Sozialschmarotzer
Sozialschmarotzer ist ein seit etwa Ende der 1970er Jahren verwendetes Schimpfwort für angeblich einen Sozialstaat „ausbeutenden“ Menschen. Zunächst wurde der Begriff in Zusammenhang mit sogenannten „Scheinasylanten“ verwendet, nach der Einschränkung des Asylrechts 1993 auch in der Debatte um Sozialhilfeempfänger und anderen Gruppierungen.[1] Im engeren Sinne werden Menschen so bezeichnet, die angeblich oder tatsächlich unberechtigt Sozialleistungen beziehen.
Alle Arbeitslosen sowie alle Hartz-IV Empfänger sind eine große wirtschaftliche Belastung für unsere Gesellschaft und sind deshalb Sozialschmarotzer. Außerdem ist Großteil von ihnen arbeitsscheu.
Verwendung
Gelegentlich wird die Bezeichnung polemisch in Medien und politischen Debatten [2] allgemein auf Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Langzeitstudenten, Asylanten [3], Totalverweigerer [4], Kinderlose [5] oder auch Kinderreiche [6] erweitert. Seltener werden, wie 1995 in der Titelgeschichte „Das süße Leben der Sozialschmarotzer“ des Magazins Focus [7] auch Leute als „Sozialschmarotzer“ bezeichnet, die notwendigerweise, wie etwa aus gesundheitlichen Gründen, aufgrund hohen Lebensalters oder aus Verfolgung auf soziale Hilfe angewiesen sind. [8] Oft werden Personen, die angeblich oder tatsächlich unberechtigt staatliche Transferleistungen erhalten (Leistungsmissbrauch bzw Sozialhilfemissbrauch) oder die Schwarzarbeit [9] und Steuerhinterziehung [10] begehen so bezeichnet.
Zuletzt wurde in Deutschland der Begriff im Zuge der sogenannten „Faulheitsdebatte“ (Gerhard Schröder: „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft“) im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung verwendet. Auch in früheren Jahren wurden – nach Studien von Oschmiansky, Kull und Schmid (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, 2001) – insbesondere bei steigender Arbeitslosigkeit und insbesondere vor Wahlen (1975, 1993 und 2001) von einzelnen Politikern oder Gruppierungen derartige Debatten initiiert. [11]
Kritiker werfen einigen Medien vor, dass Stimmungen durch Medienberichte zu Einzelfällen geschürt würden und so in Teilen der Öffentlichkeit Sozialneid erzeugt sowie der Sozialstaat in Frage gestellt werde. [12] Einem „Sozialschmarotzer“ würde unterstellt, dass er die Strategie des Parasitismus auf das soziale Gefüge anwendet, d.h., er ernähre sich auf Kosten eines „Wirtes“, ohne notwendigerweise darauf angewiesen zu sein. Eine solche Begriffsübertragung bezeichnen Kritiker als Biologismus. [13]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Christoph Butterwegge: Krise und Zukunft des Sozialstaates S.97/98. hier online
- ↑ Thomas Hirschboeck: Sozialhilfemissbrauch in Deutschland aus juristischer Sicht, S. 1
- ↑ Christoph Butterwegge: Krise und Zukunft des Sozialstaates S.97/98.
- ↑ BR: 42 Tage Knast
- ↑ Suche bei Googlebooks
- ↑ Politische Soziologie, Band 11: Soziologie als Krisenwissenschaft S.144
- ↑ Focus: Nr. 43 vom 23. Oktober 1995
- ↑ Politische Soziologie, Band 11: Soziologie als Krisenwissenschaft S.144
- ↑ Sozialschmarotzer: Haftstrafen für Schwarzarbeiter, Stern vom 10. Oktober 2005
- ↑ Sozialschmarotzer mit Nummernkonto, Die Zeit vom 1. Februar 2010
- ↑ Faule Arbeitslose? Politische Konjunkturen einer Debatte
- ↑ die tageszeitung: taz: Der denunzierte Sozialstaat
- ↑ Telepolis: Die Biologisierung des Sozialen
Literatur
- Katrin Lehnert »Arbeit, nein danke«!? – Das Bild des Sozialschmarotzers im aktivierenden Sozialstaat, Herbert Utz Verlag, München 2009, ISBN 978-3-8316-0866-9
Weblinks
- Michael Wolf: Stichworte zur politischen Funktion eines Feindbilds „Sozialschmarotzer“, Artikel in der Neuen Rheinischen Zeitung