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Aufhebungsvertrag

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Durch einen Aufhebungsvertrag (auch: Auflösungsvertrag) wird ein vertragliches Dauerschuldverhältnis von den Vertragsparteien einvernehmlich beendet[1]. Darüber hinaus werden in dem Aufhebungsvertrag oft auch weitere Modalitäten geregelt, die im Zusammenhang mit der Beendigung stehen. Der zweiseitige Aufhebungsvertrag unterscheidet sich von der Kündigung als einseitiger Beendigung eines Vertragsverhältnisses. Aufhebungsverträge sind wegen des dortigen Kündigungsschutzes vor allem im Bereich des Arbeitsrechtes verbreitet.

Verträge über die Aufhebung von Arbeitsverhältnissen

Arbeitsrechtliche Aspekte

Die Parteien können das Arbeitsverhältnis im Aufhebungsvertrag ohne die Beachtung von Fristen beenden, Arbeitnehmer etwa können dadurch ohne Einhaltung der Kündigungsfrist das Unternehmen verlassen. Der Arbeitgeber braucht keine Kündigungsschutzbestimmungen zu beachten, er hat zum Beispiel keine Sozialauswahl durchzuführen. Zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes werden in Aufhebungsverträgen oft Abfindungszahlungen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer vereinbart.

Bei Aufhebungsverträgen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss in Deutschland nach § 623 BGB die Schriftform eingehalten werden. Andernfalls ist der Aufhebungvertrag nichtig und das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Geht die Initiative zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages vom Arbeitgeber aus, so kann der Arbeitgeber unter Umständen auf nachteilige Folgen hinweisen müssen (zum Beispiel für den Arbeitslosengeldanspruch oder für die Betriebsrente), wenn dies unter Berücksichtigung der besonderen Umständen des Einzelfalles und als Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung geboten ist.

Ein am Arbeitsplatz geschlossener Aufhebungsvertrag ist kein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BGB und deshalb nicht nach §§ 312, 355 BGB widerruflich[2].

Ein Arbeitnehmer, der zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages gedrängt wurde, kann den Aufhebungsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen gem. der §§ 119 bis 123 BGB anfechten[3], um seine Weiterbeschäftigung zu erreichen. Droht zum Beispiel ein Arbeitgeber mit der Kündigung, falls der Aufhebungsvertrag nicht zustande kommen würde, so kann der Aufhebungsvertrag nach § 123 BGB angefochten werden, wenn eine Kündigung überhaupt nicht in Betracht gekommen wäre.

Im Unterschied zu Kündigungen durch den Arbeitgeber hat der Betriebsrat bei einem einzelnen Aufhebungsvertrag kein Mitbestimmungsrecht.


Sozialrechtliche Folgen

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann in Deutschland für einen Arbeitnehmer nachteilige sozialrechtliche Folgen haben, wenn er anschließend auf Arbeitslosengeld oder auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist.

Wer einen Aufhebungsvertrag schließt, wirkt - wie bei einer eigenen Kündigung - an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit und verursacht dadurch seine Beschäftigungslosigkeit. Hat der Arbeitnehmer dafür keinen wichtigen Grund, kommt es nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III beim Arbeitslosengeld zu einer in der Regel zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Der Arbeitslosengeldanspruch mindert sich um die Tage der Sperrzeit, mindestens aber um ein Viertel der Anspruchsdauer (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Beim Arbeitslosengeld II wird nach § 31 SGB II die Regelleistung drei Monate lang um mindestens 30 Prozent abgesenkt. Der Zuschlag nach § 24 SGB II fällt in dieser Zeit ebenfalls weg.

Ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag besteht nur, wenn dem Arbeitnehmer anderenfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden und ihm die Hinnahme der Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre[4].

Aufhebungsvertrag mit Abfindung

Die Agentur für Arbeit kann keine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld wegen Arbeitsaufgabe (§ 144 SGB III) aussprechen, wenn mit dem Arbeitnehmer eine Aufhebungsvereinbarung gegen Abfindung abgeschlossen wurde, weil dem Arbeitnehmer anderenfalls eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen worden wäre.

Wird eine Abfindung gezahlt und zusätzlich die Kündigungsfrist nicht eingehalten, kommt es (unter Umständen zusätzlich zur Sperrzeit von 12 Wochen) zu (möglicherweise) erheblich längeren Ruhenszeiten beim Arbeitslosengeldbezug, abhängig von der Länge der Kündigungsfrist und der Höhe der gezahlten Abfindung (längstens bis zum Ablauf der arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist, bzw. höchstens einem Jahr). Unschädlich war bislang in der Regel ein nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung abgeschlossener Abwicklungsvertrag, wenn dort die Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber einzuhalten hatte, nicht abgekürzt wird; seit einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 18. Dezember 2003 [5] wird aber auch bei Abschluss eines Abwicklungsvertrages eine Sperrfrist zu verhängen sein.

Bei Einhaltung der Kündigungsfrist kann (ohne Anrechnung auf Arbeitslosengeld) eine Abfindung vereinbart werden. In vielen Fällen beeinflusst hierbei die Dauer der Firmenzugehörigkeit die Höhe des Betrags. In der Regel sind es besondere Bedingungen oder unerwartete Ereignisse, die zum Abschluss von Auflösungsverträgen führen. Meist hat der Arbeitnehmer eine neue Stelle gefunden, die er möglichst schnell antreten will. Hat der Arbeitgeber einen adäquaten Ersatzmann, wird er meist dem Auflösungsvertrag zustimmen. Hat er keinen Ersatz, kann er auf Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen bestehen.

Quellen

  1. Definition Aufhebungsvertrag
  2. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. November 2003, 2 AZR 135/03, AP Nr 1 zu § 312 BGB
  3. http://www.sensalgo.com/drktb/dissneu/downloadindex/index-allg.php?download=Anfechtung+von+Aufhebungsvertr%E4gen.pdf
  4. Bundessozialgericht, Urteile vom 8. Juli 2009 (B 11 AL 17/08 R) und vom 12. Juli 2006 (B 11a AL 47/05 R)
  5. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 AZ: B 11 AL 35/03

Literatur

  • Jens Peter Hjort: Aufhebungsvertrag und Abfindung: Strategien, Tipps und Musterverträge, Dezember 2007, ISBN 978-3-7663-3822-8
  • Dr. Einiko Benno Franz: "Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags", 2006, 639 S., ISBN 978-3-631-54984-1

Siehe auch