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Viermächte-Status

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Die Oberbefehlshaber der vier Verbündeten am 5. Juni 1945 in Berlin: Bernard Montgomery, Dwight D. Eisenhower, Georgi Konstantinowitsch Schukow und Jean de Lattre de Tassigny
Deutschland 1947. Die vier Besatzungszonen gemäß dem Potsdamer Abkommen, das freie Saarland und die von der Sowjetunion unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellten Ostgebiete
Besatzungszonen in Österreich

Der Viermächte-Status begründete die rechtliche und organisatorische Umsetzung der gemeinsamen Verantwortung der Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkrieges, zunächst der USA, der Sowjetunion und Großbritannien, später auch Frankreichs, für Deutschland wie Österreich als jeweils Ganzes nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht 1945.

Den Alliierten war bereits im Verlauf des Krieges bewusst gewesen, dass sie im Falle der militärischen Besetzung Deutschlands keine handlungsfähige Regierung (vgl. auch Regierung Dönitz) mehr antreffen würden. Die vereinbarte Vorgehensweise sollte das Deutsche Reich nicht abschaffen oder annektieren. Die vier Hauptsiegermächte übernahmen demnach die Aufgaben des besiegten Deutschen Reiches als Staat und Völkerrechtssubjekt als Ganzes, ohne sich aber finanzielle und rechtliche Verpflichtungen als Rechtsnachfolger anzueignen. Die rechtstheoretischen Überlegungen für die angewendete Konstruktion gehen auf Arbeiten Hans Kelsens sowie des britischen Staatsrechtlers William Malkin zurück.[1] Die besondere Rechtslage des Deutschen Reiches nach 1945 spielte neben den rechtlichen Umständen der deutschen Kapitulation auch bei der Wiedererrichtung Österreichs und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland sowie bei den diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik und der DDR bis hin zur deutschen Wiedervereinigung eine wichtige Rolle. Dabei kam es zu gravierenden territorialen wie auch staatsrechtlichen Änderungen.

Nachdem Österreich als eigenständiger Staat in den Grenzen von 1938 wiederhergestellt war, wurden die Städte Berlin und Wien 1945 in jeweils vier Sektoren aufgeteilt und als Viersektorenstadt regiert. Der Staat Preußen als größter Bestandteil Deutschlands wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 abgeschafft.

1944 war nur die Teilung Berlins in drei Sektoren beschlossen worden. Der Entschluss für eine französische Zone fiel am 26. Juli 1945, womit auch der Französische Sektor von Berlin erst am 30. Juli 1945 in der ersten Sitzung des Alliierten Kontrollrates entstand.[2] So wurde die Hauptstadt des Deutschen Reiches auf Beschluss der Konferenz von Jalta von den Siegermächten zunächst in drei, später vier Sektoren aufgeteilt, die von den vier Besatzungsmächten USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich kontrolliert wurden. Die Alliierte Kommandantur, das entsprechende Gremium für die Viersektorenstadt, war dem Alliierten Kontrollrat unterstellt.

Ebenso geschah es mit Wien als Hauptstadt des am 13. März 1938 an das Deutsche Reich „angeschlossenen“ Österreichs (Ostmark).

Gremien

Als höchstes Gremium wurde zunächst der Alliierte Kontrollrat eingesetzt. Während der folgenden Deutschen Teilung blieb die Souveränität der beiden deutschen Staaten eingeschränkt. Für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin war die Alliierte Hohe Kommission, abgekürzt AHK, mit drei Hohen Kommissaren (auch „Hochkommissaren“) von 1949 bis 1955 oberstes Kontrollorgan der drei Westmächte. Diese wurde mit Aufhebung des Besatzungsstatuts durch Inkrafttreten der Pariser Verträge 1955 aufgelöst, aber das alliierte Vorbehaltsrecht schränkte die staatliche Souveränität weiterhin ein.

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) bis 1949 und die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) waren die Überwachungs- und Leitungsinstitution der sowjetischen Besatzungsmacht zur Führung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) beziehungsweise später der Deutschen Demokratischen Republik bis zum 28. Mai 1953. Nach dem Tod Josef Stalins wurde die SKK in die „Hohe Kommission der UdSSR in Deutschland” umgewandelt. Der damalige politische Berater General Tschuikows, Wladimir S. Semjonow (später stellvertretender Außenminister der Sowjetunion), wurde zum Hohen Kommissar ernannt.

Der Kontrollrat an sich wurde formal erst mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten aufgelöst, als 1990 durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag die vollständige Souveränität Deutschlands hergestellt wurde.

Besatzungszonen in Deutschland und Österreich

Deutschland

Hauptartikel: Deutschland 1945 bis 1949

Besatzungszonen in Deutschland 1945

Im Rahmen der Berliner Erklärung stellten die Alliierten am 5. Juni 1945 die Übernahme der Regierungsgewalt im Gebiet des Deutschen Reiches fest. Das betraf auch die Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen und Behörden der Länder, Städte und Gemeinden. Die Besatzungszonen umfassten das Staatsgebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937, ohne die okkupierten Gebiete ostwärts der Oder-Neiße-Linie – diese standen zunächst unter sowjetischer, später hauptsächlich polnischer Verwaltung –, und waren durch Zonengrenzen voneinander getrennt. Diese waren in der Regel identisch mit den Verwaltungsgrenzen ehemaliger Länder, vereinzelt auch mit Kreisgrenzen. Dadurch wurde erreicht, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung auch weiterhin sichergestellt werden konnte.

