Kernwaffenexplosion
Eine Atomexplosion wirkt sich durch folgende Effekte auf ihre Umgebung aus:
- Druckwelle, die ähnlich wie bei normalen Explosionen ist, aber erheblich stärker
- direkte Wärmestrahlung und Licht
- direkte Kernstrahlung
- indirekte Radioaktivität durch Fallout-Partikel
- elektromagnetischer Impuls (EMP)
Detonationsarten
Es mag logisch erscheinen Atomwaffen direkt im Ziel zu zünden, d.h. als Bodendetonation. Allerdings trifft dies für die meisten Ziele nicht zu, da Atomexplosionen ihre größte Zerstörungskraft bei Luftdetonationen entwickeln. Boden- und Untergrunddetonationen werden nur in einigen Sonderfällen z.B. als Bunkerbrecher eingesetzt.
Luftdetonationen
Als Luftdetonationen werden Explosionen bezeichnet bei denen der Feuerball nicht den Erdboden berührt. Die Druckwelle der Detonation breitet sich wie eine Seifenblase aus und wird im Hypozentrum (Erdoberfläche unter der Bombe, Bodennullpunkt ground zero) als erstes reflektiert, was eine zweite schnellere Druckwelle verursacht. In einiger Entfernung zum Hypozentrum vereinigen sich beide zu einer einzigen sich ringförmig ausbreitenden Druckwelle, die im Vergleich zur Druckwelle einer Bodendetonation zwar schwächer, aber um ein vielfaches zerstörerischer ist.
Die Detonationshöhe spielt eine entscheidende Rolle. Je höher die Detonation stattfindet, umso schwächer ist die Druckwelle, die den Boden erreicht. Gleichzeitig vergrößert sich die von der Druckwelle betroffene Bodenfläche. Für jede vorgegebene Explosionsstärke, Überdruck der Druckwelle und Entfernung zum Hypozentrum gibt es eine optimale Detonationshöhe. Durch die optimale Wahl wird auf größtmöglicher Fläche ein größerer Schaden erreicht, als bei einer Bodendetonation.
Ein weiterer Effekt einer Luftdetonation ist, dass die emittierte Wärmestrahlung größeren Schaden anrichtet, da der Auftreffwinkel größer ist und damit die Absorptionswahrscheinlichkeit durch vorstehende Gebäude abnimmt.
Bodendetonation
Die "Vorteile" einer Bodendetonation liegen in der radioaktiven Verseuchung großer Landstriche durch Fallout und in der erheblich stärkeren aber begrenzten Druckwelle. Der Einsatz erfolgt zur Zerstörung von Bunkeranlagen wie Komandozentralen, Raketensilos und Staudämmen. Gerade aufgeschüttete Staudämme erfordern die Kraterbildung der Bodendetonation.
Untergrunddetonationen
In letzter Zeit wieder groß in der Diskussion, da diese besonders unterirdische Befehlszentralen und Bunkerkomplexe zerstören. Die Problematik besteht darin, die Bombe unbeschadet tief genug in den Untergrund zu bringen. Bei Atomtests hat die Untergrundexplosion in hinreichender Tiefe den Vorteil, dass die radioaktiven Produkte im Erdinneren verbleiben. Eine langfristige Freisetzung der Spaltprodukte ins Grundwasser oder ins Meer kann nach heutigem Wissensstand jedoch nicht ausgeschlossen werden, insbesondere bei Testexplosionen im porösen Gestein von Atollen, z.B. Mururoa.
Stratosphärendetonation
Die Detonation einer kleinen Atombombe in der Stratosphäre höher als 30 km über dem Erdboden hat in Bezug auf die Druckwelle am Boden kaum Auswirkungen. Dennoch kommt die Zivilisation in einem weiten Umkreis zum erliegen, da ein sehr stark ausgeprägter elekromagnetischer Impuls (EMP) ausgelöst wird. Dieser zerstört vor allem elektronische Geräte mit Halbleiterbauelementen wie Computer, Fernseher, Radios oder die elektronische Zündung im Auto. Etwa 4-5 Detonationen reichen aus, um die gesamten USA zu lähmen.
Ablauf einer Explosion
Feuerblase
Sofort nach der Zündung der Bombe liegt die Energie innerhalb des Bombenmantels
- als Wärmestrahlung bzw. Photonen,
- als kinetische Energie ionisierter Elektronen und
- als freie Atomkerne vor.
