Elmore Leonard
Elmore Leonard (* 11. Oktober 1925 in New Orleans; eigentlich Elmore John Leonard, Jr.) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, der vor allem durch seine Kriminalromane bekannt wurde.
Biografie
Elmore Leonard begann schon im Alter von zehn Jahren mit dem Schreiben. Angeregt durch Erich Maria Remarques Roman Im Westen nichts Neues verfasste er ein darauf basierendes Theaterstück. In den folgenden Jahren schrieb er hin und wieder Erzählungen, von denen einige wenige in einer Schülerzeitung erschienen. Nachdem er 1943 die High School absolviert hatte, ging er zur Navy und war im Zweiten Weltkrieg im Südpazifik im Einsatz. 1946 begann er an der University of Detroit zu studieren und schloss 1950 mit einem M.A. in Englisch und Philosophie ab. Während seiner Studienzeit nahm er an mehreren Schreibwettbewerben teil.
Noch während seines Studiums begann er für eine Werbeagentur zu arbeiten. 1951 erschien in der Zeitschrift Argosy eine erste Westernerzählung unter dem Titel Trail of the Apache. 1953 erschien Leonards erster Roman, gleichfalls ein Western, unter dem Titel The Bounty Hunters. Bis 1961 veröffentlichte er zahlreiche Erzählungen und fünf Romane. Als 1961 sein Roman Hombre von den Western Writers of America ausgezeichnet wurde, kündigte er seinen Werbejob und wurde freier Schriftsteller.
Wie im Film erlebte auch in der Literatur der Western in den 1960er Jahren eine Krise. Leonard, der zuvor die Recht an einigen seiner Texte nach Hollywood verkauft hatte, arbeitete deshalb in dieser Zeit als freier Autor für Werbefilme und -broschüren und schrieb auch Filmszenarien für Schulfilme der Encyclopedia Britannica. 1969 erschien sein erster Krimi, The Big Bounce.
Im Laufe der 1970er Jahre gelang es ihm zunehmend, sich als Krimiautor zu etablieren. Seinen Durchbruch erlebte er jedoch erst 1985, als Glitz zum Bestseller wurde. Seit dieser Zeit wird Leonard auch von der Literaturkritik stark beachtet. Sehr viele seiner Krimis wurden verfilmt.
Elmore Leonard, Vater von fünf Kindern, lebt mit seiner Frau heute nahe Detroit.
Zum Werk
Elmore Leonards Krimis sind für das Genre recht untypisch. Privatdetektive spielen so gut wie nie eine Rolle (in seltenen Fällen eine kleine Nebenrolle) und auch die Polizei, Kriminaltechniker oder andere Ermittler kommen wenn überhaupt nur am Rande vor. Auch geht es Leonard nie darum, wie bei den Whodunit-Krimis, einen rätselhaften Fall nach und nach aufzulösen. Und auch mit den Stilmitteln neuerer, blutrünstiger Krimis, Serienkillergeschichten usw. arbeitet Leonard nie.
Was Leonards Krimis auszeichnet, ist die genaue Schilderung oft sehr unterschiedlicher Milieus, die durch präzise gezeichnete Individuen und deren Lebensgeschichte dargestellt wird. Stets kommen dabei sehr unterschiedliche Milieus, beispielsweise Mafiosi, weiße Industriearbeiter, Afro-Amerikaner, Prostituierte, Models, Filmproduzenten, Indianer, Bänker, Spekulanten, Kleinkriminelle oder Soldaten in Kontakt mit ihnen nicht vertrauten Bereichen der Gesellschaft - was häufig zu Gewalt, manchmal aber auch zu überraschenden Verbrüderungen führt. Die Dynamik von Leonards Plots entwickelt sich aus eben solchen Konfrontationen - und sie entwickeln dadurch eine höchst eigene Dynamik, die für den Leser mit ihren unvorhersehbaren Wechselwirkung die Spannung erzeugen.
Was Leonards Krimis weiter auszeichnet, ist die präzise Darstellung nicht nur der Sachkultur (Autos, Wohnungseinrichtungen, Nahrung, Hobbies, Sport, Musik) unterschiedlichster Milieus, sondern mehr noch der Soziolekte der unterschiedlichen Personen (ein wesentliches Element, das leider in der deutschen, meist recht ungenauen Übersetzung verloren geht; große Teile seiner Romane bestehen aus direkter Rede, was sie so filmtauglich macht. Dazu kommen die sehr genau eingesetzten Orte der Handlung. Häufig wiederkehrende Orte sind bei Leonard Detroit, Chicago, das südliche Florida und der Raum Los Angeles. Dabei wird jeweils die soziale Feinstruktur der Settings - wo kann sich wer wie bewegen? - zum wesentlichen Bestandteil der Handlung. In einigen Romanen werden zudem exotischere Schauplätze eingesetzt, beispielsweise Israel oder die Bahamas, wobei dann auf ähnliche Art die Enge des Ortes und die damit begrenzten Bewegungsmöglichkeiten die Handlung mit großer Konsequenz vorantreiben.
