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Johannes R. Becher

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Johannes Robert Becher (* 22. Mai 1891 in München; † 11. Oktober 1958 in Berlin) war ein deutscher Dichter.

Leben

1891–1924

Johannes R. Becher wurde als Sohn eines Amtsrichters und nachmaligen Oberlandesgerichts-Präsidenten Heinrich Becher in München geboren. 1910 versuchte er zusammen mit seiner Freundin Selbstmord zu begehen; nur Becher überlebte, wenn auch schwer verletzt. Ab 1911 studierte er Medizin und Philosophie in München und Jena, brach das Studium aber ab, um Schriftsteller zu werden. Wegen seiner von dem Selbstmordversuch herrührenden Verletzung war er im Ersten Weltkrieg dienstuntauglich. Ab 1913 erschienen erste expressionistische Werke Bechers. Zwischen 1914 und 1918 wurde er aufgrund seiner Morphiumsucht mehrmals in eine Klinik eingewiesen. 1917 trat er in die USPD ein und wechselte 1918 zum Spartakusbund, aus dem im Januar 1919 die KPD hervorging. 1920 verließ Becher, enttäuscht über das Scheitern der Revolution, die KPD und näherte sich der Religion an. 1923 trat er der KPD jedoch wieder bei und engagierte sich in der Folge stark in der Partei. Künstlerisch stand er in seiner expressionistischen Phase, von der er sich später distanzieren sollte, der Magdeburger Künstlervereinigung Die Kugel nah und veröffentlichte unter anderem in den Zeitschriften Verfall und Triumph, Die Aktion und Die neue Kunst.

1925–1944

1925 erschien Bechers Antikriegsroman Levisite oder Der einzig gerechte Krieg, der dazu führte, dass er wegen "literarischen Hochverrats" angezeigt wurde. Erst 1928 wurde das Verfahren endgültig eingestellt. 1928 war Becher einer der Mitbegründer des Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS) dessen erster Vorsitzender er wurde. In der Folge war er auch Herausgeber der Zeitschrift des BPRS Die Linkskurve. Ab 1932 war er Herausgeber der Zeitschrift Die Rote Fahne. Im selben Jahr trat er als Kandidat der KPD bei den Reichstagswahlen an.

Nach dem Reichstagsbrand konnte Becher, der auf einer Schwarzen Liste der Nationalsozialisten stand, einer Großrazzia in der Berliner Künstlerkolonie nahe dem Breitenbachplatz in Berlin-Wilmersdorf knapp entkommen. Am 15. März 1933 floh er zuerst nach Wien und von dort über Prag, Zürich und Paris 1935 schließlich in die UdSSR. In Moskau wurde er Chefredakteur der Exilzeitschrift Internationale Literatur - Deutsche Blätter und Mitglied des Zentralkomitees der KPD.

Schon bald geriet Becher in Moskau in die Fänge der Stalinistischen Säuberungen. Bereits 1935 warf man Becher "trotzkistische Schwankungen" vor. Ab 1936 durfte er als "Abweichler" die UdSSR nicht mehr verlassen. 1941 wurde er nach Taschkent umgesiedelt, wo er mehrmals versuchte sich das Leben zu nehmen. 1943 war Becher einer der Mitbegründer des Nationalkomitee Freies Deutschland. Aus der Zeit des Exils stammt seine Freundschaft mit dem Philosophen und Literaturtheoretiker Georg Lukács, der ihn dazu anregte, sich intensiv mit der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts zu beschäftigen. Literarisch wandte sich Becher in dieser Zeit von der Moderne ab und seine Werke standen nun im Zeichen des Sozialistischen Realismus.

1945–1958

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Becher in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands zurück. Er war Mitbegründer des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, des Aufbau Verlages und der Literaturzeitschrift Sinn und Form. Ab 1946 gehörte er dem Parteivorstand und dem Zentralkomitee der SED an. Nach der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 wurde Becher Volkskammerabgeordneter. 1949 schrieb er auf die Melodie von Hanns Eisler den Text zu dem Lied Auferstanden aus Ruinen, das zur Nationalhymne der DDR wurde. 1950 wurde ihm der Nationalpreis der DDR verliehen. Im selben Jahr war er Mitbegründer der Deutschen Akademie der Künste, deren Präsident er, als Nachfolger von Arnold Zweig, von 1953 bis 1956 war. Von 1954 bis 1958 war Becher Kulturminister der DDR. Während der Tauwetter-Periode, mit der 1956 die Entstalinisierung begann, trat er für politische Reformen ein, weshalb er, nach scharfer Kritik durch die Parteiführung, 1957 politisch kalt gestellt wurde.

Werke

  • Verfall und Triumph, 1914
  • Verbrüderung, 1916
  • An Europa, 1916
  • Die heilige Schar, 1918
  • Gedichte um Lotte, 1919
  • Gedichte für ein Volk, 1919
  • An Alle!, 1919
  • Ewig in Aufruhr, 1920
  • Um Gott, 1921
  • Arbeiter Bauern Soldaten - der Aufbruch eines Volkes zu Gott, 1921
  • Drei Hymnen, 1923
  • Am Grabe Lenins, 1924
  • Vorwärts, du Rote Front, 1924
  • Levisite oder der einzig gerechte Krieg, 1925
  • Maschinenrythmen, 1926
  • Die hungrige Stadt 1927/28
  • Der große Plan. Epos des sozialistischen Aufbaus, 1931
  • Deutscher Toitentanz 1933, 1933
  • Deutschland, ein Lied vom Köpferollen und von den Nützlichen Gliedern, 1934
  • Gewißheit des Siegs und Sicht auf große Tage. Gesammelte Sonette 1935-1938, 1939
  • Wiedergeburt, 1940
  • Abschied, 1940
  • Deutschland ruft, 1942
  • Schlacht um Moskau, 1942
  • Dank an Stalingrad, 1943
  • Heimkehr, 1947
  • Neue deutsche Volkslieder, 1950
  • Schöne deutsche Heimat, 1952
  • Der Weg nach Füssen, 1956
  • Schritt der Jahrhundertmitte, 1958

Literatur

  • Jens-Fietje Dwars: Abgrund des Widerspruchs: das Leben des Johannes R. Becher . Aufbau-Verlag Berlin 1998. ISBN 3-351-02457-6
  • Horst Haase: Johannes R. Becher, Leben und Werk. Verlag Das Europäische Buch Berlin 1981. ISBN 3-88436-104-X
  • Georg Lukács/Johannes R. Becher/Friedrich Wolf u.a., Die Säuberung Moskau 1936: Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung, hrsgg. von Reinhard Müller, Reinbeck 1991

Nachlass

Siehe auch

Liste verbotener Autoren während des Dritten Reichs