Bahnstrecke Frankfurt am Main–Heidelberg
Die Main-Neckar-Eisenbahn war eine gemeinsame Staatsbahn von drei Ländern, welche die noch heute Main-Neckar-Bahn (MNB) genannte, 87,5 km lange, normalspurige Bahnstrecke von Frankfurt am Main über Darmstadt, Bensheim und Weinheim nach Heidelberg erbaut und betrieben hat.
Vorgeschichte
Bereits 1838 wurde ein Staatsvertrag zwischen der Freien Stadt Frankfurt am Main, dem Großherzogtum Hessen (Darmstadt) und dem Großherzogtum Baden über den Bau einer Eisenbahn von Frankfurt über Darmstadt nach Mannheim geschlossen. Die dafür gegründete Aktiengesellschaft konnte jedoch das erforderliche Kapital nicht aufbringen und wurde wieder aufgelöst. Schließlich wurde in einem zweiten Staatsvertrag vom 25. Februar 1843 vereinbart, die Main-Neckar-Eisenbahn auf Staatskosten zu bauen und in Heidelberg an die Badische Staatsbahn anzuschließen. Die finanzielle Beteiligung entsprach den Streckenabschnitten der einzelnen Länder: Frankfurt besaß 6,9 km, Hessen 49,4 km und Baden 38,8 km.
Bau
Der Bau der Strecke begann noch 1843 und konnte 1846 in Etappen von Süden her bis zum linken Mainufer fertiggestellt werden, wo die Züge an der Station "Mainspitze" wendeten und zum alten Bahnhof Sachsenhausen weiterfuhren, weil die Mainbrücke noch nicht vorhanden war.
Im Frühjahr 1846 gab es planmäßige Probefahrten von Frankfurt nach Darmstadt. Der Fahrpreis betrug in der 1. Klasse 1 Gulden und 6 Kreuzer, in der 2. Klasse 48 Kreuzer, in der 3. Klasse 33 Kreuzer und in der 4. Klasse 21 Kreuzer.
Der erste durchgehende Zug vom provisorischen Bahnhof Frankfurt Mainspitze nach Heidelberg fuhr am 27. Juli 1846. Der fahrplanmäßige Verkehr begann am 1. August 1846.
Die erste Brücke über den Neckar bei Ladenburg war ein hölzernes Provisorium, welches 1848 durch eine Steinbogenbrücke ersetzt wurde. Am 15. November 1848 war auch die Mainbrücke in Frankfurt fertig gestellt und die Main-Neckar-Eisenbahn konnte den südlich des Bahnhofs der Taunus-Eisenbahn an der heutigen Gallusanlage Ecke Gutleutstraße gelegenen Main-Neckar-Bahnhof benutzen.
In der Direktion der Main-Neckar-Eisenbahn in Darmstadt, die bis 1902 bestand, waren alle drei Regierungen vertreten.
Da die badische Hauptbahn zwischen Mannheim und Heidelberg in der Breitspurweite von 1600 mm erbaut wurde, die Main-Neckar-Eisenbahn jedoch die Normalspur von 1435 mm verwendete, ergaben sich einige Besonderheiten. Vom Anschlussbahnhof in Friedrichsfeld nach Heidelberg wurde die Bahn unter Legung eines zweiten Gleises auf dem Planum der Staatsbahn geführt. Von Friedrichsfeld nach Mannheim legte die badische Staatsbahnverwaltung ein normalspuriges Gleis.
Die Erstausstattung der Bahn bestand aus 18 Lokomotiven und 252 Wagen. Die zwölf von Hessen gekauften Lokomotiven wurden von der Lokomotivfabrik Sharp in Manchester (England) geliefert, die sechs von Baden und Frankfurt beschafften Loks kamen von Kesslers Maschinenfabrik in Karlsruhe. Alle Maschinen hatten die Achsfolge 1A1.
