Torlakisch
Das Torlakische umfasst denjenigen Teil der Serbokroatischen Sprache, der den Übergang zum Bulgarischen und Makedonischen bildet. Bei der Einordnung dieses Dialekts scheint Uneinigkeit darüber zu herrschen, ob man ihn als eigenständigen Hauptdialekt neben dem Štokavischen, Kajkavischen und Čakavischen gelten lassen soll, oder ob er als ein ekavischer Teildialekt dem Štokavischen untergeordnet werden kann.
Geht man von Letzterem aus, taucht zur Umschreibung des Torlakischen auch der Begriff prizrensko-timočki govor (Prizren-Timok-Dialekt) auf.
Verbreitung

So sind bereits zwei Eckdaten zur Verbreitung des Dialekts gegeben. Er wird von der serbischen und slawisch-muslimischen Bevölkerung (Goranen) im Süden der Provinz Kosovo und Metohija gesprochen. Städtische Zentren hier sind neben Prizren auf jeden Fall Uroševac und Gnjilane. Zum Teil wird die Grenze zum Kosovo-Resava-Dialekt weiter nördlich gezogen, so dass auch die Städte Đakovica und Priština mit ins Torlakische eingeschlossen werden.
Im engeren Serbien (uža Srbija) zählen die Täler der Südlichen Morava (Južna Morava) und der Nišava mit den Städten Niš, Vranje, Leskovac, Prokuplje, Pirot und Aleksinac sowie das Ursprungsgebiet des Flusses Timok mit der Stadt Knjaževac und der schmale Streifen zwischen Timok und bulgarischer Grenze zum torlakischen Sprachraum. In den Orten Caribrod (ehem. Dimitrovgrad) und Bosilegrad, die Bulgarien nach dem 1. Weltkrieg an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen abtreten musste, wird bis heute Bulgarisch gesprochen.
Eine Besonderheit bildet eine Sprachinsel im rumänischen Teil des Banats. Die Bewohner der Ortschaft Caraşova (skr. Karaševo) und der benachbarten kleineren Gemeinde Lupac (skr. Lupak) sprechen einen torlakischen Dialekt, gehören aber der römisch-katholischen Kirche an. Gemäß der Völkerunterscheidung im serbokroatischen Sprachraum gehören sie daher zu den Kroaten. Während sich jedoch nur ein kleinerer Teil mit dem Kroatentum und eine noch geringere Anzahl mit dem Serbentum identifiziert, bezeichnen sich die meisten als Krasowaner. So sind sie in Rumänien neben den Serben und Kroaten auch als eigene ethnische Gruppe anerkannt.
Geschichte und bulgarische Ansprüche
Während der nationalen Wiedergeburt Serbiens vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Bildung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen 1918 ist der torlakische Sprachraum eines der Gebiete, die am längsten im Osmanischen Reich verbleiben. Erst 1878 kommt der Sandžak von Niš mit den Orten Niš, Pirot, Prokuplje und Leskovac, also der nordöstliche Teil des torlakischen Sprachraums, zum nunmehr vollständig unabhängigen Fürstentum Serbien, während der südwestliche Teil mit den Städten Prizren, Uroševac, Gnjilane und Vranje erst 1913 nach den Balkankriegen an Serbien angeschlossen wird.
Die umstrittene Abgrenzung zwischen Serben und Bulgaren macht den torlakischen Sprachraum und Vardar-Makedonien zum Zankapfel zwischen Serbien und Bulgarien. Schon im Frieden von San Stefano 1878 beansprucht Bulgarien neben Makedonien auch das Gebiet um Pirot und den südlichen Teil des Tals der Južna Morava. Ethnografische Karten des 19. Jahrhunderts weisen teilweise auch ganz Südostserbien einschließlich der Stadt Niš als Teil des bulgarisch besiedelten Raums aus. Mehrmals versucht Bulgarien erfolglos, Serbien neben Vardar-Makedonien auch Teile des torlakischen Gebiets zu entreißen. 1913 erklärt Bulgarien Serbien den Krieg (Zweiter Balkankrieg), da wesentliche Gebiete der bulgarischen Interessensphäre nach dem Erster Balkankrieg an Serbien angeschlossen worden waren. Im 1. Weltkrieg stehen von 1915 bis 1918 bulgarische Truppen in Serbien. 1941 überfällt Bulgarien an der Seite Nazideutschlands das damalige Königreich Jugoslawien, das in der Folge von den Achsenmächten neu aufgeteilt wird. Die Gebiete um Pirot und Vranje sowie der Südrand der heutigen Provinz Kosovo und Metohija und der größte Teil Makedoniens werden Bulgarien zugesprochen.
Seit der Anerkennung der makedonischen Nation und Sprache in Jugoslawien nach dem 2. Weltkrieg ist eine klare Abgrenzung zwischen Serben und Makedoniern geschaffen. Der Konflikt mit Bulgarien verlagert sich nach dem Zerfall Jugoslawiens auf die seit 1991 unabhängige Republik Makedonien.
Lage in Kosovo und Metohija:
Vor dem massiven Exitus der serbischen Bevölkerung aus Kosovo und Metohija nach 1999 lebte eine große Anzahl torlakischsprachiger Serben in und um Prizren, im Opština Strpce, in und südlich von Priština und im östlichen Kosovo im Umland von Gnjilane. Zumindest im Opština Strpce, wo die Serben die absolute Mehrheit stellen, dürfte das Überleben des Torlakischen in Kosovo und Metohija auf weitere Sicht gesichert sein – und auch in den Siedlungsgebieten der Goranen südlich von Prizren.