Hephthaliten
Die Hephthaliten oder Weiße Hunnen (Eigenbezeichnung: Huna bzw. Turan-Huna) waren ein hunnisches Volk Mittelasiens mit unklarem Ursprung. Als Alternativbezeichnungen sind auch aus dem chin. "Yeh-tai" und aus dem arab. "Haital" bekannt. Sie begründeten 425 ein Nomadenreich, das bis 563 bestand. Aus der türkischen Turkologie ist uns auch Ak Hun (Weiße Hunnen) bekannt. Auch die Römer bzw. Byzantiner benannten sie verschiedentlich als Weiße Hunnen.
Name
Der Volksname Hephthaliten stammt vom pers. "Hayatheliten" ab. Möglicherweise kennzeichnet der Name aber eher eine Dynastie, deren Volk sich aus lokalen mittelasiatischen Stammesgruppen (Chioniten, Varhunni u.a.) rekrutierte.
Geschichte
Herkunft
Es gibt zumindest einen Hinweis eines chinesischen Chronisten (Sung-Yün, das Liang-shu), dass die Hephthaliten als zeitweilige Vasallen der Shou-shan ursprünglich aus der heutigen Dsungarei stammten. Sie werden von den chin. Chroniken (im Zuge des häufigen Gesandtschaftwechsels mit den Nördlichen Wei) darüberhinaus zu den Ta-Yüe-tschi gestellt.
In persischen Quellen werden sie verschiedendlich als "Turan-Hunnen" bezeichnet und es ist anzunehmen, das sich ein großer Volksteil als solcher verstand. (Es wurden in Turkestan verschiedene Inschriften aufgefunden, die von den Turan Hun bzw. vom Yabghu Turan Hun sprechen.)
Lebensweise
Laut dem oströmischen Historiker Prokopios von Caesarea unterschieden sich die Hephthaliten in Lebensweise, Aussehen und Sitten zwar von den europäischen Hunnen (Schwarze Hunnen), trotzdem waren/sind sie nach gängiger Betrachtung "Hunnen". So begruben sie z.B. ihre Toten, was ihre Vorgänger nicht taten. Sie hätten auch eine hellere Haut als die Hunnen gehabt und nicht nomadisch gelebt.
Aufstieg
Die Hephthaliten übernahmen bis 450 die Herrschaft über eine ältere Ost-Hunnen-Gruppe, die Chioniten. Sie führten unter ihrem Führer Aksungvar (wohl bloß eine Deformation des Titels "Kschevan", zu deutsch König) ihre Kriege gegen das Perserreich der Sassaniden, wobei der sassanidische König Peroz I. 484 von ihnen getötet wurde. Einige Zeit später folgte die Einmischung in die sassanidischen Thronstreitigkeiten (498/99; siehe Kavadh I.).
Nach der Vernichtung der Kidariten-Horde verlagerte sich ihr Interessenschwerpunkt im frühen 6. Jahrhundert auf Indien. Unter Toramana (ca. 490-510/5) erreichte der Staat der Hephthaliten seinen Machthöhepunkt. Toramana siegte bei Eran über den Gupta-Thronanwärter Bhanugupta (reg. 503-30) und seinen General Goparaja, der in der Schlacht fiel. Die indischen Quellen bieten dazu eine übereinstimmende Schilderung von Grausamkeit und Unterdrückung. Bhanugupta zog sich nach Bengalen zurück.
Niedergang
Nach Toramanas überraschendem Tod in Benares folgte ihm um 515 sein Sohn Mirihakula, der hier ein Reich zwischen Persien, Khotan in Zentralasien und vermutlich einem Teil der Gangesebene regierte. Erst 527/28 erlitt Mirihakula eine Niederlage gegen den indischen Teilfürsten Yashodharman von Malwa und geriet zudem kurzzeitig in Gefangenschaft Bhanuguptas. Nach diesen Schlappen musste er sich nach Kaschmir zurückziehen, wo er sich mit Elefantenjagden und Buddhistenverfolgungen befasste und wenige Jahre später starb.
Das Hephthaliten-Reich wurde 557 - 563 von den Göktürken unter Istämi im Bündnis mit dem Sassaniden Chosrau I. vernichtet. Die entscheidende Schlacht bei Buchara 563 soll acht Tage gedauert haben. Reste der Hephthaliten halten sich bis ins 10. Jahrhundert und gehen allmählich im ostiranischen wie auch indischen Volkstum auf.
Literatur
- F. Altheim: Die Hephthaliten in Iran. [= Geschichte der Hunnen, Bd. 2], Berlin 1960.
- B.A. Litvinsky: The Hephthalite Empire, in: B.A. Litvinsky und andere (Hgg.), History of the Civilizations of Central Asia, Bd. 4 (The crossroads of civilizations: A.D. 250-750), Paris 1996, S. 135 ff.