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Vuvuzela

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Vuvuzelas in verschiedenen Farben

Die Vuvuzela [vuvuˈzɛla] (Zulu) (auf Setswana manchmal auch Lepatata genannt) ist ein Blasinstrument und gilt als ein Symbol[1][2][3] des südafrikanischen Fußballs.

Das Instrument ist trompetenförmig, bis zu einem Meter lang und kann aus Kunststoff oder Blech gefertigt sein. Sein Klang ähnelt dem Trompeten eines Elefanten. Vielfach in Stadien eingesetzt klingt es wie ein „Hornissen-Schwarm“.[4] Die Herkunft des Namens ist umstritten. Er könnte aus der Bantusprache isiZulu stammen und „Krach machen“ bedeuten oder von dem Klang vuvu, der erzeugt wird, oder aus einem Slang der Townships, wo er von „duschen“ (shower) – hier im Sinne von „jemanden in Musik duschen“ beziehungsweise wegen der Duschkopf-Form der Instrumente – abgeleitet wäre.[3]

Wissenschaftliche Bewertung

Info zur Audio-Datei
Vuvuzela mit Klangbeispiel

Es können Schalldruckpegel von 120 dB(A) im Abstand von einem Meter und bis zu 131 dB(A) am Schalltrichter erreicht werden.[5]

Nach Max Peter Baumann, dem früheren Inhaber des Lehrstuhls für Musikethnologie an der Universität Bamberg, ist die Vuvuzela eine Naturtrompete, die ohne Ventile oder Klappen nur die Töne der Naturtonreihe hervorbringt. Die Tonhöhe werde durch den Blasdruck und eine unterschiedliche Spannung der Lippen am Mundstück variiert. Solche einfachen Naturtrompeten seien bei vielen Völkern belegt, wie etwa in Indien oder Tibet. Auch in Afrika gebe es viele Varianten, die „für den Gebrauch in der freien Natur bestimmt“ seien und „nun einmal sehr, sehr laut“ sind.[6]

Reinhard Kopiez, Professor für Musikpsychologie an der Hochschule für Musik und Theater Hannover, spricht von einem breiten Frequenzspektrum der Vuvuzelas durch Maskierungseffekte. Andere Instrumente weisen einen kleineren Bereich an Frequenzen auf, während die Vuvuzela in einem sehr breiten Bereich stark vertreten sei, vom stärksten ersten Partialton bei 220 Hz bis zu 15000 Hz. Dies führe zu Störempfindungen sowie Überlagerungen anderer Signale, da die dafür notwendigen Frequenzspektren überdeckt werden. Die Tonhöhe hänge allein von der Länge des Instruments ab, so dass durch das Zusammenspiel unterschiedlich langer Vuvuzelas sogenannte Cluster entstehen, die als Geräusch wahrgenommen werden. Er kritisierte das Instrument als „reine Marketingerfindung, die uns als tradierte Kultur verkauft wird“ sowie die Fankultur zerstöre. In der Ethnologie bezeichne man solches als „Invention of Tradition“.[7]

Gero Erdmann vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien meinte ebenso: „Die Vuvuzela ist noch sehr jung und wurde vor neun Jahren erfunden.“ Von gesamtafrikanischer Kultur könne man kaum sprechen, da sich die Verbreitung bis zum Vorjahr allein auf Südafrika beschränkte. Auch sei das traditionelle Instrument, auf das sich der Erfinder in der Vermarktung berufe, in der Kultur kaum präsent. Der Musikethnologe Bernd Clausen von der Universität Würzburg nannte den Anschluss an traditionelle Musikinstrumente weitgehend aus der Luft gegriffen: „Signalinstrumente wie ausgehöhlte Antilopenhörner gibt es in vielen afrikanischen Kulturen und man setzte sie etwa im Schamanismus ein.“ Das seien jedoch kaum Instrumente mit der schallverstärkenden Trichteröffnung der Vuvuzela „und schon gar keine Plastikgeräte“. Vielmehr, so Clausen, sei das Instrument ein gutes Beispiel dafür, wie die Globalisierung auch vor Musikinstrumenten nicht Halt mache: „Besonders die Medien und die globalen Transportsysteme trieben die Verbreitung in Windeseile an, wobei es auch rasch Produzenten außerhalb Südafrikas gab.“ Dass das Instrument zur Tradition im Weltfußball wird, hält er jedoch für unwahrscheinlich. [8]

