Klein-Gerau
Ortsgeschichte
Klein-Gerau wurde erstmals im Jahre 1246 urkundlich erwähnt. Es gehörte zur Mark Gerau und die Herrn von Dornberg (Hessen) hatten das Dorf zu Lehen. Seine Bewohner waren weitgehendst von ihrem Grundherrn abhängig. Getreideanbau und Viehzucht standen im Vordergrund und die Wälder nördlich des Mühlbach (Südhessen) dienten als Weideflächen. Die beiden Mühlen, von denen die Eichmühle noch heute existiert, werden bereits 1303 in den Urkunden erwähnt.
Das ausgehende Mittelalter und die beginnende Neuzeit waren sehr unruhig. So wird 1342 das Dorf in die Auseinandersetzungen zwischen Katzenelnbogen mit Mainz gezogen und gebranntschatzt. Dem Schadensregister zufolge war Klein-Gerau damals stark zerstört. 1395 erfolgte erneut eine Schatzung durch die Hanauer. Damals war der grösste Teil der Bevölkerung noch Leibeigen, wie Unterlagen belegen. Das Dorf lag zwischen zwei Höfen, der ältere im Bereich des heutigen Rathauses und der jüngere an der Einmündung der heutigen Bahnhofstrasse in die Hauptstrasse. Dort befand sich auch ein kleiner Friedhof und die Kapelle St. Wendelin. Der Schmalkaldische Krieg führte zur Zerstörung jener Kapelle und des gesamten Dorfes durch die Völker des Generals von Bueren.
Der Charakter des Dorfes hatte sich bis zum Dreißigjährigen Krieg nicht wesentlich verändert. Klein-Gerau hatte 150 Einwohner, als 1622 der Heerführer Peter Ernst II. von Mansfeld für einige Zeit das Gerauer Land heimsuchte. Dann kamen noch die Schweden unter Gustav II. Adolf und in ihrem Gefolge die Pest, sodass es mehr als 50 Jahre dauerte, bis sich das Dorf von den Kriegsfolgen erholt hatte.
Ab 1700 führte die Bevölkerungszunahme zu Rodungen nördlich des Mühlbachs, die erst im 20. Jahrhundert endgültig eingestellt wurden. 1729 errichtete man das Rathaus und 1753 ein neues Schulhaus, die heutige evangelische Kirche.
Nun stieg die Bevölkerungszahl unaufhaltsam an: 1770 hatte Klein-Gerau 300 Einwohner, 1810 waren es schon 400, 1850 schließlich mehr als 500.
Der Bahnbau zwischen Darmstadt und Mainz um 1858 verbesserte die angespannte Situation im Dorf ganz wesentlich. Nun waren in den umliegenden Städten Arbeitsplätze erreichbar und der Absatz der Agrarerzeugnisse auf den Märkten der benachbarten Städte verbesserte das Einkommen breiterer Bevölkerungsschichten. Besonders der durch den ortsansässigen Lehrer Berz begründete Obstbau brachte zwischen 1850 und 1950 einen bescheidenen Wohlstand. Auch der Spargelanbau nahm für die nähere Region seinen Anfang in Klein-Gerau. So konnten die schlimmsten Nöte zur Zeiten der Industriellen Revolution dem Dorf und seiner Bevölkerung erspart bleiben.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts trat die nebenerwerbliche Landwirtschaft immer mehr in den Vordergrund und aus dieser Umstrukturierung ging dann Klein-Gerau als ländliche Wohngemeinde hervor. Im Sommer 1996 wurde das 750-jährige Ortsjubiläum u.a. mit einem grossen Strassenfest rund um das renovierte Historische Rathaus gefeiert. Seit Jahren ist Klein-Gerau auch als der "Bauchnabel Südhessens" überregional weithin bekannt.