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Belo-Monte-Wasserkraftwerk

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Wasserkraftwerk Belo Monte
Lage

Belo-Monte-Wasserkraftwerk (Brasilien)
Belo-Monte-Wasserkraftwerk (Brasilien)
Koordinaten 3° 31′ 8″ S, 51° 56′ 36″ WKoordinaten: 3° 31′ 8″ S, 51° 56′ 36″ W
Land Brasilien
Gewässer Rio Xingu
Daten

Typ Speicherkraftwerk
Primärenergie Wasserkraft
Leistung ca. 11.000 Megawatt
Betreiber Eletronorte / Eletrobrás
Turbine 20 x 550 MW Francis-Turbinen
(Belo Monte) +
9 x 25,9 MW Rohrturbinen (Pimental)
Website www.belomonte.gov.br

Das Wasserkraftprojekt Belo Monte (pt. Aproveitamento Hidrelétrica (AHE) Belo Monte = Hydroelektrische Nutzung Belo Monte) ist ein derzeit (Stand Februar 2010) in Planung befindliches Großprojekt zur Gewinnung von elektrischer Energie aus Wasserkraft am Fluss Xingu, einem Seitenfluss des Amazonas in Brasilien.

Über drei Talsperren soll der Fluss zu zwei Stauseen mit einer Fläche von zusammen etwa 500 km² aufgestaut werden, entsprechend in etwa der Größe des Bodensees. Dafür müssen voraussichtlich etwa 20.000 Menschen umgesiedelt werden.

Das integrierte Wasserkraftwerk soll nach seiner Fertigstellung mit einer installierten Leistung von mehr als 11 Gigawatt das leistungsmäßig drittgrößte Kraftwerk der Welt werden.[1][2][3]

Projektentwicklung

Geschichte

Das Projekt AHE wird vom Brasilianischen Umweltministerium, dem Brasilianischen Bergbau- und Energieministerium und den beiden großen staatlichen brasilianischen Stromversorgungskonzernen Eletronorte und Eletrobrás vorangetrieben.

Seit Mitte der 1970er-Jahren gab es entsprechende Pläne. Anfangs war das Projekt deutlich größer geplant; der Stausee sollte etwa 2000 km² groß werden und auch den Nebenfluss Rio Bacajá mit aufstauen. Ende der 1980er-Jahre wurden die Pläne zunächst konkreter, dann wegen des Widerstandes von Umweltschützern und Ureinwohnern aber zurückgezogen. Unter Präsident Lula da Silva wurde die Planung in deutlich verkleinerter Form im Rahmen des Programms für beschleunigtes Wachstum (Programa de Aceleração do Crescimento - PAC) wieder aufgenommen.

Am 1. Februar 2010 hat der Umweltminister von Brasilien, Carlos Minc, die Erteilung der umweltrechtlichen Baugenehmigung für Februar angekündigt.[1][4]. Allerdings muss die Firma, die den Zuschlag für den Bau erhält, umfangreiche Auflagen erfüllen und Ausgleichs- und Entschädigungsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur und die Umsiedelung von Bewohnern leisten.

Die Inbetriebnahme ist für 2015 geplant.[3] Die Baukosten werden auf 11 Mrd. $ geschätzt.[5]

Kritik

Umweltschützer befürchten durch die Umlenkung und Aufstauung des Flusses einen schwerwiegenden Eingriff in das Ökosystem des Xingu, insbesondere der Fischbestände, deren Wanderung durch die Talsperren behindert wird. Weiterhin wird kritisiert, dass große Flächen wertvollen Regenwaldes durch die Überflutung zerstört werden. Der gewonnene Strom diene nicht primär den Menschen in der Region, sondern vor allem der energieintensiven Montanindustrie.

Obwohl keines der Reservate der brasilianischen Ureinwohner direkt durch die Überflutung von Gebieten und von Umsiedelungen tangiert wird, sind die Xingu-Indios indirekt durch die Veränderung das Flusses als ihre Lebensgrundlage betroffen. Besonders zu nennen sind hier die Juruna, deren Stammesgebiet Paquiçamba unterhalb der Talsperre Pimental liegt, wo der Xingu nach dem Bau deutlich weniger Wasser führen wird. Die Indios sollen für ihre Opfer mit 1,5 Milliarden R$ (570 Mio. €) entschädigt werden. Da dies aber auch bei vergangenen Projekten versprochen, im Endeffekt aber nicht gehalten wurde, formiert sich ein immer größer werdender Widerstand. Und das nicht nur in Brasilien. Internationale Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen schließen sich zusammen, verfassen Protestbriefe und starten Unterschriftenaktionen.[6] Die Gefahr für Mensch und Natur wird immer bewusster, je konkreter die Pläne werden.

