Aleppo
Aleppo (arab. حلب, Halab) ist eine Stadt und eine Provinz in Nordsyrien.
Die Stadt hat um 2,1 Millionen Einwohner (2005) und ist die größte Stadt im Land vor Damaskus. Sie ist eine der ältesten Städte in der Region und nimmt einen strategischen Punkt zwischen dem Mittelmeer und dem Euphrat. Ursprünglich wurde sie auf einer Hügelgruppe in einer breiten fruchtbaren Senke auf beiden Seiten des Flusses Quweiq erbaut. Die gleichnamige Provinz oder das Gouvernement um die Stadt vergrößert diese um 16.000 km_ und hat 3,7 Millionen Einwohner.

Wirtschaft
Die Stadt war vor allem als Handelsplatz bedeutend. sie lag am Kreuzungspunkt zweier Handelsstraßen und vermittelte den Handel von Indien, der Euphrat- und Tigris-Region mit Damaskus im Süden, der dem Fuß des Gebirges statt der unwegsamen Seeküste folgte. Im Mittelalter machte besonders Zengi (1128–70) die Stadt zu einem Zentrum des internationalen Handels. Er schloß unter anderem Handelsverträge mit Venedig ab. In osmanischer Zeit gab es Handelsniederlassungen und Faktoreien nicht nur von Venedig, sondern auch von englischen (1580), französischen (1535) und niederländischen (1612) Kaufleuten.
Obgleich der Handel häufig aus politischen Gründen aus der Stadt verbannt wurde, wuchs er stetig, bis die Europäer den Seeweg nach Indien um das Kap der guten Hoffnung und den Weg nach Ägypten über das Rote Meer einschlugen. Damit begann der wirtschaftliche Niedergang der Stadt; ihre Hauptexporte sind jetzt Agrarerzeugnisse der Region, hauptsächlich Weizen und Baumwolle, Pistazien, Oliven und Schafe.
1906 erhielt Aleppo einen Bahnanschluß nach Damaskus Hedschas-Bahn, 1912 nach Istanbul.
Der Name
Der aramäische Name der Stadt war Jamchad, in der Antike war sie bekannt als 'Halpa', in seleukidischer Zeit hieß sie Beröa, heute Halab.
Der arabische Name Halab ist die Vergangenheitsform von "melken". Der Prophet Abraham soll an diesem Ort, der damals relativ klein war, seine Kuh "asch-Schahba" gemolken und die Milch an die Armen verteilt haben. Wenn die armen Menschen sich trafen, fragten sie sich "Halab Abraham?", was soviel wie "hat Abraham gemolken?" bedeutet. Der Name der Stadt, der aus diesem Ereignis abgeleitet wurde, heißt in der syrisch-arabischen Sprache Halaba asch-Schahba.
Geschichte
Antike
Das Fürstentum von Jamchad (Aleppo) war seit ca. 1800 v. Chr. eine wichtige Macht in Nordyrien. Sein Gebiet reichte bis nach Karkemisch am Euphrat und nach Alalach bei Antakya. Es war damit ein ernster Rivale für die hethitische Vorherrschaft in Nordsyrien, geriet aber sehr bald in Abhängigkeit von Hanigalbat und wurde schließlich durch Murschili I. (1620-1590) um 1600 v. Chr. eingenommen.
Nach dem Fall des hethitischen Großreiches um 1200 wurde Aleppo vielleicht Sitz eines späthethitischen Kleinfürstentums. Darauf verweisen zu mindest einige Funde von der Zitadelle. Dann wurde Aleppo Hauptstadt des aramäischen Königreiches von Bit Agusi, daß außer Aleppo auch noch Arpad (Tell Rifa'at) umfaßte. Salmanasser III. (858-824 v. Chr.) konnte die Stadt dem assyrischen Reich eingliedern und erreichte, wie bereits sein Vorgänger Adad-nirari II. (911-891) das Mittelmeer. Aleppo war in dieser Zeit ein Zentrum der Verehrung des Wettergottes Hadad.
Ab 610 folgte eine Periode der Persischen Herrschaft, bis Aleppo durch Alexander 333 v. Chr. besetzt und durch Seleukos I. Nikator in Beröa umbenannt wurde. Hadad wurde als Zeus weiter verehrt. Die Stadt blieb in seleukidischen Händen bis 64 v. Chr., als Syrien durch die Römer erobert wurde.
Mittelalter
Die Stadt wurde Teil des byzantinischen Reiches, bevor sie in arabische Hände 637 bis 10. Jahrhundert fiel. Unter dem Hamdamiden (944–1003) erreichte Aleppo eine gewisse Unabhängigkeit. Der wichtigste hamdamidische Herrscher war Saif al-Daula (944–67). 962 wurde die Stadt durch den byzantinischen General Nikephorus Phokas eingenommen und systematisch geplündert. Sie blieb bis 987 byzantinisch. Ab 1023 wurde die Stadt von den arabischen Mirdasiden beherrscht, bis sie 1070 durch die Seldschuken eingenommen wurde.
Die Stadt wurde 1098 und 1124 von Kreuzfahrern belagert, aber nicht erobert. Unter Zengi (1128–70), einem Turkmenen aus Mossul wurde Aleppo zum Zentrum des Widerstands gegen die Kreuzritter. Sein Sohn Nur ad-Din stellte die Stadtbefestigungen wieder her, unter seiner Herrschaft wurden außerdem zahlreiche wichtige Gebäude errichtet. Nach dem Tode Nur ad-Dins fiel Aleppo an Saladin. Die Ajjubiden beherrschten die Stadt von 1176 bis 1260. Al-Zaher Ghazi (1193–1215), der Sohn Saladins erneuerte die Befestigung der Zitadelle. Aleppo blieb in arabischen Händen, bis es, wie weite Teile Nordsyriens, 1260 von den Mongolen erobert und verwüstet wurde. 1260 to 1516 war die Stadt Teil der Mamelukken-Reiches. Die Zitadelle wurde 1292 wieder aufgebaut, aber um 1400 durch Timur erneut zerstört.