Geschichte

Ein Vuvuzela-Bläser

Ursprünglich aus Blech hergestellt, wurde die Vuvuzela in Südafrika in den 1990er Jahren populär. Im Jahr 2001 begann das südafrikanische Unternehmen Masincedane Sport mit der Massenproduktion aus Kunststoff,[9] die durch eine Kooperation mit der South African Football Association gefördert wurde. Neben der Makarapa wurde sie Symbol des südafrikanischen Fußballs sowie offizieller Fanartikel.[2] Während zunächst nur wenige Fans die Trompete als Einpeitsch- und Rhythmusgerät in Begleitung zu Tanz und Gesang nutzten, entwickelte sie sich zu einem Massenphänomen insbesondere der südafrikanischen Fußballfankultur.[10]

Der ehemalige Staatspräsident Nelson Mandela ließ hunderte Vuvuzelas nach Zürich mitnehmen, als dort über die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 entschieden wurde. Der Preis für eine Vuvuzela betrug in Südafrika bis vor kurzem etwa 30 Rand (rund 3 Euro), ist jedoch durch die Fußball-Weltmeisterschaft in den Touristenregionen auf 100–200 Rand (etwa 10–20 Euro) gestiegen.

Nach Angaben von Neil van Sharkwijk, exklusiver Lizenzbesitzer während der Fußball-Weltmeisterschaft, wurden bis zum Juni 2010 etwa 800.000 Vuvuzelas in Südafrika und weitere 1,5 Millionen in Europa verkauft.[11]

Kontroverse

Beim Konföderationen-Pokal 2009 in Südafrika wurden Vuvuzelas intensiv eingesetzt. Einige Fernsehsender und Spieler wandten sich an die FIFA, um den „lautstarke[n] Gebrauch der Plastiktrompeten“[12] zu kritisieren. Die notorischen Hintergrundgeräusche beim Confederation Cup sorgten dafür, dass umfassend über das Phänomen der Vuvuzela in Medien berichtet wurde und eine intensive Diskussion unter den Fernsehzuschauern ausbrach, da man sich von dem Dauergeräusch belästigt fühle. Die starke Geräuschkulisse, vor allem bei Spielen der südafrikanischen Mannschaft, überlagere die Stimmen der Kommentatoren. Charakteristisch ist, dass Vuvuzelas im Gegensatz etwa zu Fansongs und Sprechchören völlig unabhängig vom Spielverlauf und dessen Spannung eingesetzt werden. FIFA-Präsident Sepp Blatter sprach sich dennoch gegen ein Verbot der Vuvuzela in den WM-Stadien aus und sagte: „Ich weiß nicht, ob wir diesen Sound stoppen können. Afrika ist laut, es ist voll Energie, Rhythmus, Musik, Tanz, Trommeln. Das ist Afrika, wir müssen dies so annehmen“.[13] Am 18. Juni 2009 entschied sich die FIFA gegen ein Verbot,[12] so dass die Vuvuzelas auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 eingesetzt werden können.[14] Zudem ist ein Rechtsstreit um die Markenrechte der Vuvuzela entbrannt,[15] da die Vermarktung der Vuvuzela auch in Deutschland rasch begann. So werden Vuvuzelas aus Plastik in allen Landesfarben in Deutschland produziert und vermarktet. Die deutschen Vuvuzelas bestehen aus drei Teilen, während die südafrikanischen aus einem Stück sind.[16][17]

Warnhinweis auf einer Vuvuzela

Vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen wurde im Mai 2010 eine Empfehlung an alle Kommunen ausgesprochen, den Gebrauch von Vuvuzelas bei öffentlichen Veranstaltungen (Public Viewing) zu untersagen, um eine Gehörgefährdung für andere Besucher und das mögliche Übertönen von Notfalldurchsagen zu vermeiden.[18] Während einige deutsche Städte dieser Empfehlung folgten, ist der Gebrauch in anderen weiterhin erlaubt.

