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Umsonstladen

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Umsonstladen in Freiburg

In Umsonstläden werden Gegenstände zur kostenfreien Mitnahme bereitgestellt. Umgekehrt kann jeder Gegenstände dort abgeben, die er nicht mehr braucht – die aber „zu schade zum Wegwerfen" sind.

Wie funktionieren Umsonstläden?

Üblicherweise gibt es bestimmte Regeln, was gebracht und mitgenommen werden kann, z.B. eine Regel, dass an jedem Öffnungstag pro Person nur drei Gegenstände mitgenommen werden dürfen. Besonders gefragt sind Kleinutensilien wie Geschirr, Besteck, Sachbücher (z.B. Lexika/Wörterbücher), Werkzeug, Lampen, bequeme Kleidung, CDs. Falls die Mitwirkenden mitgebrachte Güter endgültig aus dem monetären Kreislauf ausschließen wollen, bietet es sich an, die Waren mit einem entsprechenden Stempel zu versehen. Größere und schwer transportable Gegenstände (wie Möbel, Maschinen, Kühlschränke, Autos) können mit Zettel an einer Pinnwand zusätzlich vermittelt werden. In Einzelfällen werden auf diesem Wege auch Dienstleistungen vermittelt. Defekte Geräte oder verderbliche Lebensmittel werden im Regelfall nicht angenommen. Umsonstläden übernehmen meistens keine Garantie für Elektrogeräte. Umsonstläden unterscheiden sich von rein karitativen Projekten dadurch, dass sie für alle Menschen offenstehen. Einige Läden erbitten von den Nutzer/innen Spenden für Betriebskosten, es muss aber im Gegensatz zu Recyclingkaufhäusern nicht für einzelne Gegenstände gezahlt werden. Anders als bei Tauschringen findet auch keine Verrechnung statt.

Durch die Organisationsweise ist der Zeitaufwand für die Betreiber verhältnismäßig gering: Das Annehmen und Einräumen der Dinge kann auf einige Umsonstladen-Aktive verteilt werden. Ein Zahlungsvorgang entfällt und es kann nichts "geklaut" werden. Zudem lassen sich die Güter ausleihen bzw. gratis testen - da man sie wieder zurückbringen kann. Von dieser Möglichkeit wird insbesondere bei Kleidung und Büchern Gebrauch gemacht.

Zum Problem in Umsonstläden können "Ladenhüter" werden. Produkte wie alte Romane, veraltete Elektronik, unmodische Frauenkleidung, die eher gebracht als mitgenommen werden, sammeln sich im Laden an. In unterschiedlichen Umsonstläden wird damit unterschiedlich umgegangen. Teilweise werden Besucher aufgefordert, weniger davon abzuliefern, manchmal gibt es "Annahmestopps", teilweise werden solche Gegenstände auf andere Art weiterverwendet (durch Übergabe an Kleiderkammern o.ä.).

Verbreitung und Lage von Umsonstläden

Im Jahr 2005 gibt es im deutschsprachigen Raum etwa 30 Umsonstläden, vorwiegend in größeren Städten, aber auch in Orten unter 10 000 Einwohnern. Die Umsonstläden sind - wie der Name schon sagt - örtlich gebundene Projekte, darin unterscheiden sie sich von netzbasierten Gratisprojekten wie freecycle und http://alles-und-umsonst.de, bei denen über das Internet Güter angeboten und dann versendet oder abgeholt werden.

Angestrebt wird wie bei vielen Einzelhandelsgeschäften eine zentrale, verkehrsgünstige Lage. In einigen Fällen werden von städtischen sozialen Zentren Räume zur Verfügung gestellt. Zur Gründung eines Umsonstladens kann auch eine leerstehende Garage mit Regalen (wie im Umsonstladen München) oder ein Partykeller dienen. Vorteilhaft ist es erfahrungsgemäß, wenn die Mitwirkenden in der Nähe des Ladens wohnen - etwa wenn eine Wohngemeinschaft Träger des Projektes ist.

Umsonstläden und Gratisökonomie

Viele Betreiber von Umsonstläden betonen, dass es ihnen nicht um Warentausch geht, sondern um das freie Geben und Nehmen. Das Ziel besteht darin, eine Möglichkeit für den Erwerb und die Weitergabe von Gütern ausserhalb des kapitalistischen Warensystems zu bieten. Von den Befürwortern der Projekte wird damit oft die Vision einer geldfreien Umsonstökonomie (Gratisökonomie) verbunden.

Eine konkrete Auswirkung von Umsonstläden ist die Abfallvermeidung. Die Umsonstläden wollen einen Beitrag zur Nachhaltigen Entwicklung leisten, indem Ressourcen geschont werden und Menschen ohne großes Einkommen die Chance erhalten, Güter ohne Geld zu erwerben. Im Jahr 2004 wurde der Umsonstladen in Hamburg-Altona von der Bezirksversammlung Altona mit dem Altonaer Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Umsonstläden als Teil von Projektgemeinschaften gegenseitiger Hilfe

Ausgehend vom Hamburger Umsonstladen (ab 1. März 1999) gibt es den Versuch, den Umsonstladen als Ansatz eines Bündels von Mitmachprojekten gegenseitiger Hilfe weiterzuentwickeln: Wer in einem der Teilprojekte aktiv ist und sich an den nötigen Absprachen (Kooperation) beteiligt, kann alle Angebote der Projektgemeinschaft nutzen. Die Gemeinschaft plus Umsonstladen will gezielt einen Teil der noch nötigen Erwerbsarbeit durch die gegenseitige Hilfe zwischen den Teilprojekten und zwischen den Einzelnen ersetzen. (siehe * www.neue-arbeit-hamburg.de ) Es gibt bisher (neben dem Umsonstladen als Kernaktivität) ein Kleinmöbellager, eine Gartengruppe, eine Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt, eine Theoriegruppe, den Computerbereich mit Verbindung zur Freien Software Bewegung und ein paar Ein-Personen-Projekte im Verbund. Nach innen sind die Dinge für die Aktiven umsonst, nach außen werden sie den NutzerInnen der Projekte für eine Aufwandsspende zur Deckung der Unkosten (deutlich unter Marktpreisen) zur Verfügung gestellt. In ein paar anderen Umsonstläden wird dieser Ansatz ebenfalls diskutiert. Über die weitere Aneignung von Fähigkeiten, Dinge reparieren zu können, soll allmählich eine Produktion für die Projektgemeinschaft, also nicht für den Markt, entwickelt werden.

Kritik

Kritik an den Umsonstladen-Projekten bezieht sich darauf, das sie nicht zur Bedürfnisdeckung geeignet sind. Kritisiert wird auch, dass sie auf eine Überfluss produzierende Gesellschaft angewiesen sind und das zugrunde liegende kapitalistische System nicht prinzipiell in Frage stellen. Auch wird teilweise behauptet, dass Umsonstläden als unentgeltliche „Sozialstationen“ dort funktionieren, wo sich der Staat aus sozialer Verantwortung zurückgezogen hat. Das trifft wohl ein Stück weit zu. Jedoch ist etlichen Aktiven in den Umsonstläden dieses Problem bewusst und sie aktivieren, so weit es möglich ist, die NutzerInnen der Umsonstläden zur Selbsthilfe und Solidarität im Alltag. Viele Umsonstladen-Aktive waren vorherige NutzerInnen.