Aufgrund der enormen Intensität der Wärmestrahlung steigen die Temperaturen im Innern der Blase rapide auf 60-100 Millionen °C an. Dies entspricht ungefähr dem 10.000-20.000-fachem der Oberflächentemperatur unserer Sonne. Die Leuchtkraft ist etwa um den Faktor 10^16 mal größer als die der Sonne!
Die erste Energie die den Bombenmantel verlässt, ist Gammastrahlung, die mit Lichtgeschwindigkeit auf die umgebende Luft trifft und dort einen dichten Nebel aus Ozon und Stickoxiden bildet.
Die sich bildende Feuerblase, Isothermalsphäre genannt, dehnt sich schlagartig aus und sobald sie den Bombenmantel verlässt, gibt sie Licht- und Wärmestrahlen in die Umgebung ab. Die Feuerblase hat zu diesem Zeitpunkt einen Durchmesser von wenigen Metern.
Die sich ausdehnende Feuerblase kühlt sich dabei auf etwa 300.000 °C ab. Zu diesem Zeitpunkt bildet sich an der Oberfläche der Feuerblase eine Schockwelle, welche ihre Energie mit etwa 30 km/s an die umgebende Luft abgibt.
Feuerball und Druckwelle
Diese Kompression heizt die Luft auf etwa 30.000 °C (ca. das 5-fache der Sonnenoberflächentemperatur) auf - es bildet sich der Feuerball. Bei dieser Temperatur wird Luft ionisiert und undurchsichtig, was die Leuchtkraft der sich weiterhin ausdehnenden Feuerblase etwas abschwächt. Bei einer 20 kt Bombe hat der Feuerball zu diesem Zeitpunkt etwa einen Durchmesser von 180 Meter.
Während der weiteren Ausdehnung des Feuerballs kühlt er sich weiter auf etwa 3.000 °C ab und wird durchsichtig. Dahinter wird wieder die hell leuchtende Feuerblase mit einer Temperatur von rund 8000 °C sichtbar. Auf diese Weise kommt der für Atomexplosionen typische Doppelblitz zustande. Zu diesem Zeitpunkt haben Feuerblase und Feuerball nahezu ihre größte Ausdehnung erreicht. Die Druckwelle aber breitet sich weiter aus.
Pilzwolke
Nach dem "Wegbrechen" der Druckwelle kühlt sich der Feuerball weiter ab und beginnt sich aufgrund von Konvektion zu heben. Er reißt Staub und Asche mit in die Höhe. Die bekannte Pilzwolke entsteht.
Auswirkungen von Atomexplosionen
Folgen der Druckwelle
Der größte Schaden wird in bebauten Regionen (Städte) durch die Explosionsdruckwelle angerichtet. Die Explosion treibt die Luft vom Explosionsort fort, was eine plötzliche Druckschwankung verursacht (statischer Überdruck) und orkanartige Winde (dynamischer Überdruck). Der statische Überdruck zerstört vor allem massive Bauten, während der orkanartige Wind Menschen, Tiere, Bäume und leichte Bauten "umbläst".
Die meisten Todesfälle treten durch den dyamischen Überdruck ein. Menschen und Tiere werden wie Spielzeugpuppen durch die Luft gewirbelt und sonst harmlose Gegenstände mutieren zu hochgefährlichen Projektilen.
Die Druckwelle ist auch verantwortlich für Brände, welche durch die Zerstörung von Gasleitungen, Stromkabeln und Brennstoffanlagen entstehen.
Bei einer Bodendetonation verursacht der ernome Druck die Bildung eines Explosionskraters. Ein Teil des Erdreiches aus dem Krater lagert sich am Kraterrand ab, der Großteil wird jedoch pulverisiert und bildet später einen Teil des Fallouts.
Folgen der Licht- und Wärmestrahlung
Ungefähr 35% der freiwerdenden Energie einer Atomexplosion wird in Wärmestrahlung umgesetzt. Da sich Wärmestrahlung mit Lichtgeschwindigkeit in der Atmosphäre ausbreitet, treten Lichtblitz und Wärmestrahlung gleichzeitig einige Sekunden vor dem Eintreffen der Druckwelle auf.
