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Hans-Joachim von Ziethen

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Joachim-Hans von Zieten, seltener auch Ziethen, gen. "Zieten aus dem Busch", (* 1699; † 1786) war einer der populärsten Kavalleriegenerale der preußischen Geschichte und ein enger Vertrauter König Friedrichs des Großen.

Ziethens militärischer Werdegang beginnt in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts. Der junge Husarenoffizier entwickelt unter dem Spott, den er wegen seiner kleinen, verwachsenen Gestalt oft über sich ergehen lassen muss, ein starkes Selbstbewusstsein, das ihn auch in späteren Kontroversen mit dem Monarchen nicht verlässt. Nach einigen Alkoholexzessen und verschiedenen Raufhändeln findet der unter Friedrich-Wilhelm I. zum Rittmeister avancierte Junkerssohn zu einer soliden Dienstauffassung, die, verbunden mit aufrichtigem protestantischem Gottvertrauen, zum konstituierenden Merkmal seines Charakters und seines erzieherischen Ethos wird. Hinzu gesellt sich eine im historischen Vergleich besonders hervorzuhebende Güte gegenüber den Übertretungen des einfachen Mannes: Ziethen lehnt die ubiquitäre Prügelstrafe kategorisch ab und glänzt gerade als Zuchtmeister der stets unkonventionellen, ebenso verwegenen wie libertinären und schwer zu disziplinierenden Husarentruppe durch maßvolle Strenge und gerechte, kameradschaftliche Gesinnung. Dasselbe gilt für den Gutsherren Ziethen, der die Jahre im Anschluss an den Siebenjährigen Krieg mit der Pflege seines Anwesens in seiner Heimatstadt Ruppin zubrachte. Schließlich zeichnen den weniger tollkühnen als besonnenen Taktiker in Krieg und Frieden echte, mannhafte Gottesfurcht und ein eher gleichrangiges, feinfühliges und in gegenseitigem Respekt bestehendes Verhältnis zum König aus.

Ziethens eigentliche militärische Entwicklung beginnt mit den ersten beiden Schlesischen Kriegen. Bei Moldauthein in Böhmen kann der Obrist mit seinem rotuniformierten, späterhin bis ins 20. Jahrhundert hinein legendären Husarenregiment Nr. 2 am 9. Oktober 1744 erstmals in eigener Regie eine größere gegnerische Streitmacht in die Knie zwingen. Ebenso zeichnet er sich am 20. Mai 1745 durch die gewagte nächtliche Durchquerung des feindlichen österreichischen Lagers bei Jägerndorf in Schlesien aus, wodurch er die Vereinigung der königlichen Hauptarmee mit dem Korps des Markgrafen Karl von Schwedt ermöglicht. Bei Hohenfriedeberg schließlich, vierzehn Tage später, können sich die Ziethenhusaren erstmals in einem großen Schlachteneinsatz auszeichnen. Der Sieg bei Katholisch Hennersdorf im November des Jahres geht zum großen Teil auf das Konto des mittlerweile zum Generalmajor aufgestiegenen Ziethen.

Nach dem Dresdener Frieden beginnt wieder der alt-eingewöhnte Alltag des militärischen Dienstes, der Ziethen nicht immer Freude bereitet; zeitweise fällt er beim König in Ungnade, der ihn seiner Ansicht nach nicht ausreichend fördert und seinerseits die allzu lasche Disziplin der Husarentruppe bemängelt. Über lange Jahre hinweg sondert sich Ziethen vom Hofe ab und grollt auf seinem Landgut dem Monarchen.

Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges bringt auch in der persönlichen Beziehung eine Wende. Friedrich wirbt ernsthaft um den mittlerweile fast sechzigjährigen Generalleutnant, der schließlich ein hohes Kommando im friderizianischen Heer übernimmt und in den folgenden sieben Jahren der Prüfung ein verlässlicher Kommandeur und - was fast noch wichtiger wird - ein väterlicher Freund für den schicksalsgeprüften Monarchen sein wird. Auch als Taktiker kann er sich nunmer endgültig bewähren: Die Schlachten bei Prag, Leuthen, Liegnitz und Torgau werden vornehmlich durch Ziethens Einsatz und sein scharfsinniges operatives Kalkül zu ruhmvollen preußischen Siegen. Niederlagen werden durch sein beherztes wie berechnendes Eingreifen gemildert, so bei Kolin und Hochkirch. Schließlich ist es Ziethen, der den König, im Heerlager zu Bunzelwitz 1761, aus einer tiefen seelischen Krisis herausreißt und zu neuer Initiative mitanspornt. Am Ende des Krieges gehört Ziethen als General der Kavallerie zur Elite des Königreiches und zum verschworenen Freundeskreis des gealterten Monarchen.

Die sich anschließenden Friedensjahre sehen den alten Heerführer noch als Kavallerieinspekteur und unermüdlichen Ausbilder seines mittlerweile sagenumwobenen Husarenregimentes. 1786 schließlich stirbt Ziethen auf Ruppin, nachdem es ein Jahr zuvor in Sanssouci zu jener berühmten Szene gekommen war, die wohl am eindrucksvollsten die Wertschätzung wiederspiegelt, die König Friedrich seinem alten Kampfgefährten entegegenbrachte: Der König ließ nach einer längeren Unterhaltung einen Stuhl bringen, auf den sich zu setzen er den 85jährigen Greis aufforderte. Da dieser sich ernsthaft und trotz der Schmerzen, die ihm das lange Stehen bereitete, weigerte, sich in Gegenwart des Monarchen niederzulassen, sagte der König mit gütiger Miene: "Setz Er sich, Ziethen, sonst geh' ich fort, denn ich will Ihm durchaus nicht zur Last fallen!" Da erst tat Ziethen, was sein königlicher Freund wünschte, der hier dem Mann symbolischen Vorrang gewährte, der Jahre lang unermüdlich an seiner Seite gekämpft, gelitten und schließlich gesiegt hatte.

(ks)