Membranpotential
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Ein Membranpotential (genauer eine Membranspannung = Differenz zwischen elektrischen Potentialen) kommt dann zustande, wenn Innen- und Außenseite unterschiedliche Konzentrationen geladener Teilchen (Kation und Anion) aufweisen und die trennende Membran eine selektive Leitfähigkeit für eine oder mehrere Ionensorten besitzt. Ist beispiels- und typischerweise K+ innen höher konzentriert als außen, diffundiert K+ unter Zurücklassen von negativen Ladungen so lange vorzugsweise nach außen, bis sich für K+ beim Erreichen des Kalium-Gleichgewichtspotentials gemäß der Nernst-Gleichung Diffusion nach außen und elektrostatische Anziehung nach innen gerade die Waage halten. Bei tierischen Zellen ist das Membranpotential meist eine Mischung von Gleichgewichtspotentialen verschiedener Ionensorten (hauptsächlich K+, Na+ und Cl-), wobei K+ besonders ins Gewicht fällt, sodass in der Regel das Membranpotential innen negativ ist. Das Membranpotential von intakten Pflanzenzellen und Pilzen (wahrscheinlich auch von Prokaryoten) ist wegen H+-exportierender ATPasen meist noch negativer als das Diffusionspotential für K+, dem negativsten Diffusions-Gleichgewichtspotential der meisten tierischen Zellen. Wenn sich das Membranpotential über längere Zeit nicht wesentlich ändert, spricht man vom Ruhepotential, im Gegensatz zum dynamischen Aktionspotential, das bei Pflanzen und Pilzen vermutlich osmotische Aufgaben erfüllt (s. Osmoregulation) und bei Tieren (sowie wenigen Gefäßpflanzen) schnelle Signalübertragung durch den Organismus ermöglicht.
Beispiele
- Die Schließzellen des Spaltöffnungsapparates von Pflanzenblättern halten den Zustand der Hyperpolarisation so lange aufrecht, wie sie belichtet werden. Solange pumpt eine ATPase Protonen aus der Zelle heraus. Ohne Licht stellt sie ihre Tätigkeit ein und Kalium- und Chlorid-Ionen strömen entsprechend dem chemiosmotischen Potential nach außen, wodurch das Membranpotential wieder erhöht wird (Repolarisation).
Grundlagen
Diffusionspotential
- Modellversuch
Eine Kammer, die mit destilliertem Wasser gefüllt ist, wird durch eine omnipermeable Membran, zum Beispiel ein Filterpapier, in zwei Halbzellen unterteilt. In jeder Halbzelle befindet sich eine Elektrode, die beiden Elektroden sind durch ein Spannungsmessgerät miteinander verbunden. Wird in einer der beiden Halbzellen (zum Beispiel der rechten) Kochsalz (NaCl) aufgelöst, beobachtet man zunächst einen Anstieg der Spannung, die dann mit der Zeit allmählich wieder auf Null Volt sinkt.
- Erklärung:
Aufgrund des Konzentrationsgefälles diffundieren Natrium-Kationen und Chlorid-Anionen solange durch die Membran, bis in beiden Halbzellen die gleiche Konzentration an vorliegt. Das Natrium-Kation hat einen kleineren Durchmesser als das Chlorid-Anion, es kann leichter durch das Porensystem der Membran diffundieren. Deshalb steigt zu Beginn des Versuchs ihre Konzentration in der linken Halbzelle schneller als die der Anionen. Damit bildet sich ein Spannungsunterschied zwischen den beiden Halbzellen aus: links sind mehr positive, rechts mehr negative Ladungen.
Die Diffusionsgeschwindigkeit der Kationen wird aber gebremst. Einerseits wird das Konzentrationsgefälle schwächer, andererseits müssen die Kationen gegen das sich aufbauende Potentialgefälle diffundieren.
Dagegen wird die Diffusionsgeschwindigkeit der Anionen durch das Potentialgefälle erhöht.
Gleichgewichtspotential
- Modellversuch
Eine Kammer, die mit destilliertem Wasser gefüllt ist, wird durch eine selektive, semipermeable Membran, die nur das Kation passieren lässt, in zwei Halbzellen unterteilt. In jeder Halbzelle befindet sich eine Elektrode, die beiden Elektroden sind durch ein Spannungsmessgerät miteinander verbunden. Wird in einer der beiden Halbzellen (zum Beispiel der rechten) Kochsalz (NaCl) aufgelöst, beobachtet man zunächst einen Anstieg der Spannung, die dann erhalten bleibt.
- Erklärung:
Aufgrund des Konzentrationsgefälles diffundieren die Natrium-Kationen durch die Membran. Aufgrund der Ladungstrennung baut sich ein Potentialgefälle auf: die Innenseite der Membran (linke Kammer) wird positiv, die Außenseite (rechte Kammer) negativ. Die Diffusionsgeschwindigkeit der Kationen wird aber gebremst. Einerseits wird ihr Konzentrationsgefälle schwächer, andererseits müssen die Kationen gegen das sich aufbauende Potentialgefälle diffundieren.
