Naturrecht
Naturrecht ist die Bezeichnung für ein Rechtssystem, das bestimmte, vom Menschen nicht abänderbare Rechtsprinzipien über dem, ausschließlich vom Menschen geschaffenen positiven Recht definiert. In vielen positivrechtlichen Regelungen finden sich Normen des Naturrechtes, die entweder zur größeren Sicherheit einfach wiedergegeben sind oder auf eine konkrete Situation detailliert angewendet werden.
Naturrecht ist nicht nur ein bestimmte materielle Lehre leicht erkennbarer primärer Rechtsprinzipien (z. B. die goldene Regel), sondern auch eine bestimmte Argumentationsweise. Der Inhalt des Naturrechts bzw. besser gesagt, die Detailtiefe in der Erkennbarkeit der konkreten Naturrechtsinhalte, variiert dabei zwischen den Schulen. Es ist aber immer als eine Gegenposition zum ausschliesslichen Rechtspositivismus und zur Reinen Rechtslehre zu sehen. Dies zeigte sich insbesondere nach den rechtspositivistischen Negativerfahrungen im sog. Dritten Reich, sodaß es in der Nachkriegszeit eine Rennaisance des Naturrechts gab, um die Menschenwürde besser zu schützen. Als eine Variante des Naturrechts kann das Vernunftrecht angesehen werden.
Die im Naturrecht gelehrten Pechtsprinzipien werden unterschiedlichen, aber immer vom Menschen nicht beeinflußbaren Quellen zugesprochen. Als Beispiele seien genannt:
- Gott oder eine bestimmte Gottheit, der die Rechtsprinzipien bei der Schöpfung geschaffen hat,
- das als göttliches Gesetz gedeutete Logos, das die Welt durchströmt,
- das in das menschliche Individuum eingeschriebene und wirkende Naturgesetz (Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und Orientierung des Gewissens) im Unterschied zu den rein instinktiven Naturgesetzen des Tierreiches,
- bestimmte naturwissenschaftlichen Notwendigkeiten, die sich in der Natur zeigen,
- die Natur als solche.
Trotz der Möglichkeit, als Quelle des Naturrechts sowohl bei Gott als auch beim Menschen anzusetzen, kann es nicht im Sinne der modernen Naturwissenschaft verworfen werden, sondern bildet einen Hauptgegenstand der Moral- und Rechtsphilosophie. Nach Johannes Messner besteht das für das Naturrecht als Hauptbasis angesehene (spezifisch menschliche) Naturgesetz "nicht in einem unveränderlich für alle Zeiten gleichen Moralkodex, vielmehr in den das vollmenschliche Sein bedingenden und den Menschen verpflichtenden Grundwerten oder Grundprinzipien, die nur in ihrem allgemeinen Gehalt unveränderlich und nur insoweit absolute Geltung besitzen, als sie dem unveränderlichen und selbst einen absoluten Wert darstellenden Grundwesen der Personnatur des Menschen entsprechen." Die Naturrechtswissenschaft wurde im letzten Jahrhundert so in besonderer Weise von Johannes Messner erneuert und vertieft. So bildet das Naturrecht eine wesentliche Argumentationsgrundlage bestimmter Rechtsgebiete wie die Menschenrechte oder das Völkerrecht. Das Naturrecht ist dann jener Teil des menschlichen Naturgesetzes, der sich auf das gemeinschaftliche Leben bezieht, denn erst wo Gemeinschaft, dort auch Recht, weshalb Johannes Messner so definiert: "Naturrecht ist Existenzordnung, Grundordnung des Existierens des Menschen als Mensch, im wahrsten und vollsten Sinn von 'Existieren', die Ordnung, deren Forderungen ihm mit diesem Existieren in ihrem bestimmten Inhalt bewußt werden gemäß dem Prinzip, daß alle Erkenntnis durch die Erfahrung bedingt ist, auch die der Prinzipien der Rechtsvernunft als Teil der praktischen Vernunft. So erfaßt, werden diese Forderungen von der voll entfalteten Vernunft in ihrer allgemeinen in sich gewissen Wahrheit und in ihrer allgemeinen verpflichtenden Geltung eingesehen."
Naturrechtliche Vorstellungen gibt es aber schon seit der griechischen Antike. In der scholastischen Moraltheologie und im Zeitalter der Aufklärung erlangten Naturrechtslehren erneut Bedeutung. Am Problem des Naturrechts wird die Überschneidung von Rechtswissenschaft und Philosophie bzw. Theologie immer wieder deutlich. Damit ist das Naturrecht nicht nur ein wesentliches Teilgebiet der Rechtsphilosophie, sondern auch der Rechtswissenschaft als solcher, ob sie sich nun auf ziviles oder kirchliches Recht spezialisiert.
Bedeutende Vertreter des Naturrechts sind: