Marzipan

Marzipan ist eine Süßware aus Marzipanrohmasse und höchstens dem gleichen Gewichtsanteil Zucker. Marzipanrohmasse ist eine aus blanchierten und geschälten Mandeln hergestellte Masse. Das Verhältnis von Rohmasse und Zucker bestimmt die Qualität des Produktes. Weltbekannt sind das Lübecker Marzipan und das Königsberger Marzipan. Hochburgen für die Marzipanproduktion sind Toledo (Spanien), Aix-en-Provence (Frankreich) und Lübeck (Deutschland).
Produkte aus Marzipan werden in vielen Varianten angeboten, wie beispielsweise Marzipanfrüchte, Marzipanbrot, Mozartkugeln und Dominosteinen.
Die Herstellung von verkaufsfertigem Marzipan aus Marzipanrohmasse erfolgt nach deutschem Lebensmittelrecht durch Ankneten mit Puderzucker im Verhältnis von maximal 1:1 (Qualitätsstufe 50/50). Die Marzipanqualität ist umso höher, je niedriger der Zuckergehalt ist. Es wird hierbei auch oftmals das Enzym Invertase eingearbeitet. Dieses verbessert die Frischhaltung durch Abbau des Rübenzuckers zu Invertzucker.
Neben deutschem Marzipan spielt international auch französisches Marzipan eine wichtige Rolle, das etwas anders hergestellt wird. In Frankreich wird zur Herstellung flüssiger Zuckersirup verwendet, der zusammen mit zerstoßenen Mandeln erhitzt wird, bis eine zähflüssige Masse entsteht. Das Resultat ist eine feinere Marzipanrohmasse von hellerer Farbe und mit weniger Eigengeschmack.[1]
Etymologie
Die Herkunft des Wortes Marzipan ist bis heute umstritten. Sicher ist nur, dass das Wort im 16. Jahrhundert aus dem italienischen marzapane entlehnt wurde. Zur weiteren Etymologie gab und gibt es zahlreiche Spekulationen, darunter Herleitungen aus dem lateinischen Marci panis („Markusbrot“), dem persischen märzäban („Markgraf“ - vgl. auch arab. Eigennamen "Mortaza") oder dem griechischen maza oder massa („Mehlbrei“).
Einer im Jahr 1904 publizierten Theorie zufolge leitet sich marzapane aus dem venezianischen matapan ab, einer venezianischen Münze, die erstmals 1193 geprägt wurde. Diese wiederum soll sich vom arabischen mautaban nach dem Verb wataba („stillsitzen“) ableiten, was „einer, der seinen Platz nicht verlässt“ bedeutet. Dies soll wiederum zur Zeit der Kreuzzüge zum einen der Spottname für einen König gewesen sein, der untätig auf seinem Thron saß und seine Feinde nicht bekriegte, zum anderen auch für eine byzantinische Münze, die auf einer Seite eine auf dem Thron sitzende Christusgestalt zeigte. Diese Theorie stützt sich auf das nur in einer einzigen syrischen Quelle überlieferte nachklassisch-lateinische Wort marzapanus, das dort eine Zehntsteuer bezeichnet. Auf der Insel Zypern bezeichnete es demnach ganz speziell eine Schachtel, die den zehnten Teil eines Malters (altes Kornmaß) beinhaltete. Im 14. Jahrhundert wurde schließlich der Name nicht mehr für die Schachtel, sondern für den Inhalt, Marzipan, verwendet. Aus phonetischen Gründen ist diese Theorie jedoch problematisch, auch erscheint der Bedeutungswandel recht unwahrscheinlich.
Einer anderen Theorie zufolge leitet sich marzapane vielmehr letztlich von der birmanischen Stadt Martaban ab, die für dort hergestellte Keramiktöpfe bekannt war und ist, in denen verschiedene Spezereien, auch Süßigkeiten, aufbewahrt und verkauft wurden. Im Persischen, Arabischen und Urdu wurde das Toponym martaban zum Begriff für Krüge und wurde im Spätmittelalter in dieser und ähnlichen Bedeutungen auch in verschiedene romanische Sprachen entlehnt; eine Bedeutungsübertragung vom Gefäß auf den Inhalt käme so als Erklärung für den Namen der Süßigkeit in Betracht.