Das Diffusionsgleichgewicht ist dann erreicht, wenn die treibende Kraft des Konzentrationsgefälles für die Diffusion nach links genauso groß ist, wie die treibende Kraft des Potentialgefälles für die Diffusion nach rechts.
Im Gleichgewicht sind die Konzentrationen der Ionen innen von der Konzentration außen verschieden, deshalb ist eine Potentialdifferenz messbar.
Umkehrpotential
Als Umkehrpotential bezeichnet man das Membranpotential, bei dem die Ionenflüsse im Gleichgewicht sind. Das heißt, durch den entsprechenden Kanal findet kein Nettostromfluss von Ionen statt.
Eine Abweichung des Membranpotentials von diesem „Gleichgewichtspotential“ des Ions verursacht eine treibende, elektromotorische Kraft, welche das Ion entweder in oder aus der Zelle treibt. (Bei jedem Überschreiten des Umkehrpotentials ändert sich die Stromrichtung über der Membran).
Mathematische Formalismen
Die Freie Enthalpie der Diffusion
An der Freien Enthalpie ΔG kann abgelesen werden, ob Teilchen bei einem gegebenen Konzentrations- und Potentialverhältnis durch eine Membran transportiert werden können:
- Ist ΔG = 0, liegt Gleichgewicht vor, die Menge der durch die Membran in ein Richtung diffundierenden Teilchen ist gleich der Menge der durch die Membran zurück diffundierenden Teilchen.
- Ist ΔG < 0 läuft der Transport in eine Richtung freiwillig ab, wobei Energie frei wird.
- Ist ΔG > 0 können die Teilchen nur unter Energieaufwand transportiert werden.
Die Freie Enthalpie kann auch als Maß des elektrochemischen Potentials angesehen werden, das sich aus den beiden Komponenten
- chemisches Potential (entspricht dem Konzentrationsgefälle) und
- elektrisches Potential (entspricht Potentialgefälle) zusammensetzt.
Chemisches Potential - Neutrale Teilchen
Für den Transport von außen nach innen (Import) gilt die Formel
Erläuterung:
- R: Allgemeine Gaskonstante R = 8,3143 J·mol-1·K-1
- T: Temperatur in Kelvin
- c(Ai), c(Aa): Stoffmengen-Konzentrationen des Stoffes A innen, außen
- ln: natürlicher Logarithmus
Für T = 298 K und Benutzung des dekadischen Logarithmus vereinfacht sich die Gleichung zu
- Wenn die Konzentration des Stoffes A innen genau so groß ist wie außen, ist ΔG = 0, es liegt Konzentrationsausgleich vor und es findet kein Stofftransport statt.
- Ist die Konzentration innen größer als außen, ist ΔG > 0, es findet kein passiver („freiwilliger“) Stofftransport von außen nach innen statt.
- Ist die Konzentration außen größer als innen, ist ΔG < 0, es findet Stofftransport von außen nach innen statt.
Elektrisches Potential - Geladene Teilchen
Anteil des Ladungstransportes an der Freien Enthalpie:
Erläuterung:
- Z: Die Ladungszahl Z entspricht der Ionenladung des zu transportierenden Teilchens. Sie ist für Kationen positiv, für Anionen negativ.
- F: Faraday-Konstante F = 96485 C·mol-1
- ΔΨ: Das Membranpotential ΔΨ lässt sich durch die Goldman-Gleichung (siehe unten) berechnen.
Elektrochemisches Potential
Für den Import geladener Teilchen gilt die Formel

Gleichgewichtspotential
Für den Gleichgewichtsfall (ΔG = 0) lässt sich das Gleichgewichtspotential ΔΨ0 für ein Ion nach folgender Formel berechnen:
für Z = 1 (bei Na+, K+) und T = 298 K ergibt sich bei Benutzung des dekadischen Logarithmus die vereinfachte Gleichung
Beispiel für ein Membranpotential (Mischpotential) von –53 mV bei 298 K:
| Ionensorte | ceq(Aaußen) | ceq(Ainnen) | ΔΨ0 | ΔG für einen Transport von außen nach innen |
|---|---|---|---|---|
| Na+ | 400 mmol/l | 20 mmol/l | +76 mV | +2,3 kJ/mol |
| K+ | 50 mmol/l | 440 mmol/l | -55 mV | -10,5 kJ/mol |
| Cl- | 108 | 560 | -43 mV | -11,0 kJ/mol |
Goldman-Hodgkin-Katz-Gleichung
Mittels der Goldman-Gleichung lässt sich das Membran-Gleichgewichtspotential ΔΨ berechnen:
Erläuterung:
- P: Permeabilität der Kanäle für Anionen (an) und Kationen (ka)
- c: Konzentration der Anionen und Kationen innerhalb (-i) oder außerhalb (-a) der Zelle
Siehe auch
- Ionenkanal, Transmembranprotein, Kaliumkanal, Transport (Biologie),
- Depolarisation (Physiologie), Hyperpolarisation (Biologie)
- Ruhemembranpotential, Aktionspotential