Durch die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen war der preußische Staat zerrissen worden und hatte faktisch aufgehört zu bestehen. Am 25. Juli 1947 wurde er durch den Alliierten Kontrollrat per Kontrollratsgesetz Nr. 46 auch staatsrechtlich aufgelöst.

Österreich

Hauptartikel: Besetztes Nachkriegsösterreich

Wie Deutschland war Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Alliierten besetzt und in vier Besatzungszonen geteilt worden. Wie in Berlin waren auch in Wien alle vier Besatzungsmächte vertreten. Der einzige Unterschied bestand in einer vorhandenen fünften inter-alliierten Zone, mit wechselnder Besatzungsmacht.

Die Besatzungszeit dauerte bis zum österreichischen Staatsvertrag im Jahre 1955, wodurch in Österreich das Ende der Besatzungszeit und die Erlangung der vollen Souveränität zeitgleich vollzogen wurden.

Aufteilung der Hauptstädte

Berlin

Die vier Sektoren Berlins
Verlauf der Berliner Mauer mit den vier Sektoren

Den Bewohnern der West-Sektoren (die westlichen Sektoren wurden von Frankreich, Großbritannien und den USA verwaltet) wurde 1952 das Betreten des Umlandes (SBZ/DDR) verboten, die Stadtgrenze wurde mit Stacheldrahtzäunen abgesperrt. Der Wechsel zwischen den Sektoren war jedoch noch weitgehend ungehindert möglich bis zur physischen Zementierung der Teilung der Stadt in West-Berlin (Westsektoren) und Ost-Berlin (sowjetischer Sektor) durch den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Im Jahr 1971 wurde das viele praktische Fragen regelnde Viermächteabkommen über Berlin abgeschlossen. Die Sektoren existierten bis zum Vorabend der Deutschen Einheit, also bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990.

Siehe auch: Berlin-Frage

Die ursprüngliche Gliederung der vier Sektoren

Der französische Sektor bestand aus den Bezirken Wedding und Reinickendorf. Der sowjetische Sektor umfasste Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg, Mitte, Friedrichshain, Lichtenberg, Köpenick und Treptow. Der amerikanische Sektor unterteilte sich in Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf. Der britische Sektor bestand aus den Bezirken Charlottenburg, Spandau, Tiergarten und Wilmersdorf.

Die Bezirke Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen, die sich auch auf den abgebildeten Karten wiederfinden, sind erst ab 1979 durch Veränderungen der Bezirksgrenzen in Ost-Berlin entstanden. Nach alliiertem Recht hätte dies einer Zustimmung der Alliierten, also auch der Westalliierten bedurft, die es tatsächlich nicht gab; die DDR handelte insofern mit Rückendeckung der Sowjetunion eigenmächtig.

Aufteilung Wiens

Ähnlich der Situation in Berlin, wurde auch Wien in vier Sektoren aufgeteilt, wobei aber bis zum Ende der Besetzung im Jahr 1955 Reisefreiheit innerhalb der gesamten Stadt herrschte. Die Aufteilung bezog sich auf das Gebiet Wiens in den Grenzen von 1937; alle durch die Entscheidung des NS-Regimes zur Bildung Groß-Wiens 1938 hinzugekommenen Gebiete, die damaligen Bezirke 22 bis 26 wurden Niederösterreich und somit der sowjetischen Besatzungszone außerhalb Wiens zugerechnet.

Die Innere Stadt wurde keiner Besatzungsmacht allein zugesprochen, sondern zur Interalliierten Zone erklärt und von allen vier Mächten (nach einem monatlichen Turnus in der Leitung) besetzt.

Während die sowjetische Besatzungsmacht innerhalb der Stadt über den Flughafen Aspern verfügte, befanden sich der US-amerikanische Flughafen Langenlebarn und der britische Flughafen Schwechat in Niederösterreich – und damit in der sowjetischen Besatzungszone. Nur kleine Air strips wurden innerhalb der Stadt angelegt.

Berühmtheit erlangten die sogenannten Vier im Jeep durch den gleichnamigen Film. Es handelte sich dabei um von allen vier Besatzungsmächten gemeinsam durchgeführte Patrouillenfahrten, wodurch symbolisch die funktionierende Vier-Mächte-Verwaltung propagiert wurde.

Der Roman Der dritte Mann von Graham Greene spielt im Wien dieser Zeit.

Die vier Sektoren in Wien (die aufgehellten Gebiete wurden 1938 Groß-Wien eingemeindet)

Die vier Sektoren

Internationaler Sektor

Französischer Sektor

Britischer Sektor

Amerikanischer Sektor

Sowjetischer Sektor

Siehe auch

Literatur

  • Arthur Schlegelmilch: Otto Ostrowski und die Neuorientierung der Sozialdemokratie in der Viersektorenstadt Berlin. In: Jahrbuch für die Geschichte und Mittel- und Ostdeutschlands, Bd. 14 (1993), S. 59ff.
  • Hans Rauschning: Berlin halb und halb. Gezeichnete Viersektorenstadt, Verlag Food Promotion, 1985, ISBN 3-760-58510-8, ISBN 978-3-76058-510-9.
  • Uwe Andersen, Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Leske+Budrich, 5., aktual. Aufl., Opladen 2003. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2003.
  • Peter Csendes: Geschichte Wiens, Verlag für Geschichte und Politik 1990, ISBN 3-702-80295-9, ISBN 978-3-70280-295-0.

Einzelnachweise

  1. Matthias Etzel, Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), Band 7 von Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Verlag Mohr Siebeck, 1992, ISBN 3-161-45994-6.
  2. Gerhard Keiderling, Es herrschte das Prinzip der Einstimmigkeit