Geschichte
Kulturhistoriker sind sich weitgehend einig, dass Marzipan seinen Ursprung im Orient hat, vermutlich in Persien, dem heutigen Iran ("Haremskonfekt"). Es kam im Mittelalter mit den Arabern nach Europa. In Venedig wurde es im 13. Jahrhundert erwähnt. Im 14. Jahrhundert war Marzipan beim gehobenen europäischen Adel als Konfekt sehr beliebt. Es wurde zunächst wie andere Süßwaren von Apothekern hergestellt. In dieser Zeit wurde der aus Mandeln, Zucker und Rosenwasser hergestellte Süßteig als Arzneimittel gegen Verstopfungen, Blähungen sowie als Potenzmittel verkauft. Zur Zeit des Barock entdeckten die Zuckerbäcker Marzipan als Modelliermasse für kunstvolle Schaustücke. 1514 verbot die Stadt Venedig das Vergolden von Marzipan als übertriebenen Luxus. „Als die Rübenzuckerproduktion in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die entsprechende Rohstoffbasis bot, begann die Verbürgerlichung des Marzipans. Die Mandeln wurden aus Übersee geliefert, man verarbeitete sie frisch, und so waren schon 1820 das Lübecker und das Königsberger Marzipan berühmt, weil die Konditoren die günstige Lage in den Hafenstädten nutzten.“[2]

1806 gründeten unabhängig voneinander zwei Konditoren die ersten Marzipanmanufakturen im deutschsprachigen Raum. In Reval (heute Tallinn/Estland) der Schweizer Konditor Lorenz Cawietzel und in Lübeck Johann Georg Niederegger. Heute besteht zwischen Lübeck und Tallinn Uneinigkeit darüber, auf wen genau die Erfindung des Marzipans zurückgeht. Da beide Städte Mitglied der Hanse waren und somit ein regelmäßiger Austausch von Handwerkern und Kaufleuten stattfand, wird sich die letztendliche Herkunft wahrscheinlich nicht mehr genau klären lassen.
In fränkischen Städten wie Nürnberg wurde Marzipan im 17. und 18. Jahrhundert zu Weihnachten in Model aus Holz, Zinn oder Ton gegeben, um so Formen und Figuren zu erhalten. Häufig waren biblische Motive, aber auch Wappen, später Bauern, Handwerker, Herzen oder Rauten. Die Nürnberger Patrizier ließen ihre Familienwappen aus Marzipan fertigen, die sie an Bekannte verschenkten.
Marzipanrohmasse
Marzipanrohmasse wird aus gemahlenen Mandeln unter Zugabe von Zucker "geröstet", bis eine kompakte Masse entsteht. Die genaue Zusammensetzung, der Anteil von Süß- und Bittermandeln, der Zuckergehalt, die Zusatzstoffe variieren von Hersteller zu Hersteller und sind in der Regel Betriebsgeheimnis.
In den „Leitsätzen für Ölsamen und daraus hergestellte Massen und Süßwaren“ des Deutschen Lebensmittelbuchs wird der gesetzliche Rahmen für die Herstellung von Marzipanrohmasse vorgegeben [3]:
- Marzipanrohmasse ist eine aus blanchierten, geschälten Mandeln hergestellte Masse.
- sie enthält höchstens 17 % Feuchtigkeit
- der Anteil des zugesetzten Zuckers beträgt höchstens 35 %, bezogen auf die Marzipanrohmasse mit 17 % Feuchtigkeitsgehalt
- der Mandelölgehalt beträgt mindestens 28 %, bezogen auf die Marzipanrohmasse mit 17 % Feuchtigkeitsgehalt.
- der Gesamtgehalt an blanchierten/geschälten gegebenenfalls bitteren Mandeln darf bis zu 12 % des Mandelgewichtes betragen
- Eine Kenntlichmachung ist nicht erforderlich
- Entbitterte bittere Mandeln (auch Bergmandeln genannt) dürfen nicht verwendet werden
Es gibt folgende Handelssorten bzw. Qualitäten für Marzipanrohmasse:
- MOO: Aus ausgesuchten Mandeln aus Mittelmeerländern, die einen natürlichen Bittermandelanteil enthalten.
