Höhle
Eine Höhle ist ein natürlich entstandener unterirdischer Hohlraum, der groß genug ist, um von Menschen betreten zu werden und länger als fünf Meter ist. Diese Definition des Begriffs Höhle aus der Speläologie (Höhlenkunde) unterscheidet sich somit vom umgangssprachlichen Gebrauch.
Definition
Höhlen, im Sinne dieses Artikels, sind ausschließlich natürlich entstandene Hohlräume. Demnach sind künstlich durch Eingriffe des Menschen entstandene Hohlräume wie z. B. Bergwerke, Luftschutzstollen oder Wohnhöhlen keine Höhlen. In letzter Zeit wird dafür immer häufiger der Begriff Subterranea benutzt, der eigentlich von dem lateinischen Wort für unterirdisch abgeleitet ist, aber in dieser Form bisher zumeist im Englischen verwendet wird.
Entstehung
Höhlen entstehen durch geologische Prozesse.

Primäre und sekundäre Höhlen
Man unterscheidet:
- Primäre Höhlen: Darunter versteht man gleichzeitig mit dem sie umgebenden Gestein entstandene Höhlen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Lavahöhlen, oft kleinere Hohlräume, die durch Gasblasen in erstarrender Lava entstanden sind. Meistens werden diese Hohlräume nur durch Zufall geöffnet. Es gibt aber auch viele Kilometer lange Lavahöhlen. Bei diesen sog. Lavaröhren handelt es sich um Lavakanäle, deren Oberfläche abkühlte und erstarrte, während darunter die flüssige Lava weiter strömte, bis die Eruption zum Stillstand kam. Solche Höhlen findet man etwa auf Hawaii, in Island und Korea.
- Sekundäre Höhlen: Darunter versteht man Höhlen, die später als das sie umgebende Gestein entstanden sind. Unter diese Kategorie fallen Höhlen, die durch Korrosion (chemische Verwitterung) und Erosion (mechanische Verwitterung) oder Tektonik (Bewegungen der Erdkruste bzw. von Gesteinsschichten) entstanden sind. Die meisten dieser Höhlen entstehen durch eine Kombination von Korrosion und Erosion, gelegentlich auch durch tektonische Einflüsse.
Sekundäre Höhlen finden sich in Gesteinen, die im weitesten Sinne wasserlöslich sind, also vor allem in den verschiedenen Arten von Kalksteinen. Regenwasser enthält Kohlendioxid, das es abhängig von seiner Temperatur lösen kann. Kälteres Wasser kann mehr Kohlendioxid lösen. Abhängig von der Kohlendioxidkonzentration des Wassers kommt es zur Kohlensäureverwitterung des Kalks. Durch Kapillarwirkung dringt das Wasser in feine Ritzen des Gesteines ein und löst Kalk. Das alleine erklärt noch keine wesentliche Höhlenbildung. Da jedoch die Fähigkeit des Wassers Kalk zu lösen nicht linear mit der Kohlendioxidkonzentration verläuft kommt es zu folgendem Phänomen, das auch Mischungskorrosion genannt wird: Treffen sich im Berg zwei verschiedene mit Kalk gesättigte Lösungen und vermischen sich diese, so entsteht eine neue Konzentration von Kohlendioxid die zusätzlich Kalk lösen kann. So kann an dieser Stelle ein größerer Hohlraum entstehen. Dieses ist sozusagen der Schlüssel zur Höhlenbildung.
Phreatische und vadose Höhlen
Sowohl in den vorrangig durch Lösungsprozesse gebildeten Sekundärhöhlen, aber auch in den Primärhöhlen treten die erosiven (mechanischen) Kräfte des Wassers weiterhin formend in Erscheinung. Ist der Hohlraum ausreichend, so dass große Wassermengen durchfließen können, ist es möglich, dass das Wasser von der Decke gebrochene Felsstücke forttransportiert und so den Höhlenraum wesentlich verändert. Im Laufe der Zeit dringt das Wasser in immer tiefere Gebiete des Berges vor und die früher durchflossenen werden mehr oder weniger wasserfrei.
Während dieses Bildungsprozesses kann man unterscheiden:
- Phreatische Höhlen: Diese sind gänzlich von Wasser ausgefüllt, z. B. Quellhöhlen.
- Aktiv vadose Höhlen: Diese sind noch regelmäßig von Wasser durchflossen, die Höhlenbildung in diesen Teilen ist noch nicht abgeschlossen.
- Inaktiv vadose Höhlen: Diese sind trocken, hier ist die Höhlenbildung abgeschlossen.