Neuzeit
1517 wurde Aleppo Teil des osmanischen Reiches. Damals zählte die Stadt um die 50.000 Einwohner. Sie war Sitz eines Provinzgouverneurs (Wali). Die Stadt blieb Teil des osmanischen Reiches bis zu dessen Untergang, aber sie wurde weiter durch interne Fehden erschüttert sowie durch Pestepidemien und 1823 durch die Cholera heimgesucht. 1901 lag ihre Einwohnerzahl um 125.000.
Die Stadt lebte kurzfristig wieder auf, als sie unter französische Kolonialherrschaft kam, ging aber nach der Entscheidung (1938-1939), dass die Hafenstadt Antiochia (Antakya) an die Türkei gehen sollte, weiter nieder.
Aufbau der Stadt
Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen dem Alt- und Neualeppo. Die Stadt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen neu entworfen.
Altstadt
Die Altstadt (Medina) von Aleppo befand innerhalb einer fünf Kilometer langen und siebentorigen Stadtmauer und hat eine Ausdehnung von ca. 350 ha. 1952 schuf der französischen Architekt Andre Gutton zahlreiche neue breite Straßen durch die Stadt im Interesse moderner Verkehrsführung. In den 1970ern wurden große Teile der Altstadt zugunsten moderner Wohnblöcke abgerissen, die Altstadt verkam mehr und mehr. Nach der Volkszählung von 2004 leben 118.000 Menschen in der Altstadt.
Die Altstadt wurde 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Seit 1993 wird sie in Zusammenarbeit mit der GTZ renoviert (10 Millionen € aus dem deutsch-syrischen Schuldenerlaßabkommen), mit Unterstützung vom Aga Khan-Trust for Culture und dem Arab Fund for social and economic development. 2004 bekam das Projekt einen Städtebaupreis der Harvard School of Design verliehen. Sie enthält die Große Moschee, die Zitadelle und den Stadtpalast Saif al-Daulah. Das Stadttor Bab Antakya wird zur Zeit von illegalen Anbauten befreit und wieder freigelegt. Das Viertel Dschudaide außerhalb der Stadtmauern, trotz des Namens das christliche Viertel, ist inzwischen in Mode gekommen und zieht auch wohlhabende Bewohner an.
Zitadelle
Das mittelalterliche Stadt-Schloss Saif al-Daulah liegt auf einem teilweise künstlich errichteten Siedlungshügel (Tell) 50 m über der Stadt. Der gegenwärtige Bau wurde im 13. Jahrhundert nach der Zerstörung eines Vorgängerbaus durch Timur errichtet, aber 1822 durch ein Erdbeben beschädigt. Vorgängerbauten sind bereits aus seleukidischer Zeit bekannt, die Dichte der Bebauung und die Dicke der Ablagerungen verhinderten jedoch bisher eingehende archäologische Untersuchungen. Es ist aber zu vermuten, daß die Zitadelle spätestens seit der Bronzezeit befestigt war.
Moscheen
Die Stadt hat viele Moscheen, wozu auch die Madrasa Halawiya zählt. Ein früherer Tempel wurde zu Aleppos großer byzantinischen Kathedrale umgebaut und Flavia Iulia Helena Augusta geweiht, der Mutter des Konstantin I.. Hier befindet sich das angebliche Grab des Vaters Johannes d. Täufers. Während des Kreuzzugs, als die Eindringlinge die Umgebung plünderten, wurde die Kathedrale St. Helena vom obersten Richter der Stadt in eine Moschee umgewandelt. Im 12. Jahrhundert gründete Nur ad-Din eine Madrasa (religiöse Schule) in der ehemaligen Kathedrale.
Die große Moschee Al-Jami al-Kabir wurde von den Umajjaden begonnen; der erhaltene Bau von Nur ad-Din stammt von 1158, und die Rekonstruktion nach dem Mongolensturm von 1260.
Archäologie
Bisher fanden keine Ausgrabungen im Stadtgebiet statt. Zahlreiche Siegel aus der späten altsyrischen Zeit I (um 1800) lassen vermuten, daß Aleppo Sitz bedeutender Steinschneiderwerkstätten war. Durch Funde aus Gabbul wird wahrscheinlich gemacht, daß Aleppo in mittelsyrischer Zeit (1600-1200 v. Chr.) Sitz einer Bildhauerschule war. Auf der Zitadelle wurden zwei Löwen aus Basalt gefunden, die vermutlich von einem späthethitischen Tor oder einem Tempel des 10. Jh stammen. Auch die Fürstenstatue von 'Ain et-Tell (Arpad) wird um 800 in Aleppo entstanden sein.
Sehenswürdigkeiten
- Nationalmuseum, mit zahlreichen archäologischen Funden.
- Als ein traditionelles Handelszentrum weist Aleppo auch eindrucksvolle suqs und Handelshöfe Hane auf.
Literatur
- S. Saouaf, Le Musé d'Alep (Aleppo 1968).
Weblinks
- http://www.gtz-aleppo.org (Lagekarte und Stadtplan)
- http://sahab-travel.com/tourist_info/ (Reiseinformationen mit geschichtlichem Überblick)