Ortsneckname

Als Ortsneckname (oder Ortsneckerei) bezeichnet man die scherzhafte Bezeichnung der Ortseinwohner durch die Bevölkerung benachbarter Orte.
Im niederdeutschen Sprachraum begegnet die Bezeichnung Terneidsnamen.
In der Regel erzählt man sich eine schwankhafte Geschichte (nicht selten aber auch mehrere, voneinander abweichende), die den Ortsnecknamen erklärt (vergleichbar einer ätiologischen Sage). Nicht selten ist der Ursprung des Necknamens aber nicht mehr bekannt.
Vielfach haben die Bewohner eines Ortes mehrere Necknamen. Beispielsweise heissen die von Winterbach Kloi'-Algier, Säubohne und Salathengst.
Beispiele
Die von Rommelshausen heissen Hose'flicker angeblich weil eine Frau ihrem Buben eine neue Hose gekauft hat, um mit einem Flecken von der neuen Hose die alte Hose, die ein Loch hatte, zu flicken.
Die von Öffingen bei Fellbach nennt man Kreuzköpf weil sie sich als Katholiken in einem ganz protestantischen Umland häufig bekreuzigen.
Die Oberfeller Moosrebber waren im Kriegsjahr 1917 beim Laubsammeln besonders fleißig.
Umwertung
Ursprünglich meist höchst abfällig gemeint, wurden die Ortsnecknamen im 20. Jahrhundert häufig von den so Verspotteten selbst aufgegriffen und mit Stolz als Teil ihrer Identität betrachtet, was man als Strategie des Stigma-Managements bezeichnen könnte (zur Theorie siehe den Nachweis unter Sieben Schwaben).
Gelegentlich sind den Ortsnecknamen Denkmal-Skulpturen gewidmet (etwa den Moosrebbern von Oberfell an der Mosel, siehe dort Näheres zum Ursprung der Bezeichnung 1917).
Die maßgebliche volkskundliche Monographie hat Hugo Moser vorgelegt. In den letzten Jahren erscheinen vor allem in Süddeutschland populär ausgerichtete Bücher mit Necknamen-Sammlungen (z.B. Depenau 2002).
Literatur
- David Depenau, Die Ortsnecknamen in Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckar-Kreis, Verlag Regionalkultur 2002, ISBN 3897352052
- Hugo Moser, Schwäbischer Volkshumor. Die Necknamen der Städte und Dörfer in Württemberg und Hohenzollern, im bayrischen Schwaben und in Teilen Badens sowie bei Schwaben in der Fremde mit einer Auswahl von Ortsneckreimen. Auf Grund der Sammlung von Michael Greiner u.a.. Stuttgart : Kohlhammer 1950
- Wolfgang Wulz, Schwäbische Ortsnecknamen. 5 Bände 1989-1997
- Ortsneckerei, in: Enzyklopädie des Märchens 10, 376-382
Weblinks
- http://www.ortsnecknamen.de/ Ortsnecknamenverzeichnis (im Aufbau)
- Liste alemannischer Ortsnecknamen mit Geschichten
- Necknamen im Rems-Murr-Kreis mit Erklärungen