Die Main-Neckar-Eisenbahn brachte Arbeit und Brot für die Menschen an der Bergstraße und im westlichen Odenwald. Darmstadt, Mannheim und Frankfurt wurden erreichbar. Eine Arbeit bei der Bahn zu bekommen, war allerdings nicht so einfach, der Andrang war groß und die Bahn konnte auswählen. Nur Männer mit tadellosem Leumund und einwandfreier Gesundheit konnten nach gründlicher Prüfung und Zahlung einer beträchtlichen Kaution die begehrte Uniform des Eisenbahners anziehen. Wer beispielsweise seine Gesundheit beim Bau der Bahn ruiniert hatte, hatte keine Chance.
Ausbau
In den folgenden Jahren wurde die Strecke ständig ausgebaut, modernisiert und dem steigenden Verkehrsaufkommen und den sich verändernden Bedürfnissen der Fahrgäste angepasst.
- 1852 wurden die ersten Telegraphen (Zeigertelegraphen) eingeführt.
- 1853 wurde die 4. Wagenklasse (nur Stehplätze) wieder abgeschafft.
- 1855, nach der Umspurung der Badischen Staatsbahn auf Normalspur gab es durchgehende Kurswagen von Frankfurt nach Kehl.
- 1860 bekamen die Wagen der 3. Wagenklasse verglaste Fester.
- 1862 war die gesamte Strecke zweigleisig befahrbar.
- 1866, nach der Annexion der Freien Stadt Frankfurt am Main durch Preußen, wurde der preußische Staat Miteigentümer.
- 1873 wurde die Strecke mit elektrischen Läutewerken ausgerüstet.
- 1875 wurde die Dampfheizung eingeführt.
- 1877 verkehrten die ersten Schlafwagen von Frankfurt nach Basel.
- 1878 wurden die ersten Morsetelegraphen aufgestellt.
- 1880 wurde am 1. Juni eine direkte Verbindung von Friedrichsfeld nach Schwetzingen in Betrieb genommen.
- 1882 war die viergleisige (!) Main-Neckar-Eisenbahnbrücke in Stahlfachwerk-Bauweise, gut 1000 m westlich der ersten Main-Neckar-Brücke, betriebsbereit. Die neue Brücke wurde notwendig, um die Main-Neckar-Eisenbahn in den geplanten neuen Frankfurter Hauptbahnhof einzuleiten. Dazu wurde die Bahn auf einer neuen Trasse, ausgehend vom Bahnhof Louisa, in einer S-Kurve auf einen Damm aufsteigend zur neuen Brücke verlegt.
- 1888, nach Fertigstellung des neuen Hauptbahnhofs, kaufte die Stadt Frankfurt die jetzt nicht mehr benutzte alte Main-Neckar-Brücke, verbreiterte sie und baute sie zur Straßenbrücke um. Sie hieß dann Wilhelmsbrücke und seit 1945 Friedensbrücke. Der Bahnhof Mainspitze hatte keine Funktion mehr und wurde aufgelassen.
- Ab 1888 wurde rechts gefahren.
- 1889 wurde die Westinghouse-Luftdruckbremse eingeführt.
- 1896 gingen die dem preußischen und dem hessischen Staat gehörenden Anteile auf die neu gegründete Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft über.
- 1902 wurde die gemeinsame Direktion durch einen Staatsvertrag zwischen Preußen, Hessen und Baden über die Vereinfachung der Eisenbahnverwaltung aufgelöst. Der auf badischem Gebiet liegende Streckenteil kam zur Badischen Staatsbahn, der Streckenteil auf hessischem Gebiet kam zur "Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion Mainz". Damit endete die Geschichte der Main-Neckar-Eisenbahn als eigenständige Einheit.
- 1912 wurde der Hauptbahnhof Darmstadt anstelle der alten und völlig überlasteten Bahnhöfe der Main-Neckar-Bahn und der Hessischen Ludwigsbahn eröffnet.