2010 besuchte der kanadische Regisseur James Cameron die Juruna, Xipaia und Xikrin Kayapó, die sich gegen die Umsiedlung von 12.000 Bewohnern und die Zerstörung ihrer Kultur zur Wehr setzen.[7][8]

Der britische Rocksänger Sting und die US-amerikanische Schauspielerin Sigourney Weaver sind weitere prominente Künstler, die die Indianer unterstützen. Sting hatte schon 1989 den Protest gegen das Projekt unterstützt.[9]

Geographie und Bauwerke

Der geplante Stausee soll nahe der Stadt Altamira im Bundesstaat Pará entstehen. Von Altamira flussabwärts bis Vitória do Xingu zieht der Xingu eine weite Schleife von etwa 100 km Länge mit geringem Gefälle. Durch Aufstauen und mit Hilfe von zwei Kanälen soll ein künstlicher Durchbruch durch diese Schleife - quasi eine "Abkürzung" - mit erhöhtem Gefälle entstehen. Diese Fallhöhe soll zur Stromerzeugung genutzt werden.

Das Kraftwerk Belo Monte liegt unmittelbar an der Nationalstraße BR-230, der Rodovia Transamazônica, die östlich des Kraftwerkes den Xingu kreuzt.

Zum Aufstauen des Xingu sollen drei Talsperren errichtet werden:

Talsperre Pimental (Xingu-Stausee)

Die Talsperre Pimental bei der Insel Pimental etwa 30 km südöstlich von Altamira (3° 24′ 3,7″ S, 51° 57′ 5,8″ W), sperrt den Hauptlauf des Xingu ab. Hierdurch wird das Flussbett bis etwa 50 km oberhalb von Altamira zum Xingu-Stausee (Reservatório Xingu) mit eine Fläche von mehr als 200 km² aufgestaut. Auch Teile der Stadt Altamira werden überflutet.

Die Staumauer Pimental ist mit etwa 6 km das mit Abstand längste der drei Staubauwerke. Sie enthält auch ein Kraftwerk, welches aber mit einer installierten Leistung von nur 233 MW (9 Rohrturbinen á 25,9 MW) im Vergleich mit dem unten genannten Hauptkraftwerk vernachlässigbar klein ist.

Vom Xingu-Stausee zweigen oberhalb der Talsperre Pimental zwei Umleitungskanäle (Canais de Derivação) ab, die das Wasser des Xingu durch das hügelige Land östlich von Altamira zum zweiten großen Stausee, dem Kanal-Stausee (Reservatório dos Canais), umleiten.

Talsperre Bela Vista (Kanal-Stausee)

Die Talsperre Bela Vista, etwa auf halber Länge der Xingu-Schleife (3° 19′ 47″ S, 51° 45′ 38,6″ W) sperrt ein Seitental des Kanal-Stausees ab und sorgt so dafür, dass der Stausee nicht vorzeitig in das Bett des Xingu ausläuft.

Die Talsperre Bela Vista enthält keine Turbinen zur Stromerzeugung.

Talsperre und Kraftwerk Belo Monte (Kanal-Stausee)

Nahe dem kleinen Ort Belo Monte am Ufer des Xingu (3° 8′ 8,6″ S, 51° 46′ 23,1″ W) soll das Hauptkraftwerk des Projektes entstehen. Im Maschinenhaus sollen 20 Francis-Turbinen mit einer Leistung von je 550 MW installiert werden.

Das Kraftwerk wird nach seiner Fertigstellung voraussichtlich das leistungsmäßig drittgrößte Kraftwerk der Welt werden, nach dem Kraftwerk am Drei-Schluchten-Damm in China mit 18,3 GW und dem Kraftwerk Itaipú an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien mit 14 GW. Das Kraftwerk soll etwa 11% des brasilianischen Strombedarfes abdecken.[1][2]

Einzelnachweise

  1. a b c ntv.de: 20.000 Menschen müssen weichen. Riesen-Staudamm für Brasilien (Zugriff am 2. Februar 2010)
  2. a b Bernd Schröder Wasserkraftwerk Belo Monte, 28. Mai 2006, online auf heise.de (Abgerufen am 2. Februar 2010)
  3. a b Wirtschaftsblatt
  4. Der Standard: Riesenstaudamm spaltet Amazonien
  5. Basler Zeitung
  6. Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.
  7. James Cameron, in real life, fights to save indigenous groups from massive dam construction in Brazil. In: Mongabay. 1. April 2010
  8. Tribes of Amazon Find an Ally Out of ‘Avatar’. In: New York Times. 10. April 2010.
  9. Die Presse Promis kämpfen gegen Super-Staudamm ‎
en:Controversial Brazilian dam gets preliminary approval|Wikinews: Controversial Brazilian dam gets preliminary approval]] – Nachricht