Von einigen englischsprachigen Kritikern wird Leonard nicht zu unrecht mit Honoré de Balzac verglichen. Nicht nur versteht er sich wie dieser selbst nicht in erster Linie als Künstler, sondern als Brotautor und Handwerker, es gelingt ihm auch auf nicht unähnliche Art, in seinen Büchern eine präzise Gesellschaftschronik der USA zu schaffen. Eine weiter Ähnlichkeit zum zyklischen Werk Balzacs ist, dass nicht nur Örtlichkeiten, sondern immer auch wieder Personen aus früheren Romanen, wenn auch manchmal nur am Rande, in späteren Büchern Leonards wieder auftreten.
Werke
- The Bounty Hunters, 1953
- The Law at Randado, 1954
- Escape from Five Shadows, 1956
- Last Stand at Saber River, 1959
- Hombre, 1961
- The Big Bounce (dt. Ein schlechter Abgang), 1969
- The Moonshine War (dt. Schwarzer Schnaps und blaue Bohnen), 1969
- Valdez is Coming, 1970
- Forty Lashes Less One, 1972
- Mr. Majestyk, 1974
- Fifty-Two Pickup (dt. Sein letztes Angebot), 1974
- Swag (dt. Dies ist ein Überfall), 1976
- Unknown Man No. 89 (dt. Nr. 89 - Unbekannt), 1977
- The Hunted (dt. Die Gejagten und Rosen in Israel), 1977
- The Switch (dt. Wer hat nun wen aufs Kreuz gelegt), 1978
- Gunsights, 1979
- City Primeval (dt. High Noon in Detroit und Entscheidung in Detroit), 1980
- Gold Coast (dt. Die Mafia-Erbin), 1980
- Split Images (dt. Ohne Beweise), 1981
- Cat Chaser (dt. Florida Fieber), 1982
- Stick (dt. Sie nannten ihn Stick und Stick), 1983
- LaBrava, 1983
- Glitz, 1985
- Bandits (dt. Banditen), 1987
- Touch (dt. Blutsmale), 1987
- Freaky Deaky, 1988
- Killshot (dt. Beruf: Killer), 1989
- Get Shorty (dt. Schnappt Shorty), 1990
- Maximum Bob (dt. Alligator), 1991
- Rum Punch (dt. Jackie Brown), 1992
- Pronto (dt. Jede Wette), 1993
- Riding the Rap (dt. Volles Risiko), 1995
- Out of Sight (dt. Zuckerschnute), 1996
- Cuba Libre, 1998
- Be Cool (dt. Schnappt Chili), 1999
- Tonto Woman, 1998
- Pagan Babies (dt. Heidengeld), 2000
- Fire in the Hole, 2001
- Tishomingo Blues (dt. Spring oder stirb), 2002
- A Coyote's in the House, 2003
- Mr. Paradise, 2004
Preise
- Edgar Allan Poe Award der Mystery Writers of America für The Switch (Best Original Paperback Novel, 1978)
- Edgar Allan Poe Award für Split Images (Best Novel, 1981)
- Edgar Allan Poe Award für LaBrava (Best Novel, 1983)
- International Association of Crime Writers' North American Hammett Prize für Maximum Bob, 1991
- Grand Master Award der Mystery Writers für das Gesamtwerk
Verfilmungen
- Hombre, 1967
- The Big Bounce, 1969
- Mr. Majestyk, 1974
- The Ambassador, 1984
- Glitz, 1988
- Get Shorty (dt. Schnappt Shorty!), 1995
- Jackie Brown, 1997
- Out of Sight, 1998
- The Big Bounce, 2004
Umfassende Filmografie bei IMDB
Über Elmore Leonard
- David Geherin: Elmore Leonard, Continuum 1989
- Elmore Leonard's Criminal Record, Dokumentation der BBC, 1991
Weblinks
- elmoreleonard.com
- Elmore Leonard bei Random House
- Artikel von Glauser-Preisträger Horst Eckert über Elmore Leonard
Personendaten | |
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NAME | Leonard, Elmore |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Krimi-Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 11. Oktober 1925 |
GEBURTSORT | New Orleans, Louisiana |