Schaut man unmittelbar oder kurz nach der Detonation in Richtung des Explosionsortes, so kann die enorme Lichtintensität noch bis in weite Entfernungen für zeitweilige Erblindung sorgen.
Die abgegebene Wärmestrahlung verursacht Verbrennungen der Haut, die mit größerer Entfernung zum Bodennullpunkt abnehmen. Im Hypozentrum ist die Wärmeentwicklung im allgemeinen so stark, dass Lebewesen augenblicklich zur Unkenntlichkeit verbrennen und sogar Metalle verdampfen können. Die Entfernungen in denen Verbrennungen auftreten, sind sehr unterschiedlich, da hohe Luftfeuchtigkeit oder Staubpartikel (Smog) die Intensität abschwächen, Schnee und Eis oder eine niedrige Wolkendecke die Intensität verstärken können. Zusätzlich können sich Materialien wie Gardinen, Bettwäsche, Laub, Zeitungspapier entzünden. Diese Feuer treten vor dem Eintreffen der Druckwelle auf und werden zum Teil von ihr "ausgeblasen".
Folgen der direkten Kernstrahlung
Alle Atomwaffen senden während der Detonation ionisierende Strahlung aus. Die Strahlungsdosis nimmt dabei sehr stark mit der Entfernung vom Hypozentrum ab und hat nur bei kleineren Sprengkräften bis etwa 50 kt eine relevante Auswirkung, da bei größeren Sprengkräften die Wärmestrahlung und die Druckwelle bereits tödlich sind. So forderte die direkte Kernstrahlung bei den Explosionen in Hiroshima und Nagasaki die meisten Todesopfer. Die Betroffenen erkranken an der sog. Strahlenkrankheit.
Folgen des Fallout
Als Fallout wird ein Gemisch aus verschiedenen radioaktiven Substanzen und Staub bezeichnet, das im Laufe der Zeit aus der Pilzwolke ausfällt oder durch Regen ausgewaschen wird.
Der meiste Fallout wird bei Bodendetonationen erzeugt, wobei Staub durch die Druckwelle aufgewirbelt und gemeinsam mit der Pilzwolke in große Höhen transportiert wird.
Das Ausfallen der Substanzen erfolgt je nach vorherrschender Windrichtung und Windgeschwindigkeit über eine sehr große Fläche. Die am stärksten verseuchten Partikel fallen rund um das Hypozentrum zu Boden, mit zuhnehmender Entfernung nimmt die Strahlungsintensität ab, dennoch können lokal höhere Konzentrationen sog. Hotspots z.B. durch mit verstrahltem Staub angereicherten Regenfällen auftreten.
Ist der Fallout als dünne Staubschicht sichtbar, so ist oftmals die Strahlungsintensität groß genug, um sofortige Gesundheitsschäden verursachen zu können. Wird eine gewisse Dosis erreicht, so führt dies für die betroffenen Personen zu schweren Strahlenschäden, welche entweder die Erkankung an der Strahlenkrankheit oder gar den Tod zur Folge haben.
Folgen des EMP
Der Elektromagnetische Impuls (EMP) ist eine elektromagnetische Welle ähnlich einer Radiowelle, welche durch sekundäre Reaktionen bei der Absorption von Gammastrahlen auftritt. Sie unterscheidet sich von Radiowellen in 2 Punkten: Der EMP erzeugt ein viel stärkeres elektrisches Feld, das in Antennen (also in allen Metallleitungen) bis zu einige 1000 Volt induzieren kann. Zweitens tritt die Energie als einzelner Impuls innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde auf. Somit wäre der EMP einem Blitz ähnlicher, jedoch steigen blitzinduzierte Spannungen erheblich langsamer an. Darum sprechen Blitzschutzsysteme aufgrund ihrer Trägheit nicht an. Alle elektrischen oder elektronischen Geräte und Anlagen mit langen Leitungen oder Antennen und empfindlichen Bauteilen wie Halbleitern und Kondensatoren werden durch den EMP geschädigt. Dazu gehören u.a. die Stromversorgung (Freileitungsnetz), Telefonnetze, Haushaltsgeräte, Radio- und Fernsehsender. Nur Funkgeräte mit sehr kurzen Antennen werden weniger beeinflusst.