Erwin Eckert
Erwin Eckert (* 16. Juni 1893 in Zaisenhausen; † 20. Dezember 1972 in Mannheim) war ein deutscher evangelischer Pfarrer, Sozialist und für die KPD Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg von 1952 bis 1956.
Leben
Eckert, Sohn eines Lehrers, studierte nach dem Abitur in Mannheim Theologie und Philosophie in Heidelberg, Göttingen und Basel. 1911 wurde er Mitglied der SPD und meldete sich bei Kriegsausbruch 1914 als Freiwilliger. Seine erste Pfarrstelle erhielt er 1922 in Meersburg, 1927 wechselte er in die Trinitatisgemeinde Mannheim.
Seit Beginn der zwanziger Jahre suchte Eckert Kontakt zu religiösen Sozialisten innerhalb der evangelischen Kirche und war von 1926 bis 1931 geschäftsführender Vorsitzender des Bund der religiösen Sozialisten Deutschlands (BRSD), der sich als eine politische Gegenbewegung zu konservativ-deutschnationalen Strömungen in der Führung der evangelischen Kirche zu verstand. Die Auflage des wöchentlichen Bundesorgans betrug 1931 ca. 17.000 Exemplare. Innerhalb des Bundes gilt Eckert als Vertreter marxistischer Positionen, oft im Gegensatz zu eher reformsozialistischen Vorstellungen anderer Mitglieder des Bundes.
Seine entschieden pazifistischen, antimilitaristischen, antifaschistischen und teilweise pro-sowjetischen öffentlichen Äußerungen, so z.B. als Herausgeber des Sonntagsblatt des arbeitenden Volkes oder der Zeitung Der religiöse Sozialist, brachten ihn sowohl mit der evangelischen Kirchenleitung als auch mit der SPD in Konflikt. Am 2. Oktober 1931 wurde er aus der SPD ausgeschlossen, im November wurde er im BRSD aller seiner Ämter enthoben, seine Entlassung aus dem Kirchendienst folgte im Dezember desselben Jahres.
Einen Tag nach seinem Parteiausschluss aus der SPD trat Eckert am 3. Oktober 1931 der KPD bei und wurde im folgenden Mitarbeiter der Parteiorgane Zeitungen Die Rote Fahne und Freiheit. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde er am 1. März 1933 verhaftet und blieb bis Oktober 1933 inhaftiert. Im Oktober 1936 folgte eine Zuchthausstrafe von drei Jahren und acht Monaten wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“. Nach dieser zweiten Haftzeit blieb er bis zum Kriegsende unter Polizeiaufsicht.
1945 nahm Eckert seine politische Arbeit wieder auf und wurde von 1946 bis 1950 Vorsitzender der KPD in Baden. Für seine Partei wurde er 1946 Mitglied der Beratenden Landesversammlung des Landes Baden, Mitglied des Ersten Badischen Allparteienkabinetts, Abgeordneter des Badischen Landtags von 1947 bis 1952 und des Landtags von Baden-Württemberg von 1952 bis 1956. 1949 trat er als Oberbürgermeisterkandidat der KPD in Mannheim an, bei der er 35 Prozent erhielt.
1960 wurde Eckert als führendes Mitglied des Friedenskomitees der BRD im Düsseldorfer Prozess nach fünfmonatiger Verhandlungsdauer zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Das Gericht weigerte sich, die von dem Verteidiger Heinrich Hannover „vorgelegten Beweismittel über die Friedensarbeit der Angeklagten überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und lehnte unsere Beweisanträge ab.“[1] Eine Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos. Nach Ansicht von Diether Posser war dies „der bedeutungsvollste politische Strafprozess seit Bestehen der Bundesrepublik“. Der Spiegel sprach 1961 von dem „bislang ungewöhnlichsten politischen Strafprozess“, der „das Elend der politischen Justiz im liberalen Rechtsstaat“ erhelle.
Sonstiges
Eine abschließende, einordnende Bewertung von Eckerts politischer Entwicklung und Wirkung ist auch heute noch umstritten. Seine Biographie als zeitweiliges Mitglied der KPD macht ihn wenig tauglich als Identifikationsfigur für den kirchlichen oder sozialdemokratischen Widerstand im nationalsozialistischen Deutschland. Ähnlich problematisch scheint die Einordnung aus kommunistischer und damit religionskritischer Sicht.
Seine Rehabilitierung durch die Badische Kirchenleitung und die Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden erfolgte 1999.
Literatur
- Friedrich-Martin Balzer: Zwischen Gefängnis und Zuchthaus. Der Alltag des Erwin Eckert; in: Kurt Pätzold/Erika Schwarz (Hrsg.): Europa vor dem Abgrund. Das Jahr 1935–Eine nicht genutzte Chance; Köln 2005
- Friedrich-Martin Balzer (Hrsg.): Justizunrecht im Kalten Krieg. Die Kriminalisierung der westdeutschen Friedensbewegung im Düsseldorfer Prozess 1959/60; Köln 2006
- Friedrich-Martin Balzer: Aktuelle Kommentare 1999; auf: www.friedrich-martin-balzer.de
- Mannheimer Gesprächskreis Geschichte und Politik e.V. (Hrsg.): Erwin Eckert – Pfarrer und Kommunist.Zeitzeugen erinnern sich; Mannheim 1993
- Heinrich Hannover: Die Republik vor Gericht 1954–1974. Detaillierte Angaben zum Düsseldorfer Friedenskomitee-Prozeß; Berlin, 1998; S. 57–80
- Ulrich Schäfer: 50 Jahre Hafenkirche zur Barmherzigkeit Gottes. Mannheim: (Festschrift) 2003
Weblinks
- Literatur von und über Erwin Eckert im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- kritische Würdigung Eckerts im Rahmen einer Tagung über den religiösen Sozialismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
- Darstellung zum religiösen Sozialismus in Deutschland
- Hilde Wagner: „Wir machen den Christen den Himmel nicht streitig“; aus: Erwin Eckert – Pfarrer und Kommunist. Zeitzeugen erinnern sich; 1993
Einzelnachweise
Personendaten | |
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NAME | Eckert, Erwin |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher evangelischer Pfarrer, Sozialist und für die KPD Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg (1952−1956) |
GEBURTSDATUM | 16. Juni 1893 |
GEBURTSORT | Zaisenhausen |
STERBEDATUM | 20. Dezember 1972 |
STERBEORT | Mannheim |