In großen Höhlensystemen, solchen mit beträchtlichen Höhenunterschieden, kann man alle drei Erscheinungsbilder antreffen. Die tiefsten Teile stehen oft komplett unter Wasser, die mittleren Etagen sind von Wasser durchflossen und die höchsten sind trocken. Hier setzt auch der langsame Verfall der Höhle ein: Teile der Decke können einstürzen. Geschieht dies knapp unter der Erdoberfläche, so kann man dies anhand von Dolinen (Einsturztrichtern) erkennen.
Weitere Höhlenarten

Höhlenbezeichnungen in Bezug auf die Befahrbarkeit
Um Höhlen in Hinblick auf ihre Befahrbarkeit (und die notwendige Ausrüstung hierzu) zu klassifizieren kann man verschiedene Höhlenarten unterscheiden. In der Praxis sind viele Höhlen Mischungen aus diesen Arten.
- Horizontalhöhlen: Das Gangsystem ist überwiegend horizontal.
- Schachthöhlen: Das Gangsystem ist überwiegend vertikal.
- Wasserhöhlen auch Aktive Wasserhöhlen: Wesentliche Teile der Höhle werden ständig mit Wasser durchflossen. Das betrifft vor allem talnahe Höhlensysteme.
- Eishöhlen: Wesentliche (immer eingangsnahe) Teile der Höhle sind vereist. Das betrifft üblicherweise hochalpine Höhlen.
- Lavahöhlen: Dies sind Höhlen vulkanischen Ursprungs
- Gletscherhöhlen: Höhlen in Gletschern, sie entstehen durch Spaltenbildung und durch Schmelzwasser.
Weitere Höhlenarten wären z.B. Brandungshöhlen oder Winderosionshöhlen.
Halbhöhlen
Sogenannte Halbhöhlen sind zumeist nur durch Erosion entstandene Ausbrüche in Felswänden, die nur sehr geringe Länge aufweisen. Meistens ist für den Besuch solcher „Höhlen“ nicht einmal eine künstliche Lichtquelle notwendig. Von großer Entfernung sehen solche Halbhöhlen oft aus wie Portale normaler Höhlen. Halbhöhlen wurden in früheren Zeiten auch gelegentlich als Wohnhöhlen benutzt (Abri), bis in jüngere Zeiten auch von Jägern oder Wilderern.
Höhlensystem
Gesamtlänge | ganz oder nahezu unverzweigt |
netz-, bzw. labyrinth- artig verzweigt |
---|---|---|
unter 50 m | Kleinhöhle | Kleinhöhlensystem |
50 m bis 500 m | Mittelhöhle | Mittelhöhlensystem |
500 m bis 5000 m | Großhöhle | Großhöhlensystem |
über 5000 m | Riesenhöhle | Riesenhöhlensystem |
Von einem Höhlensystem spricht man im Zusammenhang mit längeren Höhlen, bei denen man einen „Hauptgang“ und einige „Nebengänge“ unterscheiden kann. Gelingt es, zwei eigenständige Systeme zu vereinigen, wird in der Regel der Name des vorher größeren der beiden für das Gesamtsystem übernommen. Ein Beispiel ist das Unterwasserhöhlensystem Sac Actun in Yucatán. Zum Zeitpunkt der Vereinigung 2007 war Sac Actun 14,3 km länger als das benachbarte System Nohoch Nah Chich. Der offizielle Name ist daher „Sistema Sac Actun“ (mit 175,9 km April 2010 das zweitlängste Unterwassersystem nach dem Sistema Ox Bel Ha mit 180 km). Auch wenn es gelingt, zwei oder mehrere Höhlen zu vereinigen indem man künstliche Verbindungsgänge schafft, kommt diese Bezeichnung zum Tragen. In letzterem Fall bleiben zumeist die Namen der einzelnen Höhlen erhalten und man spricht dann beispielsweise vom „Bergerhöhlen-Platteneckeishöhlen-Bierloch-System“, das ursprünglich aus drei eigenständigen Höhlen im Tennengebirge in Salzburg bestand.
Rekorde
Die folgenden Daten sind möglicherweise nicht aktuell. Das liegt unter anderem daran, dass es oft länger dauert, bis Forschungsergebnisse publiziert werden. Da Höhlenforschung fast ausschließlich von Menschen betrieben wird, die dieses in ihrer Freizeit als Hobby tun, dauert auch die Auswertung und Dokumentation der gewonnenen Daten oft länger. Es ist üblich, Daten erst dann zu publizieren, wenn eine gewissenhafte Vermessung der entdeckten Höhlen bzw. Höhlenteile erfolgt ist. Nicht immer werden die erforschten Räume sofort vermessen.
Auch sollten die genannten Rekorde nicht im sportlichen Sinn verstanden werden. Die Erforschung einer sehr langen Höhle kann sich, sofern sie eine größere Anzahl von Eingängen aufweist, wesentlich einfacher gestalten als die einer Höhle die wesentlich kürzer ist, aber nur eine einzige Zugangsmöglichkeit hat. Auch hat das Erforschen tiefer Schächte seit Einführung der Einseiltechnik seinen Schrecken verloren, jedenfalls von oben her. Andererseits stellt das Aufsteigen in einer Höhle von unten her immer noch extrem große Anforderungen an die Leistung der Forscher und die Menge des benötigten Materials.

