | |
2010 | 4,574 km | 67 | 25. Juli |
Rekordsieger Fahrer: M. Schumacher (4), Rekordsieger Konstrukteure: Ferrari / Williams (je 9)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Ernst Christ: Wie Hockenheim zu einer Rennstrecke kam - Eine Dokumentation, Herausgeber: Badischer Motorsportclub e.V., 1978
- ↑ Handlingkurs [1]
- ↑ Hockenheim: Jetzt geht es mit voller Kraft voraus, Motorsport-Total.com am 30. September 2009
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz
- Streckenführung 1952
- Onboard-Video (eine Runde GP-Kurs, MP4, 9,7 MB)
- Bilder-Datenbank vom Hockenheimring
- „29. Mai 1932: Auf dem Hockenheimring findet das erste Rennen statt“, SWR2-Zeitwort, 29. Mai 2007, herunterladbare RTF-Datei, 2 S.
Koordinaten: 49° 19′ 40″ N, 8° 34′ 10″ O