Sadomasochismus
Der Sadomasochismus ist eine sexuelle Vorliebe, die sich auf das Zufügen oder Erleiden von Macht, Schmerzen, Demütigungen oder Freiheitsbeschränkungen richtet. Kernpunkte des Sadomasochismus sind Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit der Partner und die erotische Komponente, dadurch kann er von sexueller Gewalt unterschieden werden. Der Begriff wurde 1913 von I. Sadger geprägt. Ausdruck dieser ethischen Grundlagen ist das unter Sadomasochisten weitgehend unumstrittene Motto safe, sane, and consensual (SSC), zu Deutsch sicherheitsbewusst, nüchtern und im gegenseitigen Einverständnis. Um einen Weg aus einem sadomasochistischen Spiel, das aus dem Ruder zu laufen droht, zu erlauben, wird häufig ein Safeword vereinbart, das einem verbalen oder nonverbalen Abbruchcode entspricht.
Sadomasochismus wird heute weitgehend als sexuelle Spielart ähnlich wie Homosexualität betrachtet, während er früher auch von Sexualwissenschaftlern und Psychologen als Perversion angesehen wurde. Diese Sicht beruhte auf einer Vermischung von meist sadistischen Sexualstraftätern und konsensuellen Sadomasochisten. Die Rolle der Einvernehmlichkeit wurde dabei vernachlässigt und ist erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ins Blickfeld der Sexualwissenschaften geraten. Bestimmte Richtungen der Psychoanalyse tun sich bis heute jedoch schwer, diese nicht-wertende Beschreibung zu akzeptieren. Sowohl von der Sexualwissenschaft als auch von Seiten der Psychoanalyse wurden im Laufe des letzten Jahrhunderts diverse Theorien über den Ursprung sadomasochistischer Interessen in die Welt gesetzt (Misshandlungen in der Kindheit, Vergewaltigung, eine retardierte sexuelle Entwicklung), die sich allesamt nicht belegen ließen.
Sadomasochismus ist in Deutschland nicht strafbar, solange die Einvernehmlichkeit der Partner gewahrt bleibt. In Österreich könnten sadomasochistische Praktiken als Körperverletzung geahndet werden, da die Einwilligung seitens des Opfers wahrscheinlich durch die Sittenwidrigkeit des Aktes ausgehebelt wird. Sicherheit besteht nicht, da es kaum Präzedenzfälle gibt.
Durch eine gesteigerte Medienberichterstattung seit ungefähr Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts sind Elemente des Sadomasochismus popularisiert worden - sowohl schwarze Lederbekleidung als auch sexuelle Spiele wie Fesseln und Dominanz-Rollenspiele.
Die Schätzungen über die Prävalenz sadomasochistischer Vorlieben in der Bevölkerung reichen von 5-50%, je nach der Art der Fragestellung.
In der Literatur ist Sadomasochismus ein Dauerbrenner und hat einige Klassiker hervor gebracht, z.B. Die Geschichte der O von Dominique Aury (alias Pauline Réage), Justine von Marquis de Sade, Die Venus im Pelz von Sacher-Masoch oder die Cult Comics von Eric Stanton, in Anspielungen auch im King Ping Me. Als Kuriosum zu erwähnen ist Marthas Brief an Leopold Bloom in Ulysses von James Joyce.
In jüngerer Zeit findet SM Einzug in die normale Filmlandschaft (z.B. Tokyo Decadence oder Secretary, wobei Die flambierte Frau Anfang der 80er Jahre noch für Schlagzeilen gesorgt hat). Modeschöpfer entleihen ebenfalls seit einigen Jahren Ideen aus der SM-Szene.
Trotz des steigenden Interesses der Medien an SM ist die Darstellung oft einseitig und konzentriert sich mehr auf die extremen (Lustmord) und die glamourösen Aspekte (SM-Parties) anstatt tatsächlich über das Thema zu informieren. Als eine Art Gegenbewegung leisten immer mehr engagierte Sadomasochisten nach dem Vorbild der Homosexuellen Öffentlichkeitsarbeit, die auch Jugendarbeit einschließt.
Siehe auch
Literatur
- Das SM-Handbuch von Matthias T.J. Grimme, ISBN 3931406016 (ein eher technisches Handbuch mit Schwerpunkt bei der Erklärung von Praktiken und Sicherheitshinweisen)
- Die Wahl der Qual von Kathrin Passig und Ira Strübel, ISBN 3499609444 (ein eher informatives Buch, das für Leute geeignet ist, die sich erstmalig mit der Thematik auseinander setzen; auch geeignet, wenn man nicht weiß, was man von Sadomasochisten halten soll)
- Sadomasochismus, Szenen und Rituale von Thomas A. Wetzstein u.a., ISBN 3499196328 (vergriffen, wissenschaftlicher Versuch, sich dem Thema SM zu nähern)
- Lexikon des Sadomasochismus von Arne Hoffmann, ISBN 3896022903 (400-seitiges alphabetisches Nachschlagewerk)
Weblinks
- http://www.datenschlag.org/txt/smwid.html - Datenschlag mit einer Chronik des Sadomasochismus und Informationen zum Prinzip safe, sane and consensual
- http://www.smart-rhein-ruhr.de - bietet interessierten Menschen Gesprächsgruppen zum Thema Sadomasochismus im Rhein-Ruhr-Gebiet an.
- http://www.libertine.at - Libertine Sadomasochismus Initiative
- http://www.schlagartig.at
- http://www.bvsm.de - Bundesvereinigung Sadomasochismus e.V.
- http://www.schmacht.org - deutschsprachige SM-Frauen-Seite
- www.lustschmerz.de
- BDSM-Netz (Forum)