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Worksong

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Worksongs sind besondere Lieder der aus Westafrika deportierten Sklavenarbeiter, die diese in den früheren Südstaaten der USA bei der Arbeit sangen. Sie wurden meist aus dem Stehgreif gesungen und dabei wurde viel Improvisiert. Da wurde noch nicht mit Instrumenten begleitet sondern nur einfache Melotik. Maßgeblich aus den Worksongs ist der Blues und später der Jazz entstanden.

Geschichte

Die Entstehung der worksongs ist eng mit der Geschichte der Sklaverei verknüpft. Schwarzafrikaner mussten seit etwa 1660 vor allem auf Baumwollplantagen, aber auch in den Städten der USA für weiße Herren arbeiten. Anders als in den katholisch und synkretistisch geprägten Kolonien Süd- und Mittelamerikas verboten ihnen die überwiegend protestantischen Nordamerikaner nordeuropäischer Herkunft weitgehend ihre eigene Musikausübung. Vor allem das Trommeln galt als „heidnisch“ und konnte, so die Befürchtung der Sklavenhalter, zur Verständigung der Schwarzen über räumliche Entfernung hinweg dienen: etwa für Ausbruchsversuche oder Aufstände.

So blieb den Sklaven nur der Gesang als Ausdrucksmittel. Manche Sklaventreiber (“drivers”) erlaubten ihnen ruhige Lieder (“quiet songs”) zu singen, solange diese sich nicht gegen die Sklaverei wandten. Diese Lieder erleichterten den Arbeitsablauf und dienten der Aufmunterung durch gemeinsamen Ausdruck der Gefühle, ähnlich dem Gesang von Galeerensklaven oder Häftlingen (“chain gangs”). Ihre Texte handelten nur vom täglichen Leben der Sklaven und hatten keine religiösen Inhalte. Die so begleiteten Arbeiten waren z.B. das Ernten und Sammeln von Baumwollblüten auf den Feldern, Schaufeln von Gräben, Holzhacken, Frachten verladen, Hämmern von Planken, Befeuern von Dampfbooten, Felsbrocken schleppen, Bahngleise verlegen und andere.

Mit dem Verbot des internationalen Sklavenhandels 1808 und der Abschaffung der Sklaverei in den USA 1865 waren rassistische Unterdrückung, Diskriminierung und Benachteiligung der schwarzen Nordamerikaner noch lange nicht überwunden. Erst mit der christlichen Erweckungsbewegung seit etwa 1850 wurden manche Verbote gelockert. Schwarze durften nun in sonntäglichen Gottesdiensten oder anderen Zusammenkünften – den „praise hours“ – gemeinsam ohne Trommelbegleitung singen und tanzen. Auch auf geheimen Treffen (“camp meetings”, “bush meetings”) stand das gemeinsame Singen im Vordergrund, um Freude, Leid und Hoffnungen auszudrücken und zu teilen.

Die ältesten heute noch bekannten worksongs stammen aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts: Es waren die so genannten „Shanties“ (chanties, von „chant“ = Lied) der Sklaven an der Küste Georgias, die in Virginia, North und South Carolina übernommen wurden.

Viele dieser Melodien sind nahtlos in die späteren Spirituals und Gospels eingegangen, so dass man von dort aus Rückschlüsse auf den Charakter der worksongs ziehen kann. Oft versahen sie die bekannten “corn ditties” ("Mais-Liedchen") einfach mit neuen, diesmal religiösen Texten und gaben ihnen eine stärkere rhythmische Basis (Füße stampfen, Hände klatschen). Aber auch die sakralen Texte drückten in erster Linie die gemeinsame Lage und das Schicksal der Sklaven aus. Aus dieser Musiktraditon entwickelten sich auch der Blues und später der Jazz.

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zogen weiße Bürgerrechtler und Gelegenheitsarbeiter erneut durch die Südstaaten, sammelten und entdeckten viele der alten "chain songs" schwarzer Gefangener wieder, gaben ihnen neue Texte und machten sie auf ihren Touren bekannt: So ist auch der Southern Folk ein Ableger der frühen worksongs.

Form, Inhalt, Zweck

Worksongs wurden a capella - ohne Instrumentalbegleitung - gesungen und nicht notiert, sondern improvisiert. Sie wurden nur mündlich tradiert und wandelten sich mit den Arbeitseinsätzen der Sklaven ständig. Sie hatten daher nur wenige festgefügte Formelemente wie den „call and response“: Ein Vorsänger (leader) gab eine spontan erfundene Melodielinie vor, und die arbeitende Gruppe (choir) antwortete unmittelbar darauf. Dadurch entstand ein starker Rhythmus, der den Arbeitsablauf leitete. Er erhielt zum einen die Konzentration jedes Einzelnen aufrecht und sorgte zum andern für bessere Koordination der Bewegungen, lenkte alle Sänger von der Monotonie der Arbeit ab, erleichterte ihre gemeinsamen Bewegungsabläufe und steigerte so ihr Duchhaltevermögen. Oft wurden dieselben bekannten Melodien bei neuen Arbeiten mit neuen Texten unterlegt, um die schon eingearbeitete Gruppe zusammenzuhalten.

Sänger und ihr Repertoire

Originaltexte von worksongs vor 1880 sind kaum überliefert. Die meisten heute noch bekannten Melodien gehen auf die worksong-Renaissance der 50er und 60er Jahre zurück und wurden dort bereits verändert. Typische Vertreter des Liedguts von vor allem schwarzen Häftlingen waren etwa der Leadsänger Huddle Ledbetter, genannt „Leadbelly“ (*1885 Texarkana - Lousiana, † 6. Dezember 1949) und sein Gitarrenbegleiter Blind Lemon Jefferson. Ihre Songs wurden in den 50er Jahren von den weißen Folkloristen John und Alan Lomax (Vater und Sohn) gesammelt und veröffentlicht.

  • "Long John": Ursprung wird in Westafrika vermutet.
  • "Stewball" geht auf eine englische Ballade des 18. Jahrhunderts zurück.
  • "The Gray Goose" ist ursprünglich ein altes Sklavenlied vor 1865.
  • "Take This Hammer" wurde ein bekanntes Protestlied, dessen Melodie fast identisch ist mit dem Spiritual
  • "I’m on My Way to Canaan’s Land" und dem englischen Volkslied
  • "Irene, Good Night".
  • "Cotton Fields" ist ein weiteres altes Sklavenlied.
  • "The Midnight Special" war wohl ein Song, der bei "Bush meetings" gesungen wurde.
  • "The Rock Island Line" wurde beim Fels-Abtragen gesungen.
  • "Go Down Old Hannah" ähnelt dem Spiritual "Go down Moses".
  • "I'm Working My Way Back Home" ist bereits die individualisierte Bluesversion eines Worksongs, überragend interpretiert z.B. von Robert Johnson in den 20er Jahren.

Siehe auch