- MO: Bis zu 5 % Anteil an natürlichen Bittermandeln
- MI: Bis zu 12 % bittere Mandeln sowie Bruchmandeln
- MF: Mit Fruchtzucker - für Diabetiker
- MFS: Mit Sorbit - für Diabetiker
Physikalische Eigenschaften von Marzipan
Aufgrund der Unterschiede zwischen einzelnen Rezepturen können die folgend angegeben Werte stark variieren. Dichte: 1360 kg/m3 [4]
Temperatur | Wärmeleitfähigkeit λ | Wärmekapazität c | Temperaturleitfähigkeit a | Quelle |
---|---|---|---|---|
14 °C | 0.372 W/mK | 1808,7 Ws/kg K | 0,1514 * 106 m2/s | [4] |
25 °C | 0.366 W/mK | 1800,3 Ws/kg K | 0,1500 * 106 m2/s | [4] |
35 °C | 0.359 W/mK | 1779,4 Ws/kg K | 0,1486 * 106 m2/s | [4] |
Qualitäten

- Edelmarzipan, wie „Lübecker Marzipan“: 70 % Marzipanrohmasse, 30 % Zucker (70/30)
- Lübecker Edelmarzipan: 90/10-Aufteilung ("90/10er-Qualität")
- Königsberger Marzipan: Keine Herkunfts-, sondern eine Gattungsbezeichnung. Wird meist aus Edelmarzipan hergestellt. Weist nach dem Abflämmen der Oberfläche einen charakteristischen gelblich-bräunlichen Farbton auf. Außerdem wird beim Anwirken Rosenwasser hinzugefügt.
- In Spanien ist Marzipan aus Toledo eine geschützte Herkunftsbezeichnung, die sich auf die Provinz Toledo bezieht.
- In Italien ist die Marzipanherstellung typisch für Apulien und Sizilien.
Varianten

- Marzipanähnlich ist Persipan, welches für andere Produkte, jedoch nicht in Pralinen verwendet wird.
- Im grünen Marzipan werden 4 bis 8 % Pistazien verwendet. In Mozartkugeln wird diese Rohmasse beispielsweise verarbeitet.
- In der DDR wurde Persipan wegen Rohstoffknappheit durch Resipan (Maisgrieß mit Zucker und Aroma), dann auch wegen Maismangels durch Nakapan (Kartoffelgrieß mit Zucker und Aroma) ersetzt. Auch bekannt war eine Variante namens Legupan, die aus Erbsen hergestellt wurde.
Verwandte Produkte
- Calisson: Konfekt aus der Provence in Form eines Weberschiffchens, mit Mandeln und kandierten Melonen und Orangen.
- Halva (oder Helva): Aus Sesamsamen
- Nougat: Statt Mandeln werden geröstete Nüsse, meistens Haselnüsse, verwendet.
- Turrón aus Jijona: Spanische Verwandte des Marzipans und Nougats (nicht zu verwechseln mit dem Turrón aus Alicante). Sie bestehen aus Mandeln, Zucker und weiteren Zutaten, wie z.B. Honig, Eiklar oder Zitronenschalen.
Weblinks
- Commons: Marzipan – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- Das Brot des Marcus - Eine kleine Kulturgeschichte des Marzipans - Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Einzelnachweise
- ↑ Alan Davidson, The Oxford Companion to Food, 2. Aufl. New York 2001, Artikel Marzipan
- ↑ Hannsferdinand Döbler, Kultur- und Sittengeschichte der Welt. Kochkünste und Tafelfreuden, Gütersloh 1972, S. 341
- ↑ Leitsätze Ölsamen
- ↑ a b c d I.A. Tschubik und A.M. Maslow: Wärmephysikalische Konstanten von Lebensmitteln und Halbfabrikaten. VEB Fachbuchverlage Leipzig1973. 1.Auflage - Übersetzung aus dem Russischen
- IREKS-GmbH: IREKS-ABC der Bäckerei, Eigenverlag Kulmbach