Die staatliche Fluglinie South African Airways hat indes darauf hingewiesen, dass das Lärmen mit einer Vuvuzela während eines Inlandsfluges durch Südafrika gegen das Gesetz verstößt und deshalb sogar mit einer bis zu sechsmonatigen Gefängnishaft bestraft werden könnte.[19]

Zu Kritikern der Vuvuzela gehören auch diverse prominente Spieler der Weltmeisterschaft, die sich von dem durchdringenden Lärm während des Spiels gestört fühlen. [20] [21] [22] Die Reporter fühlen sich in ihrer Arbeit durch die Geräuschkulissen ebenfalls behindert.[23] Auch in Südafrika selbst gibt es kontroverse Diskussionen.[24] Zur Senkung des Schalldruckpegels von 131 auf etwa 100 dB(A) werden in Südafrika Ohrenstöpsel – sogenannte Vuvu-Stopper oder Tulazela – angeboten, die aufgrund einer hohen Nachfrage größtenteils schon ausverkauft sind.[25]

Trivia

In Deutschland wurde in einigen Medien eine Ähnlichkeit der Aussprache mit dem Namen des früheren Nationalspielers Uwe Seeler assoziiert.[26][27]

Die ebenfalls südafrikanische Kuduzela ist dem Geweih des Großen Kudus nachempfunden und wird von einem Automobilzulieferer produziert. Erstmals vorgestellt wurde das Instrument 2009 durch David Mabunda, Chef der Naturparkbehörde Südafrikas („SANParks“) in Pretoria.[28]

Commons: Vuvuzelas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Makhaye, Chris.Blasts of joy as vuvuzelas unbanned. 13. Juli 2008. IOL
  2. a b V is Vuvuzela. FIFA
  3. a b Vuvuzela: SA football's beautiful noise. In: southafrica.info
  4. Rechtsschutz gegen die Teufelströte?, Adolf Rebler in Legal Tribune Online, abgerufen am 16. Juni 2010.
  5. De Wet Swanepoel, James W. Hall, Dirk KOEKEMOER: Vuvuzela: good for your team, bad for your ears. In: South African Medical Journal. Band 100, Nr. 2. 2010, ISSN 0256-9574, S. 99–100.
  6. „Tröten für den Sieg“, Frankenpost vom 11. Juni 2010.
  7. „Trompeter aller Vereine vereinigt Euch!“ Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. Juni 2010.
  8. Ethnologe: Vuvuzela-"Tradition" ganze neun Jahre alt, Der Standard vom 16. Juni 2010
  9. Ronny Blaschke: Dusche aus Musik. In: Berliner Zeitung. 11. Juni 2010 (online).
  10. Unsichtbare Monsterwespen. Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2010.
  11. "Neo-Kolonialisten" gegen Vuvuzelas, Stern.de vom 15. Juni 2010.
  12. a b Fifa-Entscheidung. Südafrikaner dürfen weitertröten. In: Spiegel Online. 18. Juni 2009. Abgerufen am 5. Dezember 2009.
  13. Spieler und TV-Sender von Tröten genervt Spiegel Online vom 18. Juni 2009
  14. Vuvuzela - für vier Wochen Tinnitus. Kleine Zeitung vom 13. Mai 2010
  15. Volker Herrmann: Die Vuvuzela als Marke. Furzgeräusche aus der Hölle. In: aufrecht.de. Abgerufen am 5. Dezember 2009.
  16. Nina Schulze, Merlin Scholz: Das sind die Krachmacher aus Lüdenscheid. In: Bild.de, 30. Oktober 2009.
  17. Reutlinger Generalanzeiger: Vuvuzela: Der Elefanten-Sound der WM
  18. Public-Viewing zur Fußball-Weltmeisterschaft auch in diesem Jahr möglich. Mitteilung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen. Abgerufen am 7. Juni 2010.
  19. Vuvuzela tröten in Flugzeugen verboten. Handelsblatt.com. Abgerufen am 12. Juni 2010.
  20. http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,700405,00.html
  21. http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1000913
  22. Ich hasse diese Vuvuzelas.
  23. Tröten - Lass die Finger von der Vuvuzela! Frankfurter Rundschau vom 13. Juni 2010
  24. http://www.handelsblatt.com/von-wegen-kulturgut-vuvuzela-spaltet-auch-suedafrika;2599268
  25. S.African stores run out of 'vuvu-stopper' earplugs (englisch)
  26. Der Tagespiegel vom 11. Juni 2010: Vuvuzela? Uwe Seeler!
  27. Aus Vuvuzela wird Uwe Seeler …, Frankfurter Neue Presse und rhein-main.net, Stand 12. Juni 2010.
  28. Kuduzela macht der Vuvuzela Konkurrenz, T-Online vom 14. Juli 2009.