- 1927 wurde die Main-Neckar-Eisenbahnbrücke in Frankfurt durch eine neue tragfähigere Stahlfachwerk-Konstruktion ersetzt. Das geschah während des Betriebs mit nur geringfügigen Einschränkungen des Bahn- und Schiffsverkehrs.
- Ab 23. November 1946 dampften wieder Züge über die Main-Neckar-Brücke, die in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs gesprengt worden war.
- Am 3. Juni 1956 wurde das erste Teilstück der Bahn von Heidelberg nach Mannheim-Friedrichsfeld elektrifiziert. Am 1. Oktober 1957 konnte auf dem Abschnitt von Mannheim-Friedrichsfeld über Weinheim (Bergstraße) nach Darmstadt Hbf der elektrische Zugbetrieb aufgenommen werden. Am 19. November des selben Jahres folgte der Restabschnitt nach Frankfurt (Main) Hbf.
Heute teilt sich die Main-Neckar-Bahn die Last des Nord-Süd Verkehrs mit der so genannten Riedbahn, die weiter östlich in der Rheinebene von Frankfurt (Goldstein) unter Umgehung von Darmstadt über Groß-Gerau nach Mannheim bzw. Worms führt. Im Abschnitt zwischen Darmstadt und Mannheim/Heidelberg ist die Strecke an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt: 250 Züge täglich passieren die Strecke in jeder Richtung. Zwischen Frankfurt und Darmstadt dient die dort viergleisige Strecke auch der S-Bahn Rhein-Main und im nördlichsten Abschnitt zusätzlich den S-Bahn Strecken zum Flughafen und nach Mainz und Wiesbaden über Rüsselsheim. Die Anwohner der vielfach durch dicht besiedeltes Gebiet führenden Strecke sind auch nicht mehr so glücklich mit der Bahn wie vor 150 Jahren: 250 Zugpaare täglich, das heißt alle drei Minuten ein Zug, wenn der Verkehr gleichmäßig über die 24 Stunden verteilt wäre. Entlastung soll die geplante ICE-Trasse Frankfurt-Flughafen - Mannheim bringen, die einen Teil des Schnell- und Fernverkehrs übernehmen wird - wenn sie denn jemals gebaut wird.
Auch die oftmals erwähnte Main-Neckar-Eisenbahnbrücke über den Main in Frankfurt ist immer noch ein wichtiges Teilstück im Nord-Süd Verkehr, insbesondere im Güterverkehr von den Nordseehäfen nach Süddeutschland und in die Schweiz. Nahezu 600 Züge passieren täglich die Brücke.
Aktuelle Situation
Die Main-Neckar-Bahn wird heute durch die Linie RB 60 der Deutschen Bahn betrieben. Zwischen 5:00 und 0:00 Uhr verkehren die Züge stündlich, in den Stoßzeiten alle 30 Minuten. Die Züge treffen sich jeweils zur Knotenminute 30 im Darmstädter Hauptbahnhof.
Die DB setzt zum Teil alte Wagen, aber immer häufiger auch moderne Doppelstock-Wagen ein. Im Gegensatz zu 1846 gibt es nur noch zwei Klassen, wobei nur sehr wenige Abteile der 1. Klasse vorhanden sind, die zudem kaum genutzt werden. Getrennte Abteile für Raucher sind vorhanden, die in den neuen Wagen allerdings deutlich kleiner gehalten wurden.
Die Fahrt von Frankfurt nach Heidelberg dauert etwa 80 Minuten und kostet in der 2. Klasse 13,30 Euro.
Streckenverlauf
- Frankfurt am Main
- Langen
- Darmstadt
- Darmstadt Süd
- Bickenbach
- Hähnlein-Alsbach
- Zwingenberg
- Bensheim-Auerbach
- Bensheim
- Heppenheim
- Laudenbach
- Hemsbach
- Weinheim
- Lützelsachsen
- Großsachsen-Heddesheim
- Ladenburg
- Mannheim-Friedrichsfeld
- Heidelberg
Einige Züge halten nicht an allen Orten.