Zur Zeit (August 2007) gilt als:
- Längste Höhle der Welt: Mammut-Höhle, Mammoth-Cave-Nationalpark in Kentucky, USA, Länge rund 590 km
- Längste Unterwasserhöhle der Welt: Sistema Ox Bel Ha, Yucatán, Länge 180 km
- Tiefste Höhle der Welt: Voronya-Höhle in Georgien, Tiefe etwa 2190 m
- Größte Eishöhle der Welt: Eisriesenwelt bei Werfen im Bundesland Salzburg, Österreich, Gesamtlänge etwa 42 km, der Eisteil hat eine Länge von etwa 1 km
- Größter Höhlenraum der Welt: Sarawak-Chamber, mit einer Ausdehnung von etwa 600 m Länge, 400 m Breite und fast 100 m Höhe in der Sarawak-Höhle auf Borneo
- Tiefster Direktschacht der Welt: In der Velebit, Kroatien, 513 m
- Längste Höhle Europas: Optymistytschna in der Ukraine, etwa 215 km
- Längste Höhle Deutschlands: Riesending am Untersberg, 12800 m (2009)
- Tiefste Höhle Deutschlands: Riesending-Schachthöhle am Untersberg in den Berchtesgadener Alpen in Bayern, 1058 m
- Längste Höhle Österreichs: Schönberg-Höhlensystem im Toten Gebirge in Oberösterreich und der Steiermark, etwa 120 km (derzeit längste Höhle in der EU)
- Tiefste Höhle Österreichs: Lamprechtsofen in den Leoganger Steinbergen in Salzburg, etwa 1600 m, Gesamtlänge etwa 50 km. Der Lamprechtsofen galt viele Jahre, bis zur Entdeckung seines oberen Einganges als „Höchste Höhle der Welt“. Sein unterer Eingang ist fast der tiefste Punkt der Höhle.
- Längste Höhle der Schweiz: Hölloch, Muotatal, Schwyz, etwa 196 km
- Tiefste Höhle der Schweiz: Réseau Siebenhengste-Hohgant im Kanton Bern mit einer Tiefe von 1340 m
Nutzung
Höhlen dienten manchmal auch dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen etwa als Wohnstätte. Entsprechende Spuren fand man etwa in der Stefánshellir in Island. In Südeuropa und anderen wärmeren Ländern gab und gibt es Menschen, die in künstlichen Wohnhöhlen leben, etwa in Griechenland (Meteora-Kloster, z.B.).
Natürliche Höhlen wurden zudem von vorzeitlichen Menschen aufgesucht, die sie sporadisch als Kultstätte nutzten, ggf. auch als solche gestalteten (Höhlenmalerei).
Höhle als Motiv
Häufig tauchen Höhlen als Motiv in Mythen, Träumen oder Märchen auf. Nach der analytischen Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs handelt es sich hierbei um eine besondere Ausprägung des sog. Mutterarchetyps.
Literatur
- Hubert Trimmel: Höhlenkunde. 2. Auflage. Vieweg, Braunschweig 1982, ISBN 3-528-07126-5
- Ernst Waldemar Bauer: Wunderwelt der Höhlen. 2. überarbeitete Auflage 2002, ISBN 3-7628-0565-2
- Günter Behm-Blancke: Höhlen Heiligtümer Kannibalen. Hsrg. v. Dingsda-Verlag Querfurt, Leipzig 2005, ISBN 3-928498-86-X
Filme
- Planet Erde. Höhlenwelten. Großbritannien, Dokumentation, 45 Min. Ein Film von Alastair Fothergill, Produktion: BBC, 2006 (Inhaltsangabe der ARD)
- Wunder der Erde und weitere Filme von Ernst Waldemar Bauer
Siehe auch
- Durchgangshöhle
- Grotte
- Höhlenfund
- Höhlentauchen
- Mischungskorrosion
- Tropfstein
- Liste der Schauhöhlen in Deutschland
- Liste der Höhlen
Weblinks
- Verband der Österreichischen Höhlenforscher
- Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher
- Schweizer Gesellschaft für Höhlenforschung
- Liste der längsten und tiefsten Höhlen der Welt
- Liste der längsten und tiefsten Höhlen Deutschlands
- Liste der längsten und tiefsten Höhlen Österreichs
- Liste der längsten und tiefsten Höhlen der Schweiz
- Bibliographisches Bulletin der Speläologie (BBS) - stellt jährlich eine Übersicht über die speläologische Literatur dar
- Dossier zum Thema Höhlen in scinexx