Schweizer Stuben
Die Schweizer Stuben waren ein Hotel mit Restaurants in Wertheim-Bettingen, das 1971 vom Industriellen Adalbert Schmitt gegründet wurde. Das Restaurant „Schweizer Stuben“ gehörte jahrelang zu den besten Restaurants Deutschlands. Viele der heute erfolgreichen Küchenchefs haben in den Schweizer Stuben gelernt oder gearbeitet.
Der Legende nach hat die Hotelierstochter Nini Gandolfo Adalbert Schmitt zum Feinschmecker animiert. Bei ihr und den Köstlichkeiten der Küche Liguriens, der frühlingshaftesten in Italien, verinnerlichte Adalbert Schmitt, wie schön das Leben sein kann, wenn es den Trüffelhobel ansetzt. 1971 zog sich Schmitt aus der aktiven Geschäftsführung seines Kunststoffbetriebs zurück und gründete in Bettingen am 1. Mai desselben Jahres Restaurant und Hotel „Schweizer Stuben“ und den Landgasthof „Schober“, sieben Monate bevor Eckart Witzigmann in München das Tantris eröffnete. „Dass einer aussteigt, umsteigt, ist heute nichts Absonderliches mehr. Dass aber einer ohne Not die Chefetage einer Kunststofffabrik verlässt, um sich mit Haut und Haaren der, Großen Küche' zuzuwenden und verblichene Gastlichkeit neu zu beleben, das ist schon bemerkenswert“, befand damals der Kritiker Hans Gerd Kübel.
Der Name „Schweizer Stuben“ sollte Programm sein: Schweizer Köche bereiteten hier ab dem 1. Mai 1971 typisch eidgenössische Küche, die es jedem recht machen wollte. Die gepflegte Langeweile währte nicht lange. Schmitt engagierte 1972 den in St. Moritz tätigen Badener Jörg Müller als Chef des neuen Küchenstils: moderne französische Grande Cuisine. Ein Jahr später holte dieser seinen jüngeren Bruder Dieter aus Bern an seine Seite, einen Feingeist der Nouvelle Cuisine. Die beiden machten schnell bundesweit Furore. Schon 1974 erhielten die „Schweizer Stuben“ im berühmten „Guide Michelin“ erstmals einen Stern, den zweiten drei Jahre später. „Gault-Millau“ und „Feinschmecker“ verliehen dem Restaurant ebenfalls Höchstnoten. Als 1979 der Begründer der Restaurantkritik in Deutschland, der ehemalige Chefredakteur des DGB-Blattes „Welt der Arbeit“ Klaus Besser, seine erste Hitliste der besten deutschen Restaurants veröffentlicht, setzt er die Schweizer Stuben auf Platz eins – klar vor dem Münchner Tantris mit Eckart Witzigmann. Dieser Erfolg der beiden Müllers resultierte auch aus dem fachlichen Engagement ihres Patrons für die Welt des Wohlgeschmacks, die er sich mit 40 Jahren als neue Lebensaufgabe gewählt hatte.
„Mindestens 20 Jahre gehörten wir zu den Top 10 in Deutschland, zwei Mal waren wir die Nummer 1“, erinnerte sich der Gastronom. Ob Sterne, Mützen oder Kochlöffel, Schmitt legte Wert auf Auszeichnungen dieser Art: „es schmerzt, wenn man eine davon verliert“. Schmitt galt in Fachkreisen als „kulinarischer Motivator und geschmacklicher Controller“, der offenbar jeden talentierten und gutwilligen Koch zu Höchstleistungen bringen konnte. Viele, die heute in der Branche über einen exzellenten Namen verfügen, haben in den „Stuben“ gearbeitet.
2002 mussten die Schweizer Stuben Insolvenz anmelden. Kurzfristig gefundene Pächter konnten den Betrieb nicht retten und waren 2004 ebenfalls zahlungsunfähig.
Chronologie des Hotel
- 1. Mai 1971: Gründung durch Adalbert Schmitt mit den Restaurants Schweizer Stuben und Landgasthof Schober
- 1974: erster Stern im Guide Michelin unter Jörg Müller
- 1977: erstmals zwei Sterne im Guide Michelin unter Jörg Müller
- 1988: Eröffnung des dritten Restaurants: Taverna „La Vigna“ mit Stefan Marquard (22 Jahre alt) als Küchenchef
- 31. Oktober 2004: Einstellung des Hotelbetriebs
- 1. April 2005: Neueröffnung „Hotelpark und Restaurant MainStuben“
- 31. Dezember 2008: Einstellung des Hotelbetriebs
Köche, die in den Schweizer Stuben gearbeitet haben
Küchenchefs in den Stuben:
- Jörg Müller (1973–1981) – Restaurant Jörg Müller/Sylt (1 Stern)
- Dieter Müller (1981–1990) – bis 2008 "Gourmet-Restaurant Dieter Müller" (3 Sterne)
- Fritz Schilling – "Die Bank Brasserie", Hamburg
- Tillmann Hahn – Der Butt, Rostock (1 Stern)
Erfolgreiche Küchenchefs nach Ihrer Zeit in den Stuben
- Michael Baader – Teufelhof Basel (1 Stern)
- Bobby (Martin) Bräuer – Restaurant Quadriga, Berlin (1 Stern)
- René Bobzin – Zu den Rothen Forellen, Ilsenburg (1 Stern)
- Bernhard Diers – Zirbelstube, Hotel am Schlossgarten, Stuttgart (1 Stern)
- Volker Eisenmann – Käfer-Schenke, München
- Sascha Friese – Sascha's Restaurant, Nürnberg
- Karl-Josef Fuchs – Spielweg, Münstertal
- Bernhard Grubmüller – Tomatissimo, Bielefeld
- Ali Güngörmüs – Le Canard Nouveau, Hamburg (1 Stern)
- Alexander Herrmann – Hermanns Posthotel Wirsberg (1 Stern)
- Ingo Holland – bis 2007 Altes Rentamt, Klingenberg (1 Stern)
- David Kinch – Manresa, Los Gatos, Kalifornien
- Achim Krutsch – Abt und Schäferstube Amorbach (1 Stern)
- Alexander Kunz – Kunz, Sankt Wendel (1 Stern)
- Johann Lafer – Stromburg (1 Stern)
- Stefan Marquard – freischaffend (ehm. Drei Stuben Meersburg, 1 Stern), Fernsehkoch
- Frank Oehler – Die Speisemeiseterei (1 Stern), Fernsehkoch
- Michael Philipp – Restaurant Philipp, Sommerhausen (1 Stern)
- Stefan Rottner – Restaurant Rottner, Nürnberg (ehm. 1 Stern)
- Harald Rüssel – "Landhaus St. Urban" (1 Stern)
- Burkhard Schork – "Friedrich von Schiller", Bietigheim-Bissingen
- Manfred Schwarz – "schwarz das Restaurant", Heidelberg (1 Stern)
- Hans Stefan Steinheuer (Souschef 1981–1983) – Steinheuers Zur Alten Post (2 Sterne)
- Hartmut Heinz – Restaurant Cocorico und Brasserie Imperial in Köln
- Stefan Stiller – Stiller's Restaurant, Shanghai (P.R.China) (ehm. Restaurant Grand Cru, Deidesheim 1 Stern)
- Christian Graf von Walderdorff – bis 2005 Rosenpalais in Regensburg (1 Stern)
- Markus Ries – Landgasthof Hohnegg, Saas Fee/Schweiz
- Thomas Hausin - Gasthaus "Zum Ritter" in Homburg/Main